Zu Hause bei Gott
von Jürgen Wolf (Hermsdorf)
Predigtdatum
:
30.10.2016
Lesereihe
:
ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr
:
22. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle
:
Philipper 3,17.(18-19).20-21
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Wochenspruch:
"Dem König aller Könige und Herrn aller Herren, der allein Unsterblichkeit hat, dem sei Ehre und ewige Macht." (1. Timotheus 6, 15 b. 16 a.c)
Psalm: 33, 13 – 22
Lesungen
Altes Testament: 1. Mose 18, 20 - 21. 22 b - 33
Epistel: Philipper 3, 17 (18 - 19) 20 - 21
Evangelium: Matthäus 22, 15 – 22
Liedvorschläge
Eingangslied: EG 165, 1 + 2 + 4 + 8 Gott ist gegenwärtig
Wochenlied: EG 351, 1 - 4 Ist Gott für mich
Predigtlied: EG 406, 1 - 4 Bei dir Jesu will ich bleiben
Schlusslied: EG 402, 1 - 4 Meinen Jesus lass ich nicht
Predigttext Phil 3, 17.20 - 21
„Folgt mir, liebe Brüder, und seht auf die, die so leben, wie ihr uns zum Vorbild habt. Unser Bürgerrecht aber ist im Himmel; woher wir auch erwarten den Heiland, den Herrn Jesus Christus, der unsern nichtigen Leib verwandeln wird, dass er gleich werde seinem verherrrlichten Leibe nach der Kraft, mit der er sich alle Dinge untertan machen kann.“
Hinführung
Paulus steht in der Auseinandersetzung mit Gegnern oder „Irrlehrern“, durch die der Gemeinde entweder ein Rückfall in jüdische Gesetzlichkeit droht oder in libertinistische Freiheit, die sich nicht nach ethischen Normen richtet. Mit der Gemeinde ein Philippi hat Paulus an sich ein sehr gutes Verhältnis und findet in ihr Vieles an tätigem Glaubensleben, was er lobt und worüber er sich freut. Es gibt aber auch diese Gefahren.
In unserem Abschnitt orientiert er die Gemeinde auf ihre Heimat – ihr Bürgerrecht – bei Gott.
Als Einstieg habe ich deshalb für die Predigt die Frage gewählt: Wo sind Sie zu Hause? Wo haben Sie ihre Heimat? Dabei wird dieses Themenfeld Heimat dann zunächst unter Absehung auf die Heimat bei Gott abgeschritten. Hier möchte ich bei den subjektiven Wahrnehmungen der einzelnen Gottesdienstteilnehmer einsetzen.
Mit der rhetorischen Frage: Was gibt uns einen inneren Halt in all diesen Veränderungen (unserer Heimat)? geschieht eine Überleitung zur Botschaft des Textes, dass wir unsere Heimat in Gott haben. Zunächst wird ein Portrait des Paulus mit Worten gemalt, der sich selbst in seiner Haltung als in Gott beheimatet vorstellt. Dabei gehe ich nicht auf seine Auseinandersetzung mit den Gegnern in der Form ein, dass die historischen Geistesrichtungen der Zeit (jüdische Kasuistik oder hellenistischer Libertinismus) ausführlich dargestellt werden. Es gibt in der Predigt nur die Bemerkung, dass wir uns nicht auf Vergängliches verlassen sollen.
In einem weiteren Schritt in der Orientierung auf die Verse 20 und 21 wird diese Heimat als Doppelexistenz des Christen entfaltet. Der Christ lebt in der Verantwortung für die Herausforderungen des Lebens jetzt und hier und hat aber auch eine Verankerung in Gott. Aus dieser Verankerung heraus kann er diese Verantwortung wahrnehmen.
Am Ende kommen dann noch einmal die Einstiegsfragen der Predigt zur Sprache und finden eine Antwort in dem ersten Vers des 4. Kapitels, dessen Kern ist, dass wir in Gott fest sein können. So haben wir Heimat bei Gott. Die Predigt findet dann eine Zusammenfassung in dem Satz: „Das (zu Hause bei Gott) verleiht Festigkeit im Wechsel der Zeit, Trost in der Anfechtung und Wachstum an den Herausforderungen des Lebens“.
Predigt
Liebe Gemeinde,
Wo sind Sie zu Hause? Wo haben Sie ihre Heimat?
Wenn wir uns darüber unterhalten würden, kämen verschiedene Sichtweisen zusammen.
Mancher wird von ihnen wahrscheinlich sagen: „Na hier. Ich war schon immer hier und bleibe hier und will hier auch sterben“. Wer zugezogen ist würde vielleicht von seinem Herkunftsort berichten. Würde erzählen von dem Leben in dem Dorf, von dem Anwesen und dem Haus, dem Garten und der Umgebung, in der sie oder er aufgewachsen ist.
Noch jemand anders würde vielleicht sagen: „Bei mir ist das abhängig von Menschen. Zu Hause bin ich dort, wo meine Freunde sind oder meine Verwandten.“ Bei dieser Sichtwiese spielt der geographische Ort wieder überhaupt keine Rolle.
Was ist an einem zu Hause wichtig? Wovon würden wir erzählen?
Wir würden uns von den Räumen erzählen, in denen wir als Kinder gespielt haben. Da war vielleicht eine Wiese oder eine Scheune. Wir würden auch von Menschen erzählen, die uns wichtig waren. Da sind die Eltern – die Gespräche mit der Großmutter oder mit einer mütterlichen Nachbarin. Vielleicht ist uns auch jemand von Gegenüber in Erinnerung, der uns handwerklich viel beigebracht hat.
Heimat ist geprägt von Menschen und Orten. Wer unter Druck seine Heimat verlassen musste, wer ausgesiedelt oder vertrieben wurde, wer fliehen musste, wird immer diese unbestimmte Sehnsucht nach diesem Ort haben.
Die Sesshaften unter uns sehen bei einem Blick auf ihr Leben und auf den Ort aber auch, dass es viele Veränderungen gegeben hat: die alten Frauen und Männer der Kindheit, die Großelterngeneration gibt es nicht mehr. Sie sind uns vorangegangen. Der Bäcker oder der Schuster musste zumachen oder hat keinen Nachfolger gefunden. Auch wenn wir ein Leben lang an einem Ort bleiben, bleibt dieser Ort nicht wie er war. Und die Menschen bleiben auch nicht.
Was gibt uns einen inneren Halt in all diesen Veränderungen?
Paulus möchte uns mit dem Abschnitt aus seinem Brief an die Philipper auf unsere Heimat bei Gott orientieren. Er führt sich dazu zunächst selbst als Beispiel an.
So schreibt er: Folgt mir, liebe Brüder, und seht auf die, die so leben, wie ihr uns zum Vorbild habt. Paulus ist berufen, Apostel zu sein. Er hat zunächst die Gemeinde verfolgt. Er verfolgte sie, weil er nicht glauben konnte, dass Jesus auferstanden ist. Er glaubte das deshalb nicht, weil nach jüdischer Auffassung ein durch eine Hinrichtung Getöteter als von Gott verflucht gilt. Und ausgerechnet ihm passiert es, dass ihm der Auferstandene begegnet. Das krempelt sein ganzes Leben und Denken um. Paulus weiß jetzt, dass es ganz sicher ein Leben nach dem Tod gibt, ein Zuhause bei Gott. Und er weiß ganz sicher, dass er in Gott einen festen Anker hat, der über den Tod hinausführt. Und er ist ganz gewiss: Gott will, dass alle Menschen in Gott einen Halt haben sollen.
Paulus führt seitdem ein sehr unruhiges Leben. Er setzt seine ganze Lebenskraft und Zeit dafür ein, dass diese Botschaft die Menschheit erreicht. Wir müssen dem Paulus nicht in seinem unruhigen Leben folgen. Es geht nicht darum, um des Glaubens willen ständig herumzureisen oder umzuziehen. Das hat Paulus von den Gemeindegliedern in Philippi oder Korinth auch nicht erwartet.
Es geht um die innere Haltung: Ich habe Heimat bei Gott. Gott bleibt bei aller Veränderung des Lebens. Gott bleibt auch bei aller Veränderung, die ich erlebe, wenn ich nie umgezogen bin. Denn an ein und demselben Ort kann es gravierende Einschnitte in das Leben geben. Der Abschied von geliebten Menschen, das plötzliche Zerbrechen einer Beziehung, ein notwendiger Wechsel der Arbeitsstelle. [hier können orts- oder gemeindespezifische Dinge genannt werden – etwa auch Katastrophen, die das Leben nachhaltig verändern].
Darum möchte Paulus, dass wir uns nicht auf das Vergängliche orientieren oder so tun als wäre es das bleibende Fundament des Lebens. Die Leute, die so denken nennt er die Feinde des Kreuzes Christi und Leute, deren Gott ihr Bauch ist.
Dann sagt Paulus es ganz klar: Unser Bürgerrecht aber ist im Himmel; woher wir auch erwarten den Heiland, den Herrn Jesus Christus, der unsern nichtigen Leib verwandeln wird, dass er gleich werde seinem verherrlichten Leibe nach der Kraft, mit der er sich alle Dinge untertan machen kann.
Wir haben als Christen ein Doppelleben.
Wir leben einmal in dieser Welt. Sie ist uns mit ihren Herausforderungen vor die Füße gelegt. Sie ist auch das Bewährungsfeld für unseren Glauben. Da sind unsere Kinder, die unsere Zeit brauchen zum Zuhören, zum Trösten und zur Orientierung. Das sind die alten Eltern, die unsere Begleitung brauchen. Da sind die Enkel. Da sind aber auch die Menschen, für die sich keiner einsetzt. Menschen auf der Flucht, die bei uns ein neues Leben beginnen wollen. Menschen, die im Hunger leben und auf Gerechtigkeit hoffen. Da sind die nahen und die fernen Nächsten [auch hier können Beispiele ergänzt oder ersetzt werden].
Wir sind in der Welt. Wir sind genauso bei Gott. Paulus sagt, dass er, Christus auf uns zukommt. Bei allem Einsatz für das Leben des Willens Gottes steht die letzte Vollendung durch Christus selbst noch aus. Vieles gelingt uns vielleicht nicht, so sehr wir uns auch mühen. Nach und nach werden wir aber verwandelt. Paulus sagt das bezogen auf unsere Existenz. Er meint damit unser ganzes Sein mit all den Beziehungen zu den Menschen, die uns wichtig sind, zu Verwandten und Freunden. Er meint auch unseren Einsatz und unsere Mühe. Im Lichte Jesu werden wir erkennen – und wir sehen es mitunter jetzt schon – dass vieles nicht sinnlos bleibt, was zunächst so aussah: die durchwachten Nächte an den Krankenbetten unserer Kinder, der Einsatz für mehr Gerechtigkeit in einer Bürgerinitiative [auch hier sind Ergänzung möglich].
Vor allem wird die Liebe nicht sinnlos blieben, die wir ausgeteilt haben. Die hat Bestand vor Gott und bei den Menschen. Die Häuser, die wir gebaut haben, werden eines Tages wieder abgerissen. Die Bücher, die wir geschrieben haben, sind eines Tages veraltet. Erkenntnisse, die wir in der Forschung gewonnen haben sind eines Tages überholt. Aber nicht die Liebe, die wir um Gottes Willen gelebt haben.
Wo sind Sie zu Hause? Wo haben Sie Heimat?
Wir haben bei allem Wechsel und bei aller Unklarheit des Lebens Heimat bei Gott. Paulus schreibt daher als Abschluss dieses Abschnittes im nächsten Kapitel: Also, meine lieben Brüder, nach denen ich mich sehne, meine Freude und meine Krone, steht fest in dem Herrn, ihr Lieben. (Phil. 4, 1).
Bei allem was passiert haben wir einen Gott, der uns Heimat schenkt. Das verleiht Festigkeit im Wechsel der Zeit, Trost in der Anfechtung und Wachstum an den Herausforderungen des Lebens.
Amen
Begrüßung
Dem König aller Könige und dem Herrn aller Herrn, der allein Unsterblichkeit hat, dem sei Ehre und ewige Macht. Mit diesem Spruch für die Woche, die heute beginnt begrüße ich Sie ganz herzlich zu diesem Gottesdienst. Es ist ein majestätisches Wort. Wir sind versammelt vor dem König der Könige und dem Herrn der Herrn. Er schenkt uns an ihr Anteil in dem neuen Leben, das wir durch ihn jetzt schon haben. Dieses neue Leben mit Gott verleiht uns Heimat bei Gott. Gleichzeitig sind wir eingebunden in ein Leben mit Forderungen und Verbindlichkeiten. Diesem Sonntag ist das Evangelium mit der Frage nach der Steuerpflicht zugeordnet. Jesus will uns in seiner Antwort dazu einladen, den Pflichten unseres irdischen Lebens gerecht zu werden.
Eingangsgebet
Gott, in dir sind wir geborgen wie das Kind in der Liebe der Eltern.
Lass uns diese Geborgenheit als festen Halt in dir immer neu wahrnehmen.
Lass uns diesen Halt in dir zur Basis für unseren Einsatz in den Herausforderungen unseres Lebens werden, damit die Menschen deine Liebe erfahren.
Das bitten wir durch Christus, unseren Bruder, der mit dir und dem Heiligen Geist lebt und wirkt in Zeit und Ewigkeit. Amen.
Fürbittengebet
Barmherziger Vater, wir danken dir, dass wir in dir geborgen sind. Du schenkst uns einen festen Halt in dir.
Lass uns das immer erkennen und bewusst werden,
wenn es schwere Situationen in unserem Leben gibt.
Wir rufen zu dir:
Gemeinde: Herr, erhöre uns!
Wir bitten dich für die Menschen,
die in der Ungeborgenheit aushalten müssen,
weil sie auf der Flucht sind,
weil sie vertrieben wurden
oder Opfer von Gewalt und Terror.
Wende ihr Schicksal und lenke die Aufmerksamkeit der Verantwortlichen in dieser Welt auf die notwendige Sorge für ein Leben in Würde und Respekt für alle Menschen.
Wir rufen zu dir:
Gemeinde: Herr, erhöre uns!
Wir bitten dich für die Familien,
die mitunter vor großen Herausforderungen in der Unruhe und Hektik dieser Zeit stehen.
Lass sie Orte der Geborgenheit für die Kinder bleiben. Schenke Eltern Stabilität für die Erziehung und
die Begleitung.
Erweise dich als tragender Grund in jedem einzelnen Leben. Wir rufen zu dir:
Gemeinde: Herr, erhöre uns!
Wir bitten dich für die Kranken, dass du sie heilend berührst. Schenke ihnen freundliche Helfer und gieße ihnen Zuversicht in ihre Herzen und Seelen, dass du sie über jede Grenze trägst, an die sie geführt werden.
Wir rufen zu dir:
Gemeinde: Herr, erhöre uns!
Wir bitten für die Sterbenden um deine Nähe,
dass du sie in der Gewissheit stärkst,
dass sie in dir geborgen sind.
Tröste die Trauernden mit dem Trost, den wir nicht geben können. Und zeige uns Möglichkeiten, hilfreich zu begleiten. Wir rufen zu dir:
Gemeinde: Herr, erbarme dich!
Wir bitten für deine Kirche,
dass sie Zeugin deiner liebenden Wirklichkeit bleibt.
Schenke Mut und Vertrauen mit den Veränderungen dieser Tage zuversichtlich umzugehen.
Schenke deinen Geist und fange damit bei jeder und jedem von uns an.
Wir rufen zu dir:
Gemeinde: Herr, erhöre uns!
Wir bitten dich für uns, gehe in die Zeit mit, die vor uns liegt. Stärke, ermutige und festige uns in dir.
Amen
Verfasser: Pfarrer Dr. Jürgen Wolf
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Pfarrer Thomas Borchers
Missionarisch-Ökumenischer Dienst
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