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Warten auf den Herrn und seinen Tag

von Jürgen Grimm (Neustadt)

Predigtdatum : 11.11.2018
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Drittletzter Sonntag des Kirchenjahres
Textstelle : Hiob 14,1-6
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Wochenspruch: "Siehe, jetzt ist die Zeit der Gnade, siehe, jetzt   ist der Tag des Heils." (2. Korinther 6, 2)

Psalm: 90, 1 - 14.(15 - 17) (EG 735)

Lesungen

Reihe I: Lukas 17, 20 - 24 (25 - 30)
Reihe II: Römer 14, 7 - 9
Reihe III: Lukas 11, 14 - 23
Reihe IV: Hiob 14, 1 - 6
Reihe V: Lukas 18, 1 - 8
Reihe VI: 1. Thessaloniker, 5, 1 - 6 (7 - 11)

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 155, 1- 4 Herr Jesu Christ, dich zu uns wend oder EG 366, 1 – 5 Wenn wir in höchsten Nöten sein
Wochenlied: EG 152, 1 – 4 Wir warten dein, o Gottes Sohn
Predigtlied: EG 382, 1 – 3 Ich steh vor dir mit leeren Händen
Schlusslied: EG+ 111, 1 – 3 Meine Zeit steht in deinen Händen

Predigttext: Hiob 14, 1 - 6

1 Der Mensch, vom Weibe geboren, lebt kurze Zeit und ist voll Unruhe,

2 geht auf wie eine Blume und welkt, flieht wie ein Schatten und bleibt nicht.

3 Doch du tust deine Augen über einen solchen auf, dass du mich vor dir ins Gericht ziehst.

4 Kann wohl ein Reiner kommen von Unreinen? Auch nicht einer!

5 Sind seine Tage bestimmt, steht die Zahl seiner Monde bei dir und hast du ein Ziel gesetzt, das er nicht überschreiten kann:

6 so blicke doch weg von ihm, damit er Ruhe hat, bis sein Tag kommt, auf den er sich wie ein Tagelöhner freut.

»Lieber Hiob,

ich muss Dir unbedingt einen Brief schreiben. Denn das, was wir von Dir hören, geht mir und all den Anwesenden hier ganz schön unter die Haut.

Verzweifelt und resigniert bist Du.

Fühlst Dich ungerecht behandelt von Deinem Gott.

Am liebsten würdest Du sterben.

Um endlich Ruhe zu haben.

Aber was brächte der Tod? Nichts!

Vergänglich sind doch alle Menschen.

Nichts bleibt von ihnen übrig.

Da dürfen selbst die Bäume mehr hoffen, schreibst Du wenige Zeilen weiter (14, 7ff).

Wenn die abbrechen oder abgehauen werden, dann treiben die neue Triebe aus und das Leben geht weiter. Aber bei uns Menschen ist Schluss, so Dein Urteil.

Schlimm genug, was Dir an Katastrophen widerfahren ist.

Noch schwerer wiegt die Frage: Warum? Warum ich?

Warum sitze ich in der Scheiße?

Was habe ich verbrochen, dass so viel Unheil über mich her-einbricht?

Aber der Reihe nach.

Wir wissen: Du warst und Du bist ein frommer, rechtschaffener Mann, gottesfürchtig, das Böse meidend. Überreich hatte Gott Dich gesegnet. Dir ging es blendend. Du warst beliebt, allseits wertgeschätzt.

Und dann verlierst Du innerhalb kürzester Zeit, was Dein Le-ben ausmachte: Deine Viehherden, Deine Kinder, Dein Be-sitz, Deine Gesundheit, Dein Ansehen. Einzig Deine Frau blieb Dir noch.

Hättest Du irgendeine Schuld auf Dich geladen und sei sie noch so verborgen, Du hättest Dir eine Erklärung zurechtge-legt. Hättest gesagt: Jetzt bekomme ich die Quittung. Gott bestraft mich für meine Verfehlung. Deshalb die vielen Schicksalsschläge.

Doch die Rechnung ging für Dich nicht auf. Dir war keine Schuld bewusst, die solch ein Unheil hätte begründen kön-nen. Dass kein Mensch ohne Makel ist, bekennst Du freimütig, wenn Du schreibst: „Kann wohl ein Reiner kommen von Unreinen? Auch nicht einer!“ (14, 4)

Nein, ich nehme es Dir ab, Du konntest Gott nicht mehr ver-stehen. Wer so aufrichtig lebt wie Du, muss an der Gerechtigkeit Gottes irrewerden. Interessanterweise hast Du, lieber Hiob, nie daran gezweifelt, dass es Gott überhaupt gibt. Das war nicht Deine Frage. Dein Problem war, wie er mit Dir um-springt, genauer gesagt, wie Du glaubtest, dass er mit Dir umspringt.

Du hattest ja zunächst gar keine andere Erklärung für Deine Misere, als dass Gott Dich für irgendeine Untat zur Rechen-schaft zieht. Sogar deine Freunde redeten Dir das ein. Ir-gendetwas müsstest Du doch auf dem Kerbholz haben, sagen sie, dass es Dir so beschissen geht.

Ich bewundere dich, lieber Hiob, wie klar und eindeutig, ja hartnäckig Du geblieben bist. Ich hätte von mir nicht sagen können, ohne Schuld zu sein. Anders bei Dir: Du bist Dir keiner Schuld bewusst. Punkt. Das sollen nicht nur Deine Freunde begreifen. Das soll auch endlich Gott kapieren.

Was Du nicht wusstest, ist, dass man ein böses Spiel mit Dir spielte.

Gewettet hatten sie im Himmel, Gott und der Teufel. (1, 6 ff) Es ging gar nicht darum, Dich für irgendetwas zu bestrafen. Der Teufel wettete darauf, Du hältst nur solange an Gott fest, wie es Dir materiell gut geht. Nimmt man Dir auch noch das Letzte, dann wirst Du schon Dein Gottvertrauen hinschmeißen. Warum solltest Du auch auf Gott hoffen, wenn er Dir alles nimmt?

Ja – Warum diese Schicksalsschläge?

Sag es mir, lieber Gott! Warum?

Deine Frau riet Dir, Gott abzuschwören und zu sterben. (2,9)

Du tust es nicht.

Du nimmst den Kampf auf mit Gott, machst ihm Vorwürfe und zwar ganz gewaltige:

Lebt der Mensch eh nur kurze Zeit, warum musst Du, Gott, ihn dann ständig beobachten, ihn vor Gericht ziehen, ihn verurteilen?

Gönn ihm doch ein ruhiges Leben, gönn ihm doch ein bisschen Lebensfreude.

Selbst der Tagelöhner hat es besser.

Der darf sich auf den Abend freuen.

Da wird der Lohn ausgezahlt.

Und wie belohnst Du uns, Gott?

Ja, Hiob, ich kann Dich gut verstehen.

Bei den Schicksalsschlägen, die Du erlebt hast, da bleibt klein blasser Dunst mehr übrig von all der Lebensfülle, von all der Lebensfreude vergangener Jahre.

Kein Wunder, dass Du hart mit Gott ins Gericht gehst. Wenn schon keine Schuld, warum dann diese schäbige Behandlung durch Gott? Jetzt hast Du Gefühl: schlimmer kann es nicht mehr kommen. Jetzt muss Gott auf die Anklagebank. Er be-kommt Deine volle Wut und Deinen bissigen Spott ab.

Merkwürdig, Gott hat das alles ausgehalten. Er ist nicht ge-kränkt. Er schlägt nicht zurück. Er verweigert Dir allerdings die Antwort, auf die Du so brennend gehofft hast. Er lässt Dich demütig werden angesichts seiner unergründlichen Weisheit. Letztendlich gibt er Dir aber recht: Dein Leiden hat nichts mit Sünde und Strafe zu tun. Deine Freunde, die genau das behaupteten, entlarvt Gott als Lügner.

Ich bewundere Deine Standfestigkeit. Bist an Gott verzweifelt und hast doch an ihm festgehalten.

Ich sagte bereits, die haben da oben im Himmel eine Wette abgeschlossen. Was Du noch nicht weißt, will ich Dir sagen: Du wirst wieder gesund werden. Du wirst doppelt so viel an Besitz haben wie früher. Unendlich große Viehherden. Und weitere Kinder werden deiner Frau geboren. Und Dir noch-mals 140 Lebensjahre geschenkt.

Ja, lieber Hiob, dieser Brief musste geschrieben werden. Damit Du und damit meine Hörerinnen und Hörer nicht einem falschen Gottesbild aufsitzen.

Vor mir sitzen nicht wenige, die irgendwann auch einmal Hiobsbotschaften erhielten, schlimme Verluste erlebten und dabei ihren Glauben an einen lieben und allmächtigen Gott verloren hatten. Zumindest in große Zweifel gerieten. Und sich fragten: Warum musste das passieren? Warum? Und warum gerade mir? Natürlich gibt es Unheilvolles, an dem ich selber schuld bin. Aber eben auch anderes, wo wir an Gottes Güte und Bewahrung zweifeln.

Deshalb mein lieber Hiob, meine Frage: Was können meine Leute von Dir lernen?

Auf alle Fälle die Einsicht, dass das Leiden keine Strafe Gottes ist (Vgl. auch Joh. 9, 2 - 4). Aber auch die Erfahrung, dass man auf die Warum-Frage keine Antwort erhält. Was selbst für gläubige Menschen unter Umständen schwer zu verkraften ist. Um dennoch zu wissen, Gott ist da, auch in meinen schwersten Stunden. Und dabei muss ich die Dinge nicht ein-fach stumm hinnehmen. Ich darf klagen, ich darf mit Gott streiten, ich darf ihn anklagen. Gott hält das aus. Das Kämp-fen mit Gott im Gebet kann schon ein Stück Trost sein. Natür-lich auch die Hoffnung auf die Wende meines Schicksals.

Was Du noch nicht wissen konntest, lieber Hiob, lange nach Dir wird einer ebenfalls unschuldig leiden, ja sogar hinge-richtet werden. Von dem werden wir hören, dass Gott ihn zu neuem Leben auferweckt. Ja, noch mehr. Dass der Tod unserem Leben eben nicht ein endgültiges Ende setzt.

Wem in seinem Leben Schlimmstes widerfahren ist, bekommt selbst in seiner Todesstunde nicht noch einmal eine Hiobs-botschaft zu hören, sondern das Hoffnungswort: „Und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein, denn das Erste ist vergangen. Und der auf den Thron saß, sprach: Siehe ich mache alles neu“ (Offb.21, 4 + 5).«

Amen

Verfasser: Pfarrer i. R. Dr. Jürgen Grimm, Hambacher Treppenweg 1, 67434 Neustadt


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