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Wiedergeboren zur Hoffnung

von Christian Fuhrmann (39104 Magdeburg)

Predigtdatum : 19.04.2009
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Ostermontag
Textstelle : Johannes 20,19-29
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Wochenspruch:

Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten. (1. Petrus 1, 3)

Psalm: 116 (EG 746)

Lesungen

Altes Testament:
Jesaja 40, 26 – 31
Epistel:
1. Petrus 1, 3 – 9
Evangelium:
Johannes 20, 19 – 29

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 446
Wach auf, mein Herz, und singe
Wochenlied:
EG 102
Jesus Christus, unser Heiland
Predigtlied:
EG 382
Ich steh vor dir mit leeren Händen
Schlusslied:
EG 106
Erschienen ist der herrliche Tag

19 Am Abend aber dieses ersten Tages der Woche, als die Jünger versammelt und die Türen verschlossen waren aus Furcht vor den Juden, kam Jesus und trat mitten unter sie und spricht zu ihnen: Friede sei mit euch! 20 Und als er das gesagt hatte, zeigte er ihnen die Hände und seine Seite. Da wurden die Jünger froh, dass sie den Herrn sahen.
21 Da sprach Jesus abermals zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. 22 Und als er das gesagt hatte, blies er sie an und spricht zu ihnen: Nehmt hin den heiligen Geist! 23 Welchen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; und welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten.
24 Thomas aber, der Zwilling genannt wird, einer der Zwölf, war nicht bei ihnen, als Jesus kam. 25 Da sagten die andern Jünger zu ihm: Wir haben den Herrn gesehen. Er aber sprach zu ihnen: Wenn ich nicht in seinen Händen die Nägelmale sehe und meinen Finger in die Nägelmale lege und meine Hand in seine Seite lege, kann ich's nicht glauben.
26 Und nach acht Tagen waren seine Jünger abermals drinnen versammelt, und Thomas war bei ihnen. Kommt Jesus, als die Türen verschlossen waren, und tritt mitten unter sie und spricht: Friede sei mit euch! 27 Danach spricht er zu Thomas: Reiche deinen Finger her und sieh meine Hände, und reiche deine Hand her und lege sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig! 28 Thomas antwortete und sprach zu ihm: Mein Herr und mein Gott! 29 Spricht Jesus zu ihm: Weil du mich gesehen hast, Thomas, darum glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben!

Liebe Gemeinde,
da sitzen die Jünger am 3. Tag nach der Hinrichtung Jesu hinter verschlossenen Türen. Am Abend des 1. Ostertages haben sie sich ängstlich verkrochen. Noch kein Jubel mit den Worten „Der Herr ist auferstanden“ erklingt. Dafür war da noch die Enttäuschung über Jesus, den Gekreuzigten zu groß. Weil sie die Mörder ihres Freundes fürchten, haben sie die Türen fest und sicher verriegelt.
Vollkommen abgeschirmt von der Außenwelt sind sie, in ihrer Trauer sind sie ganz zurückgezogen. Da kommt er, den sie bei den Toten wissen, in ihre Mitte. Er wünscht ihnen Frieden mit dem alltäglichen Gruß und zeigt ihnen die tödlichen Wunden – seht her, ich lebe!
Da gab es keinen Zweifel unter den Jüngern mehr.
Deutlicher hätten sie ihn nicht sehen können an diesem ersten Osterabend.
Deutlicher hätten sie seinen Lebensgeist nicht spüren können.
Deutlicher hätten sie den Auftrag Jesu nicht hören können.
Doch einer, Thomas, der Zwilling hatte sich nicht mit eingeschlossen. So war er nicht da, als Jesus wie in alter Zeit bei den Jüngern war. Und Thomas kann das alles nicht glauben, was die Freunde ihm erzählen.
Für Thomas ist gar nichts deutlich, für Thomas gibt es nur den Zweifel.
Für Thomas steht fest: bevor ich das glaube, muss vieles geschehen: „Wenn ich nicht in seinen Händen die Nägelmale sehe und meinen Finger in die Nägelmale lege und meine Hand in seine Seite lege, kann ich’s nicht glauben.“
Und so wiederholt es sich acht Tage später, was am ersten Ostertag geschah. Nur – jetzt ist Thomas auch dabei. Wieder kommt Jesus in die Mitte seiner Freunde.
Thomas wird direkt angesprochen vom Auferstandenen. Überzeuge dich und überwinde deinen Zweifel! „Reiche deinen Finger her und sieh meine Hände! Und reiche deine Hand her und lege sie in meine Seite! Sei gläubig und nicht ungläubig!“

Thomas ist überwältigt: „Mein Herr und mein Gott!“ Mehr sagt er nicht.
„Weil du mich gesehen hast, darum glaubst du“, sagt Jesus.
„Selig sind, die nicht sehen und doch glauben!“ sagt Jesus dann auch noch zu Thomas.
Und spätestens bei diesem Satz ist jeder von uns angesprochen: „Selig sind, die nicht sehen und doch glauben!“
Ist Thomas uns nicht sehr nahe? Können wir uns nicht vorstellen, wie es ihm geht?
‚Nein – so einfach geht das nicht – jedenfalls nicht mit mir’ – denkt Thomas. ‚Dass der ermordete Jesus lebt, dass glaube ich nicht allein deswegen, weil andere sagen, sie hätten ihn gesehen. Ich muss ihn sehen, ich muss ihn selbst fühlen – erst dann bin ich mir sicher, dass er auferstanden ist.’
In dieser Reaktion des Thomas stecken Fragen:
Kann Glaube nicht auch Selbsttäuschung sein?
Wenn der Tod wirklich überwunden ist, muss da die Welt nicht ganz anders aussehen?
Thomas will mehr, als nur Worten zu vertrauen: „Nur glauben, was ihr erzählt, dass ist mir zu wenig.“
Jesus macht Thomas deswegen keinen Vorwurf.
Jesus kommt ihm entgegen: „Komm, sieh mich und spüre mich!“ Er spricht den Freund mit Namen an und sagt damit: „Ich kenne dich, Thomas. Du gehörst zu mir mit all deinen Zweifeln und Fragen, mit all dem, was dich hindert, zu glauben und zu vertrauen.“
Und diese liebevolle Begegnung lässt Thomas offenbar alle Bedingungen für den Glauben vergessen. Da wird nicht erzählt, dass Thomas seine Finger in die Wunden und seine Hand in die Seite des geschundenen Leibes Jesu legt. Ganz kurz nur, fünf Worte spricht Thomas und damit sagt er alles: „Mein Herr und mein Gott“
Der Jünger, der es schwer hat mit dem Glauben, bleibt nicht bei den Fakten.
Glaube ist mehr, als zu sehen und zu spüren, es ist viel mehr.
Nur fünf Worte sagen alles, denn Thomas erkennt in dem Verwundeten seinen Gott – der für ihn gestorben ist und der für ihn jetzt lebt, indem er sich ihm zuwendet und für ihn da ist.

Liebe Gemeinde,
Glaube ist mehr als sehen und anfassen. „Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.“
Das erzählt diese Ostergeschichte von dem ehrlichen Thomas, dem Jesus liebevoll begegnet. Ungefähr 70 Jahre nach dem ersten Osterfest wurde diese Erzählung aufgeschrieben. Die ersten Zeugen der Auferstehung lebten schon nicht mehr und die Christen der dritten Generation standen so wie wir vor den Fragen:
Gibt es Glaube ohne Sehen? Was bedeutet Glaube an den Unsichtbaren?
Die Geschichte vom ehrlichen Thomas, der sich nicht scheut, von seinem Zweifel zu sprechen, legt bis heute den Finger in die Wunde vieler Christen.
Oder sind wir über die Fragen und Zweifel des Thomas erhaben?
Reicht es uns aus, immer allein auf die Worte der Bibel und die Auslegungen dieser Worte zu hören? Würden nicht auch wir es leichter haben, wenn wir etwas mehr sehen könnten und etwas mehr mit den Händen greifen könnten?
Was sehen wir denn anstelle des lebendigen Herrn und Gottes? Sehen wir nicht viel zu viel, was uns Angst macht, viel zu viel von dem, was dagegen spricht, dass Jesus, der Gekreuzigte, lebt? Ungerechtigkeit, Krieg und Mord, offene und unter den Teppich gekehrte Nöte von Menschen – auch durch Naturkatastrophen verursacht – lassen uns doch am liebsten die Augen verschließen.

Liebe Gemeinde,
wer solche Fragen nicht äußert, steht tatsächlich in der Gefahr, einfach die Augen zu verschließen oder ein Heuchler zu werden. Natürlich kennen wir alle auch die Appelle derer, die rufen: Blickt auf das Gute! Seht auf die Gerechtigkeit und die Früchte des Friedens, die es auch gibt!
Der Jünger Thomas, der so ehrlich ist in seinem Hin- und Hergerissen-Sein, kann uns gut tun. Seine Dunkelheit der Angst und der Zweifel wird erhellt durch die Erfahrung des ihm begegnenden Jesus, seines Herrn und seines Gottes. Thomas hat nicht Ruhe gelassen, bis sein Dunkel durch Gottes Licht erträglich wurde. Auch Thomas sieht so wie wir natürlich die Not der Menschen und den drohenden Tod. Im Glauben, der vertraut, auch wenn er nicht sehen kann, verlieren der Tod und die Not nichts von ihrem Schmerz, aber alles von ihrer Endgültigkeit.
Die Wunden des Lebens und die Wunden, die Menschen sich schlagen, werden im Glauben nicht weggewischt. Der Auferstandene ist der zu Tode Verwundete .
Doch all die Wunden und der Schmerz, all das, was uns zweifeln lässt an der Botschaft des Lebens, dürfen wir eingebettet sehen in die Wunden unseres Herrn und Gottes. So kann im Gottvertrauen auch unsre Dunkelheit durch das Osterlicht erträglich werden. Der Auferstandene, unser Herr und Gott, ist uns nahe, wenn wir die Wunden und Schmerzen nicht als unvermeidlich Gegebenes hinnehmen.
Weil Thomas den Zweifel nicht versteckt, führt sein Zweifeln ihn zum Glauben. Der Zweifel ist der Bruder des Glaubens, der DENNOCH sagt.
Und unser Glaube schwebt nicht irgendwo nur in uns, er wird fassbar, und er wird spürbar. Wir können der Todesmacht ins Auge sehen und werden uns doch mit ihr nicht abfinden – weil Jesus Christus, der zu Tode gebrachte Freund des Thomas, auch für uns lebt.
Er ist unser Herr und Gott.

Verfasser: Kirchenrat Christian Fuhrmann, Am Dom 2, 39104 Magdeburg

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