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Taufe Jesu

von Gabriele Sommer (06343 Mansfeld)

Predigtdatum : 13.01.2002
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 1. Sonntag nach Epiphanias
Textstelle : Jesaja 42,1-4.(5-9)
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Wochenspruch:

Welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder. (Römer 8,14)

Psalm: 89 in Auswahl

Lesungen

Altes Testament:
Jesaja 42,1-4 (5-9)
Epistel:
Römer 12,1-3 (4-8)
Evangelium:
Matthäus 3,13-17

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 6
Jesus ist kommen, Grund ewiger Freude
Wochenlied:
EG 68
oder EG 441
O lieber Herre Jesu Christ
Du höchstes Licht, du ewiger Schein
Predigtlied:
EG 15
Tröstet, tröstet, spricht der Herr
Schlusslied:
EG 66,7
Jesus ist kommen, die Quelle

1 So spricht der HERR: Siehe, das ist mein Knecht - ich halte ihn - und mein Auserwählter, an dem meine Seele Wohlgefallen hat. Ich habe ihm meinen Geist gegeben; er wird das Recht unter die Heiden bringen. 2 Er wird nicht schreien noch rufen, und seine Stimme wird man nicht hören auf den Gassen. 3 Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen, und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen. In Treue trägt er das Recht hinaus. 4 Er selbst wird nicht verlöschen und nicht zerbrechen, bis er auf Erden das Recht aufrichte; und die Inseln warten auf seine Weisung.
[5 So spricht Gott, der HERR, der die Himmel schafft und ausbreitet, der die Erde macht und ihr Gewächs, der dem Volk auf ihr den Odem gibt und den Geist denen, die auf ihr gehen: 6 Ich, der HERR, habe dich gerufen in Gerechtigkeit und halte dich bei der Hand und behüte dich und mache dich zum Bund für das Volk, zum Licht der Heiden, 7 dass du die Augen der Blinden öffnen sollst und die Gefangenen aus dem Gefängnis führen und, die da sitzen in der Finsternis, aus dem Kerker. 8 Ich, der HERR, das ist mein Name, ich will meine Ehre keinem andern geben noch meinen Ruhm den Götzen. 9 Siehe, was ich früher verkündigt habe, ist gekommen. So verkündige ich auch Neues; ehe denn es aufgeht, lasse ich's euch hören.]

Liebe Gemeinde,
ein glimmender Docht erinnert an Erschöpfung, an das Gefühl, ausgebrannt zu sein; am Ende zu sein; nicht nur umgangssprachlich bei Jugendlichen mit wenig Geld, die schnell dabei sind, zu sagen: „Ich bin abgebrannt.“ Der glimmende Docht einer Kerze ist das Gegenteil von dem Licht, das, auf einen Scheffel gestellt, allen im Haus voranleuchten kann.
Glimmende Dochte um uns herum können Menschen sein in Versuchung, etwa, wenn wenig Hoffnung auf Genesung eines kranken Angehörigen besteht. Oder weil ein geliebter Sohn tödlich verunglückt ist, weil fehlende Arbeit finanzielle und seelische Probleme produziert. Regierungsbeamte, die nicht weiterwissen, Stärke vortäuschen, wo Ratlosigkeit herrscht, all das passt zu glimmenden Dochten oder anders gesagt: zu verunsicherten Menschen.
Israel hat im 6. Jahrhundert vor Christus massive Verunsicherung erlebt. Die babylonische Zwangsherrschaft, Vertreibung und ein ungewohntes Leben in der Zerstreuung haben bewirkt, dass der Glaube an den unsichtbaren Gott, an Jahwe am Verlöschen war. Viele haben damals gezweifelt, dass Gott für sein Volk da ist und die Geschichte lenkt.
In diese Situation hinein spricht der Prophet Israels. Was er sagt, bündelt die guten Nachrichten des Trostbuches in den Kapiteln Jesaja 40 bis 42 und führt sie im 1. Gottesknechtslied zu einem Höhepunkt sondergleichen. In den Abschnitten vor unserem Predigttext wird das Schöpfungswirken Gottes, Jahwes, gerühmt, der die Enden der Erde geschaffen hat. Stärkende, helfende Worte werden da für Israel ausgesprochen, durch einen Rufer in der Wüste, doch alles bleibt merkwürdig abstrakt, anonym, und im Feindbild-Denken belassen.
Dieser Ton ändert sich in Jesaja 42 grundlegend. Eine großartige Offenbarung wird den Hörenden zuteil. Israel, das vom Leid durch die Babylonier gezeichnet ist, erfährt aus dem Munde des jüdischen, also einheimischen Propheten, dass der unsichtbare Gott Jahwe die Gojim, also die Feinde Israels, die Heiden, sprich die Babylonier als Partner einbezieht in die Heilszusagen. Jene Menschen also, die Israel eine Zumutung bedeuten, weil diese nichts als tiefe Wunden himmelschreienden Unrechts in israelitischen Familien hinterlassen haben: „Er wird das Recht unter die Heiden bringen“. Er, der „Auserwählte Jahwes“, - eine Person also, die an Vollmacht und Kraft die Möglichkeiten des sprechenden Propheten weit übersteigt, wird für eine Neuordnung der Welt unter Menschenwürde und Rechtsgrundsätzen sorgen – und zwar unter Einbeziehung von Israels bisherigen Feinden. Es geht um ein ausdrückliches Miteinander in der Völkerwelt, nicht um neue Unterwürfigkeit.
Wer wird das sein – diese Frage drängt sich förmlich auf – wer ist in der Lage, die geschichtsbelasteten Folgen von Verletzungen zum Guten, zu gegenseitiger Anerkennung von Menschenwürde zu führen?
Wo ist zu erleben, dass der Feind nicht beseitigt, sondern statt dessen Feindschaft aufgelöst wird? Die Antwort des Propheten ist eindeutig: Das kann nur ein Seelenverwandter, „an dem meine Seele Wohlgefallen hat“ mein Auserwählter sein, „dem ich meinen Geist gegeben habe“, spricht Jahwe.
Noch wage und unbekannt, aber dennoch in Wesenszügen geschaut, ist die Person. Alles bisherige stellt sie in den Schatten, und wer an Schlagzeilen denkt, wird bitter enttäuscht sein, denn da wird nicht um Mehrheiten von Meinungsbildung auf der Straße gerungen. „Es wird nicht schreien noch rufen, und seine Stimme wird man nicht hören auf den Gassen“. Gott selber ringt in der Gestalt des Gottesknechts um den Weltrang der bedrohten Menschenwürde.
Das Besondere ist, dass dieses Ringen um die Welt im leidgeprüften Winzling–Volk Israel beginnt, da, wo die Lasten der Feindschaft so generationsweise konkret und schwer zu tragen sind. In der Verbannung und aus dem Munde eines eigenen jüdischen Propheten erfahren sowohl die jüdische als auch die Goliath – starke Mehrheit der nichtjüdischen Völker ihre Einbeziehung in das globale Rechtsdenken von Israels Gott: „In Treue trägt er das Recht hinaus.“ Das Bildwort vom glimmenden Docht, der durch Gottes Einwirken nicht verlöschen wird, und das Bildwort vom geknickten Rohr, das er nicht zerbrechen wird, erschließt sich nun nicht mehr vom Scheitern, Zerbrechen oder Vergehen, sondern vom Auftrag Jahwes her, den übriggebliebenen Rest an Hoffnung, Mut, Würde, Glauben und Zuversicht für wert zu achten, um ihn zu bergen.
Weil dieser Rest ein Zeugnis für die unbezwingbare Liebe Jahwes für alles Lebendige ist?
Ja!
Im Prophetenwort hat Israel die Zumutung der Feindesliebe angenommen. Und vielleicht hören auch Sie die klaren Worte Jesu in der Bergpredigt bei Matthäus? Liebet eure Feinde, tut wohl, denen, die euch hassen... Wie steht es mit unserer Anteilnahme?
Ein glimmender Docht will nun nicht mehr bloß ein Bild für Verunsicherung sein oder ein Bild des Scheiterns, zeigt statt dessen ganz entschieden die Haltekraft von Gottes Zusagen an. „Er selbst, der von Gott Erwählte“ wird die Befindlichkeit des verunsicherten Lebens teilen, wird nicht verlöschen und nicht zerbrechen. Für Gott ist das geknickte Rohr nicht zum Wegwerfen da, sondern zum Aufrichten. Israel und mit ihm bedrohte kleine Völker müssen nicht die Finsternis der Abwertung, der Geschichtslosigkeit fürchten.
Die Rechtsliebe Gottes, festgemacht im Prophetenwort, in der Erscheinung des Gottesknechts, in der Wirksamkeit Jesu und seiner Freunde bestärkt uns, in Zukunft entschiedener auf seine Boten zu achten, damit nicht Kleinglauben und Verunsicherung über uns herrschen, sondern Gottes Geist. Manchmal hat Gott eine Zumutung für uns bereit, damit unsere Glaubensenergie nicht verlöscht. Amen.

Verfasserin: Pfrn. Gabriele Sommer, Lutherstraße 7, 06343 Mansfeld, Lutherstadt

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