Wochenspruch: "Der Menschensohn ist gekommen, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist." (Lukas 19,10)
Psalm: 103,1-13 (EG 742)
Reihe I: 1. Timotheus 1,12-17
Reihe II: Micha 7,18-20
Reihe III: Lukas 15,1-10
Reihe IV: Hesekiel 18,1-4.21-24.30-32
Reihe V: Jona (3,10); 4,1-11
Reihe VI: Lukas 15,1-3.11b-32
Eingangslied: EG 452, 1–5 Er weckt mich alle Morgen
Wochenlied: EG 353, 1–3.8 Jesus nimmt die Sünder an
Predigtlied: EG 638 Ich lobe meinen Gott
Schlusslied: EG 406, 1–3 Bei dir, Jesu, will ich bleiben
12 Ich danke unserm Herrn Christus Jesus, der mich stark gemacht und für treu erachtet hat und in das Amt eingesetzt,
13 mich, der ich früher ein Lästerer und ein Verfolger und ein Frevler war; aber mir ist Barmherzigkeit widerfahren, denn ich habe es unwissend getan, im Unglauben.
14 Es ist aber desto reicher geworden die Gnade unseres Herrn samt dem Glauben und der Liebe, die in Christus Jesus ist.
15 Das ist gewisslich wahr und ein teuer wertes Wort: Christus Jesus ist in die Welt gekommen, die Sünder selig zu machen, unter denen ich der erste bin.
16 Aber darum ist mir Barmherzigkeit widerfahren, dass Christus Jesus an mir als Erstem alle Geduld erweise, zum Vorbild denen, die an ihn glauben sollten zum ewigen Leben.
17 Aber Gott, dem ewigen König, dem Unvergänglichen und Unsichtbaren, der allein Gott ist, sei Ehre und Preis in Ewigkeit! Amen.
Der als Predigttext vorgesehene Abschnitt aus dem 1. Timotheusbrief beginnt mit einem Dank an Jesus Christus und schließt ab mit einem Lobpreis Gottes. Dazwischen finden wir so etwas wie eine Auslegung des Damaskuserlebnisses von Paulus und seiner Berufung zum Apostel Jesu Christi. Was Paulus widerfahren ist, wird als Erweis der Barmherzigkeit und Gnade gezeigt. Die Größe der Gnade zum einen hergeleitet aus der Tatsache, dass Paulus „ein Lästerer, Verfolger und Frevler“ war. Und zum andern – und das macht sie noch größer – daraus, dass Christus ihn in Dienst nimmt, „in das Amt einsetzt“. In der Mitte des Textes ist das Bekenntnis platziert und als teuer und wertvoll qualifiziert: „Christus Jesus ist in die Welt gekommen, die Sünder selig zu machen“. Paulus nennt sich hier den „ersten“ unter den Sündern. Das ist nicht zeitlich zu verstehen, sondern eher qualitativ: der Größte oder der Schlimmste. Er versteht sich als zum Vorbild für die Gläubigen gemacht in dem Sinn, dass Christi Barmherzigkeit sogar groß genug ist für ihn.
Der Wochenspruch für den 3. Sonntag nach Trinitatis gibt das Thema des Sonntags an: Das Verlorene suchen und selig machen. Im Evangelium des Sonntagswird mit dem Gleichnis vom verlorenen Sohn ein Aspekt des Themas illustriert.
Durch das Beispiel von der Lebenswende des Paulus wird noch ein anderer Aspekt vor Augen gerückt: Es sind Christi Gnade, Barmherzigkeit, Liebe und Geduld, mit denen er die Verlorenen sucht und findet – und selig macht.
Ob der 1. Timotheusbrief wirklich von Paulus geschrieben wurde, oder ob der Verfasser sich auf die Autorität des Apostels bezieht, ist umstritten. Der Form nach entspricht dieses Schreiben ganz einem Instruktionsschreiben, wie es Herrscher an ihre Beamten senden ließen: Knapp in den formalia wie Anrede oder Gruß. Im Hauptteil eine ganze Reihe von Einzelthemen, um die sich der Empfänger im Sinn des Herrschers annehmen soll. Er unterscheidet sich damit deutlich von den Briefen des Paulus.
I. Lebensretter
II. Der gerettete Paulus
III. Der Gerettete geht in den Rettungsdienst
IV. Vergiss nicht, was Gott dir Gutes getan hat
Die Predigt ermuntert die Hörenden dazu, das Gute, das Christus in ihrem Leben bewirkt hat, wahrzunehmen und auch zu erkennen, welch eine Aufgabe sie als „Gerettete“ anderen gegenüber haben – auch wenn sie sie nicht so beredt wahrnehmen können wie Paulus bzw. der Verfasser des Predigttextes.
Liebe Gemeinde,
was macht ein Mensch, der aus größter Lebensgefahr gerettet wurde?
Von einer Lawine verschüttet und lebend gefunden worden. Aus einem brennenden Haus in letzter Minute herausgeholt. Im Meer fast ertrunken und von einem Rettungsschwimmer an Land gebracht. Was macht solch ein Mensch, wenn ihm dann klar geworden ist, was passiert war?
Nun, er wird seinen Rettern danken. Überschwänglich. Mit sich überschlagenden Worten. Vielleicht ist er so überwältigt von seinem Glück, dass er nur noch sagen kann: „Ich weiß gar nicht, wie ich euch danken kann“.
Und er wird immer wieder davon erzählen. Bei Freunden, in der Verwandtschaft, am Stammtisch, auf Reisen, seinen Kindern und auch noch seinen Enkeln, und immer voll des Lobessein für die Menschen, die ihn gerettet haben.
Und vielleicht – weil ihn diese Menschen so imponiert haben – sagt er sich: Ich will die unterstützen. Irgendwie.
Lebensretter genießen bei uns höchste Anerkennung: Feuerwehrleute, Bergrettung, Rettungssanitäter. Denn unter Umständen begeben sie sich selbst in höchste Gefahr, um ein Menschenleben zu retten.
Der Apostel Paulus ist auch so einer, der immer wieder von neuem davon erzählt, wie er gerettet wurde. In diesem Brief an seinen Freund und Mitarbeiter Timotheus fängt er gleich mit einem überschwänglichen Dank und Lob für seinen Retter an.
Im Grunde sagt er: Ich war in höchster Gefahr. Ich hatte einen verkehrten Weg eingeschlagen. Und diesem falschen Weg folgte ich, unbeirrbar. Ich jagte Menschen nach, die an Jesus glaubten. Ich war sicher: das ist der richtige Weg. Das ist meine Aufgabe. Mit Eifer und rücksichtslos bin ich dem nachgegangen.
Und dann hat sich Christus mir in den Weg gestellt. Und ich konnte keinen Schritt mehr weitergehen auf meinem Weg, der mich und andere in den Abgrund geführt hätte.
Er hätte das nicht tun müssen. Er hätte mich vollends ins Verderben laufen lassen können. Er hätte sich sagen können: Ist mir doch egal. Aber nein, er ist mir nachgegangen. Er hat mich daran gehindert, meinen verderblichen Weg weiterzugehen. Es war seine freie Entscheidung.
Dieses Erlebnis bringt den Paulus zu der alles überragenden Einsicht, die ihn nie mehr loslässt: Christus ist in die Welt gekommen, die Sünder selig zu machen.
Christus ist der Lebensretter. Dafür hat er sein eigenes Leben dahingegeben.
Warum schreibt Paulus das an Timotheus?
Die beiden sind befreundet. Timotheus ist der Jüngere. Zusammen waren sie auf Reisen. Miteinander haben sie Gemeinden besucht und gestärkt. Jetzt hat Timotheus eine eigene Aufgabe. Er ist nicht mehr der jüngere Mitläufer des Paulus. Er hat selbst eine Gemeinde zu leiten. Das ist keine leichte Aufgabe. Und der väterliche Freund will ihn unterstützen und stärken.
Darum geht er noch einen Schritt weiter. Ich habe Christus noch mehr zu danken als die bloße Rettung meines Lebens vor dem Verderben. Er hat mir nicht einfach nur gesagt. „Mach nie mehr solche Sachen“. Nein, er ging weit darüber hinaus. Er hat mich eingestellt. Er hat mich in seinen Dienst genommen. Ausgerechnet mich! Wo ich doch so ein schlimmer Lästerer und Frevler war. Mich wollte er dabeihaben bei seinem großen Unternehmen der Lebensrettung.
Weißt du, was das heißt? Er stellt mich als Vorbild hin, um vielen zu zeigen, wie unvorstellbar groß seine Liebe und seine Barmherzigkeit sind. Ich hab das gar nicht verdient. Ich habe ihm ja nur Mühe gemacht. Aber umso mehr will ich ihm danken und Gott loben.
Liebe Gemeinde, nicht alle sind Paulus. Nicht alle können so überschwänglich von der eigenen Lebensrettung erzählen und so ins Schwärmen kommen wie er. Das ist kein Mangel. Das tut der Größe Gottes keinen Abbruch.
Drei Einsichten, die für uns alle, auch wenn wir nicht Paulus sind, lebensnotwendig sind. Die möchte ich Ihnen ans Herz legen.
„Vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat.“ Vielleicht möchten Sie über manches, was Ihnen Gutes geschehen ist in Ihrem Leben, gar nicht reden. Aber Sie bewahren es in Ihrem Herzen. Es leuchtet. Es leuchtet aus all dem heraus, was auch an Not und Leid und Enttäuschung in Ihrem Leben sein mag. Beim einen ist es das, Dass Sie einen Menschen gefunden haben, der Ihnen treu und liebevoll zur Seite steht. Beim anderen ist es vielleicht eine unerwartete Hilfe in einer Zeit, in der Sie dachten: ich kann nicht mehr. Alles ist zerbrochen. Mein Leben ist zusammengestürzt. Bewahren Sie das Gute, das Sie erlebt haben, in Ihrem Herzen. Es ist ein Zeichen dafür, wie groß und nah Gottes Barmherzigkeit auch in Ihrem Leben am Werk ist.
Und das Zweite:
Christus nimmt auch Sie in seinen Dienst. Auch wenn Sie kein herausragendes Amt haben. Jeder Mensch, der in Dankbarkeit lebt, kann das gar nicht verstecken. Andere werden das wahrnehmen. Auch ohne und mit wenig Worten. Wer in seinem Herzen etwas bewahrt, wofür er dankbar ist, der strahlt das aus. Und Menschen, denen Sei begegnen oder mit denen Sie zusammenleben, merken auf. Sie werden vielleicht angeregt dazu, auch ihrerseits die vielleicht tief verborgenen Schätze des Guten in ihrem Leben zu erinnern. Und aufleben.
Und ein Drittes noch:
Seien Sie offen für Hilfe von anderen. Trauen Sie sich auch, um Hilfe zu bitten. Ich weiß, es fällt vielen Menschen schwer, zu sagen: „Könntest du nicht …?“. Oder: „Du, ich brauch deinen Rat. Hör mal zu“. Oft denken wir: ich muss da allein durch. Da kann mir keiner helfen. Doch wer sich gänzlich jeder Hilfe verschließt, der macht es womöglich auch Christus schwer, ihm Gutes zu tun.
Unmöglich ist es ihm nicht. Er hat es sogar geschafft, dem Paulus sein Leben vor dem Abgrund zu retten und ihn in seinen Dienst zu nehmen. Und Rückblickend konnte dieser Gott darüber überschwänglich loben:
Gott, dem ewigen König,
dem Unvergänglichen und Unsichtbaren,
der allein Gott ist, sei Ehre und Preis in Ewigkeit!
Amen
Herr, unser Gott,
du tust uns Gutes.
Darum kommen wir zu dir.
Du machst uns nicht klein,
vor dir müssen wir uns nicht schämen.
Du zeigst uns gute Wege.
Mach unsere Schritte fest und sicher.
Öffne unser Herz und unsere Sinne,
damit wir fröhlich deinen Wegen folgen.
Höre uns, wenn wir dir in der Stille sagen,
was uns heute besonders bewegt.
GSK
Gott, du bist zu uns wie ein guter Vater.
Dankbar erinnern wir uns an alles, was du uns Gutes getan hast in unserem Leben.
Wir bitten dich für alle Menschen, die nicht mehr weiter
wissen mit ihrem Leben und nur noch den Abgrund vor sich sehen.
Such sie auf, stell dich ihnen in den Weg,
Hilf ihnen, neue Schritte zu wagen auf deinen Wegen.
Wir bitten dich für die Menschen, die zu leiden haben unter dem Eigensinn, der Starrköpfigkeit und Rechthaberei ihrer Mitmenschen.
Stärke sie.
Bewahre sie vor Verzweiflung.
Wir bitten dich für die Opfer von gewalttätigen Machthabern überall in der Welt. Wir bitten dich für die Menschen, die wegen ihres Glaubens verfolgt und bedrängt und mit dem Leben bedroht werden.
Bewahre sie und wehre allem Hass.
Wir bitten dich für uns alle:
Hilf unserem Gedächtnis auf, damit wir nicht vergessen,
was du uns Gutes getan hast.
Mach uns zu Zeugen deiner Güte und deiner Barmherzigkeit.
Amen
GSK
Verfasser: Pfarrer Dr. Gerhard Schäberle-Koenigs, Schmiedgasse 13, 75385 Bad Teinach-Zavelstein
Referat Ehrenamtliche Verkündigung
Markgrafenstraße 14, 60487 Frankfurt/Main,
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Pfarrer Dr. Matthias Rost
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