Versucht es mit mir …
von Claus Ludwig Dieter (60322 Frankfurt am Main)
Predigtdatum
:
04.07.2010
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
4. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle
:
1. Korinther 1,18-25
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Wochenspruch:
„Aus Gnade seid ihr selig geworden durch Glauben, und das nicht aus euch: Gottes Gabe ist es.“ (Epheser 2, 8)
Psalm: 73, 14.23 – 26.28 (EG 733)
Lesungen
Altes Testament:
1. Mose 12, 1 – 4 a
Epistel:
1. Korinther 1, 18 – 25
Evangelium:
Lukas 5, 1 – 11
Liedvorschläge
Eingangslied:
EG 454
Auf und macht die Herzen weit
Wochenlied:
EG 245, EG 241
Preis, Lob und Dank sei Gott dem Herren
Wach auf, du Geist der ersten Zeugen
Predigtlied:
EG 409, EG 407
Gott liebt diese Welt
Stern auf den ich schaue
Schlusslied:
EG 570
Herr, wir bitten, komm und segne uns
Im Predigttext 1 Kor 1, 18 - 25 stellt Paulus den Gegensatz zwischen der Torheit des Kreuzes und der Weisheit der Welt in den Mittelpunkt. Mit parallel gesetzten Aussagen, die gegenläufig formuliert sind, und mit rhetorischen Fragen zeigt Paulus, wie wichtig ihm sein Anliegen ist. Dabei benutzt er alttestamentliche Zitate, um die Vergänglichkeit weltlicher Weisheit zu untermauern. Paulus erklärt den Korinthern unmissverständlich seine Überzeugungen und hofft damit, die Auseinandersetzungen zwischen den Fraktionen in der Gemeinde aufzuheben.
Verfasser: Paulus im 1 Kor 1, 18 – 25
18 Das Wort vom Kreuz ist eine Torheit denen, die verloren werden; uns aber, die wir selig werden, ist's eine Gotteskraft.
19 Denn es steht geschrieben (Jesaja 29,14): »Ich will zunichte machen die Weisheit der Weisen, und den Verstand der Verständigen will ich verwerfen. «
20 Wo sind die Klugen? Wo sind die Schriftgelehrten? Wo sind die Weisen dieser Welt? Hat nicht Gott die Weisheit der Welt zur Torheit gemacht?
21 Denn weil die Welt, umgeben von der Weisheit Gottes, Gott durch ihre Weisheit nicht erkannte, gefiel es Gott wohl, durch die Torheit der Predigt selig zu machen, die daran glauben.
22 Denn die Juden fordern Zeichen und die Griechen fragen nach Weisheit,
23 wir aber predigen den gekreuzigten Christus, den Juden ein Ärgernis und den Griechen eine Torheit;
24 denen aber, die berufen sind, Juden und Griechen, predigen wir Christus als Gottes Kraft und Gottes Weisheit
25 Denn die Torheit Gottes ist weiser, als die Menschen sind, und die Schwachheit Gottes ist stärker, als die Menschen sind.
Liebe Gemeinde,
bei einer Diskussionsrunde im Bekanntenkreis wurde ich neulich von einer Agnostikerin provoziert: "Das ist ja nicht zu fassen, Du trägst
auch so ein merkwürdiges Kreuz. Das habe ich schon öfter gesehen, mit dem Slogan ’evangelisch aus gutem Grund’ drunter. Kannst Du denn deinen Glauben logisch begründen?“
Ich erklärte ihr, dass ich das Facettenkreuz sehr schön finde. Es regt zum Nachdenken an, gerade weil es aus vielen Teilen besteht und das Wesentliche im Mittelpunkt offenbar wird, obwohl es nicht dargestellt ist: Das Kreuz! Wir sprachen dann noch über das erste Gebot und den Namen Gottes, der im jüdischen Glauben immer umschrieben, aber nie in einem Begriff festgelegt wird. So ist er uns Menschen nicht verfügbar und kann auch nicht von Menschen missbraucht werden. Sie war ziemlich verdutzt und versprach darüber nachzudenken. Und über ihre Frage: „Kannst Du denn deinen Glauben logisch begründen?“ habe ich ihr versprochen weiter nachzudenken.
Auf der Suche nach einer Antwort habe ich den Text gefunden, der an diesem Sonntag für die Predigt vorgeschlagen ist:
– hier wird der Predigttext verlesen –
Paulus hatte es mit der Gemeinde in Korinth oft schwer. Dort wollten viele in der Gemeinde ihre Philosophie und Geistesgaben zur Geltung bringen. Er geht nicht auf die Absolutheitsansprüche der Gemeindefraktionen ein, sondern greift typische Missverständnisse auf und stellt diese richtig.
Dabei entfaltet Paulus in seinem Brief die Schönheit des Glaubens, als würde er einen geschliffenen Diamanten beschreiben. Diese Steine faszinieren uns. Ihre geschliffenen Facetten brillieren in strahlenden Farbnuancen, je nachdem wie das Licht auf sie fällt. Ein Gesamtbild des Diamanten können wir aber nicht erschließen, weil wir ihn immer nur stückweise betrachten können. Durch jede Drehung lässt der Stein ein anderes Bild aufscheinen. Sehr kostbare Stücke
sind klar und durchscheinend. Doch wenn wir versuchen, etwas durch den Edelstein hindurch zu betrachten, wird wegen der Lichtbrechung an den Rändern der einzelnen Facetten ein merkwürdig verfremdetes Bild erkennbar, in dem die Wirklichkeit durchscheint, aber als kunstvoll gebrochenes und verfremdetes Bild wie ein Mosaik. Das hat sicher viele von uns schon als Kinder beim Blick durch ein Kaleidoskop fasziniert.
Paulus war schon vor seiner Bekehrung zum christlichen Glauben als Saulus Schriftgelehrter, er hatte Erfahrung im rabbinischen Diskurs über die Schriften der jüdischen Bibel und kannte die Auseinandersetzungen mit den Lehren der griechischen Philosophen. Mit großem rhetorischen Geschick greift er einerseits die Argumente der Klugen und die Erwartungen der Frommen auf und hinterfragt sie andererseits aus dem christlichen Glauben heraus. Er stellt fest, dass Jesu Leben im Widerspruch steht zu den Lebensentwürfen und Lehren der Mächtigen und der Klugen in Kirche, Staat, Gesellschaft und Wissenschaften und, wie Paulus schreibt, auch der Gemeindeglieder in Korinth.
Schauen wir auf einzelne Facetten des Textes:
"Das Wort vom Kreuz ist eine Torheit denen, die verloren werden; uns aber, die wir selig werden, ist's eine Gotteskraft."
Ein gekreuzigter Gott ist für die griechische Denkweise ein Widerspruch in sich, denn die Götter der Griechen kennen keinen Tod, die Unsterblichkeit ist das Wesensmerkmal der griechischen Götterwelt. Im jüdischen Glauben ist Gott der Schöpfer des Lebens und allmächtig und unnahbar, deshalb kann ein als Verbrecher am Kreuz Gestorbener nicht der Sohn Gottes, der Messias, ein Erlöser sein.
Alle, die in der Passion Jesu stecken bleiben, können Gottes Willen nicht erkennen, nur wer im Glauben die Auferstehung Jesu als Gottes Erlösungswerk für Uns erfahren und angenommen hat, lebt im Kraftstrom seiner Versöhnung.
"Es steht geschrieben (Jesaja 29,14):
'Ich will zunichte machen die Weisheit der Weisen, und den Verstand der Verständigen will ich verwerfen.'
Wo sind die Klugen? Wo sind die Schriftgelehrten?
Wo sind die Weisen dieser Welt?
Hat nicht Gott die Weisheit der Welt zur Torheit gemacht?"
Wir leben heute in einer Wissensgesellschaft, hören wir immer wieder. Der Spruch 'Wissen ist Macht' ist aktuell bei den Mächtigen, die damit ihr Handeln legitimieren. Die Verwerfung der Weisen und Verständigen erschüttert auch unser Weltbild.
Gott stellt unseren Weisheiten seinen Willen entgegen. "Gott will, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen."- 1. Timotheus 2,4. .
Das Kreuz ist Innbegriff des Scheiterns für Juden und Griechen. Das Skandalon, dass Gott am Kreuz - dem Ort des Fluches - gestorben ist, kann von den Weisen und Schriftgelehrten nicht geglaubt werden. Für uns aber ist der Gott des Leidens die Quelle des Heilsgeschehens
"Die Welt, obwohl sie umgeben ist von der Weisheit Gottes, hat sie Gott doch durch ihre Weisheit nicht erkannt, trotzdem gefiel es Gott alle durch die Torheit der Predigt selig zu machen, die daran glauben."
Die 'Torheit der Predigt' ist der Widerspruch Gottes gegen die men-schliche Beschränkung in der Erkenntnis der Weisheit, die sich nur dem Glaubenden in der Offenbarung von Gottes Heilsplan erkannt werden kann. Das Kreuz ist für den Glauben kein Ort des Fluches, sondern tragfähiger Urgrund des Heils und der Glaubensstärke.
Wer Gottes Schöpfung nicht anerkennen und erhalten will, entfesselt die Kräfte der Natur und zerstört unsere Welt. Auch wer durch vermeintliche "Gute Werke" sich selbst erlösen will, verachtet die Güte Gottes und erhebt sich selbst zum Götzen. Wie oft schon haben wir
im Gebirge oder an der See die Schönheit bestaunt und die Unendlichkeit der Schöpfung erahnt und die Grenzen unserer Erkenntnis gespürt. Diese Erlebnisse können uns anleiten, Gottes Zuwendung zu uns dankbar zu empfangen.
"Die Juden fordern Zeichen und die Griechen fragen nach Weisheit, wir aber predigen den gekreuzigten Christus, den Juden ein Ärgernis und den Griechen eine Torheit; denen aber, die berufen sind, Juden und Griechen, predigen wir Christus als Gottes Kraft und Gottes Weisheit. Denn die Torheit Gottes ist weiser, als die Menschen sind, und die Schwachheit Gottes ist stärker, als die Menschen sind."
Wo Menschen Gottes Wille durch Zweckdenken und Aberglaube einengen und verfügbar machen wollen, müssen sie erkennen, dass ihre Gedanken, Wünsche und Werke dem Geist und der Liebe Gottes und seiner guten Schöpfung keinen Raum lassen. Seine Liebe zu uns Menschen ist so groß, dass keine und keiner davon ausgenommen sein soll, denn er will, dass allen Menschen geholfen werde, Juden und Griechen und auch uns hier in diesem Gottesdienst, in unserer Gemeinde und Kirche. Und besonders denen will Gott nahe sein, die auf unser Zeugnis von seiner Güte und Zuneigung warten.
’evangelisch aus gutem Grund’, damit hatte die streitbare Agnostikerin vom Beginn der Predigt Probleme. Jetzt kann ich ihre Zweifel nachvollziehen, denn sie ist eine gute Schülerin von Paulus. Es ist eine Torheit, sich Gott als Konsequenz logischer Beweisführung zuzuwenden, sagt Paulus und will davon überzeugen, dass die Logik nicht zum Grund des Glaubens führen kann und diesen auch nicht ersetzen kann.
Im Gegenteil: der Glaube ist aus den Ketten wissenschaftlicher Beweisführung befreit. Das "Ärgernis" vom Kreuz ist die Grundlage unseres christlichen Glaubens. Unser Glaube kommt aus der Verkündigung und dem Zeugnis von Jesus, der für uns zum Christus geworden ist.
Diese frohe Botschaft - das Evangelium - ist Grundlage unseres
Glaubens, deshalb können wir froh bekennen, wir sind
"Evangelisch AUF gutem Grund"!
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft,
bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus
AMEN
Verfasser: Claus-Ludwig Dieter, Fichardstraße 42, 60322 Frankfurt am Main
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Pfarrer Thomas Borchers
Missionarisch-Ökumenischer Dienst
Westbahnstraße 4
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