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Am Tisch des Herrn

von Claus Ludwig Dieter (60322 Frankfurt am Main)

Predigtdatum : 10.07.2005
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 6. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle : Johannes 6,30-35
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Wochenspruch:

So seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen.
(Epheser 2,19)

Psalm: 107,1-9

Lesungen

Altes Testament:
2. Mose 16,2-3.11-18
Epistel:
Apostelgeschichte 2,41a.42-27
Evangelium:
Johannes 6,1-15

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 279,1-4
Jauchzt, alle Lande, Gott zu Ehren
Wochenlied:
EG 221
oder EG 326
Das sollt ihr, Jesu Jünger, nie vergessen
Sei Lob und Ehr dem höchsten Gut
Predigtlied:
EG 229
Kommt mit Gaben und Lobgesang
Schlusslied:
EG 209
Ich möcht’, dass einer mit mir geht

evt. Lied nach der Predigt auch: Jesus Christus - das Leben der Welt (Thuma Mina 243)
Material: Gedicht Gnadenwirtschaft von Kurt Marti

Wir bitten Gott,
dass in den menschlichen Worten in diesem Gottesdienst
Gott selbst zu uns redet.
- Stille –
Herr dein Wort ist meines Fußes Leuchte
und ein Licht auf meinem Weg. Amen.

Liebe Gemeinde,
der für heute, den 7. Sonntag nach dem Dreieinigkeitsfest in diesem Jahr vorgeschlagene Predigttext steht im 4. Evangelium des Neuen Testamentes, dem Johannesevangelium.
Das Johannesevangelium wurde nach dem Matthäus-, Markus- und dem Lukasevangelium um 100 nach Christi Geburt von einem Judenchristen in Kleinasien niedergeschrieben. Es ist das jüngste Evangelium und ist in einer Sprache geschrieben, die mit kraftvollen Bildern von der Offenbarung Gottes in Jesus Christus spricht.
In diesem Buch finden wir mächtige Glaubenssätze, deren Worte vom Geheimnis der göttlichen Offenbarung berichten. Das sind Herausforderungen für alle, die sich mit diesen Texten beschäftigen. Sicher sind Sie schon einmal einem dieser „Ich-bin“-Worte begegnet und vielleicht auch darüber ins Grübeln gekommen.
Vielleicht machen wir uns erst einmal klar, was das heißt: Ich bin …
Was würden Sie denn über sich selbst sagen?
Ich bin Rentnerin, ich bin Konfirmandin, ich bin Vater - ich bin unglücklich, ich bin gesund, ich bin müde - ich bin geliebt - ich bin sozial - ich bin diskriminiert…
Wir können uns also beschreiben nach unserer Stellung in der Gesellschaft oder nach unserem Gemüts- und Gesundheitszustand und auch nach unserem Verhältnis zu unseren Mitmenschen.
Die „Ich-bin“-Worte Jesu, die uns von den Evangelisten überliefert werden, beschreiben Jesus mit geheimnisvollen Sprachbildern, die zu allen Zeiten zu theologischen und philosophischen Interpretationen herausgefordert haben:
Ich bin das Licht.
Ich bin das Brot.
Ich bin die Tür.
Ich bin der gute Hirte.
Ich bin die Auferstehung und das Leben.
Ich bin der Weinstock und ihr seid die Reben.
Diese Worte sprechen in uns Urbilder an, die wir tief in unserem Unterbewusstsein tragen, und die uns auch in Zeiten des Zweifels und der Verzweiflung ansprechen und uns durch diese hindurch tragen können.
Ein solches „Ich-bin“-Wort steht auch in dem heutigen Predigttext im 6.Kapitel des Johannesevangeliums (30-36) in der so genannten „Brotrede“:
30 Das Volk sprach zu Jesus:
Was tust du für ein Zeichen, damit wir sehen und dir glauben? Was für ein Werk tust du? 31 Unsre Väter haben in der Wüste das Manna gegessen, wie geschrieben steht (Psalm 78,24): »Er gab ihnen Brot vom Himmel zu essen.« 32 Da sprach Jesus zu ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Nicht Mose hat euch das Brot vom Himmel gegeben, sondern mein Vater gibt euch das wahre Brot vom Himmel. 33 Denn Gottes Brot ist das, das vom Himmel kommt und gibt der Welt das Leben. 34 Da sprachen sie zu ihm: Herr, gib uns allezeit solches Brot. 35 Jesus aber sprach zu ihnen: Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern; und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten.

Liebe Gemeinde,
können Sie sich noch an Erzählungen aus Zeiten der Not erinnern - als es nichts zum Beißen gab - als es vielen Menschen auch in Deutschland so schlecht ging, dass sie das Brot nicht mehr über Nacht zu Haus hatten?
Von der Nachkriegszeit, den Zeiten von Flucht und Vertreibung kennen wir diese Berichte des wirklichen Hungers. So war es auch zu biblischen Zeiten, bei der Wüstenwanderung des Volkes Israel. Vierzig Jahre war Moses mit seinem Volk unterwegs in Entbehrungen, Zweifeln und Hunger. Gott erbarmte sich seines Volkes und sie wurden satt von himmlischem Manna. Nicht Mose, nicht Menschenhand ist es, die Wunder tut, sondern Gott handelt und lässt im Morgentau die Wüste erblühen mit Brot vom Himmel, wie es der Psalmist (78,24) sagt.
Exkurs: zu Manna siehe auch die EKHN-Lesepredigt von Prädikant Martin Bender http://www.zentrum-verkuendigung.de/p1999_44.0.html vom 18.7.99)
Die Leute in unserer Geschichte erwähnen das Manna. Was ist das? - Das Wort kommt von dem hebräischen „man hu“ - auf Deutsch: „Was ist das?“ - Heute wissen wir, was das sein könnte: Die eine Version hält es für eine kleine Pflanze, die in der Wüste wächst. Die Wurzeln liegen im Sandboden verborgen wie bei den Pilzen in unseren Wäldern, und morgens in Tau wachsen die Knollen heraus wie bei uns die Pilze nach dem Regen. Von der eigentlichen Pflanze sieht man nichts, nur ihre Früchte, ihre Wirkung.
Die andere Erklärung besagt, dass es Tropfen von Blättern einer Wüstenpflanze sind, die beim Herunterfallen auf den Sandboden trocken und fest werden.
Das Wunder, das Eingreifen des lebendigen Gottes, besteht also nicht in irgendeiner Zauberei, sondern darin, dass ein - durchaus erklärliches - Ereignis gerade zu der Zeit und an dem Ort eintritt, wo wir es brauchen.
Wo ER eingreift, da werden alle satt. Sein Brot des Lebens ist eben nicht einfach das aus Mehl und Hefe gebackene, sondern das Brot seines Geistes, der uns vernünftig und menschlich leben lässt: menschlich, indem wir den Mitmenschen wahrnehmen, annehmen und ernst nehmen. Wahr-nehmen heißt, ihn als wahr anzunehmen, ernst-nehmen heißt: ernst zu machen mit dem, was Mitmenschlichkeit bedeutet.
Auch Jesus war hungernd in der Wüste (Lukas 4). Vierzig Tage und Nächte wanderte er durch die Wüste, um zu sich selbst und zu Gott zu finden, um zu beten und zu fasten und sich ungestört seinem Glauben zu widmen. Nach vierzig Tagen Heuschreckenmenü und Einsamkeit, wurde er vom Teufel provoziert: „Als Gottes Sohn könntest du doch Steine zu Brot machen!“ Da würde wohl jeder in die Knie gehen, dessen ganzer Körper nach Brot schreit, und jede, deren Kinder hungern.
Aber Jesus erkennt: den Teufel, den Versucher, der will nicht Hunger stillen. Nein, der Teufel will Abhängigkeit, Unterwerfung. An dieser Stelle sagt Jesus jenen berühmten Satz: „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein.“ Der wird ja gern zitiert, um zu sagen: da ist auch noch Liebe, Schönheit und Glück. Aber der Text bei Matthäus lautet vollständig: „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes geht.“ Nein, nicht von irgendetwas, von Gottes Wort lebt der Mensch, vom Glauben, von der Bibel her. Hier ist das Lebensangebot!
Johannes umschreibt das unnachahmlich: Im Anfang war das Wort. Das Wort ward Fleisch. Das Licht scheint in der Finsternis. Und die Finsternis hat’s nicht ergriffen.
Gottes Wort, das sind eben nicht nur Buchstaben, sondern das meint Lebenszusage, Lebensfülle, den Sinn des Lebens ergreifen, mit frohem Herzen mitten in der Welt stehen und sich im Glauben bewähren. Das ist kein Spaziergang, das ist kein Schlaraffenland mit Brotkönig und Tischlein-deck-dich! Das ist, wie wir es jedes Mal am Tisch des Herrn im Abendmahl erfahren: ein Weg in der Nachfolge Jesu durch Leiden und Sterben hindurch in ein neues gestärktes und befreites Leben hinein - nicht ins Jenseits, sondern seinen Fußstapfen auf dieser Erde folgend.
Die ZuhörerInnen Jesu aber wollten von ihm Machttaten sehen, um ihm glauben zu können, sie fordern ein Beglaubigungswunder. Sie wollten nicht Nachfolger, sondern Nachläufer sein - sich an einen Mächtigen dranhängen, der ihnen dauerhafte Sicherheit und Wohlstand gibt, der ihnen ein sorgenloses Leben garantiert, da hat sich bis heute fast nichts geändert, nur die Formen haben sich gewandelt, dafür gibt es jetzt Versicherungen, Altersvorsorge, Kündigungsschutzbestimmungen und die Sozialhilfe.
Das ist aber nicht die Botschaft von Jesus, der uns im „Vater unser“ die Bitte „unser tägliches Brot gib uns heute“ gelehrt hat. So, wie das Manna in der Wüste nur am kühlen Morgen eingesammelt werden konnte, sind wir zu einer Lebensweise berufen, die uns aus dem Gefängnis des Habens zur Befreiung im Sein führt. Christen sind nicht abhängige Vasallen eines wundertätigen Anführers, der sie mit Lohn und Brot an sich bindet. Im Gegenteil: Jesus begrenzt das Vorsorgen und das Sicherheitsstreben (in Matthäus 25,25 ff) mit der Weisung „Sorget nicht ...! Denn euer himmlischer Vater weiß, was ihr zum Leben braucht.“
Wenn wir das für uns begriffen und angenommen haben: „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes geht.“ (5. Mose 8,3; Mt. 4,4), dann ändert sich unser Leben, dann haben wir andere Antworten auf die Frage, wer wir sind. Dann werden wir nicht nur antworten, wie wir am Anfang des Gottesdienstes überlegt hatten, wir brauchen nicht unsere Vergangenheit in Worte fassen, wir brauchen nicht unseren Lebenslauf aufsagen. Nein, wir können Zeugnis geben über den Sinn unseres Lebens, über die Zukunft, die uns offen steht, über die Hoffnung (1. Petrus 3,15), die uns leitet:
Ich bin Nachfolgerin, ich bin Nachfolger des Jesus, der mir zum Christus geworden ist und der allen, die ihm nachfolgen, zugesagt hat:
Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern;
und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten.
Er ist das Wort Gottes, das von Ewigkeit her gewesen -
und uns zum Bruder und Begleiter geworden ist,
in Ihm haben wir den Weg, die Wahrheit und das Leben gefunden!
Jesus als Brot ist ein Brot für Alle,
das in Gemeinschaft gebrochen und gegessen werden soll.
Aus dem SchauBrot wurde ein VerdauBrot,
das aus Not befreit und den Hunger stillt.
Es ist ein Brot, das nicht für Priester im Allerheiligsten bewahrt wird, nein - alle sind eingeladen von dem Brot zu essen, das der Welt das Leben gibt.
Damit feiern wir die Gegenwart Jesu Christi in unserer Mitte. Er, der sich für uns aus Liebe hat kreuzigen lassen, den der Vater aber auferweckt und erhöht hat, ist mitten unter uns.
Er gibt sich uns zur Speise, damit wir unser Leben neu beginnen können.
Wir dürfen ihn empfangen.
Öffnen wir ihm, bewusst und dankbar die Türen unseres Lebens.
Und der Friede Gottes,
der höher ist als alle menschliche Vernunft,
bewahre unsere Herzen und Sinne
in Christus Jesus.
Amen.

Verfasser: Präd. Claus Ludwig Dieter, Fichardstrasse 42, 60322 Frankfurt am Main

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