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Auferstehung - geöffnete Augen

von Paul-Ulrich Lenz (63679 Schotten-Einartshausen)

Predigtdatum : 05.04.2015
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Osternacht
Textstelle : Markus 16,1-8
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Wochenspruch:
"Christus spricht: Ich war tot, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel des Todes und der Hölle." (Offenbarung 1, 18)

Psalm: 118, 14 - 24 (EG 747)

Lesungen
Altes Testament: 1. Samuel 2, 1 - 2.6 - 8 a

Epistel: 1. Korinther 15, 1 - 11

Evangelium: Markus 16, 1 - 8

Liedvorschläge
Eingangslied: EG 112 Auf, auf, mein Herz mit Freuden
Wochenlied: EG 106 Erschienen ist der herrlich Tag
Predigtlied: EG 103 Gelobt sei Gott im höchsten Thron
Schlusslied: EG 99 Christ ist erstanden


Liebe Gemeinde
Es ist kein Weg, den wir voller Freude gehen, wenn wir auf den Friedhof gehen. Er mag noch so schön gelegen sein, noch so gepflegt sein. Es mag gelten: Nirgends hat man einen so schönen Blick auf unseren Ort wie von hier. Nirgends aber auch werden wir so still wie hier. Die Gräber bringen uns zum Schweigen. Der Weg zum Friedhof ist für viele unter uns ein Weg immer neuen Abschied-Nehmens. Mancher könnte jetzt aufzählen, wie oft er/sie da war, wen er/sie alles mit zu Grabe getragen hat. Wie eine Endstation kommt uns der Friedhof vor. Zwar eine schön gelegene, aber doch eine Endstation. Wir kommen hierher, weil ein Lebensweg zu Ende ist. Wir bringen einen Toten zur Grab. Nichts bleibt mehr zu tun an ihm. Lieder, Gebete, Worte am Grab, Tränen. Dann wenden wir uns ab, so schwer es uns auch wird. Aber so schreibt es uns die Ordnung unserer Welt vor. Wann wir uns auch noch so sehr auflehnen: das ist der Lauf der Dinge.

So war es auch an jenem Morgen, von dem wir gehört haben. Drei Frauen haben den traurigen Gang zum Grab angetreten. Sie haben die Salben in Händen, mit denen sie den Leichnam zur Ruhe bereiten wollen. Er liegt schon im Grab, denn über den Feiertag wollte ihn keiner draußen liegen lassen, auch wenn er am Kreuz geendet war. Jetzt schlägt die Stunde des endgültigen Abschieds. Wenn sie ihn gesalbt haben, dann wird der Stein zum letzten Mal auf das Grab gewälzt, um nicht mehr geöffnet zu werden, um für immer verschlossen zu bleiben.

Ein letzter Liebesdienst ist es, den sie dem toten Jesus erweisen wollen. Dem lebenden durften sie ja nichts mehr tun. Nur von ferne konnten sie sein Sterben sehen. Nicht einmal nahe sein durften sie ihm im Tod, so wollen sie jetzt wenigstens dem toten Jesus noch ein letztes Mal nahe sein. Voller Schmerzen und Klagen sehe ich die drei Frauen auf das Grab zugehen. Mit jedem Schritt wird es ihnen schwerer, denn jeder Schritt bringt sie näher an die harte Wahrheit: Ihr Meister liegt in diesem Grab. Er, der ihr Leben war, ist tot.

Da beschleichen einen leicht dunkle Gedanken auf diesem Weg: Konnte Gott ihn nicht retten? Warum musste er sterben? Was hatte er getan, das solcher Hass ihn verfolgte, unerbittlich bis zum Todesurteil und zur Vollstreckung am Kreuz? Da mischt sich in die Trauer müdes Fragen, Anklage gegen Gott, Anklage auch gegen die Menschen, die schuldig sind an seinem Tod, Auflehnung und neuer Schmerz. Es mischt sich auch hinein die Frage nach der eigenen Zukunft: Was soll ich jetzt weiterleben, da mir das Liebste genommen, da ich alleine bin.

Solche Gedanken kennen wir, wenn wir einen lieben Menschen verloren haben, nur zu gut. Unsere Gedanken, die wir auf dem Weg zu unseren Gräbern oft denken, sie sind den Menschen der Bibel nicht fremd. Sie sind uns darin nahe, auch wenn wir manchmal meinen, dass unsere Trauer doch einzigartig sei, unser Leid ein Leid, wie es noch keiner erlitten hat und unser Weg zum Grab ein Weg, wie ihn so schwer noch nie einer vor uns gegangen.

Als die Frauen die ersten Sonnenstrahlen in der Morgen-frühe sahen, da waren ihnen diese Strahlen wie Stiche, wie ein Aufreißen von Wunden. Dunkel sollte es bleiben und nicht hell werden. Wenn das Licht der Welt begraben liegt muss, wie kann es jemals wieder heller Tag werden? So kommen sie in der Frühe und es trifft sie bei den letzten Schritten eine neue Angst: Werden wir überhaupt zu ihm hin können? Der Stein? Wird uns diesmal der Stein fernhalten, so wie uns die Waffen der Römer von dem sterbenden Christus ferngehalten haben? Wer wälzt uns den Stein von des Grabestür?

Sie trauen ihren Augen kaum, als sie weitergehen: Der Stein ist weg gewälzt, das Grab ist offen, das doch verschlossen sein müsste. Beklemmung ergreift das Herz. Ein Grab, das nicht so aussieht, wie es sich gehört, das ist unheimlich, das macht Angst. Aber sie sind tapfer, diese Frauen, denn ihre Liebe zu dem toten Jesus ist groß. Sie fassen sich ein Herz und gehen in das Grab. Da aber schüttelt es sie vor Entsetzen. Sie sehen sich einem jungen Mann gegenüber, einer Gestalt, die ihnen rätselhaft ist. Wo sie einen Toten zu finden erwarten, ist ein Lebender. Wo sie Stille und Trauer zu finden meinen, spricht sie einer an, bricht einer das Schweigen des Grabes: Den ihr sucht, Jesus von Nazareth, findet ihr hier nicht. Er ist auferstanden. Der Lebende ist nicht bei den Toten. Er wird euch begegnen und ihr werdet ihn sehen!

Lassen Sie uns das einen Augenblick bedenken. Wir treten ein in ein Grab, treten an einen Sarg und er ist leer. Der Tote, den wir tot gesehen, ist nicht da. Ob uns da nicht auch das Entsetzen packte? Ob es uns da nicht auch käme: Sie haben seinen Leichnam weggenommen. So sehr hassten sie den Lebenden, dass sie ihm nicht einmal im Grab Ruhe lassen. Nicht einmal beweinen können wir ihn nun. Das Letzte, was ich ihm tun wollte, ist mir nun auch verwehrt. Ich kann ihm die letzte Ehre nicht erweisen, denn er ist ja nicht da.

In solchen Gedanken erreichte unser Ohr die Botschaft „Er ist auferstanden“ auch nur wie von weitem. Ungläubig würden wir den Boten anschauen, vielleicht auch tief erschüttert, von neuem Schmerz gepackt, aber auch von neuer Furcht. Denn das ist eine fremde Botschaft, das ist so außerhalb unserer Erfahrungen, so unheimlich, dass es einen wohl ängstigen kann: Der Tote ist nicht bei den Toten. Er ist auferstanden!

Wenn das wahr ist, was wir mit den Frauen da hören, dann ist ab jetzt alles anders. Dann ist das Normale nicht mehr die Norm, dann ist das Gültige nicht mehr gültig, dann ist das Unterste zuoberst und das Oberste zuunterst gekehrt. Dann ist der Tod besiegt. Dann ist der Kreislauf, in den alle eingespannt sind von der Geburt zum Tode zerbrochen. Dann ist der Tod an jenem einen, der lebt, zerbrochen. Dann ist eine Mauerbresche geschlagen in den Ring, der uns gefangen zu halten droht, dann gibt es einen Weg hinter diesem Auferstandenen her.

Es war sie Zittern und Entsetzen angekommen. Ich glaube das verstehen wir. Was wir da gehört haben, ist so unerhört, so unfasslich, dass es uns zuerst den Atem verschlägt, uns die Luft nehmen will, dass wir nicht wissen, wie wir damit fertig werden sollen. Da kann einen schon das Entsetzen ankommen, wenn man am Grabe solche umstürzende Worte hört. Der Schritt zum Glauben, zum Zutrauen zu dieser Botschaft ist so einfach nicht. Hier wird uns doch zugemutet, all unsere bisherigen Erfahrungen für falsch zu halten. Was uns als eisernes Gesetz gegolten hat, das wird hier zer-brochen. Das Joch des Todes, unter dem wir stöhnten, an das wir aber auch gewöhnt waren, wird von uns genommen. Einer, der lange schwere Last getragen hat, kann sich nicht sofort aufrichten, wenn die Last ihm genommen wird. Er wird es zunächst kaum glauben können.

So geht es uns auch. So ging es den Frauen an diesem Ostermorgen. Verstört kamen sie aus dem Grab, in das sie voller Trauer gegangen waren. Was sie da gehört hatten, das brachte neue Unruhe in ihr Herz. Aber inmitten des Erschreckens war es wie eine leisem neue Hoffnung: Wenn es wahr ist, was wir gehört haben? Wenn er wirklich lebt? Wenn er uns wirklich begegnet? Dann ist an diesem Morgen eine neue Zeit angebrochen! Dann ist die Zeit der Herrschaft des Todes vorbei. Dann sind die Gräber und Friedhöfe nicht mehr Endstation unserer Sehnsucht. Wartestelle ist dann der Friedhof! Nicht zur letzten Ruhe bringen wir die Toten, sondern zu ihrer Wartestelle. Denn dann warten wir alle darauf, dass dieses Geschehen von Ostern in Jerusalem auch an uns geschieht, auch an unseren Toten geschieht. Sie und wir werden gerufen zur Nachfolge hinter dem Auferstandenen her. Wer ihm im Leben und im Sterben nachfolgt, der wird ihn auch im Licht des ewigen Auferstehungstages erblicken dürfen, der wird herausgerufen aus dem dunklen Grab in das helle Licht des Reiches Gottes. So wird unser Gang zum Friedhof verwandelt: Wir warten in der Hoffnung der Botschaft vom auferstandenen Christus auf unsere Auferstehung, darauf, dass unser Ostern kommt und wir Jesus durch den Tod ins Leben folgen.


Verfasser: Pfarrer i. R. Paul Ulrich Lenz
Im Litzenau 17, 63679 Schotten


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