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Umkehr

von Joachim Jaeger (99096 Erfurt)

Predigtdatum : 22.11.2006
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Buß- und Bettag
Textstelle : Offenbarung 3,14-22
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Wochenspruch:

Gerechtigkeit erhöht ein Volk, aber die Sünde ist der Leute Verderben.
(Sprüche 14,34)
Psalm: 51,3-14 (EG 727)

Lesungen

Altes Testament:
Jesaja 1,10-17
Epistel:
Römer 2,1-11
Evangelium:
Lukas 13, (1-5) 6-9

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 241
Wach auf, du Geist der ersten Zeugen
Wochenlied:
EG 144
oder EG 146
Aus tiefer Not lasst uns zu Gott
Nimm von uns, Herr, du treuer Gott
Predigtlied:
EG 246
Ach bleib bei uns, Herr Jesu Christ
Schlusslied:
EG 240
Du hast uns, Herr, in dir verbunden

14 Dem Engel der Gemeinde in Laodizea schreibe: Das sagt, der Amen heißt, der treue und wahrhaftige Zeuge, der Anfang der Schöpfung Gottes: 15 Ich kenne deine Werke, dass du weder kalt noch warm bist. Ach, dass du kalt oder warm wärest! 16 Weil du aber lau bist und weder warm noch kalt, werde ich dich ausspeien aus meinem Munde. 17 Du sprichst: Ich bin reich und habe genug und brauche nichts!, und weißt nicht, dass du elend und jämmerlich bist, arm, blind und bloß. 18 Ich rate dir, dass du Gold von mir kaufst, das im Feuer geläutert ist, damit du reich werdest, und weiße Kleider, damit du sie anziehst und die Schande deiner Blöße nicht offenbar werde, und Augensalbe, deine Augen zu salben, damit du sehen mögest. 19 Welche ich lieb habe, die weise ich zurecht und züchtige ich. So sei nun eifrig und tue Buße! 20 Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an. Wenn jemand meine Stimme hören wird und die Tür auftun, zu dem werde ich hineingehen und das Abendmahl mit ihm halten und er mit mir. 21 Wer überwindet, dem will ich geben, mit mir auf meinem Thron zu sitzen, wie auch ich überwunden habe und mich gesetzt habe mit meinem Vater auf seinen Thron. 22 Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt!

Liebe Gemeinde!
Immer wieder erschrecken Gemeinden, wenn sie dieses „Sendschreiben an die Gemeinde in Laodizea“ hören.
„Weil du aber lau bist und weder warm noch kalt,
werde ich dich ausspeien aus meinem Munde.“
Ob es in der frühen Kirche war oder im Mittelalter oder im 19./20. Jahrhundert oder heute: jede Gemeinde, die diese eigentlich geradezu vernichtende Kritik hört, wird sich fragen, sind wir auch so? Könnte der Engel der Gemeinde von Laodizea auch unsere real existierende Gemeinde hier in ... so anreden? Sind wir auch so eine laue Gemeinde, weder kalt noch warm?
Ehe ich auf diese wichtige Frage zurückkomme, muss ich noch einen anderen Gedanken ins Gespräch bringen. Dieses Sendschreiben an die Gemeinde in Laodizea aus der Offenbarung des Johannes ist uns als Predigttext für den Bußtag vorgegeben. Warum feiern wir Bußtag?
Dieser besondere Bußtag, wie wir ihn in dieser Form seit knapp 200 Jahren begehen, will nicht das Verschulden und das Versagen des einzelnen Christen in den Blick nehmen. Bei diesem Bußtag, wie ihn der preußische König angeordnet hat, soll es um die öffentlichen Dinge gehen, um die „res publica“. Wie steht es um unser Land? Wie steht es um die Kirchen in unserem Land? Sind sie Öl oder Sand im Getriebe? Nehmen sie ihren Auftrag wahr, im Namen Jesu kritisch der Gesellschaft, der Politik, der Öffentlichkeit entgegenzutreten und zugleich ihr solidarisch zur Seite zu stehen?
Wenn man den Bußtag so sieht, dann sind wir genau bei den Fragen, die sich die Gemeinde von Laodizea zu stellen hatte. Sind wir eine kritisch-solidarische Kirche oder sind wir eine angepasste, unanstößige Kirche, die den Mächtigen und der Masse nach dem Munde redet? Oder drehen wir uns als Kirche in selbstzufriedener, selbstgefälliger und selbstgenügsamer Sattheit um uns selbst?
„Du sprichst:
Ich bin reich und habe genug und brauche nichts.“
Man könnte es auch mit Dietrich Bonhoeffer sagen, der zu einem bestimmten Zeitpunkt seine Kirche gefragt hat: „Sind wir noch brauchbar?“
Klar müsste sein: Wir sind als Kirche nicht für uns selber da! Eine Kirche und die Gemeinden in ihr dürfen durchaus an sich denken. Sie dürfen sich durchaus auch fragen: Wie geht es uns als Gemeinde? Wir dürfen durchaus auch darüber nachdenken, was tut uns als Gemeinde gut? Was müssen wir für uns tun, damit sich jeder Einzelne, jede Einzelne in der Gemeinde wohlfühlt? Das sind keine verbotenen Fragen. Aber dabei darf eine Gemeinde nicht stehen bleiben!
Drei Ratschläge gibt der Engel der Gemeinde.
Zunächst: „Ich rate dir, dass du Gold von mir kaufst, das im Feuer geläutert ist, damit du reich werdest...“
Übertragen heißt das: Es ist und bleibt unsere Schuldigkeit, dass wir uns als herausgerufene, beauftragte und gesandte Schar auf Jesus Christus besinnen; denn er allein ist unser Reichtum, „unser Gold, das im Feuer geläutert ist.“
Die Gemeinde, die meint, in sich selber und aus sich selber reich zu sein, täuscht sich. Bei uns ist alles in bester Ordnung. Wir sind eine beliebte und angesehene Gemeinde. Wieso sollten wir Bedarf haben an diesem „Gold“?!
Nein, sagt der Engel: aus euch selber seid ihr nicht reich. Nur eine Gemeinde, die ihre leeren Hände nach Christus ausstreckt, weil sie ihn braucht, die vom Gekreuzigten und von seinem Wort alles erwartet, die empfängt immer wieder diesen Reichtum aus Gott. Sie bekennt sich zu ihrer Schwachheit und bittet jeden Sonntag neu um den Reichtum, der „von oben“ kommt. Wir sind nur dann eine lebendige Gemeinde, wenn wir aus Christus und aus seiner Wahrheit leben. Wenn nicht, dann kann es noch so lebhaft und umtriebig bei uns zugehen. Dann sind wir nicht lebendig, sondern ein toter Ast am Lebensbaum Christi!
Zum andern sagt der Engel: „Ich rate dir, dass du weiße Kleider von mir kaufst, damit du sie anziehst und die Schande deiner Blöße nicht offenbar werde...“
Was meint er damit?
Im Neuen Testament begegnet uns immer wieder die Vorstellung, dass wir bis zu unserem Tode unsere arme, bedürftige und verletzliche Gestalt nicht ablegen können. Aber mit der Taufe werden wir überkleidet mit einem „hochzeitlich Kleid“, das unsere Nähe zu Gott veranschaulicht und die Blöße unserer alten, sterblichen Adams-Gestalt bedeckt. Ähnlich heißt es bei Paulus: „Zieht den neuen Menschen an, der nach Gott geschaffen ist in wahrer Gerechtigkeit und Heiligkeit.“
Was vom Einzelnen gilt, wird hier auf die ganze Gemeinde übertragen. Sie soll nicht so tun, als sei sie aus sich selber schön. Wenn sie nichts tut, dann wird halt nur „die Schande ihrer Blöße“ sichtbar! Aber wenn sie die „weißen Kleider“ überstreift, die ihr von Gott zur Verfügung gestellt werden, dann wird sie Gottes Schönheit sichtbar machen. Dann wird sie vor den Leuten leuchten zur Ehre Gottes.
Auch hier wieder die Frage, die uns nachdenklich machen soll. Was sehen die Leute, wenn sie auf unsere real existierende Gemeinde schauen, in der wir leben. Was strahlt sie aus? Welches Profil zeigt sie? Bezeugt sie mit ihrem Dasein Gottes Liebe und Wahrheit oder hat sie allenfalls die Ausstrahlung, wie sie jeder beliebige Verein auch hat?
Und schließlich der letzte Ratschlag des Engels:
„Ich rate dir, dass du Augensalbe von mir kaufst, deine Augen zu salben, damit du sehen mögest.“
Augen können sich täuschen lassen. Sie können schläfrig sein oder gar blind. Aber es kann auch Augen geben, die nüchtern und unverstellt, die Wirklichkeit ins Auge fassen. Augen, die wachen Blicks und hellsichtig Dinge schauen, die andere in ihrer Verblendung nicht sehen können.
Wo lernen wir das? Nicht, in dem wir immer mehr „in die Ferne sehen“. Wenn wir nur noch in die Ferne schauen, werden die Konturen immer mehr verschwimmen. Wir müssen lernen, unsere Welt, unser Land, die Politik und die Menschen um uns herum mit den Augen Jesu zu sehen!
Und wie geschieht solches Lernen? Indem wir erstens in das Buch schauen, wo es im 119. Psalm heißt: „Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Wege.“ Und in dem wir zum anderen mit den Schwestern und Brüdern reden, uns auseinandersetzen, uns streiten, bis wir zu einer neuen Sicht durchdringen. Ohne dieses Gespräch in der Gemeinde würden wir uns in dieser so komplizierten und oft kaum noch durchschaubaren Welt nicht mehr zurechtfinden!
Liebe Gemeinde, eigentlich müsste ein solcher Text Anlass sein, dass eine am Bußtag versammelte Gemeinde sich nicht nur diese Predigt anhört, sondern dann auch miteinander die Fragen ganz konkret bespricht, die dieser Text in großer Deutlichkeit an sie stellt:
Wie ähnlich sind wir der Gemeinde in Laodizea ?
Was sollen wir tun, damit unserer Lauheit abgeholfen wird?
Bei allem Erschrecken, was da aufkommen könnte, wir sind gut dran! Denn: hier spricht kein gnadenloser Engel, der unerbittlich und unwiderruflich ein Urteil spricht.
Wie immer, wenn wir es mit Gott, dem Vater Jesu Christi, zu tun bekommen: Es spricht der lebendige, gnädige Gott, der aufrichtet und zurechtbringt und neue Zukunft eröffnet, auch für diese, unsere Gemeinde! Amen.

Verfasser: Propst i. R. Joachim Jaeger, Rankestr. 42, 99096 Erfurt

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