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Versucht es mit mir …

von Cornelia Eberle (Reutlingen)

Predigtdatum : 08.07.2012
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 4. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle : 1. Mose 12,1-4a
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Wochenspruch:

"Aus Gnade seid ihr selig geworden durch Glauben und das nicht aus euch: Gottes Gabe ist es." (Epheser 2, 8)

Psalm: 73, 14.23 – 26.28 (EG 733)

Lesungen

Altes Testament: 1. Mose 12, 1 - 4 a

Epistel: 1. Korinther 1, 18 - 25

Evangelium: Lukas 5, 1 - 11

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 663, 1 - 5 Mit Freuden will ich singen

Wochenlied: EG 245, 1 – 3 + 5 Preis, Lob und Dank sei Gott, dem Herren

Predigtlied: EG 395, 1 - 3 Vertraut den neuen Wegen, auf die der Herr uns weist

Schlusslied: EG 352, 1 - 4 Alles ist an Gottes Segen und an seiner Gnad gelegen

Liebe Gemeinde,

es gibt Erlebnisse und Erfahrungen, die uns verändern. Manchmal sind es große Einschnitte ins Gewohnte, nach denen unser Leben vom einen auf den anderen Tag anders ist. Ein Unfall etwa, oder wenn wir einen Menschen verlieren, der für uns besonders wichtig war. Meistens aber bahnen sich Veränderungen allmählich an. Und dann gibt es einen bestimmten Auslöser – den einen Tropfen, der dann Vieles in Gang bringt. Gottes Wort wirkt ähnlich. Indem wir es immer wieder auf uns wirken lassen, verändert es langsam unser Denken, unsere Werte und Einstellungen, unser Verhalten. Und dann kommt ein Wort oder Ereignis – und auf einmal ist etwas reif: Ein neuer Schritt, eine Entscheidung, eine klare Erkenntnis.

Wir hören im Bibeltext für diesen Sonntag von Abraham, dem so etwas widerfuhr.

Ich lese 1. Mose 12, 1-4.

Mit diesem kurzen Text beginnt etwas Großes, Neues: eine Geschichte des Segens – nicht nur für Abraham und seine Familie, nicht nur für das Volk, das aus ihm werden soll, sondern für die ganze bewohnte Erde. Gott verspricht seinen Segen. Diese Kraft Gottes, die Fruchtbarkeit bedeutet, Wachstum und Gelingen. Gott will die Kräfte mehren, die all das fördern, was dem Leben dient, den Menschen, ja, allem Lebendigen auf Erden.

Nach dem Auf und Ab in der Menschheitsgeschichte davor, wie sie in den ersten Kapiteln der Bibel beschrieben wird – Schöpfung und Sündenfall, Brudermord und Sintflut, - setzt Gott mit Abraham einen Neuanfang in seiner Geschichte mit den Menschen. Es soll eine Segensgeschichte werden, eine Heilsgeschichte. Gott geht eine ganz besondere Beziehung zu Abraham ein und wirbt um sein Vertrauen. Ich, Gott, rufe Dich heraus aus deinen bisherigen Bindungen. Setze dein Vertrauen auf mich. Ich verheiße dir Zukunft – Segen für dich und deine Familie. Und mehr noch: Durch dich soll mein Segen zu allen Geschlechtern der Erde kommen. Gott bindet sich an Abraham – so sehr, dass der Segen für andere an das Verhalten Abraham gegenüber geknüpft ist. Am Verhalten zu ihm zeigt sich auch die Haltung gegenüber seinem Gott. Und Abraham seinerseits ist gefragt, sich Gott anzuvertrauen. So soll Gottes Segensgeschichte Gestalt gewinnen.

Dieses Vertrauen vor allem ist es, was Abraham auszeichnet. Er wird zum Urvater des Glaubens, wie später Paulus schreibt. Abraham vertraut darauf, dass Gott es gut mit ihm meint und seine Verheißungen erfüllt. Er vertraut darauf, dass der neue Weg, auf den Gott ihn ruft, gut ist und gesegnet. Und so bricht er wirklich auf und lässt vieles hinter sich – fast alles, was ihm vertraut war. Was ihm jetzt Halt gibt und geben muss, das ist seine Beziehung zu Gott.

Das eine braucht anscheinend das andere:

Sich auf Gott verlassen - und bisherige Sicherheiten aufgeben.

Oder auch anders herum: Manches Alte loslassen – vielleicht auch loslassen müssen – und auf einmal spüren, wie Gott mein Leben trägt.

Und dabei immer wieder dem Segen Gottes begegnen und ihn weitergeben können.

Wenn wir diesen Text heute hören, dann ruft er auch uns zum Aufbruch. Er lädt uns dazu ein, dass wir uns auf den Weg machen hin zu Gottes Segensverheißungen. Er lädt uns ein, daran mitzuwirken, dass der Segen Gottes in unserer Welt Gestalt gewinnen kann. „Ich will dich segnen und du sollt ein Segen sein“. Vielleicht ist dieses Wort der eine Tropfen, der etwas Neues in Bewegung bringt?

Wohin sind wir gerufen – wohin will Gott uns bringen?

Ich möchte mit dem Blick auf uns als Kirche beginnen. Was heißt für uns dieses „Geh aus deinem Vaterland, aus deines Vaters Haus“? Abraham war in seine Sippe und Großfamilie eingebunden war. Auch in unserer Kirche/Kirchengemeinde ist Gemeinschaft etwas ganz Wesentliches. Es ist schön, in der Kirche einen Ort zu haben, wo wir dazugehören, wo wir daheim sind und füreinander einstehen. Die Gefahr ist, dass man sich dabei einrichtet und sich damit begnügt. Aber wir sollen ein Segen sein – nicht nur in der Kirche. Gott ruft uns, aus dem Vertrauten aufzubrechen, hinauszugehen, ganz real, an andere Orte, zu Menschen und in Lebenswelten, die uns fremd sind. Es gibt so viele unsichtbare Grenzen in unserer Gesellschaft – zwischen Menschen mit und ohne Behinderung, zwischen Menschen mit mehr oder weniger Geld oder unterschiedlicher Bildung, zwischen Menschen, deren Familien schon lange in Deutschland leben oder die erst in den letzten Jahrzehnten hierhergekommen sind. Gott ruft uns, diese Grenzen zu überschreiten, mit dem Fremden und mit fremden Menschen vertraut zu werden und so seinem Segen Raum zu geben.

(Hier, wenn möglich, von eigenem Erleben erzählen – z.B. von einer Begegnung mit einer Frau, die von Hartz IV lebt, einem Menschen mit Behinderung, einem Kind… , die mich aufgerüttelt/berührt hat. Oder von einem Projekt wie den „Jobpaten“, die über Milieugrenzen hinweg Hauptschüler/innen dabei begleiten, eine Lehrstelle zu finden. Die diakonischen Bezirksstellen können weitere Beispiele in der Nähe nennen).

Ein anderer Aufbruch geschieht in der Begegnung mit Menschen muslimischen Glaubens. Oft gibt es wenig Berührungspunkte, aber ein großes Interesse der Muslime, gerade mit den Christen in nachbarschaftlichen Kontakt zu kommen – als Menschen, die der Gottesglaube in einer säkularen Welt verbindet. Und übrigens auch Abraham als gemeinsamer Urvater des Glaubens! (Schön, wenn auch hier von konkreten Erfahrungen erzählt werden kann!)

Bei solchen Begegnungen erleben wir etwas von der Verheißung Gottes: „Ich will dich segnen und du sollst ein Segen sein“. Wenn Grenzen verschwinden, Angst zurückgeht, Verständnis füreinander wächst und Vertrauen entsteht.

Wohin sind wir gerufen – wohin will Gott uns bringen?

Noch eine andere Dimension dieser Frage: Das Land, das dem Abraham versprochen wurde, ist mehr als ein bestimmter Landstrich – es ist das Land, in dem Schwerter zu Pflugscharen umgeschmiedet werden und jeder unter seinem Weinstock und Feigenbaum sitzen kann ohne Angst, wie es der Prophet Micha beschreibt. Dahin will uns Gott bringen. Dahin sollen wir aufbrechen. So visionär und weit weg das klingt – es sind doch ganz konkrete Aufgaben, die damit verbunden sind, reale Herausforderungen für unsere Gesellschaft und für die eine Welt, in der wir leben. Dazu braucht es tatsächlich immer neu einen Aufbruch – nämlich aus alten Denkmustern und eingeschliffenen Verhaltensweisen.

Am Beispiel der Atomkraft haben wir einen solchen Auszug letztes Jahr erlebt. Aber das ging nur, weil viele Jahre lang Menschen – darunter auch viele, die das bewusst als Christen taten – andere Konzepte entwickelt und mögliche Alternativen aufgezeigt haben. Und weil viele irgendwann gesagt haben: Ab jetzt tue ich konkret etwas, saniere die Heizung, fahre weniger Auto, nehme den Zug statt den Flieger, fördere erneuerbare Energien.

Ein anderes brennendes Thema: Wollen wir es als Kirche und Gesellschaft weiterhin dulden, dass die Schere zwischen Arm und Reich immer mehr auseinandergeht? Oder setzen wir uns ein für einen neuen Ausgleich, hier bei uns und weltweit? Das geht nicht mehr mit Almosen, es erfordert ein anderes wirtschaftliches Handeln. Denkmodelle dafür gibt es, etwa das der „Gemeinwohlökonomie“, auch konkrete Möglichkeiten für unser Handeln. Gottes Ruf an uns kann auch bedeuten, dass wir uns mit solchen Fragen beschäftigen, nicht zuletzt in unseren kirchlichen Gruppen und Kreisen. Informationen dazu lassen sich viele finden, im Fernsehen, in Büchern, bei engagierten Gruppen. Und irgendetwas ist dann der eine Tropfen, der uns vollends aufrüttelt und aufbrechen lässt. (Bei mir war es ein Kinofilm: Und dann der Regen – ein Film über die Ausbeutung Lateinamerikas. Und die Folgerung: Ich will anders mit meinem Wohlstand umgehen. Auch hier: ein konkretes Beispiel erzählen. Z.B. von jemandem, der sich in einem Weltladen engagiert oder bei der Mikrokreditorganisation Oikocredit.) Auch auf diese Weise ruft uns Gott heraus aus dem Bisherigen - hin zu neuen Formen des Denkens und Handelns. Hin in das neue Land, das uns verheißen ist.

„Ich will dich zum großen Volk machen und will dich segnen, und du sollst ein Segen sein. In dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter auf Erden.“ Eine große, eine weltumspannende Verheißung ist das. Sie gilt auch uns, die wir uns zu den Nachkommen Abrahams zählen.

Sich auf Gott verlassen - und bisherige Sicherheiten aufgeben.

Altes hinter sich lassen und erfahren, wie Gott unser Leben trägt.

Und dabei dem Segen Gottes begegnen und ihn weitergeben.

Amen.

Eingangsgebet

Gott, unser Schöpfer,

du hast uns das Leben geschenkt mit allem, was zu uns gehört.

Du willst, dass wir uns daran freuen können.

Deshalb kommen wir zu dir, der Quelle unserer Freude.

Gott, unser Helfer,

du bist für uns da, wenn wir dich brauchen.

Du hörst uns und verstehst uns.

Deshalb kommen wir zu dir, der Quelle unserer Stärke.

Gott, du Liebhaber des Lebens,

von dir lernen wir, was Menschenfreundlichkeit ist:

dass wir uns selbst und einander annehmen, wie wir sind.

Deshalb kommen wir zu dir, der Quelle unserer Güte.

In der Stille beten wir miteinander und füreinander ----

Danke, dass du uns hörst.

Amen

Gebet nach der Predigt

Du, Gott Abrahams,

hab Dank, dass wir als Christen hineingenommen sind in deine Segensgeschichte. Hab Dank, dass wir dich kennen, deine Verheißungen für uns, deine Nähe.

Wir danken dir für alle Erfahrungen deines Segens in unserem Leben. Wir danken dir für allen Segen, der in unserer Kirchengemeinde und Kirche wirksam ist. Danke für allen Segen, der unserem Ort und unserem Land geschenkt ist.

Du brauchst uns, damit Dein Segen sich ausbreiten kann. Hilf uns, dass wir hören und verstehen, wo unser Beitrag wichtig ist. Hilf uns, dass wir immer neu den Mut und die Kraft finden, aus eingefahrenen Gewohnheiten aufzubrechen und hinter uns zu lassen, was Deinen Verheißungen im Weg steht.

Wir denken an die Menschen, die heute von Deinem Segen nichts spüren – die sich allein gelassen fühlen, die verzweifelt sind, die nicht wissen, wie ihr Weg weiter geht.

Wir denken an die Menschen, die kein Geld haben, um sich genug Essen zu kaufen oder zum Arzt zu gehen. Wir denken an die, deren Land von fremden Investoren ausgebeutet wird.

Ach, Gott, lass auch sie Deinen Segen erfahren. Und lass unser Herz empfindsam bleiben und immer neu Wege suchen, wie jeder Mensch unter seinem Weinstock und Feigenbaum sitzen kann, im Frieden, ohne Angst.

Verfasserin: Cornelia Eberle

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