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Weltgericht

von Anette Carstens (99089 Erfurt)

Predigtdatum : 13.11.2005
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Vorletzter Sonntag des Kirchenjahres
Textstelle : Lukas 16,1-8.(9)
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Wochenspruch:

Wir müssen alle offenbar werden vor dem Richterstuhl Christi. (2. Kor. 5,10)

Psalm: 50,1.4-6.14-15.23

Lesungen

Altes Testament:
Jeremia 8,4-7
Epistel:
Römer 8,18-23 (24-25)
Evangelium:
Matthäus 25,31-46

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 450
Morgenglanz der Ewigkeit
Wochenlied:
EG 149
Es ist gewisslich an der Zeit
Predigtlied:
EG 530
Wer weiß, wie nahe mir mein Ende
Schlusslied:
EG 408
Meinem Gott gehört die Welt

1 Jesus sprach zu den Jüngern: Es war ein reicher Mann, der hatte einen Verwalter; der wurde bei ihm beschuldigt, er verschleudere ihm seinen Besitz. 2 Und er ließ ihn rufen und sprach zu ihm: Was höre ich da von dir? Gib Rechenschaft über deine Verwaltung; denn du kannst hinfort nicht Verwalter sein. 3 Der Verwalter sprach bei sich selbst: Was soll ich tun? Mein Herr nimmt mir das Amt; graben kann ich nicht, auch schäme ich mich zu betteln. 4 Ich weiß, was ich tun will, damit sie mich in ihre Häuser aufnehmen, wenn ich von dem Amt abgesetzt werde. 5 Und er rief zu sich die Schuldner seines Herrn, einen jeden für sich, und fragte den ersten: Wie viel bist du meinem Herrn schuldig? 6 Er sprach: Hundert Eimer Öl. Und er sprach zu ihm: Nimm deinen Schuldschein, setz dich hin und schreib flugs fünfzig. 7 Danach fragte er den zweiten: Du aber, wie viel bist du schuldig? Er sprach: Hundert Sack Weizen.
Und er sprach zu ihm: Nimm deinen Schuldschein und schreib achtzig. 8 Und der Herr lobte den ungetreuen Verwalter, weil er klug gehandelt hatte; denn die Kinder dieser Welt sind unter ihresgleichen klüger als die Kinder des Lichts.
[9 Und ich sage euch: Macht euch Freunde mit dem ungerechten Mammon, damit, wenn er zu Ende geht, sie euch aufnehmen in die ewigen Hütten.]
Homiletische Vorüberlegungen
Was man hier liest oder hört, wirkt zunächst verwirrend. Man weiß nicht, was ist denn nun gemeint?
Deshalb muss in der Predigt die Beispielgeschichte noch einmal erzählt werden, damit sie verstehbar und Verwirrendes ausgeräumt wird. Ich entscheide mich dabei, mitten in der Beispielgeschichte einzusetzen, um diesen einen Punkt dadurch deutlich hervorzuheben.

Liebe Gemeinde!
Da sitzt einer und hält inne. Sorgen und Pflichten des Augenblicks füllen ihn nicht aus, nein. Er sieht weiter. Er überlegt und spricht: „Was werde ich tun?“
Sicher, man kann sagen, das ist ja nun wohl auch dran. Was soll er sonst auch tun in dieser Situation? Denn das haben wir ja gehört. So war es. Der Verwalter war zu seinem Herrn gerufen worden.
Seinem Chef war nämlich zu Ohren gekommen, dass er Geld veruntreut hatte. Die Worte des Chefs, die sind uns aufgeschrieben: „Was höre ich da von dir? Lege Rechenschaft ab von deiner Verwaltung. Du kannst nicht mehr Verwalter sein.“ Seine Lage ist damit ganz verändert, ganz offen. Und man kann sagen, da ist das jetzt wohl auch dran. Sich hinsetzen und sehen, was möglich ist. Was soll er denn sonst machen? Ja, was könnte er sonst machen?
Er könnte genauso gut darüber klagen und jammern, dass er nicht mehr Verwalter sein kann. Er könnte sich darüber auslassen, dass alles aus ist und vorbei. Er könnte sich darüber Vorwürfe machen, zurücksehen und sagen: „Ach, hätte ich es doch besser vor den anderen verborgen. Wäre ich doch genauer gewesen.“
Der Verwalter aber spricht bei sich selbst : „Was werde ich tun?“ Nicht sagt er - was könnte ich nur machen? Was soll ich nur tun? Nein, Tatkraft klingt in der Frage mit. Und Entschlossenheit im Entscheiden ist zu spüren.
„Mein Herr nimmt die Verwaltung von mir. Graben kann ich nicht, zu betteln schäme ich mich. Ich habe gefunden, was ich tun werde, damit sie mich in ihre Häuser aufnehmen, wenn ich von der Verwaltung entlassen werde.“
Zu spüren ist, der Mann sieht den Tatsachen ins Auge. Er beschönigt nichts. Er hält aus, was jetzt ist. Er nimmt es, wie es nun gerade ist. Und er geht die Möglichkeiten für sich nüchtern durch. So entwickelt er seinen Plan. Den Schuldnern will er Schulden nachlassen, damit sie ihn dann in ihre Häuser einlassen, wenn er keines mehr hat. Jetzt schon will er für später vorbauen. Wenn er sich jetzt entgegenkommend zeigt, werden sie ihn dann nicht im Regen stehen lassen. Wenn sie jetzt seine Freundlichkeit ihnen gegenüber sehen, werden sie ihm dann gewogen sein, wenn er Hilfe braucht. Zum Schaden seines Herrn macht er sich Freunde. Clever ist dieser Mann. Einer, der gut für sich vorsorgen kann. Genauer betrachtet sieht das so aus: 100 Bath Öl ist der Erste schuldig, entsprechend dem Ertrag von 140 Ölbäumen. Um die Hälfte setzt der Verwalter die Schuld herunter.
Der zweite Schuldner schuldet 100 Kor Weizen, den Ertrag von 42 ha Ackerland. 20 % der Schuld erlässt der Verwalter. Beide Schuldner bekommen etwa den gleichen Erlass, etwa 500 Denare. Ohne mit der Wimper zu zucken, setzt der Verwalter die Schulden um eine beträchtliche Summe herunter – zu seinen eigenen Gunsten und zu Ungunsten des Chefs.
Eiskalter Betrug. Was soll nun der Chef sagen? Wie soll der Herr reagieren? Wird er wieder wie schon einmal sagen: „Was höre ich von dir? Lege Rechenschaft ab.“ Wird er ihn strafen? Wird er vielleicht die Summe vom Schuldenerlass zurückfordern? Das wäre doch angemessen. Das wäre doch im Sinne des Herrn, im Sinne seiner Besitzwahrung, im Sinne aller Ehrlichkeit.
Liebe Gemeinde!
Und der Herr lobte den ungerechten Verwalter, weil er klug gehandelt hat. Das muss man ja nun zwei Mal hören, um zu begreifen. Man meint, sich zu verhören. Soll hier Unehrlichkeit schön geredet werden? Diese Reaktion war ja nun gar nicht zu erwarten. Wie kann der Herr so umschwenken? Ist ihm jetzt egal, was aus seinem Besitz wird?
Zuerst hat er das Unrecht doch aufgedeckt und jetzt, deckt er es jetzt zu? Zuerst lag ihm doch so sehr an seinem Vermögen. Und jetzt – woran liegt ihm jetzt? Woran liegt jetzt dem Herrn? Jetzt ist ihm plötzlich der nachlässige Verwalter wichtig, der betrogen hat. Jetzt hat er plötzlich Interesse dafür, dass dieser Mann gut versorgt ist, wenn er von ihm entlassen wird. Es ist kaum zu verstehen! Aber jetzt ist ihm dieser Mensch so wichtig, obwohl der doch sein Vermögen veruntreut hat und ihm gegenüber in der Schuld steht.
Jesus erzählt eine Beispielgeschichte. Er setzt uns ein Beispiel aus dem Alltag vor, um etwas deutlich zu machen – nämlich das:
Wie der Herr in der Beispielgeschichte, so ist Gott. So überraschend ist ihm wichtig, dass wir gut vorsorgen. So erstaunlich wie in der Geschichte ist es – wir selber sind Gott wichtig, nicht unsere Schuld, die Zwänge und Nöte, in denen wir uns verfangen.
Das wäre von unserer Erfahrung her zu erwarten, dass er uns auf unsere Schuld anspricht. Aber ihm ist so wichtig, dass wir nicht ins Leere gehen. Er sorgt sich um uns, um dich und mich. Deshalb sollen wir vorsorgen wie der Verwalter in der Geschichte – entschieden und clever die Zukunft in den Blick nehmen und danach handeln. Mit dem Bild von den „ewigen Hütten“ wird deutlich, darum geht es: im Blick zu behalten, dass unser Leben endlich ist.
Daran erinnert werden wir ja immer wieder, wenn einer unserer Angehörigen schwer erkrankt oder stirbt. An Sterbebetten und Gräbern erleben wir schmerzhaft, dass wir dem Gedanken an Sterben und Tod doch nicht ausweichen können. Diese Erinnerung alleine meint die Beispielgeschichte auch gar nicht. Da geht es deutlich um zwei Zeiten – um das, was wir heute tun und um das, was dann sein wird. Da geht es um den Zusammenhang zwischen dem, was wir heute tun und was dann sein wird. Da geht es um das Vorsorgen heute für die Zeit dann.
Heute sollen wir im Blick haben, dass Gott uns dann fragen wird, was wir mit unserem Leben gemacht haben. Heute sollen wir im Blick haben, was dann vor Gott Bestand haben wird.
„Aber wir leben doch ganz im Augenblick“, kann einer einwenden. Das ist nun mal so. Was heute geschieht, das nimmt uns ganz ein. Man kann nicht ständig schon weiter denken. Genau diese Lebenswirklichkeit ist hier ganz ernst genommen. Sie ist der Hintergrund in unserer Beispielgeschichte. Da sitzt einer und hält inne. Einer lässt sich von den Sorgen und Pflichten des Augenblicks nicht einnehmen. Er tut gerade nicht das, wozu es uns schnell treibt. Nein, ganz für sich sitzt er, fernab der anderen und denkt über seine Zukunft nach. Er denkt an das, was dann sein wird und bestimmt davon ausgehend, was er heute tun wird. So soll es für uns sein.
Dann wird Gott uns fragen nach unserem Tun. Daran erinnert auch der Wochenspruch. „Wir müssen alle offenbar werden vor dem Richterstuhl Christi.“ So liegt die Frage nahe: Was hat vor Gott Bestand? Was ist vor Gott gut? Diese Frage kann uns begleiten. Mitten in unser Leben klingt diese Frage. Sie klingt in alles Fragen nach dem, was zu tun und zu lassen ist. Sie kann Hilfe werden in Entscheidungen und Auseinandersetzungen, im ganz Alltäglichen und in besonders zugespitzten Zeiten.
Was ist vor Gott gut?
Manchmal wird sich die Antwort schnell nahe legen, ziemlich eindeutig. Wenn zum Beispiel auf dem Fußweg ein Mensch liegt, der gestürzt und verletzt ist.
Manchmal aber wird es Zeit brauchen, bis wir in der Lage sind, aus eigener Sicht und eigenen Ängsten herauszutreten. Manchmal wird es Zeit brauchen, bis wir weiter sehen können als auf uns selber. Manchmal wird es Zeit brauchen, bis wir versuchen können, eine Situation mit dieser Frage zu bedenken. Mag sein, dass uns das manchmal gar nicht gelingt, weil die Sichtweise festgelegt ist und sich verhärtet hat, in einem länger währenden Konflikt beispielsweise.
Liebe Gemeinde!Was werde ich tun, fragt der Verwalter. Wenn wir fragen, was ist vor Gott gut, ist das ähnlich. Wer so fragt, hält inne und lässt sich vom Augenblick nicht ganz einnehmen. Wer so fragt, der fragt nach der eigenen Zukunft, für sich allein. Wer so fragt und danach handelt, der sorgt heute vor, so wie es die Geschichte uns nahe legt. Dazu helfe uns Gottes Geist! Amen.

Verfasserin: Pfrn. Anette Carstens, 99089 Erfurt Hans-Sailer-Straße 55

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