So seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen.
von Friederike F. Spengler (99636 Ostramondra)
Predigtdatum
:
30.07.2006
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
6. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle
:
Philipper 2,1-4
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Wochenspruch:
Psalm: 107,1-9
Lesungen
2. Mose 16,2-3.11-18
Altes Testament:
Apostelgeschichte 2,41a.42-27
Epistel:
Johannes 6,1-15
Evangelium:
Liedvorschläge
Eingangslied:
EG 166
Tut mit auf die schöne Pforte
Wochenlied:
EG 221
oder EG 326
Das sollt ihr, Jesu Jünger, nie vergessen
Sei Lob und Ehr dem höchsten Gut
Predigtlied:
EG 417
Lass die Wurzel unseres Handeln Liebe sein
Schlusslied:
EG 171
Bewahre uns Gott
Vorüberlegungen bzw. liturgische Entscheidungen
Lesungen: Epistel (Apg. 2, 41a, 42-47) / Evangelium: (Joh. 6, 1-15)
Die Lesung aus dem AT setzt eigene inhaltliche Akzente und wird darum nicht berücksichtigt. Der Wochenspruch sollte vor der Predigt mit genannt werden, da die Predigt auf ihn Bezug nimmt.
Liebe Gemeinde,
endlich sind Ferien! Jubelnd kommen in diesen Tagen die Kinder aus den Schulen. Vergessen sind alle Strapazen der letzten Wochen: Wochen, in denen die Lehrer kurz vor Schuljahresende noch schnell ein paar Leistungskontrollen schreiben ließen. Wochen, die den Schweiß der Anstrengung in die Gesichter trieb. Nun ist es geschafft.
Einige Kinder können es kaum erwarten, nach Hause zu kommen. Stolz werden sie ihre Zeugnisse präsentieren. Manche Großeltern spendieren dann einige Euro. Mütter und Väter gehen vielleicht mit ihren Sprösslingen ein besonders großes Eis essen.
Andere Kinder schleichen geradezu nach Hause. Was sie wohl erwartet? Die Desinteressierten oder Faulen teilen ihre Gefühle jetzt mit denen, die es wirklich nicht besser können. Das Echo, welches sie beim Vorzeigen ihrer „Giftblätter“ erzeugen werden, wird ganz unterschiedlich sein. Die Berater der Telefonseelsorge wissen, dass es zu keinem anderen Termin so viele Anrufe verzweifelter Kinder gibt, wie jetzt.
Wer schon einmal Zeugnisse und Beurteilungen geschrieben hat, weiß, worauf es dabei ankommt. Positives soll vorangestellt werden. Das zeigt dem Gegenüber: Du wirst geachtet. Das, was du kannst, und dein Bemühen werden nicht übersehen. Erst dann folgt das Negative. Und das sollte in einer Art und Weise formuliert werden, dass der andere etwas daraus lernen kann. Niemand nützt der Satz, dass er dies oder das niemals können wird. Ein guter Pädagoge zeichnet sich dadurch aus, dass er dem Schüler einen Weg zeigt, den dieser gehen kann.
Paulus schreibt nach Philippi als guter Pädagoge. Sein Zeugnis ist für die junge christliche Gemeinde eine erste Inventur: Was ist schon gut bei euch? Wo könntet ihr besser werden? Wo habt ihr Nachholbedarf?
Hören Sie nun den Lehrer Paulus mit seiner Beurteilung im Zwischenzeugnis des Jahres 49 n. Chr.:
1 Ist nun bei euch Ermahnung in Christus, ist Trost der Liebe, ist Gemeinschaft des Geistes, ist herzliche Liebe und Barmherzigkeit, 2 so macht meine Freude dadurch vollkommen, dass ihr eines Sinnes seid, gleiche Liebe habt, einmütig und einträchtig seid. 3 Tut nichts aus Eigennutz oder um eitler Ehre willen, sondern in Demut achte einer den andern höher als sich selbst, 4 und ein jeder sehe nicht auf das Seine, sondern auch auf das, was dem andern dient.
Die versammelte Gemeinde in Philippi kann sich freuen. Paulus stellt ihr ein gutes Zeugnis aus. Beim Hören schweifen die Gedanken zu den Anfängen zurück. Es nicht noch gar nicht so lange her. Ein Jahr oder zwei vielleicht – Kinder, wie die Zeit vergeht! Da kam der Apostel auf einer Reise zu ihnen. Die Ausgangssituation war keine einfache gewesen. Hier in der Multi-Kulti-Gesellschaft einer überwiegend römischen Bevölkerung, war fast alles möglich. An jeder Straßenecke gab es einen anderen Tempel. In fast jedem Haus war ein kleines privates Heiligtum. Glauben und Leben aber fielen weit auseinander. Der Alltag der Menschen ließ kaum etwas davon ahnen, was sie religiös dachten. Toleranz bedeutete hier – jeder soll selig werden nach seiner eigenen Fasson.
Von dem charismatisch predigenden Paulus hörten sie da ganz andere Töne. Er war in ihre Versammlungsstätte gekommen und hatte ihnen das Evangelium verkündigt. Er hatte ihnen Inhalte weitergegeben, die sie überleben ließen im Meer der vielfältigen Angebote. Nun sitzt er im Gefängnis. Ihm sind die Hände gebunden, Weiteres zu tun. Nur das Briefeschreiben bleibt ihm.
„Euer Glaube wird Auswirkung auf euer Leben haben“, schreibt er ihnen, Ja, damit hat er wohl Recht. Schon bald bemerken es die ersten Außenstehenden. „Irgendwie habt ihr euch verändert“, denken sie. Einige sprechen es auch aus. Die Predigt von der Liebe Jesu zu den Menschen, macht die Gemeinde liebesfähig. Das wird mit Verwunderung wahrgenommen. Die Predigt von der Freiheit Christi, sprengt ihre innere Gefangenschaft. Das lässt an ihnen auch eine äußere Freiheit erkennen. Die Predigt von der neuen Gerechtigkeit, lässt sie den Kopf heben. Und diese Gerechtigkeit lassen sie auch andere spüren. „Da ist nun bei euch Ermahnung in Christus, ist Trost der Liebe, ist Gemeinschaft des Geistes, ist herzliche Liebe und Barmherzigkeit...“ Das Zeugnis des Paulus an seine Lieblingsgemeinde beschreibt deren positive Richtung. „Es ist bereits etwas vorhanden. Darauf kann jetzt aufgebaut werden.“
Liebe Gemeinde, wer solch ein Zeugnis erhält, dem wird ein Weg eröffnet. Wie oft aber verstellen wir einander Wege. Dort zum Beispiel, wo wir Mitmenschen unsere Meinung wie einen Lappen um die Ohren hauen, anstatt ihm diese wie einen warmen Mantel um die Schultern zu legen. Oder da, wo wir mit Statistiken und Zahlen das Gemeindeleben kleinreden. „Was, schon wieder weniger Taufen im letzten Jahr?“ „Und, wo bleiben denn eure jungen Leute nach ihrer Konfirmation?“ „Na, bei den Zahlen, wird wohl die Pfarrstelle im nächsten Jahr um die Hälfte reduziert.“ Ein guter Pädagoge zeigt dem Schüler Wege auf…
Und solch ein Weg zeigt sich für die Gemeinde in Philippi. In ihrem Zeugnis heißt es weiter: „So macht meine Freude dadurch vollkommen, dass ihr eines Sinnes seid…“ Macht meine Freude dadurch vollkommen. Wer etwas vervollkommnet, der hat schon etwas. Von nichts kommt nichts. Paulus hebt also hier einen Schatz, der bereits da ist. Ganz ähnlich wie im Wochenspruch: „Nun seid ihr nun nicht mehr Fremdlinge, sondern Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen.“ Es ist so! Paulus hebt wahre Schätze, wenn er solches formuliert.
Wir, liebe Gemeinde, Mitbürger der Heiligen, Gottes Hausgenossen. Wir, liebe Gemeinde, Menschen, die die Freude anderer vollkommen machen können. Paulus nennt N. N. (Namen der Ortsgemeinde oder Stadt einsetzen) gleich neben Philippi. Das hebt! Da wächst das Vertrauen, dass der begonnene Weg der richtige ist. Und das Vertrauen darauf, dass der Geist Gottes weiterführt. Denn, wo der Geist Gottes die Menschen erfasst, sind sie befähigt, ihren Weg fortzusetzen.
Wer solch ein Zeugnis ausgestellt bekommt, der ist bereit für den nächsten Schritt: „Und wie weiter, Paulus? Wie können wir vorankommen?“ Und Paulus fährt fort: „Tut nichts aus Eigennutz oder um eitler Ehre willen, sondern in Demut achte einer den anderen höher als sich selbst. Ein jeder sehe nicht auf das Seine, sondern auf das, was dem andern dient.“ Zugegeben. Da liegt ein großes Stück Arbeit vor uns: „Nichts aus Eigennutz tun.“
Ein hoher Anspruch, wo uns doch so oft das Hemd näher ist als die Hose. „In Demut den anderen höher achten als sich selbst.“ Wo es doch in unserer Gesellschaft darauf ankommt, sich gut zu verkaufen. „Nicht auf das Seine sehen, sondern auf das, was dem anderen dient.“ Wo doch ein Lieblingsspruch der Deutschen heißt: „Wenn jeder an sich denkt, ist an alle gedacht!“ Zugegeben - nicht einfach. Und schon gar nicht leicht. Aber, wenn wir doch schon auf dem Wege sind? Aber, wenn uns die Liebe Christi doch schon angesteckt hat? Aber, wenn das erste Zeugnis so hoffnungsvoll ausfällt?
Liebe Gemeinde, die Aufforderungen unseres Predigttextes mit Leben zu erfüllen, muss gewagt werden. Unser Leben als Christen wird in einer Umgebung, in der allen alles egal ist, an seinen Auswirkungen gemessen. Das Mut machende Zeugnis des Paulus an seine Gemeinde gilt heute uns: Ihr habt es nicht nötig, alles aus Eigennutz und eitler Ehre zu tun. Stellt euch doch einmal vor, wie das Leben sich verändert, wenn ihr in Demut den anderen höher als euch selbst achtet. Ihr habt es nicht nötig, nur auf das Eure zu achten. Erträumt euch einmal, wie es ist, wenn jeder zuerst auf das sieht, was dem anderen dient.
Ja Paulus, du hast Recht. Es ist der einzig richtige Weg, die Veränderung aller Zustände bei sich selbst zu beginnen. Ja Paulus, du hast Recht. Die Welt wird sich nicht ändern, wenn wir nicht den Mut haben, uns zuerst selbst zu ändern. Auf diesem guten Weg wollen wir vorangehen. Voller Hoffnung und Gewissheit. Denn der, den du uns gepredigt hast, geht uns voran. In seine Fußstapfen treten wir. In Seinem Namen können wir zu diesem Weg Ja und AMEN sagen. Amen.
Verfasser: Pfarrerin Dr. Friederike F. Spengler und Pfarrer Ulrich M. Spengler, Bahnhofstraße 4, 99636 Ostramondra
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