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12 Nächte

von Martin Bender (55128 Mainz-Bretzenheim)

Predigtdatum : 04.01.1998
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 2. Sonntag nach dem Christfest
Textstelle : 1. Johannesbrief 5,11-13
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Wochenspruch:

Wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit. (Joh 1,14)

Wochenlied:

EG 51 oder 72

Weiterer Liedvorschlag:

EG 66

Liebe Gemeinde!

Die festlichen Gottesdienste der Weihnachtszeit sind vorüber, die Weihnachtslieder verklingen. Morgen werden auch diejenigen unter uns an ihre Arbeitsplätze zutrückkehren, denen es möglich war, für die Dauer der „Zwölf Nächte“ eine Arbeitspause einzulegen. Es war in früheren Zeiten ein guter Brauch, in dieser Zeit zwischen Weihnachten und Epiphanias / Dreikönig Arbeitsruhe zu halten und zur Besinnung zu kommen. Man konnte das Weihnachtsgeschehen in Stille und Ruhe auf sich wirken lassen.

Diese Zeit ist nun vorüber; der Alltag hat uns wieder.

Mit Epiphanias - übermorgen - beginnt ein neuer Abschnitt im Kirchenjahr. Wir denken nicht mehr an die Geburt Jesu, sondern an sein Erscheinen als das Licht in dieser Welt. Die Festlichkeit der Weinachtslichter verblaßt.

In dieser Zeit nun - zwischen dem Gedenken an das unmittelbare Geschehen der Weihnacht und dem Nachdenken über Jesus als das Licht der Welt - steht der heutige Text als Grunderfahrung der Botschaft vom Gottessohn, der für uns in diese Welt gekommen ist. Es geht um die Langzeitwirkung seines Kommens.

Wir hören aus dem 1. Johannesbrief, Kap.5, die Verse 11- 13:

11 Und das ist das Zeugnis, daß uns Gott das ewige Leben gegeben hat, und dieses Leben ist in seinem Sohn. 12 Wer den Sohn hat, der hat das Leben; wer den Sohn Gottes nicht hat, der hat das Leben nicht. 13 Das habe ich euch geschrieben, damit ihr wißt, daß ihr das ewige Leben habt, die ihr glaubt an den Namen des Sohnes Gottes.

Es sind recht fremdartige Worte, über die wir hier nachzudenken haben. Gerade erst - zu Weihnachten - haben wir gehört, daß Gott sich durch Jesus auf das Niveau menschlicher Armut herabgelassen hat - er hat sich mit uns in unserer Welt „solidarisiert“. Nun hören wir, daß uns Gott eben durch diese Solidarisierung das ewige Leben geben will.

Einen Zusammenhang vermögen wir hier auf Anhieb nur schwerlich zu erkennen. Dazu müssen wir bedenken, daß jedes Fest im -Kreis des Kirchenjahres nicht für sich allein zu sehen ist. Jedes Fest ist die Erinnerung an ein bestimmtes Handeln Gottes.

Aber: Jedes einzelne Handeln Gottes steht nicht für sich allein, sondern im Rahmen seines gesamten Planes, den er für uns Menschen hat. Gott handelt im großen Zusammenhang.

Gott gibt sich nicht mit Einzelheiten ab. Er geht aufs Ganze - gerade dann, wenn es um uns Menschen, um seine Geschöpfe, seine Kinder geht.

Was wäre Weihnachten, der Anfang des Erdenlebens Jesu, ohne das Ende und den Neu-Anfang, durch den wir überhaupt erst dieses ewigen Lebens teilhaftig werden dürfen, von dem hier in unserem Text die Rede ist?

Wenn wir diesen Text richtig erfassen wollen, dann müssen wir ihn in dem Zusammenhang sehen, in dem er entstanden ist. Es gab damals in der Gemeinde - oder den Gemeinden - an die er gerichtet war, Irrlehren. Die gravierendste war, soweit wir das heute wissen, die Unterscheidung zwischen dem geborenen Jesus aus Nazareth und dem Gottessohn. Man sagte damals, daß der Zimmermann Jesus aus Nazareth eine historische Gestalt sei, und der Gottessohn sei unabhängig vom historischen Jesus - eine Figur des Glaubens. Damit hat man den Christus zur Fiktion gemacht, zu einem menschlichen Gedanken-Gebäude.

Gegen diese Irrlehre wendet sich der Apostel. Der in Bethlehem geborene Jesus ist - vorbestimmt - der Gottessohn. Das haben zwar seine Zeitgenossen nur zum kleinsten Teil erkannt. Doch gerade die ersten, die damals zur Krippe gerufen waren, wußten darum. Es waren die Hirten, die auf der untersten Stufe der sozialen Rangordnung standen. Und es waren die Gelehrten aus fernen Ländern, die kamen, um den anzubeten, der nicht nur ein gewöhnlicher König werden sollte, sondern der Herrscher, der das Weltgeschehen in eine neue Ordnung bringen sollte. Ihnen hat es Gott geoffenbart, und sie haben es geglaubt.

In dem Brief, aus dem unser Text entnommen ist, ist wenige Verse davor die Rede von Wasser und Blut. Das Wasser der Taufe und das Blut des Abendmahles. Im Wasser der Taufe wird - wie Luther es formuliert - der alte Adam ersäuft und ein neuer Mensch geboren. In der Geburt Jesu wird für uns alle ein neuer Mensch geboren. Mit der Kreuzigung muß der Mensch Jesus sterben; als der Sieger über den Tod kann er auferstehen. Erst dadurch hat er uns das ewige Leben sichtbar garantiert.

Es war zwar schon zuvor Gottes Plan, daß wir Menschen das ewige Leben haben sollen. Dafür ist Gott selbst der Zeuge. Durch seinen Sohn Jesus Christus hat er uns den Beweis dafür gegeben. Wenn Jesus diesen Beweis durch seine Auferstehung erbringen sollte, dann mußte er zuvor erst geboren werden und sterben. Erst als der Gestorbene konnte er auferstehen.

Daß er das konnte, war Wesen seiner Gottessohnschaft. Wir feiern Weihnachten, Epiphanias und alle die anderen - größeren und kleineren - Feste des Kirchenjahres als Erinnerung an die einzelnen besonderen Taten Gottes.

Mitunter sind wir versucht, es so zu sagen wie es in dem alten Weihnachtslied heißt:

„Heut schließt er wieder auf die Tür zum schönen Paradeis...“

Das stimmt nur bedingt, denn er hat es ein- für allemal getan in Bethlehem vor zweitausend Jahren. Diese Tat Gottes, ein kleines Kind zu seinem Sohn zu berufen, ist und bleibt einmalig. Es ist auch unserem Verstand unzugänglich. Darum auch ist in unserem Text die Rede davon, daß wir den Namen des Gottessohnes glauben. Glauben heißt, etwas als wahr anzunehmen, anzuerkennen, was unserem Verstand verschlossen ist.

Wir Menschen neigen immer wieder dazu, unseren Verstand zu fragen, ob etwas stimmen kann. Wenn uns etwas aus der Bibel unglaubwürdig vorkommt, dann haben wir so unsere Zweifel, ob das nicht eine fromme Erfindung sein könnte. Andererseits suchen wir nach irrationalen Erscheinungen, die wir dann rational zu erklären versuchen. Ganz deutlich wird dieses menschliche Bemühen im Verhältnis zu Dingen wie Esoterik, Astrologie und so mancherlei Gedanken-Gebäuden, die sich unter dem Sammelbegriff des New Age ansiedeln möchten. Da werden mitunter groteske Zusammenhänge konstruiert zwischen erwiesenen naturwissenschaftlichen Erkenntnissen einerseits und Vermutungen und Gedanken, die außerhalb der Reichweite unserer Erkenntnis liegen, andererseits. Da werden Berechnungen und Abläufe, psychologische Wirkungen usw. dargetellt, die auf unerklärlichen Ursachen beruhen.

Den Lauf der Sterne können wir berechnen. Wenn wir dann aber aus einer Konstellation - dem Stand der Gestirne zueinander - Aussagen machen, dann bekommt das Ganze einen wissenschaftlich erscheinenden Anstrich. Aber die Unerreichbarkeit der Ursache bleibt. So finden wir Ersatz für das Spannungsverhältnis zwischen dem historischen Menschen Jesus von Nazareth und dem geglaubten Gottessohn Christus. Daß dieser in seiner Person beides ist, das ist das Wunderbare, das wir glauben dürfen. Und gerade dazu will uns diese Zwischenzeit ermuntern - jedes Jahr wieder von neuem. Insofern ist es eben nicht verkehrt, wenn wir das Heute singen und glauben, weil wir uns der immer wieder neuen Aktualität bewußt werden. Wenn wir dieses Heute formulieren, dann hat das seinen tieferen Grund. Der Dichter Angelus Silesius hat es einmal in die Worte gefaßt:

„Wär’ Christus tausendmal in Bethlehem geboren

und nicht in dir, du wärest ewiglich verloren.“

Das ist die Botschaft unseres heutigen Textes, daß wir glauben dürfen an den Gottessohn Jesus, den Menschen aus Nazareth. Er war ganz Mensch und ganz Gott. Das ist das Einmalige an ihm, daß er in seiner Person, in seinem Leben und in seiner Herrschaft über unsere Herzen Gott mit uns verbündet und verbindet.

11 Und das ist das Zeugnis, daß uns Gott das ewige Leben gegeben hat, und dieses Leben ist in seinem Sohn. 12 Wer den Sohn hat, der hat das Leben; wer den Sohn Gottes nicht hat, der hat das Leben nicht. 13 Das habe ich euch geschrieben, damit ihr wißt, daß ihr das ewige Leben habt, die ihr glaubt an den Namen des Sohnes Gottes. Amen.

Martin Bender, Libellenweg 16, 55128 Mainz-Bretzenheim


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