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Auferstehung – geöffnete Augen

von Tobias Kraft (55234 Nieder-Wiesen)

Predigtdatum : 04.04.2010
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Osternacht
Textstelle : 1. Korinther 15,1-11
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Wochenspruch:

„Christus spricht: Ich war tot, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüs-sel des Todes und der Hölle.“ (Offenbarung 1, 18)

Psalm: 118, 14 – 24 (EG 747)

Lesungen

Altes Testament:
1. Samuel 2, 1 – 2. 6 – 8 a
Epistel:
1. Korinther 15, 1 – 11
Evangelium:
Markus 16, 1 – 8

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 114, 1 – 4 und 9
Wach auf, mein Herz, die Nacht ist hin
Wochenlied:
EG 106, 1 – 5
Erschienen ist der herrlich Tag
Predigtlied:
EG 116, 1 – 5
Erschienen ist der herrlich Tag
Schlusslied:
EG 99
Christ ist erstanden

Hinführung:

Die Predigt versucht von der Osterbotschaft her die allgemeine Sichtweise, dass der Tod und das Grab die Endstationen unseres Lebensweges sind, zu durchbrechen. Die Zeugen, die Paulus heranzieht, stehen für Begegnungen mit dem Auferstandenen. Der Auferstandene ist erfahrbar, auch für uns. D. h. die Auferstehung Jesu ist nicht nur ein Geschehen, das sich einzig vor ca. 2000 Jahren ereignet hat, und uns heute nichts mehr angeht. Ich verstehe die Worte des Paulus als Hinweis darauf, dass auch wir den Auferstandenen heute, in unserem Leben, in unserem Alltag erfahren und erleben können. „Er wird vor euch hingehen nach Galiläa“, heißt es im Evangeliumstext bei Markus. „Galiläa“, dieser Begriff steht für die Alltags-erfahrungen, damals wie heute, in denen wir dem Auferstandenen begegnen können und dadurch unser Leben verändert wird. Es steht im österlichen Licht der Liebe Gottes, die stärker ist als der Tod.

Kanzelgruß:
Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Hl. Geistes sei mit uns allen! Amen.

Textlesung

Liebe Gemeinde,

„Gekreuzigt, gestorben und begraben, hinabgestiegen in das Reich des Todes…“, so heißt es im Glaubensbekenntnis von Jesus vor dem Benennen seiner Auferstehung. Und die Evangelisten berichten über seine Grablegung unweit des Hügels Golgatha in das Höhlengrab des Josef von Arimathäa. Ostern ist also zunächst einmal räumlich verbunden mit einem Friedhof, also mit einem Ort, wo man die Toten hinbringt und ihrer gedenkt.

Auch für die Frauen, die sich frühmorgens am ersten Tag der Woche auf den Weg machten, war das Grab Jesu ihr Ziel. Wir alle kennen diese Empfindungen, die wir mit Gängen auf Friedhöfe verbinden. Erinnerungen werden wach, manche Trauer und Wehmütigkeit steigen in uns auf, vielleicht auch Ratlosigkeit oder Ängste im Blick auf unser eigenes Sterben müssen. Der Friedhof – Endstation! Nach vielen, unzähligen Stationen, Orten und Begegnungen im Laufe eines Lebensweges dann hier die letzte Station, wohin man uns irgendwann einmal hinträgt. Nur noch ein Stein erinnert dann an die vielen Spuren eines Lebenslaufes, einige Blumen schmücken diesen letzten Ort, bis er schließlich auch irgendwann einmal verschwindet. Das war’s dann!? - Eigentlich schrecklich, wenn man so nüchtern darüber nachdenkt, wie es mit unserem Leben einmal endet. Das kann einen in der Tat traurig machen und Tränen in die Augen treiben.

Ich denke, mit diesen Gefühlen machten sich die Frauen auf den Weg, um mit dem Einsalben einen letzten Liebesdienst an dem Leichnam Jesu zu vollziehen. Hinzu kam bei ihnen die Frage, wer ihnen den Zugang zu dem Grab Jesu überhaupt ermöglichen könnte, war doch für sie der Verschlussstein zu groß und zu schwer, um ihn selbst beiseite rollen zu können. Das Grab – im doppelten Sinne Endstation! Umso überraschender das Wort, das ihnen aus dem geöffneten Grab entgegenrief: „Ihr sucht Jesus, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden, er ist nicht hier.“ Verwundertes Entsetzen ergriff die Frauen, zunächst waren sie sprachlos, wie benommen. „Er wird vor euch hingehen nach Galiläa, dort werdet ihr ihn sehen, wie er euch gesagt hat.“ Die Frauen ahnten plötzlich: Das Grab war nicht mehr Endstation! Gottes Wege gehen weiter und reichen weiter als nur bis zum Grab oder bis zu einem Friedhof. Nicht das Reich des Todes ist der letzte Ort unseres Lebensweges, sondern der Weg führt weiter mit oder besser zu Gott, der uns umschließen wird mit seiner ewigen Liebe. Der auferstandene Christus weist uns den Weg über das Grab hinaus. „Er wird vor euch hingehen“, also mitten in die Welt des Alltages, in der uns so oft das „gelitten, gestorben und begraben“ begegnet und das Leben schwer macht. Dort, mitten in den Vergänglichkeiten des Lebens dürfen wir den Auferstandenen sehen und erkennen und auf seine Botschaft hören: „Ich lebe und ihr sollt auch leben!“ Das letzte Wort hat also nicht der Tod, sondern Gott, nicht die Dunkelheit der Trauer, sondern sein Licht des Lebens.

Ostern beginnt bei den Gräbern, an unseren Schlusspunkten, an unseren Endstationen; von dort breitet sich die Osterbotschaft aus: „Christus ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden!“ Möge diese Botschaft auch unser Herz erreichen und uns schon hier auferwecken aus mancherlei Traurigkeiten, Ängste und manchem Leid.
Aber, liebe Gemeinde: Wir tun uns oft genug schwer mit unserem Osterglauben. Vielerlei Fragen und Zweifel bleiben, denn diese Botschaft von der Auferstehung ist doch etwas, das unserer Lebenserfahrung zunächst völlig widerspricht. Herr, lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, heißt es im Psalm 90. Und in der Tat, erleben wir doch fast täglich beim Aufschlagen der Todesanzeigen in der Zeitung, dass Menschen von uns gehen und nicht zurückkommen. Wissen wir doch, dass der Tod letztendlich stärker ist als alle menschliche Kunst, Leben zu retten oder zu verlängern. So tauchen auch bei uns immer wieder Fragen auf: Wie kann ein Toter wieder auferstehen, wie konnte im Blick auf Jesus ein Leichnam wieder lebendig werden?

Oder: War Jesus vielleicht nur scheintot?
Und: Wer garantiert uns, dass es wirklich so war, wie es die biblischen Berichte bezeugen?
Unser Leben und Denken ist viel stärker von der Begrenztheit und vom Tod bestimmt, dem wir täglich begegnen, als von der Auferstehung.

Allerdings: Die Natur erwacht jetzt wieder aus ihrer Winterstarre, und auch wir Menschen fassen vielleicht wieder neue Zuversicht, obwohl uns die kalte, dunkle Jahreszeit so oft in trübe, vielleicht sogar depressive Stimmungen versetzt hatte. Bunte Ostereier, frisches Grün und so manch andere hübsche Äußerlichkeiten ergeben einen schönen Rahmen, um ein freudiges Fest zu Beginn des Frühlings zu feiern. Aber, liebe Gemeinde, das ist doch nicht alles! - Wenn dem tatsächlich so wäre, dann wären zweitausend Jahre Glaubenserfahrung vergeblich gewesen, dann wären alle in der Tat umsonst gläubig geworden, wie der Apostel Paulus schreibt.

Und Paulus kämpft und argumentiert in seinem Brief an die Korinther gegen alle Zweifel und Bedenken an. Ihm geht es um den Kern, um den Dreh- und Angelpunkt unseres christlichen Glaubens. Ähnlich wie im Glaubensbekenntnis formuliert er seine Sätze:
„Dass Christus gestorben ist für unsre Sünden nach der Schrift; und dass er begraben worden ist; und dass er auferstanden ist am dritten Tage nach der Schrift; und dass er gesehen worden ist.“

Diese Worte sind das älteste Zeugnis über die Auferstehung, liebe Gemeinde, auf ihm beruht letztlich unser aller christlicher Glaube.
Dann erzählt Paulus von Menschen, denen Christus als Auferstandener begegnet ist, deren Leben er verändert, verwandelt, erneuert hat. Er zählt die ersten Zeugen dieser Erfahrung auf: Petrus, die anderen Jünger, fünfhundert Brüder auf einmal, Jakobus, den Bruder Jesu, schließlich sogar sich selbst. (Die Frauen erwähnte er allerdings nicht, wahrscheinlich weil ihre Aussage vor Gericht nicht anerkannt worden wäre.) Jeder dieser Menschen hat seine ganz eigene Geschichte mit Christus. Sie erkennen ihn als den Lebendigen. Auch bei Paulus selbst geschieht das so. Sein eigenes Leben hatte sich durch die Begegnung im Lichte des auferstandenen Christus vor Damaskus auf geradezu sprichwörtlich Weise geändert. Vom Christenhasser wurde er zum glühendsten Verkünder des Evangeliums, der keine Wege und Mühen scheute, die Botschaft Christi zu den Menschen in Kleinasien und in Griechenland zu tragen. Und noch heute sagt man, jemand sei vom Saulus zum Paulus geworden, wenn einer eine umfassende Lebenswende erfahren hat.

Paulus will klar machen:
Der Auferstandene ist erfahrbar, auch für uns. D. h. die Auferstehung Jesu ist nicht nur ein Geschehen, das sich nur vor ca. 2000 Jahren ereignet hat, und uns heute nichts mehr angeht. Nein, wir können den Auferstandenen heute, in unserem Leben, in unserem Alltag erfahren und begegnen. „Er wird vor euch hingehen nach Galiläa“, heißt es im Evangelium bei Markus. „Galiläa“ dieser Begriff steht für die Alltagserfahrungen, damals wie heute:

Wo etwas geschehen kann, das Menschen auf einen neuen Weg gebracht und ihnen geholfen hat, ihre Ziele fürs Leben aufs Neue zu bestimmen. Da ist aus dem Alltag plötzlich ein Feiertag geworden, weil das Leben nicht nur dieses zuweilen ermüdende Dasein ist, diese Tretmühle, als der viele es sehen müssen, nach dem unverschuldeten Verlust des Arbeitsplatzes z. B., nach der 25. Bewerbungsabsage, gescheiterten Familienbeziehungen oder absoluter Überlastung durch Beruf, Familie und Krankheit, Überforderung durch Trauer und Tod.
Ja, in der Tat, Tod ist auch etwas, das mitten im Leben geschieht.

Täglich sterben Hoffnungen, Erwartungen, Pläne und Beziehungen. Nicht selten mache ich Fehler, versündige ich mich gegen Gott und meine Mitmenschen und töte damit Beziehungen. Aber täglich gibt es eben auch die Möglichkeit der Begegnung mit dem Auferstandenen, entsteht etwas Neues, z. B. durch Vergebung, durch hilfreiche Worte, durch neue, weiterführende Begegnungen, durch neue Erkenntnisse. So können wir neues Leben mitten unter uns oder auch in uns spüren: Schon jetzt bin ich in Christus die neue Kreatur, die der irdische Tod eben nicht zerstören kann.

Dietrich Bonhoeffer hat es so gesagt:
"...von der Auferstehung Christi her kann ein neuer, reinigender Wind in die gegenwärtige Welt wehen...
Wenn ein paar Menschen dies wirklich glaubten
und sich in ihrem irdischen Handeln
davon bewegen ließen,
würde vieles anders werden.
Von der Auferstehung her leben,
das heißt doch Ostern."

Da wo wir in unserem Alltag die wunderbare Erfahrung machen dürfen, dass unser Gebet, unser Glaube an Christus uns hilft, stärkt, tröstet, aufrichtet, da erfahren wir die Kraft und Nähe des Auferstandenen – manchmal unscheinbar, mitunter unterschwellig und bisweilen
erst im Nachhinein.

Ähnlich erging es den Emmausjüngern. Auch sie wurden verwandelt durch die Begegnung mit dem Auferstandenen. Sie wurden wieder lebensfroh und mutige Zeugen der Auferstehung. Beim Brotbrechen, bei der Feier des Abendmahls erkannten sie ihn. (Christus hatte mit ihnen das Brot geteilt, so wie wir es auch nachher miteinander teilen wollen.)
Und seither haben Menschen immer wieder aufs Neue überall in der Welt die freudige und ihr Leben verändernde Erfahrung machen dürfen: Christus ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden!

Das Kreuz, der Tod, das Grab sind eben nicht Endstation, die Schick-sale dieser Welt sind nicht das letzte Wort über das Leben, die Tränen nicht letzter Ausdruck unserer Trauer über den Schmerz der Ver-gänglichkeit. Nein, Gottes Zuwendung zu uns hat kein Ende. Zu mei-nen, jenseits des Todes gäbe es keine Wirklichkeit mehr, der irrt!

Unser Denken, das vom Tod und ganz allgemein von Grenzen - vor allem von zeitlichen Grenzen bestimmt ist, ist unvollkommen, „Stückwerk“, wie Paulus das an anderer Stelle seines Korintherbriefes ausdrückt. So ist auch jeder Versuch, die Auferstehung Jesu irgendwie biologisch, medizinisch oder naturwissenschaftlich erklären zu wollen, zum Scheitern verurteilt.

Ich glaube, dass Christus auferstanden ist, weil ich Gott zutraue, die Grenzen von Zeit und Raum zu sprengen. Ich glaube es, weil ich ihm die Liebe zutraue, die stärker ist als der Tod. Bei ihm ist die Quelle des ewigen Lebens und in seinem Lichte sehen wir das Licht. Das Osterlicht hat unsere dunkle Kirche erhellt und der Ostermorgen vertreibt die Finsternisse der Welt. Das ist der Grund unserer Osterfreude. „Christus, Licht der Welt!“ – „Gott sei ewig Dank!“ haben wir gesungen. Ja, danken wir Gott für diese Gnade, durch die unser Leben im Lichte des Auferstandenen steht! Der Apostel Paulus hat Recht: Was wir sind, wir sind es aus Gottes Gnade! – „Sünd’ ist vergeben, Jesus bringt Leben, Halleluja!“ Er ist wahrhaftig auferstanden. Halleluja!
Amen.

Kanzelsegen:
Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere menschliche Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus, dem Auferstandenen! Amen.

Verfasser: Pfarrer Tobias Kraft, Kriegsfelder Straße 10, 55234 Nieder-Wiesen/Rheinhessen

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