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Umkehr

von Stephan Arras (64743 Beerfelden)

Predigtdatum : 19.11.2014
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Buß- und Bettag
Textstelle : Jesaja 1,10-17
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Tagesspruch:

Gerechtigkeit erhöht ein Volk, aber die Sünde ist der Leute Verderben. (Sprüche 14,34)

Psalm: 51, 3 - 14 (EG 727)

Lesungen
Altes Testament: Jesaja 1, 10 - 17

Epistel: Römer 2, 1 - 11

Evangelium: Lukas 13, (1 - 5) 6 - 9

Liedvorschläge
Eingangslied: EG 390 Erneure mich, o ewigs Licht
Tageslied: EG 144 oder EG 146 Aus tiefer Not lasst uns zu Gott oder
Nimm von uns, Herr, du treuer Gott
Predigtlied: EG 413 Ein wahrer Glaube Gotts Zorn stillt
Schlusslied: EG 289, 4 + 5 Die Gottesgnad alleine

1. Zugang
Im achten Jahrhundert vor Christus, zur Zeit des Propheten Jesaja, hat das Volk von Juda (dem Südreich des ehemali-gen Israel) geglaubt, ein reibungsloser und prunkvoller Tempelgottesdienst könne von den Missständen, dem Un-recht und dem Götzendienst im Land ablenken. Jesaja deck-te dies auf und kritisiert im Namen Gottes diese Haltung als unannehmbar. Wie verdorben und voller Sünde das Volk Juda war, wird durch die Bezeichnung als „Herren von So-dom“ und Volk von „Gomorra“ deutlich, jenen sprichwörtlich gewordenen Städten der Unzucht und Ungerechtigkeit (vgl. 1.Mose 18).

Das Problem für die Predigt ist, dass man bei uns kaum noch sein schlechtes Gewissen mit prunkvollen Gottesdiens-ten überspielt. Es ist ja eher so, dass die Menschen gar nicht mehr in Gottesdienste kommen, und der Buß- und Bettag ist seit einigen Jahren nicht einmal mehr staatlich geschützter Feiertag.

Uns verbindet aber mit der Situation des Propheten Jesaja, dass es auch heute noch viel Heuchelei gibt. Gerade die Dis-krepanz zwischen Nadelstreifenanzügen und schicken, sau-beren Banken- und Geschäftshäusern einerseits und den dahinter stattfindenden kleinen und großen Betrügereien andererseits ist ein schönes Beispiel. Sicher lassen sich auch andere Beispiele finden.

In dem Predigtabschnitt erkenne ich drei Schritte zur Um-kehr. Diese werden in der Predigt herausgearbeitet und bie-ten den Zuhörern konkrete Schritte zum Nachdenken und Handeln im eigenen Lebensvollzug.

2. Zum Gottesdienst
Die in der Predigt erwähnte Aktion mit dem Verbrennen von an Jesus gerichteten Beichtbriefen kann man auch im Got-tesdienst vollziehen. Jeder Gottesdienstbesucher erhält ei-nen Stift, einen Briefumschlag und ein Blatt Papier. In einer Zeit der Stille schreibt man an Jesus, was einen belastet, was man gerne loswerden möchte, was man an Schuld mit sich trägt. Anschließend werden die Briefe verbrannt. Es bietet sich an, dann auch das Abendmahl zu feiern, als Mahl der Befreiung.

Predigt
Liebe Gemeinde,

ein wüster Text, eine Beschimpfung ist es, die uns heute als Predigttext zugemutet wird. Prophetenworte, die es in sich haben. Der Prophet Jesaja kritisiert die religiöse Praxis sei-ner Zeit, kritisiert die Menschen und die Priester mit harten Worten. Ich stelle ihn mir vor, den Propheten Jesaja, wie er auf dem Marktplatz von Jerusalem steht, im 8. Jahrhundert vor Christus. Hier der Predigttext:

10 Höret des HERRN Wort, ihr Herren von Sodom! Nimm zu Ohren die Weisung unsres Gottes, du Volk von Gomorra!
11 Was soll mir die Menge eurer Opfer?, spricht der HERR. Ich bin satt der Brandopfer von Widdern und des Fettes von Mastkälbern und habe kein Gefallen am Blut der Stiere, der Lämmer und Böcke.
12 Wenn ihr kommt, zu erscheinen vor mir - wer fordert denn von euch, dass ihr meinen Vorhof zertretet?
13 Bringt nicht mehr dar so vergebliche Speisopfer! Das Räucherwerk ist mir ein Gräuel! Neumonde und Sabbate, wenn ihr zusammenkommt, Frevel und Festversammlung mag ich nicht!
14 Meine Seele ist Feind euren Neumonden und Jahresfes-ten; sie sind mir eine Last, ich bin's müde, sie zu tragen.
15 Und wenn ihr auch eure Hände ausbreitet, verberge ich doch meine Augen vor euch; und wenn ihr auch viel betet, höre ich euch doch nicht; denn eure Hände sind voll Blut.
16 Wascht euch, reinigt euch, tut eure bösen Taten aus meinen Augen, lasst ab vom Bösen!
17 Lernt Gutes tun, trachtet nach Recht, helft den Unter-drückten, schafft den Waisen Recht, führt der Witwen Sa-che!
Als Herren der untergegangenen Städte Sodom und Gomorra beschimpft Jesaja die Menschen in Jerusalem. Er hat of-fensichtlich allen Grund dazu. Denn so war es zu seiner Zeit: Man feiert fröhlich Gottesdienste, die Brandopferaltäre quellen über vor teurem Opferfleisch, die Handlungen im Tempel von Jerusalem sind prunkvoll. Und doch: Das alles ist offensichtlich nur Schau. In ihren Herzen sind die Menschen nicht bei Gott. In ihrem Alltag hat Gott keinen Platz mehr. Die Reichen werden reicher, die Armen ärmer, Recht hängt vom Geldbeutel ab.

Und so sagt Jesaja zu ihnen im Namen Gottes: An euren Händen klebt Blut. Ihr tut Böses! Ihr seid Heuchler, wenn ihr eure Gottesdienste feiert.

So war das damals. Und wie ist es heute? Sind bei uns die Kirchen voll mit Menschen, die vor Gott eine Schau machen, die ihre Religiosität zur Schau stellen? Gehen bei uns vor allem die Reichen in die Kirche, um fromm zu tun? Das Ge-genteil ist doch der Fall. Unsere Kirchen sind leerer gewor-den. Die Zahlen der Gemeindeglieder gehen kontinuierlich zurück. Und dass man vor anderen besonders gut dasteht, wenn man regelmäßig in einen Gottesdienst geht, stimmt nicht. Man wird eher als Exot belächelt. Der Buß- und Bettag ist kein staatlicher Feiertag mehr. Die Sonntage sind längst nicht mehr Tag des Gottesdienstes, sondern sind zum Bestandteil der Freizeitkultur geworden. Was geht uns Jesaja mit seinen Beschimpfungen heute noch an, könnte man also fragen.

Nun, was es aber heute noch gibt, unverändert, ist die Heu-chelei. Nicht nur in der Politik, auch in Firmen, in Unterneh-men, ja auch in der Kirche gibt es Menschen, die anders reden als sie handeln. Menschen, die von Miteinander, von Freundlichkeit, von Gemeinsam-Stark-Sein, von Engagement für die Schwachen reden -, die aber so handeln, dass vor allem ihre Macht gestärkt wird, ihr Konto sich füllt, ihre Wiederwahlchancen steigen, und die im Zweifelsfall heute dies sagen und morgen das Gegenteil, wenn es dem eigenen Vorteil dient.

Und noch etwas: Auch heute wird mit falschem Glanz etwas vorgespiegelt, was nicht der Realität entspricht. Bei Jesaja waren es glanzvolle Gottesdienste mit teuren Opfern. Bei uns sind es die modernen Tempel der Bankhochhäuser und Geschäftspaläste. In ihrer Sauberkeit demonstrieren sie Reinheit, Ehrlichkeit, Seriosität. Längst wissen wir aber, dass in vielen Führungsetagen die größten Betrügereien begangen werden.

Bei Jesajas Rede klingt Gott zornig, müde und enttäuscht. Er ist es, weil das Verhalten der Menschen so durchsichtig ist: Sie reden anders, als sie handeln. Sie beten anders, als sie sind. Sie benutzen ihn, Gott, um sich ein reines Gewissen zu verschaffen. Dabei ist alles so verlogen. Bis heute. Der Zorn, die Müdigkeit, die Enttäuschung Gottes überträgt sich auf Jesaja. Man sieht ihn förmlich vor sich, wie er den Menschen zuruft: „Denn eure Hände sind voll Blut“!

Jesaja möchte im Namen Gottes erreichen, dass die Men-schen umkehren und sich verändern. So wüst die Beschimp-fungen in diesem Text sind, so klar sind aber auch die Schritte, wie eine Umkehr, eine Veränderung, ein Neuanfang aussehen kann. Es sind drei Schritte, die zur Umkehr führen:

Umkehr heißt erstens: Den falschen Weg erkennen
Das ist der erste Schritt: Jesaja hält den Menschen seiner Zeit einen Spiegel vor. So müssten wir uns heute am Buß- und Bettag einen Spiegel vorhalten lassen, jeder persönlich. So müsste sich eine Regierung den Spiegel vorhalten lassen. Aber sie hat ja den Buß- und Bettag als Feiertag abge-schafft. Den Spiegel sich vorhalten: Überlegen Sie sich zum Beispiel einmal, wie Sie mit den Menschen umgehen, denen Sie täglich begegnen. Sind Sie ehrlich? Spielen Sie jemandem etwas vor? Oder stellen Sie sich vor, Sie sollten sich selbst, so wie Sie sind, malen. Wäre das ein stimmiges Bild? Stimmen Reden und Handeln überein? Oder entdecken Sie, dass etwas falsch läuft und widersprüchlich ist?

Umkehr heißt zweitens: Etwas beenden, mit etwas aufhören
Das ist der zweite Schritt: Bevor wir uns ändern, müssen wir aufhören mit dem, was nicht gut ist. Jesaja sagt bei diesem Schritt den Menschen seiner Zeit: Beendet eure bösen Taten, lasst ab vom Bösen. Dann sagt er auch noch: Wascht euch, reinigt euch! Das ist als symbolische Handlung gemeint. – Denken Sie einmal nach: Was würden Sie gerne aufgeben, loswerden, welche Schuld drückt Sie, welches unehrliche Verhalten? Auch heute gehen wir diesen Schritt gerne mit Symbolhandlungen. So schreiben wir im Konfir-mandenunterricht vor der ersten Abendmahlsfeier Beicht-briefe an Jesus, in denen jede Konfirmandin, jeder Konfir-mand Dinge nennt, die falsch gelaufen sind, persönliche Schuld. Diese Beichtbriefe, die kein Mensch lesen darf, wer-den anschließend verbrannt. Symbolhandlungen helfen uns, Gedankenarbeit ernster zu nehmen. Ein Entschluss prägt sich so besser ein.

Umkehr heißt drittens: Neues lernen und einüben
Das ist der dritte Schritt: Neue Schritte wagen. Jesaja sagt den Menschen seiner Zeit sehr konkret, was das sein könnte – ich zitiere Vers 17: „Lernet Gutes tun, trachtet nach Recht, helft den Unterdrückten, schafft den Waisen Recht, führet der Witwen Sache!“ Das ist der entscheidende Schritt. Jesaja sagt nicht, man soll einfach das Böse lassen. Nein, Umkehr bedeutet, in die andere Richtung hin aktiv zu werden. Alles andere wäre eine halbherzige Umkehr.

Dieser dritte Schritt zugleich der Schwierigste. Er bedeutet eine Wendung um 180 Grad. Haben die reichen Bürger von Jerusalem gerade noch andere unterdrückt, sollen sie die Armen nicht bloß in Ruhe lassen. Nein, sie sollen ihnen nun helfen, auf die Beine zu kommen. Auf uns übertragen kann das zum Beispiel heißen: Jemand, der sich in seiner Firma durch Unterschlagung immer munter bereichert hat, wird das bei dem Entschluss umzukehren nicht einfach nur sein lassen, sondern wird sich von jetzt an dafür einsetzen, dass die Firma voran kommt.

Wenn Sie nachdenken, werden Sie sicher Beispiele für Ihr eigenes Leben entdecken. Es muss ja nicht um Geld gehen. Oft haben wir beim Umgang mit Verwandten oder für unser Verhalten allgemein eine Umkehr nötig. Nutzen Sie den Tag heute, den Buß- und Bettag. Gehen Sie für sich die drei Schritte:

• Sich einen Spiegel vorhalten und falsche Wege erkennen
• Ungutes beenden
• Neues lernen und einüben

Neue Wege gehen ist schwierig. Das weiß auch Jesaja, und so sagt er: Lernt Gutes zu tun. Fangt wenigstens mal damit an, auch wenn es unvollkommen sein wird. Umkehr ist ein Prozess, er bedeutet, dass man lernt und übt. Diese Er-kenntnis befreit vor dem vermessenen Anspruch, gleich alles viel besser zu machen.

Wüst hat Jesaja mit seiner Gottesrede die Menschen seiner Zeit beschimpft. Manchmal tut es gut, deutliche Worte zu hören. Weil sie wachrütteln. Es gibt bei Jesaja aber auch ganz liebevolle Worte, und mit solchen Worten möchte ich schließen. Es sind Worte der Verheißung Gottes, dass er uns hilft, Umkehr zu bewältigen. Es sind Worte, die uns daran erinnern, dass Gott uns begleiten und helfen will. Es sind Worte, die uns in die bald nahende Advents- und Weih-nachtszeit hinüberschauen lassen (Jesaja 9,1.5-6):

„Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht, und über denen, die da wohnen im finstern Lande, scheint es hell. Denn uns ist ein Kind geboren, Sohn ist uns gege-ben, und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter; und er heißt Gott-Held, Ewig-Vater, Friede-Fürst; auf dass seine Herrschaft groß werde und des Friedens kein Ende auf dem Thron Davids und in seinem Königreich, dass er’s stärke und stütze durch Recht und Gerechtigkeit von nun an bis in Ewigkeit. Solches wird tun der Eifer des Herrn Zebaoth.“ Amen.

Verfasser: Dekan Stephan Arras
Finkenweg 9, 64753 Brombachtal

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