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Abram und Lot trennen sich

von Marc Reusch (Mexiko-Stadt)

Predigtdatum : 29.10.2023
Lesereihe : V
Predigttag im Kirchenjahr : 21. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle : 1. Mose 13,1-12(13-18)
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Wochenspruch: "Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem." (Römer 12,21)

Psalm: 19,8-14

Predigtreihen

Reihe I: Epheser 6,10-17
Reihe II: Jeremia 29,1.4-7(8-9)10-14
Reihe III: Matthäus 10,34-39
Reihe IV: Johannes 15,9-12(13-17)
Reihe V: 1. Mose 13,1-12(13-18)
Reihe VI: Matthäus 5,38-48

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 454 Auf und macht die Herzen weit
Wochenlied: EG 639 Damit aus Fremden Freunde werden
Predigtlied: EG 262 Sonne der Gerechtigkeit
Schlusslied: EG 346,1-4 Such, wer da will, ein ander Ziel

Predigttext: 1. Mose 13,1-12(13-18)

1 So zog Abram herauf aus Ägypten mit seiner Frau und mit allem, was er hatte, und Lot mit ihm ins Südland. 2 Abram aber war sehr reich an Vieh, Silber und Gold. 3 Und er zog immer weiter vom Südland bis nach Bethel, an die Stätte, wo zuerst sein Zelt war, zwischen Bethel und Ai, 4 eben an den Ort, wo er früher den Altar errichtet hatte. Dort rief er den Namen des HERRN an. 5 Lot aber, der mit Abram zog, hatte auch Schafe und Rinder und Zelte. 6 Und das Land konnte es nicht ertragen, dass sie beieinander wohnten; denn ihre Habe war groß und sie konnten nicht beieinander wohnen. 7 Und es war immer Zank zwischen den Hirten von Abrams Vieh und den Hirten von Lots Vieh. Es wohnten auch zu der Zeit die Kanaaniter und Perisiter im Lande. 8 Da sprach Abram zu Lot: Es soll kein Zank sein zwischen mir und dir und zwischen meinen und deinen Hirten; denn wir sind Brüder.
9 Steht dir nicht alles Land offen? Trenne dich doch von mir! Willst du zur Linken, so will ich zur Rechten, oder willst du zur Rechten, so will ich zur Linken. 10 Da hob Lot seine Augen auf und sah die ganze Gegend am Jordan, dass sie wasserreich war. Denn bevor der HERR Sodom und Gomorra vernichtete, war sie bis nach Zoar hin wie der Garten des HERRN, gleichwie Ägyptenland. 11 Da erwählte sich Lot die ganze Gegend am Jordan und zog nach Osten. Also trennte sich ein Bruder von dem andern, 12 sodass Abram wohnte im Lande Kanaan und Lot in den Städten jener Gegend. Und Lot zog mit seinen Zelten bis nach Sodom.

Predigt

Liebe Schwestern und Brüder!

Am Anfang schon. Bei Abram also. Der alte Konflikt. Zwischen Lebensformen, ganz unterschiedlichen Vorstellungen, wie es gehen kann und gehen muss. Und Interessen, die uns leiten, ob wir wollen oder nicht. Der alte Konflikt.

Damals der Konflikt um Land, zwischen den Nomaden Abrams und Lots. Die Futter benötigen, für ihre immer größer werdenden Herden. Die deshalb schon weite Wege auf sich nehmen. Umherziehen, in immer größeren Schleifen auf der Suche sind. In Kanaan, einem Land, wo alles vom wenigen Wasser bestimmt wird. Wasser, das fruchtbares Weide- und Ackerland von Wüste scheidet.

Und dazu die anderen, die sesshaft sind, an festen Orten zusammenleben, Häuser errichten, die Felder bebauen, dort bleiben, wo der Boden genug hergibt, sie zu ernähren. Kanaaniter und Perisiter. Die nicht wollen, dass die Nomaden ihnen ihr Land streitig machen und das Vieh frisst, was sie mühsam angebaut und gepflegt haben.

Heute gibt es diese Konflikte in vielen Regionen dieser Erde. Z.B. auch in Nigeria, in Westafrika. Zwischen Nomaden und Bauern. Um Land, die Weidegründe, das Wasser, das Vieh, den Lebensraum für eine schnell wachsende Bevölkerung und unterschiedliche Lebensformen.

Aber, es ist nicht nur ein Konflikt zwischen Bauern und Nomaden. Der Konflikt hat andere Namen. Konflikte um Rohstoffe, um Bauland, um Wasser, um strategische Plätze, um Interessen und Einfluss, um Geld und Wohlstand. Um die Folgen des sich verändernden Klimas. Und, je mehr wir werden, weltweit, desto schärfer werden diese. Und je ungleicher wir leben, desto drängender.

[Parkplatz, um aktuelle Konflikte aufzunehmen und zu beschreiben.]

„Da hob Lot seine Augen auf“. Lot sah hin, auf das, was vor ihm lag. Das Land, den Konflikt. Auf die Lage, und was daraus werden könnte. Wohin er gehen könnte, wohin es gehen könnte.

Das ist oft schwer genug. Einfach nur hinsehen, wirklich hinsehen. Genau, auf die Situation, auf das Problem, auf den Konflikt, ungeschönt und so wie es ist.

Ich kenne das. Kenne das gut. Wenn ich drin bin, im Arbeiten, im Organisieren, Tun und Machen. Wenn die Zeit drängt, wenn ich mich konzentriere, auf das, was vor mir liegt, was ich anpacken und vorbereiten soll. Dann den Blick dafür behalten, die Ruhe, die innere Offenheit, die Augen auch mal zu heben. Auf die Situation zu schauen, nicht nur den nächsten kleinen Schritt.

Hinzuschauen, genau, auch wenn es aus dem Alltäglichen herausreist. Wahrnehmen, wenn es schwierig ist. Wenn es weh tut, dem Trott entgegensteht, dem Weitermachen wie bisher. Genau hinsehen, offen, ehrlich. Schonungslos. Der erste Schritt, das Problem aufnehmen, den Konflikt wahrhaben, den Schmerz aushalten. Schon das ist oft schwer genug!

„Steht dir nicht alles Land offen?“ Das andere aber auch: Eine andere Perspektive einnehmen. Ihn oder sie hören, mit ihrer Wahrnehmung, ihrer Sichtweise, ihren Interessen. Was sie oder er zu sagen hat, hören. Und nicht gleich abtun, abhaken, wegschieben. Abram lässt Lot sprechen, ihn entscheiden. Den für ihn passenden Weg wählen. Auch wenn Lost dadurch den vermeintlich besseren Teil wählt, das fruchtbarere Land, den leichteren Weg. Den größeren Reichtum.

Auch, wenn sie sich dadurch trennen müssen. Sich auch gegenseitig keinen Schutz mehr gewähren oder Rat schenken können. Wenn jeder für sich allein unterwegs sein wird.

Abram weiß, dass am Ende auch er davon profitiert, wenn Frieden herrscht, wenn der Konflikt entschärft wird und sie alle ausreichend Raum finden, zum Leben.  Wenn auch der andere eine Perspektive entwickeln kann und ein friedliches Zusammenleben möglich wird. Es ist eine Win-Win-Situation, eine von der am Ende beide Seiten profitieren.

[Parkplatz: Beispiele für gelungene Konfliktlösungen.]

Am Anfang schon. Ein solcher Konflikt, ein Streit. Um Ressourcen und Interessen. Zwischen Hirten, ums Land. Ein uralter Konflikt, immer wieder aufflammend. Seitdem unzählige Male, immer wieder und immer noch.

Damals wurde dieser Konflikt entschärft. Abram und Lot haben es geschafft, davon erzählt unser biblischer Text. Abram, dem es gut ging, der alles hatte, was er brauchte, und wohl noch einiges mehr. Der sich wahrscheinlich auch hätte durchsetzen können, als der Stärkere, Ältere, Mächtigere, gegen Lot, gegen die anderen im Land.

Und der dennoch einen anderen Weg beschritten hat. Der den Konflikt löst, indem er hinsieht, hört, den anderen wahrnimmt. Seine Interessen, seine Sicht, seine Zukunft. Und eine Lösung sucht, die nicht nur die eigenen Interessen nach vorne schiebt, sondern auch diejenigen des anderen aufnimmt und tragfähig ist für beide Seiten. Und deshalb auch hält und bleibt und trägt.

Abram geht diesen Weg. Abram, den Gott zuvor geschickt hat, auf den Weg gesetzt, in dieses Land und den er gesegnet hat. Damit er zum Segen werde. Den Menschen damals, Lot und denen, die mit ihm waren. Gerade auch mit seiner Art den drohenden Konflikt zu entschärfen.

Und uns. Uns wird er es auch. Wenn wir auf ihn schauen, auf ihn hören, seinen Weg nachgehen. Unsere Konflikte so angehen. Hinsehen, auch mit den Augen der oder des andern. Eine Lösung suchen, die nicht nur uns weiterhilft. Wenn wir diesen Weg gehen, wird er auch uns zum Segen. Heute. Ihnen und mir und denjenigen, denen wir begegnen.

Amen.

Verfasser: Marc Reusch, Hannover


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