Sieghafter Glaube
von Elfriede Achilles-Bolz (06114 Halle/S.)
Predigtdatum
:
22.09.2002
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
15. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle
:
Epheser 4,1-6
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Wochenspruch:
Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat. (1. Johannes 5,4)
Psalm: 25,8-15 (EG 713)
Lesungen
Altes Testament:
Jesaja 49,1-6
Epistel:
Römer 10,9-17 [18]
Evangelium:
Matthäus 15,21-28
Liedvorschläge
Eingangslied:
EG 357
Ich weiß, woran ich glaube
Wochenlied:
EG 346
Such, wer da will, ein ander Ziel
Predigtlied:
EG 413
Ein wahrer Glaube Gotts Zorn stillt
Schlusslied:
EG 369,7
Sing, bet und geh auf Gottes Wegen
Der Apostel schreibt: 1 Ich ermahne euch nun, ich, der Gefangene in dem Herrn, dass ihr der Berufung würdig lebt, mit der ihr berufen seid, 2 in aller Demut und Sanftmut, in Geduld. Ertragt einer den andern in Liebe 3 und seid darauf bedacht, zu wahren die Einigkeit im Geist durch das Band des Friedens: 4 ein Leib und ein Geist, wie ihr auch berufen seid zu einer Hoffnung eurer Berufung; 5 ein Herr, ein Glaube, eine Taufe; 6 ein Gott und Vater aller, der da ist über allen und durch alle und in allen.
Liebe Gemeinde!
Sicher kennen wir alle Gemeinden, die zerstritten sind, mit verschiedenen Parteiungen. Z. B. Anhänger des neuen oder des alten Pfarrers, Streit wegen des Stellenwertes der Jugendarbeit oder der Verteilung der Finanzen. Streit, der immer wieder die Einheit der Gemeinde infrage stellt. Auch dem Neuen Testament sind solche Erfahrungen nicht fremd, und es ist für uns immer wieder lohnend, genau hinzuschauen, wie man damals damit umgegangen ist. Die Apostelgeschichte berichtet von Streit, und Paulus war in seinen Gemeinden immer wieder damit konfrontiert.
Die Einheit der Gemeinde ist nicht vorgegeben, sie muss immer wieder erkämpft werden, und dazu braucht es unseren ganzen Glauben. Aber manchmal gelingt es nicht.
Ein pensionierter Pfarrer berichtet über das schmerzhafte Auseinanderbrechen einer Gemeinde:
Auf die Frage, warum sie nicht wieder zueinander gefunden hätten sagt er: „Wir haben nicht gestritten.“ Die Sache mit dem konstruktiven Streit ist ihm nahegegangen, und er macht auf eine Stelle in der Apostelgeschichte aufmerksam, an der es heißt: Und als sie lange gestritten hatten - da fanden sie die Einigung.
In unserem Predigttext aus dem Epheserbrief geht es um die Einheit der Gemeinde, der Kirche. Die Einheit von Gott, die allem Streit vorausgeht und in die alle Auseinandersetzung wieder einmünden kann. Schauen wir uns erst die Situation der Gemeinden jener Zeit an!
Die Gemeinden, die der Verfasser des Epheserbriefes im Blick hat, standen an der Schwelle zur 3. Generation nach den Aposteln. Die Autorität der Apostel konnte nun die Gemeinden nicht mehr zusammenschweißen. Es gab Streit in der Gemeinde, nicht nur wegen des Einflusses äußerer Andersdenkender, die vom richtigen Glauben abgefallen waren, sondern auch Streit im Kern der Gemeinde. Außerdem ging der Kontakt zwischen den verstreuten Gemeinden in der Ökumene verloren. All das hat er im Blick, wenn er zur Einheit nicht nur in der Gemeinde, sondern der Gesamtkirche mahnt.
Und er spricht in natürlicher Autorität, er nennt sich selber: Ich, Gefangener in dem Herrn. Sein wichtigstes Argument: Die Einheit ist verknüpft mit dem Wandel - der Art aus dem Glauben zu leben. Wandel, ein altmodisches Wort, meint etwas ganz Bestimmtes: Leben, das durch Entschluss und Wille bestimmt ist. Seine Gemeindeglieder waren immer in der Gefahr, sich dem Lebensstil und der Umgebung anzupassen und so müssen sie immer wieder ermahnt werden: Leben bzw. Wandel hängen unmittelbar mit dem Glauben zusammen. Eure Lebensweise ist immer ein Zeugnis eures Glaubens und genau darin befähigt uns der Wandel, die Einheit wiederzufinden, wenn sie verloren ging.
Zuerst erinnert er die Leser an ihre Berufung. D. h.: sie können gar nicht anders, als so leben und glauben, weil sie vom Herrn berufen sind. Christus selber hat den Anfang ihres Glaubens gemacht. Und das ist mehr als eine Überzeugung - so wie man eine Partei wählt, weil man das Parteiprogramm gut findet. Nein, am Anfang steht Christus und seine Initiative und daraus folgt der Wandel im Glauben. Das macht gewiss und das verpflichtet. Es verpflichtet zu einem Wandel auf seiner Spur, nach seinem Vorbild.
Dieses Vorbild fasst der Briefschreiber in drei Begriffe: Demut, Sanftmut, Geduld.
Drei Tugenden, die Mut erfordern, das Wort Mut steckt ja ausdrücklich in Demut und Sanftmut. Ein Theologe hat ein Büchlein über die Seligpreisungen geschrieben und zum Mut der Sanftmütigen gesagt: Mut ist unausgesprochenes Ja-Sagen. Mut ist unfanatische Unbeirrbarkeit. Mut ist Bereitschaft, Initiativen zu beginnen. Mut ist Freiheit, sich von anderem Verhalten unabhängig zu halten. Mut ist Widerstand gegen das Nichtzuvertretende. Mut ist der durchdachte Vorstoß zum Leben. Mut ist ein kostbares Wort, ohne das die menschliche Welt verödet.
Der Demütige hat seine Selbstsucht überwunden. Demut gegenüber Menschen hat ihre Wurzel in der Demut vor Gott. Der Demütige kann für den anderen tun, was für ihn gut ist.
Demut ist ein Mut, der das Niedrige mit einbezieht. Er hat überwindende Kraft, er überwindet den Dünkel der Überlegenheit. Wenn der Briefschreiber seine Leser und Hörer zur Einheit und Eintracht mahnt, dann tut er es mit dem, was Gott für sie tut: Ihr habt einen Glauben, eine Berufung, einen Herrn, eine Taufe, einen Vater über alle. Wie kann sich da einer über den anderen erheben? Muss euch das nicht alle miteinander demütig machen ihm gegenüber und im Umgang miteinander?
Selig sind die Sanftmütigen, denn sie werden das Erdreich besitzen. Gegen Gewalt und Härte, gegen Hierarchie und Überheblichkeit! Das brauchen wir im Umgang mit Brüdern und Schwestern in Gemeinde und Kirche und gegenüber allen Mitmenschen. Der Sanfte kann vorschnelle Reaktionen von Ärger und Beleidigtsein zurücknehmen, er muss nicht Gleiches mit Gleichem vergelten. Der Sanfte kann vergeben, wie eine Mutter ihrem schwierigen Kind immer wieder vergibt oder wie Gott uns vergeben hat. Daran erinnert der Briefschreiber die Leser, wenn er ihnen sagt: Er ist euer aller Vater.
Der dritte Begriff für den Umgang in der Gemeinde ist Geduld. Geduld umgibt uns mit Hoffnung, sie lässt uns nicht fallen, sie trägt, stützt und stärkt, sie bleibt dran, bedrängt aber nicht - sie begleitet den anderen. Dieser dreifache Mut im Umgang mit dem anderen in Demut, Sanftmut und Geduld macht Einheit möglich, aber nicht ohne das Vorbild in Jesus Christus.
„Vertraget einer den anderen in der Liebe, und seid fleißig zu halten die Einigkeit im Geist durch das Band des Friedens.“ So ermahnt der Schreiber des Epheserbriefes und er stellt sie damit in das Friedenswirken des Geistes.
Zweimal erinnert der Briefschreiber die Christen an ihre Berufung. Sie ist das, was allem vorangeht, aber auch die Einheit, auf die sie zugehen. Zwischendurch soll die Einheit durch ihr Verhalten, ihren Wandel Gestalt gewinnen, eben durch das Üben von Demut, Sanftmut und Geduld. Und weil das so ist, können wir uns dann auch einen konstruktiven Streit erlauben.
Das bedeutet: Nicht stumm dem anderen etwas unterstellen, sondern es wagen, das auszusprechen im Bewusstsein, dass Gottes Geist uns in die Einigkeit leiten wird. Dazu gehört Mut und Vertrauen. Er ist es ja, der seine Kirche erhält und erhalten hat über die Jahrhunderte hinweg trotz allem, was die Christen immer wieder auseinandergetrieben hat.
Wir beten und bekennen in jedem Gottesdienst: Ich glaube an die heilige christliche Kirche, Gemeinschaft der Heiligen, Vergebung der Sünden. Wir alle kennen genug Beispiele für nicht gelungene Einheit in unserer Kirche. Martin Luther, der sie ganz besonders erlitten hat, sagte: Kirche will nicht ersehen, sondern ergläubt werden. Auch wir können lernen, sie mit den Augen des Glaubens zu sehen und zu lieben. Heilig ist die Kirche nicht aufgrund ihrer sichtbaren Eigenschaft, sondern weil ihr die Sünde vergeben ist. Es ist also eine geschenkte und geglaubte Heiligkeit, wenn wir um die Vergebung der Schuld beten. Und die Kirche ist heilig, weil sie der Welt die Übermacht der Gnade über die Sünde bezeugt.
Der Briefschreiber hat uns die Einheit der Kirche, der Gemeinde vor Augen geführt, uns Mut gemacht, die Einheit immer wieder zu gewinnen durch Demut, Sanftmut und Geduld. Dazu hat er uns berufen, sein Geist stärkt und begleitet uns auf dem Weg zur Einheit. Amen.
Verfasserin: Pfrn i. R. Elfriede Achilles-Bolz, Händelstraße 6, 06114 Halle/S.
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