Umhüllt von Gottes Liebe
von Andreas Strauch (Haiger)
Predigtdatum
:
31.12.2015
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
Silvester (Altjahrsabend)
Textstelle
:
Römer 8,31b-39
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Wochenspruch:
"Barmherzig und gnädig ist der Herr, geduldig und von großer Güte." (Psalm 103, 8)
Psalm: 121 (EG 749)
Lesungen
Altes Testament: Jesaja 30, (8 - 14) 15 - 17
Epistel: Römer 8, 31 b - 39
Evangelium: Lukas 12, 35 - 40
Liedvorschläge
Eingangslied: EG 58, 1 - 3 + 6 + 7 Nun laßt uns gehn und treten
Wochenlied: EG 64, 1 – 3 + 6 Der du die Zeit in Händen hast
Predigtlied: EG 351, 1 – 3 + 6 + 13 oder EG 36, 1 - 4 Ist Gott für mich oder Fröhlich soll mein Herze springen
Schlusslied: EG 58, 11 - 15 oder EG 321 Nun laßt uns gehn und treten Nun danket alle Gott mit Herzen
Predigttext Römer 8, 31 b - 39
„Ist Gott für uns, wer kann wider uns sein? Der auch seinen eigenen Sohn nicht verschont hat, sondern hat ihn für uns alle dahingegeben – wie sollte er uns mit ihm nicht alles schenken? Wer will die Auserwählten Gottes beschuldigen? Gott ist hier, der gerecht macht. Wer will verdammen? Christus Jesus ist hier, der gestorben ist, ja vielmehr, der auch auferweckt ist, der zur Rechten Gottes ist und uns vertritt. Wer will uns scheiden von der Liebe Christi? Trübsal oder Angst oder Verfolgung oder Hunger oder Blöße oder Gefahr oder Schwert? Wie geschrieben steht: Um deinetwillen werden wir getötet den ganzen Tag; wir sind geachtet wie Schlachtschafe.
Aber in dem allen überwinden wir weit durch den, der uns geliebt hat. Denn ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes noch eine andere Kreatur uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserm Herrn.“
Liebe Gemeinde,
wieder ist ein Jahr vorüber. Am Silvesterabend – wir sind wieder ein Jahr älter geworden – schauen wir zurück, halten wir inne, aber nicht um zu verharren, wo wir gerade stehen in unserem Leben, sondern um dankbar zu bedenken: Was können, was dürfen, was sollten wir bewahren? Wie finden wir neu ins Leben, orientieren uns neu? Der Rückblick schaut immer auch nach vorne. Er findet statt in einer Welt voller Ereignisse, die die Menschheit bewegen. Sie werden in den Jahresrückblicken in den Zeitungen und im Fernsehen aufbereitet und uns konzentriert vor Augen geführt.
Den Jahresrückblick auf das eigene Leben, eingebettet darin und in das Leben unserer Familie, Freunde, Kollegen und Nachbarn, kann jeder Mensch nur selbst für sich besorgen. Dazu wird auch die Suche danach gehören, wie Gott in diesem Leben, in diesem Jahr wieder gewirkt hat.
Eine Bilanz weist Gewinne und Verluste auf, auch eine persönliche Bilanz.
Verluste: Menschen fehlen in unserem Leben, die zu ihm gehörten und vor einem Jahr noch da waren. Sie fehlen durch den Tod – unwiderruflich – Oder sie fehlen durch Trennung, Scheidung. Sie haben sich von uns abgewandt oder wir haben es getan. In jedem Falle ist es eine Lücke, die mit Schmerz verbunden ist. Selbst dann, wenn wir dabei sind zu lernen, zu üben, mit dem Verlust, trotz des Verlustes zu leben.
Gewinne: Wir haben Hilfe erfahren, gerade auch in schwierigen Zeiten, in Zeiten des Verlustes. Wir haben Menschen entdeckt, die uns zur Seite stehen, uns ihre Begleitung spüren lassen. Menschen, auf die wir uns immer verlassen konnten, oder Menschen, mit deren Zuwendung wir so gar nicht gerechnet hätten. Wir haben Menschen kennen und schätzen gelernt, die uns vorher schon bekannt waren, und Menschen, die wir vorher nicht kannten. Ich hoffe, dass auch Sie solche Erfahrungen machen konnten.
Verlust und Gewinn in der persönlichen Bilanz können manchmal sogar zusammen hängen – wie Licht und Schatten. „Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch.“ (Friedrich Hölderlin) Immer wieder lässt sich gerade auch in dunklen, bedrohlichen Zeiten das Licht der Güte Gottes, die Hilfe unseres Heilandes Jesus Christus erblicken und spüren. Wir erfahren Licht und Hilfe durch Menschen, die uns die Liebe Gottes verkörpern und erweisen. Ein Jahr lang hat uns Gott wieder mit seiner Liebe getragen – in guten wie in schlechten, in leichten und in schweren Tagen.
‚Nichts kann uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserm Herrn.‘ Das ist die Quintessenz unseres Predigttextes, ein Hauptsatz christlicher Theologie und Frömmigkeit, christlichen Glaubens und christlichen Lebens. Nichts und niemand! Wir sind hineingeworfen in den Bereich der Liebe Gottes. Vor einer Woche haben wir Weihnachten gefeiert, in unserem Text ist auf Karfreitag angespielt: ‚Gott hat seinen eigenen Sohn nicht verschont, sondern hat ihn für uns alle dahingegeben‘. Gott begegnet uns in Liebe, Gott handelt für uns in Liebe, Gott betrachtet uns mit Liebe, Gott beurteilt uns mit Liebe. Das sind Bedeutungen von Weihnachten und von Karfreitag.
Wenn wir das auf uns beziehen – Paulus tut das für sich: „Denn ich bin gewiss, …“, und wir dürfen das auch, denn Paulus bezeichnet „uns alle“ hier als „die Auserwählten Gottes“ – wenn wir das also auf unser Leben beziehen, so glücklich, so ängstlich, so erfüllt oder arm es gerade ist, wenn wir uns Gottes Liebe also gefallen lassen, dann sind wir auf der sicheren Seite, auf der allersichersten Seite. Auf Gottes Seite. Der sich für uns längst verwendet hat. Wenn uns Gottes Liebe gilt, dann braucht uns das, was der Liebe zuwider läuft, letztlich nicht zu bekümmern.
Am Ende eines Jahres können wir durchaus geneigt sein, selbst und persönlich auch den Wert unseres Lebens zu bilanzieren. Das ist ein gefährliches und höchst fragwürdiges Unternehmen, wenn wir den selbst festlegen und beurteilen wollen. Unsere Kriterien sind heikel und kaum tragfähig. Wie leicht machen wir uns abhängig von unserer Selbsteinschätzung oder der Einschätzung anderer Menschen. Wie sehr leben wir von Lob und Anerkennung, und wie schnell brechen wir ein oder gar zusammen, wenn Lob und Anerkennung ausbleiben und anderes kommt: Anklage, Verdammung. Wie spürt man dann die Einsamkeit! „Woher kommt mir Hilfe?“ haben wir vorhin im Psalm 121 gebetet.
Paulus stellt seine Leserschaft vor eine fingierte Gerichtssituation: „Wer kann wider uns sein? … Wer will … beschuldigen? … Wer will verdammen?“ All das erleben Menschen, erleben Christenmenschen, „Auserwählte Gottes“. Sie tun sich das mitunter sogar gegenseitig an.
Aber: Schon im Psalm haben wir gebetet: „Meine Hilfe kommt vom Herrn“. Und hier heißt es: ‚Gott ist für uns‘, „Gott ist hier, der gerecht macht.“ „Christus Jesus ist hier, der gestorben ist, ja vielmehr, der auch auferweckt ist, der zur Rechten Gottes ist und uns vertritt.“ Gott ist Ankläger und Verteidiger und Richter in einem. Karfreitag – Ostern – Himmelfahrt.
Gott nimmt uns aus dem Schussfeld menschlicher Beschuldigungen und Verdammungen und setzt uns in das Schutzfeld seiner Liebe. Dort sind wir sicher.
Paulus kann menschliche Gefahren noch und noch nennen: „Trübsal oder Angst oder Verfolgung oder Hunger oder Blöße oder Gefahr oder Schwert“. Paulus hat etliches davon am eigenen Leibe gespürt. Aber im Schutzfeld von Gottes Liebe kann uns all dies nicht wirklich etwas anhaben. Es kann uns zwar demütigen, niederdrücken, schwächen, beschämen, verletzen – das alles schon. Das erleben Menschen immer wieder und tun Menschen immer wieder einander an. Aber von Gottes Liebe trennen können uns all diese Widrigkeiten nicht.
Das macht uns stark und lässt uns auch in Anderen starke Menschen erblicken, „Auserwählte Gottes“, umgeben vom Schutzmantel seiner Liebe. Für den gegenseitigen Umgang kann das letztlich doch nur bedeuten, auf ‚Beschuldigungen‘ und ‚Verdammungen‘, um noch einmal mit den Worten des Paulus zu sprechen, gleich zu verzichten und statt dessen zu versuchen, der Liebe Gottes, von der wir alle leben, im eigenen Leben und im gegenseitigen Umgang zu entsprechen, so gut oder mäßig uns das gelingen mag.
So können wir auch frei werden von Selbstbeschuldigungen und Selbstverdammung. Viele Menschen quält auch dies. Sie können sich nicht selbst bejahen. Aber wie sollten wir uns selbst beschuldigen und verdammen, wenn Gottes Liebe uns gilt? Wir würden uns entfernen aus dem Schutzfeld, in das Gott uns hinein gestellt hat: „Denn ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes noch eine andere Kreatur uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserm Herrn.“
Da wir im Schutzfeld der Liebe Gottes längst leben, darf unsere Bilanzierung gnädig ausfallen, sie soll es sogar. Sie ist überdies gar nicht so erheblich. Gottes Bilanz ist entscheidend. Sie gibt uns das Recht zur Gnade – und wohl auch die Pflicht zur Gnade!
Vor allem aber dürfen wir hoffnungsfroh leben - jeden Augenblick unseres Lebens (‚Gegenwart‘) – und deswegen der ‚Zukunft‘ ohne Furcht ins Auge blicken. Denn Gott ist bei uns und vor uns. Auf ihn gehen wir zu, auf seine Liebe, und er geht jetzt schon mit. Da mögen wir die Kraft finden, auch mit Schwierigkeiten zu leben. Und mitunter sogar dankbar zu werden für das, was Gott uns gibt und auferlegt und zumutet. Und in allem Schönen und Guten, in allem Glück und Segen dürfen wir das Geschenk der Liebe Gottes ungeschminkt genießen – auch im Jahr 2016! Amen.
Vorschläge zur Liturgie
Lesung: Prediger 3, 1 - 15
(alttestamentliche Lesung nach dem im Jahre 2014/15 erprobten Vorschlag zur Perikopenrevision)
Eingangsgebet
Gott, wieder hast Du uns ein Jahr geschenkt.
Du hast uns durch die Zeit geführt und begleitet.
Manches Schöne hast Du uns geschenkt,
manches Schwere auferlegt.
Du hast uns Mut und Kraft gegeben,
Stunden der Freude und des Glücks.
Aber auch Leid und Verzweiflung haben wir gespürt.
Gott, Du weißt, wie es um uns steht.
Du weißt es besser als wir selbst es wissen.
Deine Liebe trägt uns.
Dafür danken wir Dir, und wir bitten Dich:
Lass uns dies erkennen im dankbaren Rückblick
auf dieses zu Ende gehende Jahr 2015 –
in hoffnungsvoller Erwartung
auf das vor uns liegende Jahr 2016.
Sei und bleibe bei uns mit Deiner Treue und Deinem Segen.
Dir sei Ehre von Ewigkeit zu Ewigkeit. – Gemeinde: Amen.
Fürbittengebet
Gott, wir wissen nicht, was das neue Jahr bringt
und was du mit uns vorhast.
Dir wollen wir uns anvertrauen.
Wir bitten Dich um Frieden in der Welt,
um Gerechtigkeit unter den Völkern und Menschen.
Besonders bitten wir Dich für die unzähligen Menschen,
die im zurück liegenden Jahr aus ihrer Heimat,
aus Krieg und Gewalt, Elend und Armut geflohen sind,
die Strapazen, Ungewissheit, gefährliche Wege
und Abweisung auf sich genommen haben.
Viele Menschen haben sie aber doch willkommen geheißen.
Gib, dass die Geflohenen und Fliehenden Heimat finden,
eine Bleibe, einen Ort, wo sie nicht nur wohnen,
sondern auch in Frieden und Anerkennung leben können.
Hilf, dass das Leben in seiner Würde geachtet wird.
Wir denken vor Dir an die Menschen,
die wir in diesem Jahr verloren haben:
aus unserer Familie, Freunde und Freundinnen,
Wegbegleiter, Nachbarn.
Wir denken vor dir an die Menschen, die bei
dem Flugzeugunglück am 24. März in den französischen
Alpen ums Leben gekommen sind, und an ihre Angehörigen
und Freunde.
Und wir denken vor Dir an die zahllosen Flüchtlinge,
die in diesem Jahr ertranken oder
durch Misshandlung oder an Entkräftung gestorben sind.
All das namenlose Leid, das uns in diesem Jahr bewegt hat,
bringen wir vor Dich –
in dem Vertrauen, dass die gestorbenen Menschen
von Deiner Liebe umhüllt und durchdrungen seien.
Wir denken vor Dir an unsere Lieben,
die Menschen, die uns besonders am Herzen liegen:
dass es ihnen wohl ergehen möge,
dass sie gesund und fröhlich bleiben oder werden,
dass wir weiter gut mit ihnen auskommen.
Wir bitte dich für die Menschen, die uns Mühe bereiten:
Sei auch bei ihnen mit Deinem Segen.
Schenke Verständnis und Annäherung.
Wir bitten für unsere Kirchengemeinde
((in der EKHN ergänzen:) und unseren neuen Kirchenvorstand):
Führe sie, halte und begleite sie auf gutem Wege.
Wir danken dir für die Menschen, die sich in der Gemeinde
zum Wohle anderer und zu Deiner Ehre einsetzen.
Wir danken Dir, Gott,
für Deine bisherige Wegbegleitung und Treue
und bitten Dich:
Lass uns Deine Spuren auch im Jahr 2016 erkennen:
Zeichen Deines Zuspruchs und Anspruchs an uns.
Richte uns auf, wenn wir verzagen.
Mach uns bereit, für andere da zu sein und einzutreten.
Lass uns erkennen, wo unsere Worte und Taten gebraucht werden. –
Erfülle uns mit Deinem Geist, auf dass Deine ‚Barmherzig-
keit und Gnade, Geduld und große Güte‘ erneut spürbar unter uns werden.
Amen
Verfasser: Pfarrer Andreas Strauch
Westerwaldstraße 10, 35708 Haiger
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Pfarrer Dr. Matthias Rost
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Telefon: 036202.7717-97
Pfarrer Thomas Borchers
Missionarisch-Ökumenischer Dienst
Westbahnstraße 4
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