Versuchung
von Silke Schrom (60386 Frankfurt)
Predigtdatum
:
17.02.2002
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
Aschermittwoch
Textstelle
:
Jakobus 1,12-18
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Wochenspruch:
Dazu ist erschienen der Sohn Gottes, dass er die Werke des Teufels zerstöre. (1. Johannes 3,8)
Psalm: 91,1-4.11-12 (EG 736)
Lesungen
Altes Testament:
1. Mose 3,1-19 (20-24)
Epistel:
Hebräer 4,14-16
Evangelium:
Matthäus 4,1-11
Liedvorschläge
Eingangslied:
EG 443
Aus meines Herzens Grunde
Wochenlied:
EG 362
oder EG 347
Ein feste Burg ist unser Gott
Ach bleib mit deiner Gnade
Predigtlied:
EG 378
Es mag sein, dass alles fällt
Schlusslied:
EG 345,5
Amen zu aller Stund
12 Selig ist der Mann, der die Anfechtung erduldet; denn nachdem er bewährt ist, wird er die Krone des Lebens empfangen, die Gott verheißen hat denen, die ihn lieb haben.
13 Niemand sage, wenn er versucht wird, dass er von Gott versucht werde. Denn Gott kann nicht versucht werden zum Bösen, und er selbst versucht niemand. 14 Sondern ein jeder, der versucht wird, wird von seinen eigenen Begierden gereizt und gelockt. 15 Danach, wenn die Begierde empfangen hat, gebiert sie die Sünde; die Sünde aber, wenn sie vollendet ist, gebiert den Tod. 16 Irrt euch nicht, meine lieben Brüder. 17 Alle gute Gabe und alle vollkommene Gabe kommt von oben herab, von dem Vater des Lichts, bei dem keine Veränderung ist noch Wechsel des Lichts und der Finsternis. 18 Er hat uns geboren nach seinem Willen durch das Wort der Wahrheit, damit wir Erstlinge seiner Geschöpfe seien.
Hinführung:
Der Jakobusbrief ist ein Sendschreiben an die christlichen Gemeinden in der Diaspora, abgefasst wahrscheinlich gegen Ende des 1. nachchristlichen Jahrhunderts von einem unbekannten Verfasser, der sich mit dem Pseudonym „Jakobus“ die Autorität des Jakobus, Jesu Bruder „leiht“. Er setzt sich mit der Frage auseinander, wie die wachsenden christlichen Gemeinden ihren Glauben in der Welt leben können und sollen. Die Gültigkeit des jüdischen Gesetzes als ethische Grundlage für das christlichen Leben wird herausgehoben; Reden und Handeln der Christen sollen einander entsprechen.
Im vorliegenden Abschnitt geht es um die „Bewährung des Glaubens inmitten der Versuchungen dieser Welt“. Hierfür ist die Einbettung in die christliche Gemeinde unabdingbar. Die Grundlage ist die Zusage Gottes in der Taufe. In der Predigt versuche ich, der Gemeinde die persönliche Zusage Gottes bewusst zu machen, von der aus sie ihren Platz im Leben finden kann und soll. Wenn in diesem Gottesdienst eine Taufe stattfinden kann, wäre das sehr schön und könnte den Grundgedanken der Predigt anschaulich und lebendig werden lassen.
Da m. E. nichts dagegenspricht, dass der Verfasser auch die Frauen der christlichen Gemeinden „mitgemeint“ hat, sollen sie in der Verlesung des Textes ausdrücklich genannt werden, d. h. der Luther-Text (oder andere Übersetzung) muss korrigiert werden in „Selig ist der Mensch...“ (nicht „Mann“, V.12) und „Irrt euch nicht, meine lieben Schwestern und Brüder“ (V.16)
1. DIE KRONE DES LEBENS - „ SEHNSUCHT NACH ERFÜLLTEM LEBEN
Liebe Gemeinde!
Die „Krone des Lebens“ erhalten, dieses Bild aus dem Predigttext drückt eine Sehnsucht aus, die wahrscheinlich viele teilen, nämlich die Sehnsucht, dass das, was ich tue, dass mein Leben erfüllt sein möge, einen Sinn habe.
So leben wir mit unserer Sehnsucht, unseren Fähigkeiten und Möglichkeiten, sie zu befriedigen. Und wir stehen immer nieder vor Entscheidungen: Welches ist der richtige Weg, woran können wir uns orientieren? Wo Entscheidungen getroffen werden müssen, besteht immer auch die Gefahr einer Fehlentscheidung. Bedürfnisse und Interessen sind so vielfältig, und es lauern überall Versuchungen, sie zu missbrauchen.
2.VERSUCHUNGEN LAUERN ÜBERALL - BEISPIEL „WERBUNG“
„Die zarteste Versuchung, seit es Schokolade gibt“ - Sie kennen vermutlich diesen alten Werbespruch. Doch so harmlos wie die Versuchung in diesem Spruch daherkommt, ist sie selbst da bei näherem Hinsehen nicht.
Werbung fängt uns mit allen Raffinessen. Grenzen zwischen Notwendigem und Überflüssigem, echten Bedürfnissen und Ersatzbefriedigungen verschwimmen. Die Bilder gaukeln ein Lebensgefühl vor, das mit dem Kauf des Produktes quasi miterworben wird. Menschliche Grundbedürfnisse, etwa nach Liebe und Anerkennung werden hemmungslos ausgenutzt, so als wären sie käuflich und jederzeit verfügbar in den Illusionen materiellen Wohlstandes. Versuchungen lauern an vielen Ecken. Sie lenken von der Unvollkommenheit des Lebens ab, versprechen scheinbar sichere und erfolgreiche Wege zum Ziel und schaffen in Wirklichkeit doch viel Unzufriedenheit, Frust und manchmal sogar schlimmes Leid.
3. DIE CHANCE: LEBEN AUS DER TAUFE
Irrt euch nicht, liebe Schwestern und Brüder. ... schreibt Jakobus, „Er hat uns geboren nach seinem Willen durch das Wort der Wahrheit, damit wir Erstlinge seiner Geschöpfe seien.“, Mit dieser bildhaften Sprache spielt Jakobus auf die Taufe an, die einen Wendepunkt und damit verbundenen Neuanfang im Leben markiert.
Mir, die ich als Baby getauft wurde, ist diese Erfahrung nicht so ohne Weiteres bewusst, und ich vermute, vielen von Ihnen geht es ähnlich.
Aber gerade weil das so ist und wir so vielen Versuchungen und Wahrheitsverdrehungen ausgesetzt sind, tut es mir gut, an die Verheißung der Taufe erinnert zu werden: Gott hat JA zu mir gesagt, mich ganz persönlich beim Namen gerufen, mich als seine Tochter, seinen Sohn angenommen. Ich bin hineingenommen in die Gemeinschaft der Gemeinde Jesu Christi.
Es wäre natürlich naiv anzunehmen, die Taufe sei ein Freifahrschein für ein sorgenfreies, erfolgreiches und erfülltes Leben. Ich denke aber, sich die Zusage der eigenen Taufe ins Bewusstsein zu rufen, kann einen Perspektivwechsel bedeuten, einen anderen Blickwinkel auf das Leben zu entdecken.
4. Perspektivwechsel - DIE WELT MIT DEN AUGEN JESU SEHEN LERNEN
In Jesus, Gottes menschgewordenem Wort der Wahrheit, in seinen Worten und Taten, in seinem ganzen Leben können wir erkennen, was das „Leben in Wahrheit“ ist, von dem Jakobus spricht, nämlich die Lebensbedingungen unverstellt sehen und liebes- und leidensfähig zu werden.
Jesus ist hingegangen zu den Menschen, gerade zu denen am Rande der Gesellschaft. Er hat sich ihren Leiden und Sorgen zugewandt, er hat sich von ihnen anrühren lassen. Jesus hat der Wahrheit der Welt ins Gesicht gesehen, auch ihrem Elend, ihrem Hunger. Nur weil er die Wahrheit aushielt und sich den Menschen vorurteilslos zuwandte, konnte er trösten und aufrichten, ansteckende Hoffnung wecken, Liebe teilen und vermehren. So kann Gottes Reich kommen und das Gesicht der Welt verändern - ein langsames Wachsen.
Wir sind hineingenommen in dieses Wachstum, als „Erstlinge der Geschöpfe“, wie es dazu im Predigttext heißt. So wie die ersten Früchte des Feldes Gott geweiht wurden, sind auch wir in der Taufe Gott geweiht worden, seiner Herrschaft unterstellt.
Wir sind „Erste“, d. h. es gibt einen Anfang, ein Wachstum, aber noch keine Vollendung.
Dieser Gedanke bewahrt mich vor allzu großen Erwartungen, die von den vielen Unvollkommenheiten im Leben, auch des eigenen Tuns und Vermögens nur enttäuscht würden. Das ist ja gerade die Wahrheit dieser Welt und unseres Lebens, das nichts perfekt ist, sondern voller Widersprüche. Die Flut unangenehmer Wahrheiten ist manchmal so groß, dass der Wahrheit wieder die Versuchung auf den Fuß folgt, wegzusehen, zu jammern und in verklärter Erinnerung an die „gute alte Zeit“ hängen zu bleiben.
5. UNSER PLATZ ALS CHRISTEN IN DER WELT
Als „Erstlinge seiner Geschöpfe“ beschreibt Jakobus unseren Platz als Christen in dieser Welt, als Anfang einer wachsenden Belegung und Gemeinschaft.
Niemand soll allein bleiben mit seinen oder ihren Sorgen und Freuden und alle Probleme allein lösen müssen. Viele Menschen sind mit uns auf dem Weg, offen, sich durch Gottes Wort die Richtung weisen zu lassen. Viele waren schon vor uns, viele werden noch nach uns kommen.
Wir brauchen die Gemeinschaft, um die persönlichen Fähigkeiten und Grenzen realistischer einschätzen zu können. Wir brauchen die vielen Einzelnen, die bereit sind, einander zu stützen und zu ermutigen, die in Offenheit füreinander der Wahrheit des Lebens nicht ausweichen und so mithelfen, die Welt liebenswerter und menschlicher zu gestalten. Den Grund dazuhat Gott uns in der Taufe geschenkt, in seinem bedingungslosen JA zu jeder einzelnen und jedem einzelnen von uns. Das ist der Boden, in dem wir wurzeln und Halt suchen dürfen inmitten aller Freuden und Leiden unseres Lebens. So kann unser Leben Sinn und Erfüllung haben inmitten dieser unvollkommenen Welt. Amen.
Verfasserin: Pfrn. Silke Schrom, Raiffeisenstr. 77, 60386 Frankfurt
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