Verklärung
von Norbert Hott (35510 Butzbach)
Predigtdatum
:
20.01.2002
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
4. Sonntag vor der Passionszeit
Textstelle
:
2. Petrus 1,16-19.(20-21)
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Wochenspruch:
Über dir geht auf der HERR, und seine Herrlichkeit erscheint über dir. (Jesaja 60,2)
Psalm: 97
Lesungen
Altes Testament:
2. Mose 3,1-10 (11-14)
Epistel:
2. Korinther 4,6-10
Evangelium:
Matthäus 17,1-9
Liedvorschläge
Eingangslied:
EG 168
Du hast uns, Herr, gerufen
Wochenlied:
EG 67
Herr Christ, der einig Gotts Sohn
Predigtlied:
EG 193
oder EG 473
Du Morgenstern, du Licht vom Licht
Du hast gesagt „Ich bin der Weg“
Schlusslied:
EG 473
Du hast gesagt „Ich bin der Weg“
Hinführung
Der 2. Petrusbrief gilt als eine der späteren Schriften des Neuen Testaments. Die Adressaten des Briefes haben offenbar Probleme mit dem Ausbleiben der Endereignisse (Kommen Jesu, Anbrechen des Reiches Gottes) und damit dem Wirken Gottes in der Welt überhaupt. Mit diesen Zweifeln sind sie heutigen Lesern bzw. Hörern durchaus nahe. Eine Anknüpfung an diese Problematik in der Predigt legt sich also nahe.
Im Mittelpunkt des 2. Petrusbriefes steht für den Verfasser die Verklärung Jesu aus den synoptischen Evangelien. Darum bietet es sich an, als Evangelienlesung Mt. 17, 1-9 zu verwenden. Die Verklärung Jesu will einerseits deutlich machen, dass prophetische Worte in Erfüllung gingen und andererseits darauf hinweisen, wie die Verherrlichten am Ende aussehen werden.
Als Einstieg für die Predigt wähle ich die Situation im Kirchenjahr - das Ende des Weihnachtskreises - um die Bedeutung der Menschwerdung Gottes in Jesus von Nazareth herauszustellen.
16 Wir sind nicht ausgeklügelten Fabeln gefolgt, als wir euch kundgetan haben die Kraft und das Kommen unseres Herrn Jesus Christus; sondern wir haben seine Herrlichkeit selber gesehen. 17 Denn er empfing von Gott, dem Vater, Ehre und Preis durch eine Stimme, die zu ihm kam von der großen Herrlichkeit: Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe. 18 Und diese Stimme haben wir gehört vom Himmel kommen, als wir mit ihm waren auf dem heiligen Berge.
19 Umso fester haben wir das prophetische Wort, und ihr tut gut daran, dass ihr darauf achtet als auf ein Licht, das da scheint an einem dunklen Ort, bis der Tag anbreche und der Morgenstern aufgehe in euren Herzen. [20 Und das sollt ihr vor allem wissen, dass keine Weissagung in der Schrift eine Sache eigener Auslegung ist. 21 Denn es ist noch nie eine Weissagung aus menschlichem Willen hervorgebracht worden, sondern getrieben von dem Heiligen Geist haben Menschen im Namen Gottes geredet.]
Liebe Gemeinde!
0.1 Ende der Weihnachtszeit
Mit dem heutigen Sonntag, dem letzten Sonntag nach Epiphanias, endet der Weihnachtsfestkreis, endet im Kirchenjahr die Weihnachtszeit. Darüber werden Sie vielleicht staunen. Schließlich haben Sie den Weihnachtsbaum schon vor einigen Tagen rausgestellt oder entsorgt. Die Weihnachtsdekoration haben Sie längst wieder abgeräumt. Weihnachten ist sozusagen schon längst vergessen.
Und doch hat die alte Tradition einen Sinn, die den Weihnachtskreis erst mit dem letzten Sonntag nach Epiphanias enden lässt. Epiphanias heißt ja „Erscheinung“. Gott selber ist erschienen in Jesus Christus, dem Kind in der Krippe. Daran will uns die Epiphaniaszeit erinnern. Und darum ist es gut, dass nicht gleich nach dem Christfest die Geburt des Christuskindes schon wieder in Vergessenheit gerät.
0.2 Weihnachten und Profit
So früh heutzutage in der Geschäftswelt mit der Weihnachtsdekoration begonnen wird, so schnell wird diese nach dem Christfest auch wieder abgeräumt. Es sollen ja neue Geschäfte gemacht werden mit Artikeln für Silvester und für Fastnacht. Der Handel will möglichst viel verkaufen. Es geht ihm um Profit - darum die Eile.
Die Geschäftswelt kann der Kirche aber schwerlich diktieren, wann wir unsere Feste feiern und was wir damit verbinden. Geschäftsleuten muss es in erster Linie darum gehen, dass die Kasse stimmt. Sie müssen etwas verdienen. Sonst können sie ihre Geschäfte schließen. Wem es aber notwendigerweise in erster Linie um Profit geht, der kann nicht maßgebend sein für unsere kirchlichen Feste und Feiertage. Die Diskussionen um den Buß und Bettag haben gezeigt, welche Feiertage unsere Gesellschaft sofort bereit ist zu opfern: Die nämlich, die keinen Gewinn in die Kassen bringen. Da war der Buß und Bettag gerade recht.
1.0 Die Epiphanie (Erscheinung) Jesu Christi
Aber lassen wir das Klagen oder gar Anklagen. Heute geht es um die Bedeutung der Epiphaniaszeit, die mit diesem Sonntag endet. Wir werden an diesem Sonntag noch einmal an die Erscheinung Christi in dieser Welt erinnert. Gott ist aus seiner Verborgenheit und Distanz herausgetreten, um einer von uns zu werden. Er hat sich dabei angreifbar gemacht im doppelten Sinn: Menschen konnten Jesus die Hand reichen, konnten mit ihm zusammen essen, aber ihn auch ans Kreuz hängen.
Im NT wird uns an vielen Stellen erzählt, wie in Jesus die Herrlichkeit Gottes erschienen ist.
1.1 Zweifel an dem Erscheinen Jesu
Viele unserer Zeitgenossen fragen, ob diese Geschichten von Jesus nicht zu fabelhaft, zu legendär sind, als dass man ihnen vertrauen kann. Allerdings ist das nicht erst seit unserer Zeit so. Der Zweifel an Jesus und seiner Person ist nicht erst seit der Aufklärung oder gar im 21. Jahrhundert verbreitet. Auch unter den Zeitgenossen Jesu gab es Menschen, die ihm nicht vertrauten.
Heute beobachte ich, dass manche Menschen sich zwar nicht auf die - wie sie sagen - „unglaublichen“ Jesusgeschichten einlassen, aber gleichzeitig begeistert sind von fernöstlichen Texten und Praktiken, die nicht weniger unglaublich sind. Es ist seit einigen Jahren modern, auf fernöstliche Religionen und Philosophien zu setzen, der Bibel und der christlichen Kirche aber sehr skeptisch zu begegnen. Vielleicht hat das damit zu tun, dass in fernöstlichen Religionen dem Menschen etwas abverlangt wird für sein Heil, dafür, dass er seine Bestimmung erreicht. Nach christlichem Glauben wird uns dies aber gerade von Gott geschenkt. Wir lassen uns an dieser Stelle nicht gerne etwas schenken.
1.2 Die Adressaten des 2. Petrusbriefs und ihre Zweifel
Auch die Christinnen und Christen, an die der Verfasser des 2. Petrusbriefes schreibt, waren wohl Menschen, die verunsichert waren in ihrem Glauben. Hatte sich Gott wirklich in Jesus offenbart, bekannt gemacht? Hatte sich denn seit dem Kommen Jesu so viel verändert?, so fragten sie. Die Hoffnung, dass der gekreuzigte und auferstandene Christus in Kürze erscheinen und die Welt verwandeln und erneuern würde, hatte sich nicht erfüllt. So waren sie enttäuscht.
An diese enttäuschten Christen aber wendet sich der Apostel mit seinem Brief.
„Wir sind nicht ausgeklügelten Fabeln gefolgt, als wir euch kundgetan haben die Kraft und das Kommen unseres Herrn Jesus Christus.“ (2. Petr. 1, 16)
Damit will der Schreiber sagen: Was die Anhänger Jesu Christi über ihn gehört haben, sind keine erdichteten Fabeln und Mythen. Hier soll an das erinnert werden, was Petrus, als einer der ersten Zeugen mit Jesus erlebt und mit ihm erfahren hat. Dabei wird auf die Geschichte Bezug genommen, die wir vorhin als Evangelienlesung für diesen Sonntag gehört haben: Sie berichtet von einem besonderen Erlebnis, das Petrus, Jakobus und Johannes auf einem Berg mit Jesus hatten. Es wird uns in diesem Evangelientext erzählt, dass Jesus mit drei Jüngern auf einen Berg ging und vor ihren Augen verklärt wurde. Was heißt das? Jesus erschien ihnen in göttlichem Lichtglanz. Sein Angesicht leuchtete wie die Sonne, und seine Kleider wurden weiß wie das Licht. Mose und Elia traten auf und bekräftigten, dass sich in Jesus das Wort der alttestamentlichen Zeugen erfüllte. Die Jünger hörten die Stimme Gottes, die Jesus seinen lieben Sohn nannte, an dem er sein Wohlgefallen habe.
Wenn wir diese Geschichte von der Verklärung Jesu lesen oder hören, kommt sie uns dann nicht gerade wie eine ausgeklügelte Fabel vor, mit der wir unsere Schwierigkeiten haben. Sind es nicht gerade solche Texte des NT, mit denen wir unsere Probleme haben?
1.3 Warum diese Geschichte keine Fabel ist
Doch diese Geschichte unterscheidet sich von Fabeln, Märchen und Mythen dadurch, dass hier reale Menschen die Jünger Jesu mit dem Menschen Jesus von Nazareth etwas erlebt haben. Und zwar - so bezeugen sie - erlebten sie an ihm die Gegenwart Gottes. Jesu Reden und Tun stand mit Gott ganz im Einklang. Er ist der, an dem Gott sein Wohlgefallen hat, so bezeugte ihnen die Stimme Gottes.
2.0 Das Reden und Tun Jesu
Wenn wir von Jesus noch heute reden und hören, dann doch deshalb, weil sein Reden und Tun überzeugend war, identisch war. Jesu Reden und Tun lässt sich fast auf ein Wort reduzieren: Liebe. In seiner Liebe vergibt Jesus den Sündern und nimmt sie an. In seiner Liebe heilt Jesus Kranke, tröstet er Trauernde und Leidende mit der Hoffnung auf das Reich Gottes.
Diese Liebe war nicht die Liebe eines edlen Menschen, sondern die Liebe Gottes zur Welt und allen Menschen. Das ging den Jüngern an dem Wirken ihres Meisters auf.
2.1 Die Liebe Gottes
Diese Liebe Gottes ist nicht nur ein Gedanke. Sie ist gelebt worden. Sie hat sich im Leben Jesu dem Hass und der Feindschaft der Menschen ausgesetzt. Und doch haben die Jünger Jesu in ihr die Kraft erkannt, mit der Gott unsere Welt gewollt und bejaht hat. Gott gibt diese Welt nicht auf, das wird in der Liebe Jesu zu den Menschen deutlich. In der Kraft dieser Liebe will er die Welt verwandeln und erneuern, indem er die Menschen verwandelt und erneuert. Das leuchtet Petrus und den übrigen Jüngern auf dem Berg der Verklärung plötzlich ein. Sie waren zwar mit ihm durchs Land gezogen. Sie hatten ihn kennen gelernt als Freund der Armen, Kranken und Verachteten. Sie hatten auch erlebt, wie er nicht nur bewundert, sondern auch abgelehnt und verachtet wurde. Ihn sahen sie auf diesem Berg in einem verklärenden Licht.
2.2 Eine neue Seite an Jesus entdecken
Die Frage ist, ob wir ihnen in dieser Sicht trauen dürfen. Wenn wir von dem Wort „Verklärung“ ausgehen, müssen wir uns klarmachen, dass wir dieses Wort in unserer Umgangssprache manchmal abwerten. Wir sagen, jemand sieht seine Vergangenheit oder einen anderen Menschen in einem verklärenden Licht und meinen damit, er/sie sieht eine andere Person in einem unwirklichen, falschen Licht. Wir meinen damit, dass die Schattenseiten eines Lebens sozusagen im Rückblick nicht mehr gesehen werden.
Muss das aber so sein? Kann es nicht auch sein, dass wir gerade mit verklärendem Blick an unserem Leben und an einem geliebten Menschen Dinge und Seiten entdecken, die sich nur dem Glaubenden und Liebenden erschließen, aber einem nüchternen und beobachtenden Blick verborgen bleiben?
Vielleicht helfen uns diese Erfahrungen zu begreifen, was die Jünger auf dem Berg der Verklärung an Jesus erlebt haben. Gott selbst war es, der die Jünger ihren Meister in verklärendem Licht sehen ließ. Er ließ sie durch die Oberfläche des Wesens Jesu hindurchschauen.
2.3 Das Kreuz die Infragestellung der Verklärung
Was die Jünger auf dem Berg der Verklärung wahrnahmen, das wurde durch den Weg Jesu ans Kreuz bald danach wieder in Frage gestellt. Erst nachdem ihnen Jesus als der Auferstandene erschien, ging ihnen auf, dass die Herrlichkeit der Liebe Gottes auch im Dunkel des Kreuzes noch verborgen und gegenwärtig war. Das befähigte sie, Jesus als das Licht der Welt zu bezeugen. Dieses Zeugnis gilt es zu hören. Es ist das prophetische Wort, das in unserer dunklen Welt als ein helles Licht leuchtet, wie es im heutigen Predigttext heißt:
„Um so fester haben wir das prophetische Wort, und ihr tut gut, dass ihr darauf achtet als auf ein Licht, das da scheint an einem dunklen Ort, bis der Tag anbreche und der Morgenstern aufgehe in euren Herzen.“ (2. Petr. 1,19)
3.0 Jesus das Licht der Welt
Wenn wir dieses Wort hören und uns ihm nicht verschließen, können auch wir Jesus in verklärendem Licht sehen.
Dann wird Jesus für uns zum Grund unseres Glaubens und unserer Hoffnung. Dunkelheiten in unserem Leben und in unserer Welt lassen uns an Gottes Liebe nicht irre werden. Hass und Gewalt nehmen uns nicht die Hoffnung auf Gottes neue Welt. Wir wagen es, auch Fremde und Andersdenkende im Licht der Liebe Gottes zu sehen, die Jesus verkörpert. Darum ist es gut, auf das prophetische Wort zu achten. Es ist wie ein Licht, das an einem dunklen Ort scheint. In diesem Licht sehen wir in Jesus den Morgenstern, der den neuen Tag Gottes für diese Welt ankündigt, den Tag seines Reiches.
Hören wir darum heute wieder ganz neu dieses Wort von Jesus in der Erwartung, dass es uns in unser Herz trifft und wir unser Leben, unsere Nächsten und unsere Welt im Licht Gottes sehen können. Jesus verkörperte das Licht Gottes in seinem Leben und Sterben: Licht für unsere Welt. Amen.
Verfasser: Pfr. Norbert Hott, Pohlgönser Str. 17, 35510 Butzbach
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