Wochenspruch:
Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer
(Sacharja 9,9 )
Psalm: 24 (EG 712)
Lesungen
Altes Testament: Jeremia 23,5 – 8
Epistel: Römer 13, 8 – 12 ( 13.14 )
Evangelium: Matthäus 21,1- 9
Liedvorschläge
Eingangslied: EG 1 Macht hoch die Tür
Wochenlied: EG 4 Nun komm der Heiden Heiland
Predigtlied: EG 16 Die Nacht ist vorgedrungen
Schlusslied: EG 13 Tochter Zion
Lukas 1, 67 - 79
67 Und sein Vater Zacharias wurde vom heiligen Geist erfüllt, weis-sagte und sprach: 68 Gelobt sei der Herr, der Gott Israels! Denn er hat besucht und erlöst sein Volk 69 und hat uns aufgerichtet eine Macht des Heils im Hause seines Dieners David 70 - wie er vorzei-ten geredet hat durch den Mund seiner heiligen Propheten -, 71 dass er uns errettete von unsern Feinden und aus der Hand aller, die uns hassen,
72 und Barmherzigkeit erzeigte unsern Vätern und gedächte an sei-nen heiligen Bund 73 und an den Eid, den er geschworen hat un-serm Vater Abraham, uns zu geben, 74 dass wir, erlöst aus der Hand unsrer Feinde, 75 ihm dienten ohne Furcht unser Leben lang in Heiligkeit und Gerechtigkeit vor seinen Augen. 76 Und du, Kind-lein, wirst ein Prophet des Höchsten heißen. Denn du wirst dem Herrn vorangehen, dass du seinen Weg bereitest 77 und Erkenntnis des Heils gebest seinem Volk in der Vergebung ihrer Sünden, 78 durch die herzliche Barmherzigkeit unseres Gottes, durch die uns besuchen wird das aufgehende Licht aus der Höhe, 79 damit es erscheine denen, die sitzen in Finsternis und Schatten des Todes, und richte unsere Füße auf den Weg des Friedens.
Liebe Gemeinde,
nun fängt alles wieder an: Wir entzünden die Kerzen am Ad-ventskranz, wir hängen den Herrnhuter Stern ans Fenster, wir kaufen Geschenke und Lebensmittel für das bevorstehende Fest ein. Und, natürlich, wir singen auch wieder: „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit“, „Wie soll ich dich empfangen“, „Es kommt ein Schiff geladen“. Die schönen Lieder der Ad-ventszeit mögen wir besonders gern und freuen uns, dass wir sie jetzt wieder singen dürfen.
Doch einen Moment mal! Beim Singen gehen die Meinungen dann doch auseinander. Für die einen bedeutet das Singen die schönste Nebensache der Welt. Der Gesang begleitet ihren All-tag. Er ist ihnen Helfer in Zeiten der Traurigkeit, er drückt Freude aus.
Für andere ist das gerade nicht so. Besonders die Meinungen vieler Jugendlicher zum Thema Singen sind wirklich ernüch-ternd. Es gibt Teenager, die kennen buchstäblich niemanden, der in ihrem Freundeskreis, in ihrer Familie überhaupt singt. Und gerade in der Adventszeit empfinden manche es als schrecklich, dass die immer gleichen Lieder in unendlichen Wiederholungen an praktisch allen Orten - vom Kaufhaus bis zum Bahnhof - die Heiligkeit der Adventszeit geradezu „zer“-singen.
Nun fängt also alles wieder an – auch unser Kirchenjahr. Und zu seinem Beginn wollen wir heute über einen Bibeltext nach-denken, der - ausgerechnet - in einem Lied besteht. Es ist ein Lied, von dem wir nur noch den Text kennen:
(bitte Lk 1, 67 – 79 vorlesen)
Liebe Gemeinde, was mag einen Menschen dazu gebracht ha-ben, solch ein Lied zu singen? Wer war der Sänger dieses Liedes überhaupt?
Die Bibel nennt seinen Namen: Zacharias. Sie berichtet weiter, dass Zacharias ein frommer Mann gewesen ist, ein Priester. Er lebte so, wie es in Gottes Augen richtig war. Seine Frau hieß Elisabeth und beide waren schon im fortgeschrittenen Alter. Sie hatten keine Kinder – was für sie großen Kummer bedeute-te und sogar ein Makel war.
Wir erfahren nun weiter über Zacharias, dass er mitten in sei-nem priesterlichen Dienst Ungewöhnliches erlebt: Ihm er-scheint ein Engel Gottes, der die Geburt eines Sohnes ankün-digt. Gott selbst hat mit diesem Sohn viel vor. Der Vater soll ihn Johannes nennen. In dieser dramatischen Situation er-schrickt Zacharias und fragt vorsichtig, woran er denn das alles erkennen könne. Mit Blick auf sein hohes Alter und das seiner Frau ist er verständlicher Weise skeptisch. Wegen seiner Zwei-fel verordnet der Engel ihm eine Bedenkzeit: Zacharias verliert seine Stimme. Er muss stumm bleiben, bis die Ankündigung des Engels eintritt.
Zacharias kann nun neun Monate lang nicht sprechen. Er kann über das, was er erlebt hat, über die Freuden und Sorgen der Schwangerschaft seiner Frau nicht reden. Wie viel muss sich in diesen Monaten an Empfindungen, Fragen und Gedanken in ihm angestaut haben! Zacharias konnte nicht reden, er hatte jetzt viel Zeit zum Nachdenken.
Und dann, endlich, nach 9 Monaten, findet er in der Geburt und Namensnennung seines Sohnes Johannes die eigene Stimme wieder. Nach so langer Zeit kann Zacharias sich wieder seiner Umgebung mitteilen. Wie muss er diesen Augenblick herbei-gesehnt haben!
Was wird er nun sagen? Ohne Frage: Das, was man nach so langer Schweigsamkeit als Erstes aussprechen kann, dass hat ein ganz besonderes Gewicht. Die eigenen Gefühle überwälti-gen Zacharias jetzt. Schlichte Worte reichen nicht aus, um den Strom seiner Gefühle auszudrücken. Zacharias muss singen:
„Gelobt sei der Herr, der Gott Israels! Denn er hat besucht und erlöst sein Volk und hat uns aufgerichtet eine Macht des Heils im Hause seines Dieners David – wie er vorzeiten geredet hat durch den Mund seiner heiligen Propheten –, dass er uns erret-tete von unsern Feinden und aus der Hand aller, die uns hassen …“
Eigentlich würde man erwarten, dass ein Vater zunächst über-glücklich die Geburt seines so lange erwarteten Kindes beju-beln würde. Doch das Erste, was Zacharias ausspricht, ist das Lob Gottes. Offenbar hat die Zeit des Schweigens, die Zeit, in der Zacharias nur beobachten und nicht selbst sprechen konnte, in ihm die Erkenntnis Gottes wachsen lassen. Was ihm an sei-nem Gott so wichtig geworden ist, macht den besonderen Ton dieses Liedes aus. Zacharias singt von der Vergangenheit und der Zukunft. Das, was ihm über Gottes Handeln am Volk Israel bekannt ist, macht ihm Hoffnung für alles, was noch kommen wird. Sein Lied kommt so aus der Vergangenheit und singt doch von der Zukunft.
Liebe Gemeinde, Zukunftslieder werden von uns heute nur noch selten gesungen. Viele Menschen denken nicht gern an das, was kommen könnte – vielleicht, weil die Zukunft vielen Menschen Angst macht. Zu unsicher ist, was werden wird:
Werde ich morgen noch Arbeit haben, finden ich einen Ausbil-dungsplatz in der Nähe, gibt es in ein paar Jahren überhaupt noch junge Menschen in Ostdeutschland, ist meine Rente ein-mal sicher; habe ich noch genug Geld, werde ich mit der neuen Zeit mithalten können, behalte ich meine Gesundheit; was wird werden, wenn ich mich nicht mehr selbst versorgen kann; wird es zu einer Klimakatastrophe kommen, es wird sowieso alles immer schlechter ...
Was für andere Töne schlägt dagegen das Lied des Zacharias an: „Gelobt sei der Herr, der Gott Israels! Denn er hat besucht und erlöst sein Volk und hat uns aufgerichtet eine Macht des Heils“. Die Zukunft ist für den Sänger Zacharias nicht angstbe-setzt, sie ist vielmehr gefüllt mit Hoffnung, mit Erkenntnis des Heils, mit der Barmherzigkeit Gottes, mit Licht und Frieden. Das eigene Erleben, der so spät und wunderbar geborene Sohn, ist für ihn die Basis seines Glaubens. Zacharias spürt: Gott wird jetzt erfüllen, was er vor langer Zeit angekündigt hat: die Rettung seines Volkes. Was Gott vorzeiten gesagt hat, wird sich jetzt endlich erfüllen. Die Geburt seines Sohnes Johannes markiert den Beginn von Gottes neuer Zeit.
Was ist das doch für ein Kontrast zu unserer Zeit, für die das Denken in ganz kurzen Zeitabschnitten - in Schulhalbjahren, Quartalsbilanzen, Wirtschaftsjahren – so typisch ist! Zacharias kann in seinem Hoffen und Glauben bei Abraham und den Propheten anknüpfen und ihr Erleben auf seinen Alltag bezie-hen. Zacharias zeigt uns: Wir müssen wichtige Dinge in ihrem Zusammenhang sehen und ihnen Zeit lassen, sich zu entwi-ckeln.
Liebe Gemeinde, der Lobgesang des Zacharias schafft, was gute Musik eben schafft: Er hebt uns über uns selbst hinaus. Selbst wenn wir nicht alle seine Formulierungen gleich verste-hen können – Zacharias’ Lied nimmt uns mit, legt uns an die-sem Tag seinen feierlichen Rhythmus auf. Es hilft uns, unsere Augen zu heben von den täglichen Sorgen; es weitet unseren Blick, indem es uns darauf hinweist: Ihr werdet auch künftig Gott für etwas zu danken haben.
Das Lied bewirkt so in uns eine Haltung, wie wir sie für das Singen selbst brauchen: Eine aufrechte Haltung, ein Bewusst-sein unserer selbst, einen tiefen und ruhigen Atem, Weite, ei-nen festen Standpunkt. Richtiges Singen ist schon an sich ein Symbol für gesundes und hoffnungsvolles Leben.
Wenn doch noch viel mehr Menschen so singen könnten, wie Zacharias – so voller Hoffnung, voller Glauben, voller Zu-kunftserwartung. Unser Land würde sich ändern. Und unser Leben auch. Heute, am Beginn des neuen Kirchenjahres und der Adventszeit, lassen wir uns das Lied des Zacharias neu vorsingen. Wir wollen es auch in uns zum Klingen bringen und uns von seinem Glauben anstecken lassen.
Ja, Gott sei Dank, heute fängt alles wieder an! Amen.
Pfarrer Matthias Schröder, Priesterstraße 2,
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