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Taufe Jesu

von Volker Jung (36341 Lauterbach)

Predigtdatum : 10.01.1999
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 1. Sonntag nach Epiphanias
Textstelle : Matthäus 4,12-17
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Wochenspruch:

Welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder. (Römer 8,14)

Psalm: 89 in Auswahl

Lesungen

Altes Testament:
Jesaja 42,1-4 (5-9)
Epistel:
Römer 12,1-3 (4-8)
Evangelium:
Matthäus 3,13-17

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 70
Wie schön leuchtet der Morgenstern
Wochenlied:
EG 68
oder EG 441
O lieber Herre Jesu Christ
Du höchstes Licht, du ewiger Schein
Predigtlied:
EG 66
Jesus ist kommen
Schlußlied:
EG 56
Weil Gott in tiefster Nacht erschienen

12 Als nun Jesus hörte, daß Johannes gefangengesetzt worden war, zog er sich nach Galiläa zurück. 13 Und er verließ Nazareth, kam und wohnte in Kapernaum, das am See liegt im Gebiet von Sebulon und Naftali, 14 damit erfüllt würde, was gesagt ist durch den Propheten Jesaja, der da spricht (Jesaja 8,23; 9,1): 15 »Das Land Sebulon und das Land Naftali, das Land am Meer, das Land jenseits des Jordans, das heidnische Galiläa, 16 das Volk, das in Finsternis saß, hat ein großes Licht gesehen; und denen, die saßen am Ort und im Schatten des Todes, ist ein Licht aufgegangen.« 17 Seit der Zeit fing Jesus an zu predigen: Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen!

Das ist ein unscheinbarer Anfang, liebe Gemeinde. Die Worte, die wir gehört haben, erzählen vom Anfang des öffentlichen Wirkens Jesu. Er verläßt seine Heimatstadt und geht nach Galiläa. Dort beginnt er zu predigen. Seine Botschaft lautet: „Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen!“
Das mag in unseren Ohren selbstverständlich klingen. So war es halt. Aber: an diesem Anfang ist nichts selbstverständlich. Es ist auch nicht so, daß er zufällig in Galiläa begann. Matthäus spürt dem Sinn dieses Geschehens nach. Es geschah, so deutet er den Anfang des Wirkens Jesu, damit erfüllt würde, was durch den Propheten Jesaja gesagt ist.
Weil nichts selbstverständlich ist, wollen wir auf diese Worte vom Anfang hören. Es schenke Gott, daß wir erfahren und verstehen, was dieser Anfang uns zu sagen hat, was er uns zumutet und warum er uns Mut macht. Vielleicht wird dieses Wort vom Anfang für uns selbst zu einem neuen Anfang.
Alles beginnt damit, daß Jesus hört: Johannes wurde gefangengesetzt! Es war der „Landesfürst“ Herodes, der Johannes gefangennehmen ließ. Nicht der Herodes des Kindermordes. Der war längst tot. Der Landesfürst Herodes war sein Sohn. Dieser ließ Johannes gefangennehmen, weil der Täufer die Ehe des Herodes mit Herodias öffentlich angriff. Der unerbittliche Bußprediger Johannes warf dem Landesherrn Ehebruch vor und mußte dafür ins Gefängnis.
Diese Geschichte steht hinter dem Hinweis: Jesus hörte, daß Johannes gefangengesetzt wurde. Die Staatsmacht hatte von ihrer Macht Gebrauch gemacht. Heute würde man dies eine empörende Menschenrechtsverletzung nennen. Die Stimme des Johannes wurde mit Macht zum Schweigen gebracht.
Seine Botschaft war keine andere als die, die Jesus auch verkündigte: Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen! Er lebte vor, was er darunter verstand. Er trug ein Gewand aus Kamelhaar und aß Heuschrecken und wilden Honig. Er gönnte sich nichts, und er ließ an denen, die zu ihm kamen kein gutes Haar. Die Pharisäer und Sadduzäer nennt er „Schlangenbrut“. Er droht mit Gericht und Zorn Gottes. Ja - und er kündigt einen an, der nach ihm kommen wird. Er selbst hält sich nicht für wert, diesem die Schuhe zu tragen. Er tauft mit Wasser. Dieser aber, so kündigt Johannes an, wird mit dem heiligen Geist und mit Feuer taufen. Es wird ein unauslöschliches Feuer sein, ein Feuer, das alles verbrennt.
Also, so mag mancher gedacht haben, wird die Botschaft noch unerbittlicher sein. Unrecht wird dieser noch klarer beim Namen nennen. Und wer spürt das nicht ab und zu in sich: die Sehnsucht nach jemandem, der alles Unrecht aufdeckt, der die Spreu mit unauslöschlichem Feuer verbrennt? Geht nicht alles zu vorsichtig, zu diplomatisch zu? Und was ist schon Recht? Wie heißt es so schön: „Recht haben und Recht bekommen ist zweierlei!“ Also endlich Klarheit!
Und jetzt passen Sie auf! Jetzt kommt die Zumutung der Worte vom Anfang des Wirkens Jesu!
Jesus hört, daß Johannes gefangengesetzt worden war. Und was tut er? Greift er das Unrecht an? Sammelt er Leute um sich, um in den Palast vorzudringen? Nein! Es heißt: Er zog sich zurück nach Galiläa!
Warum tut er das nicht? Warum sucht er nicht die Auseinandersetzung mit der herrschenden Macht und dem Unrecht, das durch sie geschieht? Wir erhalten keine Antwort. Vielleicht deshalb, weil unsere Fragen falsch gestellt sind. Vielleicht deshalb, weil die Botschaft des Evangeliums eine andere ist als diese: Der Sohn Gottes ist gekommen, um alles Unrecht aufzudecken und die Unrechten mit verzehrendem Feuer zu vernichten!
Selbst Johannes der Täufer im Gefängnis versteht das offensichtlich nicht. Ihn hatte er am Jordan doch als den erkannt, den er ankündigte. Ihn hatte er getauft - auf dessen ausdrückliches Verlangen hin. Als Johannes im Gefängnis von den Worten und Taten Jesu hört, läßt er ihn fragen: „Bist du es, der da kommen soll, oder sollen wir auf einen anderen warten?“ (Mt 11,3)
Und Jesus läßt ihm ausrichten: „Geht hin und sagt Johannes wieder, was ihr hört und seht: Blinde sehen und Lahme gehen, Aussätzige werden rein und Taube hören, Tote stehen auf, und Armen wird das Evangelium gepredigt; und selig ist, wer sich nicht an mir ärgert.“ (Mt 11,4-6)
Selig ist, wer sich nicht an mir ärgert? - Halt, waren wir nicht auch gerade dabei uns über Jesus zu ärgern? Zumindest ein wenig? Weil er sich zurückzog?
Er zieht sich zurück nach Galiläa. Es ist das Land am Meer. Er bewegt sich in den unbedeutenden Gebieten von Sebulon und Naftali. Er geht in das Land der kleinen, der unbedeutenden Leute. Das Land am Meer! Das Land, über dessen Einwohner man vielleicht auch damals gern Witze machte, weil sie seltsam waren. Derb. Ungehobelt. Ungebildet. Zu denen geht er hin.
Es ist nicht das Land, in dem die Mode und Kultur der Stadt gepflegt wird. Es ist das Land jenseits des Jordans. Es ist zwielichtiges Land - auch in religiöser Hinsicht - es ist jüdisches Land, aber in den Augen der aufgeblasenen und ihrer Sache sicheren Städter ist es das „heidnische Galiläa“.
Vorsicht! Er geht nicht dorthin, weil dort die besseren Menschen leben. Wer genau hinschaut, würde entdecken, daß auch dort Unrecht herrscht. Es wird betrogen und gelogen. Es wird übereinander geredet und hergezogen.
Jesus geht hin - er begibt sich an den Rand. Er geht zu denen, die draußen sind. Ihnen wendet er sich zu! Seine Zuwendung ist nicht das verzehrende, unauslöschliche Feuer. Seine Zuwendung ist nicht das anklagende Wort, das jeden treffen würde.
Um diese Zuwendung zu beschreiben, bedient sich Matthäus der Worte des Propheten Jesaja: „Das Volk, das im Finstern saß, hat ein großes Licht gesehen; und denen, die saßen am Ort und im Schatten des Todes, ist ein Licht aufgegangen.“
Jesus ist nicht das verzehrende Feuer, das alles vernichtet. Er ist das Licht, das denen scheint, die um sich herum nur Finsternis wahrnehmen. Finsternis und Tod, für die sie selbst verantwortlich sind. Aber auch Tod und Finsternis, die über sie gekommen sind wie ein Verhängnis.
„Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen!“ Das ist seine Botschaft. Und bei ihm klingen die Worte anders als in der Predigt des Johannes.
Tut Buße - das heißt: kehrt um in euren Gedanken!
Wo suchen wir das Himmelreich? Suchen wir es in den Zentren, den vermeintlichen „Hauptstädten“ des Lebens? Suchen wir das Himmelreich in all den vielen Versprechungen, die wir Tag für Tag hören, die Tag für Tag um uns werben? Suchen wir das Himmelreich dort, wo man meint, die Gerechtigkeit sei machbar - um jeden Preis? Suchen wir das Himmelreich in unserem Erfolg, in uns selbst, in unserer Selbstverwirklichung und Selbstbehauptung?
Das Wort vom Anfang ruft uns zu: Tut Buße! Kehrt um! Das Himmelreich ist nahe herbeigekommen! Schaut dorthin, wo Gott selbst einen neuen Anfang gemacht hat! Schaut dorthin, wo Gott selbst in die Finsternis des Lebens gekommen ist. Schaut auf ihn, in dem die Herrlichkeit Gottes aufleuchtet!
Amen.

Verfasser: Dekan Volker Jung, An der Kirche 4, 36341 Lauterbach

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