Menü

Anvertraute Gaben

von Elfriede Begrich (99084 Erfurt)

Predigtdatum : 08.08.2004
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 8. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle : Philipper 3,7-11.(12-14)
Wenn Sie diese Predigt als Word-Dokument erhalten möchten, tragen Sie bitte Ihre E-Mail-Adresse ein und klicken Sie auf "Abschicken"
Ihre E-Mail

Wochenspruch:

Wem viel gegeben ist, bei dem wird man viel suchen; und wem viel anvertraut ist, von dem wird man umso mehr fordern. (Lukas 12,48)

Psalm: 40,9-12

Lesungen

Altes Testament:
Jeremia 1,4-10
Epistel:
Philipper 3,7-11 [12-14]
Evangelium:
Matthäus 25,14-30

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 162
Gott Lob, der Sonntag kommt herbei
Wochenlied:
EG 497
Ich weiß, mein Gott, dass all mein Tun
Predigtlied:
EG 325,1-3
Sollt ich meinem Gott nicht singen
Schlusslied:
EG 347
Ach bleib mit deiner Gnade

7 Was mir Gewinn war, das habe ich um Christi willen für Schaden erachtet. 8 Ja, ich erachte es noch alles für Schaden gegenüber der überschwänglichen Erkenntnis Christi Jesu, meines Herrn. Um seinetwillen ist mir das alles ein Schaden geworden, und ich erachte es für Dreck, damit ich Christus gewinne 9 und in ihm gefunden werde, dass ich nicht habe meine Gerechtigkeit, die aus dem Gesetz kommt, sondern die durch den Glauben an Christus kommt, nämlich die Gerechtigkeit, die von Gott dem Glauben zugerechnet wird.
10 Ihn möchte ich erkennen und die Kraft seiner Auferstehung und die bGemeinschaft seiner Leiden und so seinem Tode gleich gestaltet werden, 11 damit ich gelange zur Auferstehung von den Toten.
[12 Nicht, dass ich's schon ergriffen habe oder schon vollkommen sei; ich jage ihm aber nach, ob ich's wohl ergreifen könnte, weil ich von Christus Jesus ergriffen bin. 13 Meine Brüder, ich schätze mich selbst noch nicht so ein, dass ich's ergriffen habe. Eins aber sage ich: Ich vergesse, was dahinten ist, und strecke mich aus nach dem, was da vorne ist, 14 und jage nach dem vorgesteckten Ziel, dem Siegespreis der himmlischen Berufung Gottes in Christus Jesus.]

Liebe Gemeinde!
Habe Sie ein Lieblingskind? Oder ein Lieblingsenkelkind? Keine Sorge, das ist erlaubt…
„Und Isaak hatte Esau lieb, und aß gern von seinem Wildbret; Rebekka aber hatte Jakob lieb“ (Gen 25,28). Hier ist uns gleich der Grund mit angegeben und, was weit wichtiger ist: es wird für Ausgleich ist gesorgt. Einer diesen, eine jenen. Dass Lieblingskinder durchaus nicht nur auf der Sonnenseite des Lebens wohnen, sondern sehr wohl von Finsternis und Kälte eingeschlossen werden, zeigt das Geschick des in der Bibel bekanntesten Lieblingskindes - Joseph. Aber er bleibt es, bei Jakob und bei Gott. Zu Lieblingskindern haben wir ein ganz besonderes Vertrauensverhältnis, nehmen uns mehr Zeit und mehr Verständnis für sie als für andere. Manchmal folgen daraus auch besondere Aufgaben, in die sie im Laufe ihres Lebens hineinwachsen. Der Boden ist ja bereitet, die Liebe vorausgegangen.
Paulus hat seine Lieblingskinder in Philippi. Hier ist er öfter als irgendwo sonst. Hierher zieht es ihn, wo immer er sich aufhält. Aus dem Gefängnis in Rom schreibt er von seiner Sehnsucht nach ihnen. Das hat seinen guten Grund, an den Paulus am Ende seines Briefes erinnert: am Anfang, als keine einzige Gemeinde mit mir Gemeinschaft haben wollte, da habt ihr zu mir gehalten und mich unterstützt (4,15).
Es ist die einzige Gemeinde, von der Paulus Geldspenden annimmt, und es ist die Gemeinde, die er „meine Freude und meine Krone“ nennt. Der Philipperbrief ist aus der Freude im HERRN geflossen und zur Freude im HERRN will er ermuntern. Freude ist der Grundtenor dieses Briefes, in Freude betet Paulus für die Gemeinde, voller Freude nimmt er ihren Glauben wahr, um Vervollkommnung der Freude bittet er durch Einmütigkeit, und sein mehrfacher Aufruf zur Freude, zur Freude im HERRN, fällt ihm beim Briefschreiben selbst auf, deshalb stellt er fest: „Dass ich euch immer dasselbe schreibe, verdrießt mich nicht, sondern macht mich um so gewisser. Das ist das Gebot der Stunde: Die Freude im HERRN ist eure Stärke“ (Neh. 8,10). Deshalb ohne Ende: „Freuet euch, und abermals sage ich euch: Freuet euch!“
Das, liebe Schwestern und Brüder, ist die Grundbotschaft für die Kirche. Egal, ob wir drei oder 300 Menschen sind im Gottesdienst, die Botschaft ist die gleiche, die muss gerufen werden, die ist das gut Geschrei, wie Martin Luther sagt. Die Freude am HERRN ist eure Stärke, aus dieser Freude kommt Wachstum, kommen Ideen zu neuen Formen von Gemeindeleben und Gemeindegestalt, aus dieser Freude kommt eine Gewissheit, die uns nicht bei jeder Umfrage gleich umbläst. Und sie beginnt bei mir, so wie sie auch Paulus getroffen hat als Einzelnen. Hier wurzelt der Glaube und von hier geht er in die Welt, das heißt: erst mal zu meinem Banknachbarn in der Kirche und zum Hausnachbarn im Dorf.
Freuet euch, denn euch kann niemand der Liebe und der Gnade GOTTES entreißen, die ihr von IHM ergriffen seid, die ihr euch von IHM habt ergreifen lassen. Freuet euch, denn nicht ein „DU musst aber!“, sondern das „Du kannst“ ist der Grund der Freude. Du musst nicht stark, erfolgreich, innovativ, unangefochten, schön, glatt und selbstsicher durchs Leben schreiten, du kannst schwach sein, dann wirst du GOTTES Stärke spüren, du darfst scheitern und verletzlich sein, dann kann ER dir zum Heiland werden, du musst nicht in exotischen Kursen und Meditationsübungen und in den nun wieder beliebten Pilgerrouten dich finden, allein Christus ist das Ziel, IHN gilt es zu finden, alles, was zu IHM führt, das führt auch in die Freude, eine Freude, die stark macht in der Ausstrahlung und Ansteckung, dass kein neuer Nietzsche feststellen muss: die Christen müssten erlöster aussehen, wenn ich an ihre Erlösung glauben soll.
Aus der Freude in die Freude – das ist der Weg des Philipperbriefes.
Aus der Freude, dass Christus mich hält über dem Abgrund, erwächst die freudige Hoffnung auf das Leben jenseits des Todes, die Freude über GOTTES Gegenwart hier an diesem Ort, zu dieser Stunde, ist der Grund der Freude über Seine Zusage für die Zukunft unserer Kinder und Enkel: „ICH will Wasser gießen auf das Durstige und Ströme auf das Dürre: ICH will Meinen Geist auf deine Kinder gießen und Meinen Segen auf deine Nachkommen.“ Auch wenn wir vielleicht davon wenig zu sehen bekommen, wir haben keinen Grund zu zweifeln an GOTTES Wort und Seinen den unseren ach so fernen Wegen.
Welche Freude und welche Stärke kommen auf uns aus den großen Worten, die alle Angst nehmen: ICH bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende! Welches Echo löst in uns aus der Ruf GOTTES unter dem Regenbogen: Niemals sollen aufhören Saat und Ernte! Löst es ein Echo aus, dass die Welt es hören kann?
Welchen Widerhall finden in uns, die wir am Fuße sitzen, die Worte dessen von oben auf dem Berge: „Selig seid ihr, die ihr hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit. Seid fröhlich und getrost, der Lohn wird ein bleibender sein im Himmel für all euer Mühen.“
Liebe Gemeinde, diese Botschaften sind uns anvertraut, ein kostbarer Schatz in uns, den zerbrechlichen Gefäßen. Die Worte, die keiner sich selbst sagen kann und die doch uns allen gesagt sind. Unsere Kirche, unser Land, jede Familie, jede Gesellschaft und Regierungsform lebt von den Voraussetzungen, die sie sich selbst weder geben noch garantieren kann. Das ist festgeschrieben in den Worten und Verheißungen, nach denen die Welt sich sehnt und schreit. Worte, die das Woher und Wohin und Warum des Menschen hier in Zeit und Raum benennen. Worte, die nur wir haben, eine Gabe, die ausgegeben werden will.
Das meint Paulus, wenn er seinen Lieblingskindern schreibt: „Was mir Gewinn war, das habe ich um Christi willen für Schaden erachtet.“ Alle Vorzüge von edler Abstammung, gehobener Ausbildung, einflussreicher Stellung, einer glatten Erfolg versprechenden Lebensbahn sind ihm zum Schaden und zum Hindernis geworden auf das Ziel Christus hin. Alles Selbsterrungene erachtet er als Dreck gegen die eine Perle der Gnade durch Christus.
Lieblingskindern sagt man besonders nachdrücklich die wichtigste Lebensweisheit. Darum bittet er: Lasst euch nicht wieder vom Netz der Selbstbestimmung, der Macher und Könner, der Selbstdarsteller, die Recht fordern und Gerechtigkeit vergessen, einfangen.
Was ihr in Christi Augen seid, das seid ihr in Wahrheit. Nicht was Gesellschaft und Personalakte aus dir machen. Schaut die Welt an mit Gottes Blick, es ist der Blick des Liebenden, des alle Wesen Liebenden.
Und zum starken Trost stellt Paulus sich am Ende des Textes für die Predigt heute in die Reihe seiner Lieblingskinder: denkt ja nicht, dass ich schon angekommen bin. Ich bin mit euch im Laufen auf das Ziel hin, nur: Ich lasse euch nicht zurück. Ich will euch neben mir haben im Lauf um den Siegespreis. Streckt euch aus, ihr, liebe Gemeinde, ihr Lieblingskinder GOTTES, streckt euch aus, nach dem, was vorn ist: Vorn ist der, der uns entgegenkommt. Vorn ist das, was wir ersehnen: Das Reich Christi, in dem Fried und Freude lacht und beides ohne Ende, denn das Ziel ist ein Anfang ohne Ende, darauf freuet euch und in diese Freude nehmt alle hinein, die euch in eurem Leben begegnen. Amen.

Verfasserin: Pröpstin Elfriede Begrich, Comthurgasse 7, 99084 Erfurt

Herausgegeben vom

Logo Zentrum Verkündigung

Referat Ehrenamtliche Verkündigung
Markgrafenstraße 14, 60487 Frankfurt/Main,
Telefon: 069.71379-140
Telefax: 069.71379-131
E-Mail: predigtvorschlaege@zentrum-verkuendigung.de

in Kooperation mit dem

Logo Gemeindedienst der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland
Gemeindedienst der
Evangelischen Kirche
in Mitteldeutschland

Pfarrer Dr. Matthias Rost
Zinzendorfplatz 3 (Alte Apotheke), 99192 Neudietendorf
Telefon: 036202.7717-97

Logo MÖD – Missionarisch Ökumenischer Dienst
Pfarrer Thomas Borchers
Missionarisch-Ökumenischer Dienst
Westbahnstraße 4
76829 Landau
Telefon: 06341.928912
E-Mail: info@moed-pfalz.de