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Weltgericht

von Karsten Müller (Halle /Saale)

Predigtdatum : 16.11.2014
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Vorletzter Sonntag des Kirchenjahres
Textstelle : 2. Korinther 5,1-10
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Wochenspruch:
Wir müssen alle offenbar werden vor dem Richterstuhl Christi. (2.Korinther 5, 10)
Psalm: Psalm 50, 1.4 - 6.14 - 15.23

Lesungen
Altes Testament: Jeremia 8, 4 - 7
Epistel: Römer 8, 18 - 23.(24 - 25)
Evangelium: Matthäus 25, 31 - 46

Liedvorschläge
Eingangslied: EG 165 Gott ist gegenwärtig
Wochenlied: EG 149 Es ist gewisslich an der Zeit
Predigtlied: EG 529 Ich bin ein Gast auf Erden
Schlusslied: EG 153 Der Himmel, der ist

Liebe Gemeinde,

ja, wir wissen, dass es ein Ende mit uns haben wird. „Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, damit wir klug werden“ haben wir vorhin gebetet.

Aber wir haben uns auch gut eingerichtet in der Hütte unseres Lebens auf Erden. Wir leben in der Regel hier nicht wie in einem Abbruchhaus. Eher versuchen wir doch, festzuhalten, was wir haben. Wer umziehen muss, weiß, dass der Umzug viele Schwierigkeiten mit sich bringt. Man muss alte Beziehungen kappen. Wird man am neuen Wohnort neue Kontakte knüpfen können? Wie ist es mit der neuen Schule für die Kinder? Dreimal umgezogen ist wie einmal abgebrannt, sagt der Volksmund.

Vor 70 Jahren, im Herbst und Winter 1944/45 mussten sich viele Deutsche vor allem in den östlichen Provinzen unfreiwillig auf den Weg nach Westen machen. Sie flohen vor den Truppen der Roten Armee. Der Verlust der Heimat hat ganze Generationen traumatisiert. Es ist eine äußerst negative Erfahrung, wenn man das Haus zurücklassen muss und von einem Tag auf den anderen auf der Straße lebt. Der Krieg, an dessen Opfer wir heute denken, besteht zu einem großen Teil nicht nur im Erobern, sondern auch im Zerstören der Häuser der Feinde. Während viele Deutsche im Osten auf der Flucht waren, erlebten andere den Verlust von Haus oder Wohnung durch die Bombenangriffe der Alliierten.

Bis heute sind Menschen auf der Flucht oder werden vertrieben. Sie leben unter uns. Asylbewerber und Asylanten haben einen schweren Stand. Selten werden sie herzlich aufgenommen. Wenn es gut geht, werden sie geduldet. Wenn es schlimm kommt, wird ihnen das Leben hier auch noch schwer gemacht.

Wie auch immer wir uns nun eingerichtet haben in dieser Welt: Wir werden eines Tages unser Haus, unsere Woh-nung, unseren Körper verlassen müssen. Das ist uns nicht immer bewusst. Vor allem in den ersten Phasen des Lebens nicht. Der Körper und die Körperlichkeit sind ja auch an sich zunächst nichts Negatives. Wir investieren nicht wenig in den Erhalt des Körpers. Wir machen durchaus positive Erfahrungen mit ihm. In einem gesunden Körper wohne auch ein gesunder Geist, sagt man. Und das ist ja auch eine Erfahrung, dass es eine gute Ausstrahlung auf die Seele hat, wenn es dem Körper gut geht. Das kann man nach je-dem Saunabesuch erleben.

Aber es gibt auch die anderen Erfahrungen mit dem Körper. Je älter wir werden, desto stärker werden sie: Schmerzen melden sich als Anzeichen von Krankheiten. Teile des Körpers versagen ihren bis dahin alltäglichen Dienst. Wir werden von schweren Krankheiten heimgesucht, die die Qualität des Lebens erheblich einschränken oder die das Leben als Ganzes in Frage stellen. Der Abbruch der Hütte, von der Paulus in unserem Briefabschnitt spricht, kann ganz konkrete Formen annehmen, die wir nicht selten als bedrohlich empfinden.

In das bedrohliche Gefühl hinein kann sich Hoffnung mischen. Verlust und Abbruch sind durchaus negative Erfahrungen. Auf der anderen Seite, etwa bei schweren Krankheiten, ließe sich das Ende der Körperlichkeit, der Tod, aber auch als Erlösung von den Schmerzen erfahren. Im Zeitalter der modernen Medizin, die viel zum Erhalten unseres Körpers beiträgt, kann es Menschen auch sehr schwer gemacht werden, gerade diesen Körper zu verlas-sen.

Paulus verwendet ein zweites Bild, das unsere Hoffnungen aufnimmt, die sich für Christinnen und Christen mit dem En-de des Lebens verbinden: Denn darum seufzen wir auch und sehnen uns danach, dass wir mit unserer Be-hausung, die vom Himmel ist, überkleidet werden, weil wir dann bekleidet und nicht nackt befunden werden.
Das Sprichwort von den Kleidern, die Leute machen, kann uns in den Sinn kommen - die Funktion der Kleidung als Schutz. Wie wir bei der Taufe vielleicht ein besonderes Kleid getragen haben, das unser neues Leben als Christin oder als Christ symbolisierte, so wird uns auch jetzt ein neues Kleid in Aussicht gestellt, wenn wir unser irdisches Leben hinter uns lassen müssen.

Die Zeit am Ende des Kirchenjahres erinnert uns daran, dass die Verlusterfahrungen, die wir mit dem Tod verbin-den, nur die eine Seite der Medaille sind.

Die christliche Sicht auf den Tod ist eng mit der Hoffnung auf die Auferstehung verknüpft. Das wird bei jeder christlichen Bestattung deutlich: Wir legen die sterblichen Überreste eines Menschen in die Erde „in der Hoffnung der Auferstehung zum ewigen Leben durch unseren Herrn Jesus Christus“. Wir könnten auch im Sinn unseres Briefabschnit-tes sagen: In der Hoffnung der Umhüllung mit dem Kleid des neuen Lebens, das uns verheißen ist.

Paulus verwendet im Hinblick auf das Ende des Lebens noch ein Bild. Es geht nicht nur um den Verlust der irdischen Hütte und um das Geschenk eines neuen Kleides. Paulus spricht auch vom Lohn, den wir am Ende empfangen.

Allerdings kann dieses Bild durchaus bedrohliche Ausmaße annehmen. Der letzte Vers unseres Predigttextes erinnert ein wenig an das Ende des Märchens von Frau Holle: Wenn es da heißt: ... damit jeder seinen Lohn empfange für das, was er getan hat bei Lebzeiten, es sei gut oder böse, dann können wir durchaus an das Tor denken, aus dem wahlweise Gold oder Pech herunterfällt. Die Rede vom Richterstuhl im ersten Teil des Verses, der uns als Wochen-spruch durch die nächsten Tage begleitet, verstärkt unsere unguten Gefühle noch.

Das Bild des Gerichtes, das mit dem Ende des Lebens ver-bunden ist, hat in der Vergangenheit viel Unheil angerichtet. Es hat Ängste geschürt und sogar die Reformation ausge-löst. Der richtende, strafende Gott, der alles sieht und dem keiner entkommt, war ein beliebtes und eben auch berüch-tigtes Erziehungsmittel.

Ist der Richterstuhl von Christus ein Ort der Abrechnung? Das Evangelium nennt das Kriterium, um das es geht. Es geht nicht um geistliches Übermenschentum. Es geht nicht darum, zweimal in der Woche zu fasten und von allem, was man hat den Zehnten zu geben. Es geht nicht einmal darum eine gewisse Kirchlichkeit an den Tag zu legen.

Der Richter sagt: Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan. Darum geht es: Kranke und Gefangene besuchen, Menschen in Not zu helfen mit den alltäglichen Dingen. Nicht wegsehen vom Elend in der Welt. Nicht mehr aber eben auch nicht weniger.
Das Bild des Richters verbinden wir mit einer Strafe. Der Richter verurteilt und bestraft. Wer einen Fehler gemacht hat, muss sich vor Gericht verantworten. Vergessen wird oft, dass ein Richter nicht nur verurteilt und bestraft, sondern auch frei spricht.

Paulus verbindet mit dem Gericht das Bild des Lohns. Wir fragen bange: Welchen Lohn aber wird es für böse Taten geben? Wird Pech über uns niedergehen, wie einst über der faulen Marie?

Gott ist's, der das Vermögen schafft, was Gutes zu vollbringen, heißt es in einem Gesangbuchlied. (EG 494,2) Es ist nur schwer vorstellbar, dass der Gott, der dieses Vermögen in uns schafft, das nur tut, um uns am Ende der Zeit als Versager vorzuführen und abzuurteilen.

Es steht wohl außer Frage, dass wir im Leben und im Sterben für das, was wir getan oder unterlassen haben, Verantwortung übernehmen müssen. Aber es steht auch außer Frage, dass der Ort, an dem wir letztmalig nach unserem Leben gefragt werden, kein Ort der Vernichtung, Zerstörung oder restlosen Verurteilung ist. So ist das Verhältnis Gottes zu uns Menschen nicht beschaffen.

Der Glaube ist wichtig, damit wir darauf vertrauen können, dass Gott uns nach diesem Leben beschenkt und belohnt. Deutlich wird: Was wir empfangen werden, haben wir nicht verdient und auch nicht erarbeitet. Aber wir sind durch diesen Glauben an Gott, der uns nicht nach unseren Ver-diensten misst, befreit.

Wir sind befreit, Gutes zu tun: Menschen Heimat zu geben, sie zu begleiten, Not zu lindern. Gib, dass ich zur Abendzeit erwünschten Lohn empfange, heißt es in dem vorhin schon erwähnten Gesangbuchlied. (EG 494, 6). Auf Gabe und Lohn können wir vertrauen und in diesem Vertrauen leben, glau-ben und handeln. Amen.

Verfasser: Pfarrer Karsten Müller
An der Johanneskirche 1, 06110 Halle (Saale)

Herausgegeben vom

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