Sturmstillung
von Elke Burkholz (Messel)
Predigtdatum
:
01.02.2009
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
Letzter Sonntag nach Epiphanias
Textstelle
:
Markus 4,35-41
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Predigt von Elke Burkholz
Die Liebe Gottes, die Gnade Jesu Christi und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit uns.
Liebe Gemeinde,
„Wozu ist der Glaube gut?“ werde ich manchmal gefragt. Natürlich fragt niemand das so direkt. Aber indirekt scheint diese Frage manchmal durch. Ja, wozu ist unser Glaube gut? Ich denke unser Glaube hilft uns, uns in der Welt sicher und geborgen zu fühlen. Wir glauben, dass Gott unser Leben in der Hand hält und dass Gott es gut mit uns meint. Wir hoffen, dass wir unser Leben bestehen werden, weil es ein gutes Geschenk Gottes ist.
Aber manchmal wird diese Hoffnung auf eine schwere Probe gestellt. Manchmal kommen wir an die Grenzen unserer Kraft und fragen uns: „Wie soll es jetzt weitergehen?“ Und dann droht auch unser Glaube ins Wanken zu geraten.
Mit diesen Schwierigkeiten stehen wir nicht alleine. Auch die Freundinnen und Freunde Jesu hatten manchmal mit gefährlichen Situationen zu kämpfen. Auch sie sind an die Grenzen ihrer Kraft und ihrer Möglichkeiten geraten. Zum Beispiel in dieser Geschichte. Ich lese
Markus 4,35-41
35Am Abend jenes Tages sagte er zu ihnen: »Lasst uns ans andere Ufer fahren.« 36Sie schickten die Volksmenge weg und nahmen ihn so, wie er war, im Boot mit. Weitere Schiffe begleiteten das Boot. 37Da kam ein heftiger Sturmwind auf, und die Wellen schlugen ins Boot, so dass es voll Wasser lief. 38Jesus lag im Heck und schlief auf einem Kissen. Sie weckten ihn und riefen »Lehrer, machst du dir keine Sorgen, dass wir dabei sind unterzugehen?«
39Der Aufgeweckte drohte dem Wind und sagte zum See: »Schweig! Sei still!« Da legte sich der Wind, und es wurde völlig still. 40Er fragte sie: »Was fürchtet ihr euch? Habt ihr noch kein Vertrauen?« 41Nun ergriff sie große Ehrfurcht, und sie sprachen zueinander: »Wer ist das, dass selbst Wind und See ihm gehorchen?«
Nachts auf dem See und ein Sturm kommt auf. Das bedeutet Lebensgefahr. Und was macht Jesus? Er schläft.
So kommt es mir auch manchmal vor. Ich stecke in großen Schwierigkeiten. Ich weiß nicht mehr weiter. Keine Hilfe weit und breit. Und ich frage mich: „Wo ist denn Gott jetzt? Schläft Gott, oder ist Gott gerade mit etwas anderem beschäftigt? Konsequent zu Ende gedacht lautet die Frage dann: „Gibt es Gott überhaupt, wenn er mir nicht hilft, wenn ich ihn brauche?“
In unserer Geschichte schläft Jesus seelenruhig? Oder vielleicht völlig erschöpft von dem, was er den ganzen Tag getan hat? Jesus bemerkt gar nicht, in welcher Gefahr sie sich befinden. Seine Freundinnen und Freunde wecken ihn: „Lehrer machst du dir gar keine Sorgen, dass wir dabei sind unterzugehen?“ Ein Vorwurf: „Interessierst du dich gar nicht dafür, ob wir das überleben?“ „Vielleicht gibt es Gott ja“, denken manche. „Aber Gott interessiert sich nicht für unser Leben. 6 Milliarden Menschen auf der Erde und noch dazu das riesige Weltall. Da hat Gott genug zu tun, sich um das große Ganze zu kümmern. Unsere kleinen Leben sind zu unwichtig, als dass der große Gott sich überhaupt dafür interessieren könnte.“ Kennen Sie solche Gedanken oder solche Befürchtungen? Nein? Ich schon!
Was tut Jesus? 39Der Aufgeweckte drohte dem Wind und sagte zum See: »Schweig! Sei still!« Da legte sich der Wind, und es wurde völlig still. Die Befürchtungen der Freundinnen und Freunde bewahrheiten sich nicht. Jesus interessiert sich für die Gefahr, in der sie schweben. Mit wenigen Worten rettet er sie aus der Lebensgefahr. Sie haben ihn ja noch nicht mal gebeten, ihnen zu helfen oder irgendetwas zu tun. Sie haben ihn nur auf die Gefahr aufmerksam gemacht. Sie haben ihn geweckt. Sie fühlten sich hilflos und wussten nicht, wie sie der Gefahr begegnen sollten. Und sie sind mit ihrer Angst zu Jesus gegangen und haben ihn geweckt.
Das klingt so als könnten wir das auch tun in den gefährlichen Momenten, wo wir an die Grenzen unserer Kraft und unserer Möglichkeiten kommen. Gott darauf aufmerksam machen wie es uns geht. Gott unser Leid klagen. Hoffen, dass er einen Weg hat, wo wir keinen mehr finden. Darauf vertrauen, dass aus dem Gebet uns die Kraft zuwächst, die wir brauchen? Wir können das versuchen. Was kann denn schlimmstenfalls passieren?
Unsere Geschichte geht weiter mit Vorwürfen: Hatten die Freundinnen und Freunde Jesus vorgeworfen, dass er sich nicht für ihr gemeinsames Schicksal interessiert, so kommt jetzt Jesu Gegenvorwurf: Er fragte sie: »Was fürchtet ihr euch? Habt ihr noch kein Vertrauen?« Wie sollen sie Vertrauen haben? Wenn er schläft, wenn er sich nicht kümmert? Wie sollen wir Vertrauen haben, wenn Gott so weit weg ist, wenn er sich nicht kümmert, wenn er uns so viel Schmerz und Elend zumutet? Wie sollen wir da Vertrauen haben? Wie kann da unser Glaube bestehen? Und wie sollen wir uns nicht fürchten, wo wir uns doch mitten in der Gefahr befinden?
Aber was wäre, wenn wir den Vorwurf Jesu einmal prüfen würden. „Fürchte ich mich wirklich zu sehr?“ Ja vielleicht. An den Grenzen meiner Kraft, beginnt seine Kraft. Diese Erfahrung habe ich schließlich mehr als einmal gemacht. Wissen Sie, was mir in dieser Übersetzung der Antwort Jesu gefällt? Das Wörtchen „noch“. „Habt Ihr noch kein Vertrauen?“ Wenn ich noch nicht genug Vertrauen habe, dann kann das Vertrauen ja noch kommen. Wenn ich heute nicht genug Vertrauen habe, dann werde ich vielleicht morgen genug Vertrauen haben. Das sind doch gute Aussichten.
Und das Ende unserer Geschichte: 41Nun ergriff sie große Ehrfurcht, und sie sprachen zueinander: »Wer ist das, dass selbst Wind und See ihm gehorchen?« Die Antwort: Gottes Macht ist da gegenwärtig in Jesus, dass selbst Wind und See ihm gehorchen. Ja, große Ehrfurcht ist angemessen. Große Ehrfurcht erfüllt uns, wenn wir erfahren: Wir brauchen uns nicht zu fürchten. Gottes Macht ist es, die uns rettet, die uns aus unserer ausweglosen Lage befreit. Und dann verwandelt sich das „noch kein Vertrauen haben“ in ein großes Vertrauen und in große Ehrfurcht.
Ja aber, höre ich jetzt Einwände: So ist das damals doch nicht wirklich gewesen. Das ist wieder so eine Wundergeschichte. So ist das sicher nicht wirklich passiert. Heilungswunder vielleicht, wir wissen ja heute, dass durch die Psyche manche Heilung möglich ist. Aber Naturwunder? Dazu ließe sich Verschiedenes sagen.
Erstens die Leute damals haben die Geschichte erzählt, um zu zeigen, dass die Macht Gottes in Jesus gegenwärtig ist. Die Frage, ob das wirklich so passiert ist, ist eine moderne Frage. -Das kann man so sehen.
Zweitens Stürme über dem See Genezareth kommen plötzlich auf und sie können sich auch plötzlich wieder legen. Dass das genau in dem Moment passiert, als Jesus etwas sagt, naja, das kann doch so gewesen sein. Warum nicht?
Drittens und diese Antwort finde ich persönlich weiterführend: Liebe Leute, wenn wir Gott nicht die Macht zutrauen in der Welt und in unserem Leben etwas zu verändern, dann können wir unseren Glauben auch in die Tonne kloppen. Wieso sollen wir beten, wieso sollen wir Gott vertrauen, wenn wir nicht damit rechnen, dass Gott uns wirklich helfen kann. Wie auch immer diese Hilfe dann aussieht. Wieso sollten wir Gott um Schutz und Segen bitten, wenn wir innerlich davon überzeugt sind, dass Gott gar nicht die Macht hat, uns diesen Schutz und Segen zu geben. Das ist doch unsinnig.
Aber wie komme ich zu diesem Glauben oder einem solchen Vertrauen?
Das Vertrauen zu Gott lässt sich mit dem Vertrauen zu einem Menschen vergleichen.
Ich vertraue meinem Ehemann. Ich lebe jetzt 24 Jahre mit ihm zusammen. Ich kenne ihn ganz gut. Ich weiß, dass er vertrauenswürdig ist. Er tut zwar manchmal Dinge, über die ich mich ärgere und aufrege. Aber ich bin mir sicher, dass er mich nicht belügt. Ich weiß das, weil ich viele gute Erfahrungen mit ihm gemacht habe. Am Anfang unserer Beziehung war ich noch etwas misstrauisch. Aber da ich mit ihm zusammen bleiben wollte, habe ich ihm einen Vertrauensvorschuss gegeben. Und er hat mich nicht enttäuscht. Mit den Jahren ist das Vertrauen gewachsen. Und das hat etwas mit den guten Erfahrungen zu tun, die ich mit ihm gemacht habe.
So ist das auch mit dem Vertrauen zu Gott. Gott braucht einen Vertrauensvorschuss von uns. Trauen wir ihm etwas zu! Bitten wir ihn! Wecken wir ihn auf und klagen ihm unser Leid. Und warten wir was passiert.
Ich wünsche Ihnen, dass Sie auf diesem Weg genauso gute Erfahrungen machen, wie ich sie gemacht habe. Ja, ich habe gute Erfahrungen mit dem Vertrauen gemacht. Mit dem Vertrauen zu Gott und mit dem Vertrauen zu meinem Mann. Und ich wünsche Ihnen auch, dass das Vertrauen wächst. Und falls ein Leid Sie plagt, dass das Leid zu Ende geht.
Und der Friede …