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Verklärung

von Gundula Guist (Usingen)

Predigtdatum : 04.02.2001
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 4. Sonntag vor der Passionszeit
Textstelle : Johannes 12,34-36.(37-41)
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Wochenspruch:

Über dir geht auf der HERR, und seine Herrlichkeit erscheint über dir. (Jesaja 60,2)

Psalm: 97

Lesungen

Altes Testament:
2. Mose 3,1-10 (11-14)
Epistel:
2. Korinther 4,6-10
Evangelium:
Matthäus 17,1-9

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 158,1-4
O Christe, Morgnsterne
Wochenlied:
EG 67
Herr Christ, der einig Gotts Sohn
Predigtlied:
EG 74
oder EG 602
Du Morgenstern, du Licht vom Licht
Du hast gesagt „Ich bin der Weg“
Schlusslied:
EG 246,1+4-6 oder EG 593,1-2+5
Ach, bleib bei uns, Herr Jesu Christ
Licht, das in die Welt gekommen

Hinführung:
* In dem Zusammenhang, in dem wir die Predigtverse jetzt finden, muten sie unvermittelt an, als ob sie nicht dahin gehörten. Deshalb gibt es über die Einordnung der 2 Verse innerhalb des Johannesevangeliums in der Forschung verschiedene Theorien. Ich habe mich dafür entschieden, die Verse zu nehmen, so wie sie auch der Gemeinde erscheinen, als ein Stück eines Gespräches. Auf eine Einordnung in einen größeren Zusammenhang wird also verzichtet.
* Ich habe mich für die Übersetzung nach der GUTEN NACHRICHT entschieden. Für diese Predigt ist es nicht möglich, eine andere Übersetzung zu nehmen, da die Wortwahl von Bedeutung ist.
* Wir befinden uns am letzten Sonntag der Ephiphanias-Zeit. Die Passions-Zeit rückt in Sichtweite.

Liebe Gemeinde,
ist Ihnen das auch schon einmal passiert? Da kommen Sie nach Hause, und im Treppenhaus hören Sie gerade noch das Ende eines Gespräches zwischen zwei Nachbarn. Nur einen Fetzen, nur ein paar Sätze, dann schlägt eine Tür zu, gehen die Nachbarn auseinander, und während Sie zu Hause den Einkauf auspacken oder es sich gemütlich machen, gehen Ihnen die eben gehörten Sätze im Kopf herum. Was hat da der eine zu dem anderen gesagt? Wie könnte das gemeint sein?
So ähnlich ergeht es uns heute mit einem Gespräch, das Jesus mit seinen damaligen Mitmenschen geführt hat. Der Evangelist Johannes hat es aufgeschrieben und wir kommen gerade dazu, als das Gespräch zu Ende geht. Und bevor wir noch richtig begreifen, worum es eigentlich geht, ist das Gespräch auch schon beendet, Jesus verschwunden, und wir mit unseren Gedanken allein.
34 Da wandte die Menge ein: „Das Gesetz sagt uns, dass der versprochene Retter für immer bleibt. Wie kannst du dann sagen, dass der Menschensohn erhöht werden muss? Wer ist überhaupt dieser Menschensohn?“
35 Jesus antwortete: „Das Licht wird noch kurze Zeit unter euch sein. Geht euren Weg, solange es hell ist, damit die Dunkelheit euch nicht überfällt! Wer im Dunkeln geht, weiß nicht, wohin sein Weg führt.
36 Haltet euch an das Licht, solange ihr es habt. Dann werdet ihr Menschen, die im Licht leben.“
Nachdem Jesus das gesagt hatte, ging er fort und verbarg sich vor ihnen.
Nur ein Fetzen, nur ein paar Sätze, schallen herüber aus damaliger Zeit, dann schlägt eine Tür zu, gehen Jesus und das Volk auseinander. Worum ging es da? Was könnte gemeint gewesen sein?
Gedanken gehen einem durch den Kopf.
Menschensohn, Menschensohn, wer ist dieser Menschensohn? -
Na, Jesus. Wer denn sonst.
Das müsste dem Volk damals doch auch klar gewesen sein, oder etwa nicht?
Der Menschensohn muss erhöht werden, sagen sie.
Nein. Moment. Nicht ganz. Sie fragen: Wieso muss dieser Menschensohn erhöht werden?
Erhöht werden. - Mmm. - Das wird ja nicht heißen, dass man ihn auf ein Podest stellt. Könnte die Himmelfahrt mit gemeint sein, oder noch besser: die Kreuzigung! Da ist Jesus auch „erhöht“ worden. So ein Gekreuzigter überragte alle und konnte von allen gesehen werden. Jesus wird also seinen Tod vorausgesagt haben. Der Tod am Kreuz ist gemeint, wenn hier von Erhöhung die Rede ist.
„Das Gesetz sagt uns, dass der versprochene Retter für immer bleibt. Wie kannst du dann sagen, dass der Menschensohn erhöht werden muss?“
Die Frage lautet also: wenn denn der versprochene Retter in Ewigkeit bleibt, wie es die Schriften sagen, dann kann er doch nicht sterben!? Er muss doch bleiben?!
Außerdem: „Menschensohn“ und „der versprochene Retter“, das sind verschiedene Bezeichnungen für die gleiche Person. Der „Menschensohn“ ist der „versprochene Retter“ und der „versprochene Retter“ ist der „Menschensohn“. Und da der Menschensohn mit Jesus gleichzusetzen ist, ist Jesus der „versprochene Retter“: Jesus ist der im Gesetz versprochene Retter, man könnte satt „versprochener Retter“ auch „Messias“ oder „Christus“ sagen. Jesus Christus, Jesus, der versprochene Retter.
Na, ja. Dann wir die Frage der Menge noch dringlicher: Sie erwarten einen Messias, ihren versprochenen Retter, der auf ewig bei ihnen bleibt. Sie sind bereit, Jesus für diesen Messias zu halten, aber er hat ihnen wohl mitgeteilt, dass er vorhat zu sterben. Für den normalen Menschenverstand widerspricht sich dies.
Was wird Jesus auf diese berechtigte Frage antworten? Erwarten würde ich ein paar deutliche Sätze zur Sündenvergebung und Auferstehung!
Erinnern wir uns. Wie ging das Gespräch weiter?
Sprach Jesus von Sünde und Auferstehung?
Nein, Sünde kam nicht vor, Auferstehung auch nicht. Da war ein anderes Wort, das er immer wieder erwähnte. Fällt es Ihnen / Euch wieder ein?
Genau. Es war das Wort: Licht.
„Das Licht wird noch kurze Zeit unter euch sein. Geht euren Weg, solange es hell ist, damit die Dunkelheit euch nicht überfällt! Wer im Dunkeln geht, weiß nicht, wohin sein Weg führt. Haltet euch an das Licht, solange ihr es habt. Dann werdet ihr Menschen, die im Licht leben.“
Als direkte Antwort auf die Frage können diese Sätze wohl nicht gelten. Irgendwie mogelt sich Jesus um eine konkrete Antwort herum. Es klingt eher nach einer Erklärung der Stromerzeuger, die davor warnen, dass aufgrund von Stromausfall (das Licht ist nur noch kurze Zeit unter euch) demnächst mit Dunkelheit zu rechnen ist. Dafür soll man Vorbereitungen treffen und die Wege, die man zu erledigen hat, jetzt tun, damit man in der Dunkelheit nicht hinaus muss und sich womöglich verirrt. Dann – so heißt es – wird man im Licht leben, also immer Licht haben. Das wiederum widerspricht eigentlich der Aussage, dass das Licht nun bald ausfällt.
Meine Güte, was hat Jesus bloß damit gemeint?
Mit dem Licht, hat er sich wohl selbst umschrieben. „Ich bin das Licht der Welt, wer mir nachfolgt, wird nicht im Dunkeln wandeln“, sagt er in einem anderen Gespräch. Jesus, der Menschensohn, der versprochene Retter, der Messias, der Christus: er ist das Licht. Jesus könnte also ganz einfach ICH sagen. Aber lassen wir die Aussage in der 3. Person. Dann heißt seine Antwort:
„Jesus wird noch kurze Zeit unter euch sein. Geht euren Weg, solange Jesus bei euch ist, damit die Dunkelheit euch nicht überfällt! Wer im Dunkeln geht, weiß nicht, wohin sein Weg führt. Haltet euch an Jesus, solange ihr ihn habt. Dann werdet ihr Menschen, die in Jesus leben.“
Dass die Lebenszeit Jesu kurz bemessen ist, das wissen wir. Er bekräftigt also den Hinweis auf seinen Tod. Er sagt den Leuten; ihr habt mich da schon richtig verstanden. Ich werde nur noch eine kurze Weile bei euch sein. Aber warum und wieso, was es mit seinem Sterben auf sich hat, das, was doch die Frage war, dafür gibt er keine direkte Erklärung.
Wieso also diese Antwort? Etwas anderes erscheint ihm wichtiger. Er erklärt nicht, warum alles so kommen wird, sondern er sagt, was man angesichts dieser Tatsache tun soll. Er gibt keine hochgeistige Ausführung in die theologische Probleme, sondern eine Handlungsanweisung:
Angesichts der Tatsache, dass das Licht, dass er, Jesus, nicht mehr lange bei ihnen sein wird, sollen die Leute sich an ihn halten. Sie sollen mit ihm gehen. Große Spekulationen, warum, wieso, weshalb, die soll man sein lassen. Dann wird jede/r Einzelne erfahren, dass das ein Weg des Lichtes ist. Zweimal wird betont: solange ihr Jesus habt, müsst ihr euch entscheiden. Wer das jetzt tut, wer sich jetzt für ihn entscheidet, der wird immer in ihm leben – und wir müssen ergänzen – auch dann, wenn er nicht mehr da ist. Also doch ein kleiner Hinweis auf eine ewige Anwesenheit Jesu, auch wenn die Menschen damals sich das ewige Bleiben des versprochenen Retters anders vorgestellt haben.
Daraufhin verschwindet Jesus. Gespräch beendet. Tür zu.
Ich weiß nicht, ob alle Menschen damals diesen Wortwechsel für ein fruchtbares Gespräch hielten. Einigen jedoch muss es viel gesagt haben, sonst hätte es der Evangelist Johannes nicht in seinem Evangelium aufgeschrieben. Schließlich war zum Zeitpunkt der Niederschrift des Evangeliums Jesus schon längst am Kreuz erhöht worden, also gestorben, und er war auch wieder auferstanden.
Weihnachten ist vorbei, und wir gehen langsam aber sicher wieder auf die Passionszeit, auf die Vorbereitungszeit vor Ostern zu. Das ist die Zeit, wo solche Fragen, wie sie damals gestellt wurden, einen umtreiben können. Warum musste Jesus am Kreuz sterben? Wieso hat Gott das zugelassen? Hätte es nicht auch anders gehen können?
Ich empfinde es nicht leicht, darauf Antwort zu geben, und ich hätte mich sehr gefreut, wenn Jesus dazu mal ein paar klare Worte gesprochen hätte. Wir wissen jetzt, er hat es nicht getan, jedenfalls nicht in diesem Gesprächsfetzen. Er verweigert die Antwort. Und ich frage mich: Aus welchem Grund fällt seine Antwort so anders aus?
Mag sein, Jesus hat der Menge damals und uns heute nicht getraut. Vielleicht hat er sich gedacht: „Die wollen sich nur eine klare Erklärung abholen, um dann von einem zum anderen zu laufen und zu sagen: jetzt kann ich dir die Welt erklären. Sie schmeißen mit theologischen Vokabeln um sich wie ‚Menschensohn’ und ‚versprochener Retter’, sie zitieren aus ihren schlauen Büchern, dem Gesetz und den Heiligen Schriften, aber was machen sie damit? Sie zeigen ihre Bildung, disputieren und diskutieren, aber wo bleibt das Leben?!“
Und genau darauf gibt Jesus eine Antwort. Dort ist das Leben, das wahrhafte, sinnvolle Leben, wenn man nicht nur über ihn spricht, sondern sich an ihn, an das Licht des Lebens, hält.
Und - es scheint Zeiten zu geben, wo man sich entscheiden muss: Will ich nun dazugehören oder nicht.
Ihr/Die Konfirmanden, z. B. steht/stehen in solch einer Phase der Entscheidung. Ohne äußerliche Not werdet ihr/ werden sie gefragt, ob ihr/sie nun dazugehören wollt oder nicht. Und ihr/sie lernt/lernen im Konfiunterricht viele Dinge über unseren gemeinsamen Glauben. Lernt/ Sie sollen lernen, solange ihr/sie im Licht seid/sind. Übt euch ein /Sie sollen sich einüben in die christliche Tradition und die christliche Gemeinschaft, solange keine Dunkelheit herrscht. Wenn es dunkel wird im Leben, dann hat man oft nicht mehr die Kraft oder die Zeit, sich im Glauben zu vertiefen. Dann hilft es, wenn man in Zeiten des Lichtes Wissen erworben und Erfahrungen gemacht hat, auf die man dann zurückgreifen kann.
An wie vielen Krankenbetten wird der 23. Psalm gesprochen und er tröstet nicht nur die Angehörigen, sondern auch den Kranken, der vielleicht gar nicht mal mehr mitsprechen kann. So kann es dann dunkel werden, und wir leben trotzdem im Lichte Jesu.
Die Konfirmandenzeit ist nicht die einzige Zeit, in der Jesus uns auffordert, das Leben mit ihm einzuüben. Immer wieder heißt es, die Gelegenheit zu ergreifen, und ein wenig mehr Wissen und Erfahrung sich anzueignen und ihn zu leben, unserem Glauben. Damit, wenn die Dunkelheit kommt, - und leider kommt sie immer wieder – wir das Licht, den Glauben, in uns tragen und aus ihm heraus leben und handeln können.
An zwei anderen Beispielen möchte ich verdeutlichen, was ich meine. Ich bleibe im Stil des Gespräches der Jünger mit Jesus.
1. Über den Hunger in der Welt wird viel gejammert, er wird in Statistiken und soziologischen Untersuchungen mit Fachworten belegt, und das Zahlenwerk wird immer weiter verfeinert. Wenn wir also Jesus fragen würden: „In unserer Bibel steht, dass Gott die Welt gut erschuf. Woher kommt also der Hunger? Erkläre es uns!“ So würde er uns antworten: „Gebt den Menschen zu essen. Und zwar jetzt und regelmäßig, solange sie ich damit eine gesicherte Existenz aufbauen können. Gebt nicht erst, wenn es dunkel wird und der nächste Krieg oder die nächste Trockenheit die Menschen sofort in die Katastrophe stürzt. Dann jagen schreckliche Bilder über den Bildschirm. Wer aber das Vertrauen der Menschen in Friedenszeiten erworben hat, der wird auch in Katastrophenzeiten ihnen besser zu Seite stehen können. Und wer Menschen eine Existenz gibt und nicht nur Almosen, der bewahrt sie vor vielerlei Dunkelheit.“
2. Über den Verfall der Werte in unserer Gesellschaft wird viel geredet. Das Problem der Rechtsradikalen hat immer wieder Konjunktur. Und wir fragen Jesus: „Gott schuf den Menschen als sein Ebenbild. Alle Menschen sind Schwestern und Brüder. Wie kommt es, dass Menschen dann so aus der Art schlagen?“ Dann könnte uns Jesus antworten: „Lebt mit allen Menschen in Frieden. Betet für sie. Bemüht euch auch um Freundschaften mit euren ausländischen und andersartigen Nachbarn. Hört und seht nicht weg, wenn die Aggression noch in ihren Anfängen ist. Stellt euch nicht erst in Lichterketten auf, wenn das Dunkel längst um sich gegriffen hat. Freundschaften, die in Zeiten des Lichtes entstanden, haben große Chancen auch in der Dunkelheit zu halten.“
Jesus Christus verweigert sich der Diskussion, um der Diskussion willen. Er will, dass wir zum Leben kommen. Zum wirklichen, zum wahren Leben in seinem Licht. In ihm zu leben heißt, Lichtzeiten auszunutzen – im Glauben und im Leben, sofern das überhaupt irgendwie trennbar sein sollte. Deshalb: „Haltet euch an das Licht, solange ihr es habt. Dann werdet ihr Menschen, die im Licht leben.“
Amen.

Verfasserin: Pfrn. Gundula Guist, Thalgauer Str. 34, 61267 Neu-Anspach

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