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Aufsehen

von Elke Burkholz (Messel)

Predigtdatum : 07.12.2008
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 2. Advent
Textstelle : Lukas 21,25-33
ggf. Homepage, auf der die Predigt verzeichnet ist : http://kirchemessel.de
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Predigt von Elke Burkholz, Messel
Die Gnade Gottes, die Liebe Jesu Christi und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit uns,
liebe Gemeinde,
was geschieht gerade mit der Welt? Es zeigt sich wieder einmal, dass die wirtschaftlichen Bedingungen unter denen wir leben, nicht stabil sind. Im Wirtschaftsdeutsch heißt das, wo wir gerade hineinschlittern, Rezession. Und wir wissen nicht, was uns in dieser Rezession bevorsteht. Vielleicht passiert hier bei uns gar nicht viel. Und die Rezession ist bald wieder vorbei. Aber wir wissen es nicht. Vielleicht werden Kinder oder Enkel oder andere Menschen, die uns nahe stehen, arbeitslos. Vielleicht wird am Ende, das Haus, das jemand unter großer Anstrengung gebaut hat nur noch einen Teil seines heutigen Wertes haben. Vielleicht gibt es eine Inflation und die Rente reicht nicht mehr. Vielleicht werden Handwerker und Gewerbetreibende ihren Betrieb aufgeben müssen. Das Schlimmste ist im Moment die Angst, vor dem was geschehen könnte und die Unsicherheit: Was bringt die Zukunft? Und das Gefühl: Mir entgleitet mein Leben, ich kann nicht mehr selbst bestimmen, was mit mir passiert.
Vielleicht können wir auf diesem Hintergrund unseren Predigttext heute ganz gut hören:
Ich lese Lukas 21, 25-33
25Es werden Zeichen erscheinen an Sonne1, Mond und Sternen; auf der Erde wird Angst der ethnosVölker herrschen, da sie wegen des Tobens und der Unruhe des Meeres in auswegloser Lage sein werden. 26Menschen werden den Atem anhalten vor phobosFurcht und vorauseilender Angst darüber, was über den Erdkreis kommen wird. Denn die Kräfte der Himmel2 werden erbeben. 27Und dann werden sie den hyiosMenschen3 auf einer Wolke kommen sehen, mit Kraft und großem doxaGlanz. 28Wenn dies beginnt: Richtet euch auf4 und erhebt euren Kopf! Denn eure Befreiung ist nahe!«
29Und er erzählte ihnen ein Gleichnis: »Betrachtet den Feigenbaum5 und alle Bäume! 30Ihr seht, wenn sie ausschlagen, und erkennt daran: Schon bald ist die Hitze nahe. 31So könnt ihr auch erkennen, wenn ihr diese Dinge geschehen seht: Das basileiaGottesreich ist nahe. 32amenAmen, ich sage euch, die gegenwärtige Generation wird nicht vergehen, bis dies alles geschieht. 33Der Himmel und die Erde werden vergehen, aber meine logosWorte werden nicht vergehen.

Ich glaube die Menschen, die aus diesem Text damals Hoffnung geschöpft haben, waren genauso verunsichert wie wir heute. Auch sie wussten nicht, was die Zukunft bringt, auch sie wussten nicht was auf sie zukommt. Aber sie haben die Zeichen der Unruhe und der Erschütterung so gedeutet, dass sie hoffen konnten. Aber worin bestand ihre Hoffnung? Sie haben gehofft, dass in all der Aussichtslosigkeit und Furcht ihnen der Mensch entgegenkommt. Sie haben die Zeichen der Zeit gedeutet. Und sie haben gesagt: Das alles bedeutet, dass die Herrschaft Gottes nahe ist. Jesus Christus kommt uns entgegen. Und es dauert nicht mehr lange, und er wird die Macht übernehmen und dann sind wir in Sicherheit. Richtet euch auf und erhebt euren Kopf, denn eure Befreiung ist nahe. Martin Luther übersetzt: Steht auf und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht. Und der Schlusssatz: Himmel und Erde werden vergehen aber meine Worte werden nicht vergehen. Dieser Satz ist bis heute wahr geblieben. Die Worte Christi sind nicht vergangen. Wir haben sie immer noch bei uns.
Aber können wir heute in unserer Angst und Furcht auch das tun, was unser Predigttext uns sagt: Können wir unsere Köpfe erheben und können wir glauben, dass unsere Befreiung nahe ist.
Es gibt durchaus gute Gründe mit der Wirtschaftskrise heute Hoffnungen zu verbinden: Vielleicht gelingt es der Politik ja, unsere Marktwirtschaft wieder sozialer zu machen. Vielleicht gelingt es, die Banken zu kontrollieren, damit die Geldwirtschaft stabiler wird. Vielleicht nutzt nicht nur die USA diese Krise um ein ökologisches Investitionsprogramm aufzulegen. Vielleicht führt das Ganze dazu, dass alle sich jetzt anstrengen, um den Klimawandel zu stoppen. Vielleicht. Auch das wissen wir nicht. Aber die Chance ist da.
Wie können wir in dieser Unsicherheit unsere Köpfe erheben. Wie können wir hoffen, dass unsere Befreiung nahe ist? Natürlich fühlen wir uns der globalen Wirtschaft gegenüber hilflos. Vielleicht fühlen wir uns auch der nationalen Politik gegenüber hilflos, obwohl wir in einer Demokratie leben und die nationale Politik durch Wahlen und durch andere Formen an der Politik teilzunehmen durchaus beeinflussen können. Von dieser Hilflosigkeit können wir uns natürlich fertig machen lassen. Wir können unsere Köpfe senken und in Depression verfallen. Wir können nach unten blicken und die Faust in der Tasche ballen. Wir können missmutig zu Boden sehen und denken: Ich gehöre wie immer zu den letzten, den die Hunde beißen.
Oder wir können der Aufforderung unseres Predigttextes folgen und den Kopf heben und nach vorne blicken. Und was sehen wir, wenn wir den Kopf heben? Probieren Sie es doch einmal aus. Was sehen Sie wenn Sie den Kopf heben? Richtig, die Orgel. Haben Sie sich schon einmal überlegt, wie viel Einfluss Musik auf unsere Stimmung hat? Manchmal höre ich ein Lied und fühle mich zutiefst verstanden. Manchmal spiele ich auf der Gitarre und meine Müdigkeit ist wie weggeblasen. Musik hilft den Kopf nicht hängen zu lassen.
Aber wenn Sie den Kopf nur etwas heben, und ihn mal zur Seite drehen. Was sehen Sie dann? Richtig: Ihre Nachbarin, ihren Nachbarn. Die Bibelübersetzung, die ich ihnen vorgelesen habe, sagt: „Dann werden sie den Menschen kommen sehen auf einer Wolke mit Kraft und großem Glanz.“ Jetzt schwebt ihre Nachbarin oder ihr Nachbar nicht gerade mit auf einer Wolke von der Kuppel der Kirche entgegen. Aber vielleicht können Sie den Glanz in seinen oder ihren Augen sehen. Wenn wir das ernst nehmen, was Paulus an einer anderen Stelle in der Bibel schreibt, dass Christus in uns ist und durch uns wirkt, dann können wir wirklich unsere Köpfe erheben und einander ansehen. Und vielleicht entdecken wir da etwas von dem Glanz Christi, der uns entgegen kommt. Das ist sicher kein ungetrübter Glanz, aber so ein kleines Glänzen können wir vielleicht doch entdecken. Bei aller wirtschaftlichen Unsicherheit gibt es Menschen auf die wir uns verlassen können, und das ist mehr an Sicherheit als das dickste Bankkonto uns bieten kann. Solange da noch jemand ist, der uns hilft und uns trägt, wird die Wirtschaftskrise unsere Zukunft nicht in Frage stellen. Die Beziehungen in denen wir leben, sind das, was uns aus der Angst reißt. Die Beziehungen sind das, was unseren Alltag hell macht. Und daran ändert auch ab uns zu ein heftiger Streit nichts.
Und wenn wir den Blick noch etwas weiter nach vorne richten: Was kommt da auf uns zu? Das ist sicher für die Anwesenden hier unterschiedlich. Für die Konfirmandinnen und Konfirmanden ist in der Schule erstmal Endspurt, Klassenarbeiten, Schulstress. Seht auf und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht. Die Weihnachtsferien kommen bestimmt. Aber mal Scherz beiseite. Auf Euch kommt zu, dass ihr jugendlich werdet, dass sich eure Spielräume vergrößern. Vielleicht ist ja schon etwas, von dem was auf euch zukommt in euren Träumen da, ein Freund eine Freundin, ein guter Abschluss, ein attraktiver Beruf. Es lohnt sich, den Kopf zu heben und etwas dafür zu tun. Ich weiß die Jugend ist eine schwere Zeit für alle. Aber ich kann euch aus eigener Erfahrung sagen: Mit der Zeit wird es besser und einfacher. Und ihr habt eine Menge Kraft, um eure Zukunft zu gestalten.
Und wenn wir anderen den Blick nach vorne richten, was kommt da auf uns zu? Ein paar wollen jetzt ganz schnell ihren Kopf wieder senken, glaube ich. Das kann ich gut verstehen. Manchmal denken wir lieber nicht an die Zukunft. Denn was wird die Zukunft schon für uns bereit halten außer Gebrechlichkeit und Einschränkungen in der Beweglichkeit und dass wir liebe Menschen verlieren. Dieser Blick auf die Zukunft ist nur die halbe Wahrheit. Die ganze Wahrheit ist, dass es für uns noch viele wichtige Aufgaben gibt. Selbst wenn man pflegebedürftig wird, gibt es immer noch wichtiges zu tun. Zum Beispiel die Familie zu loben und Anerkennung zu verteilen. Den anderen zu zeigen, dass man sie liebt, auf das Leben versöhnlich zurückblicken und sich um Versöhnung zu bemühen – die anderen an den wichtigen Lebenserfahrungen teilnehmen lassen, für andere beten. Trotzdem stimmt es, dass ab einem gewissen Alter das Ende einfach näher rückt. Bei einem Geburtstagsbesuch hat jemand mit mir gescherzt: Alt werden ist nicht schön, aber die Alternative ist auch nicht besser. Ist das was auf uns zukommt der Tod und damit ist alles aus? Nein, so ist es nicht. Wir werden Christus auf einer Wolke kommen sehen mit Kraft und großem Glanz. Was auf uns zukommt in der Adventszeit in diesem und in jedem weiteren Leben ist Christus mit großem Glanz. Und wir werden eingehüllt sein in diesem Glanz. Und es wird Licht sein und Leben. Dass es so sein wird kann niemand beweisen. Aber wir können es spüren in unseren Herzen. Wir können es uns zusagen lassen von den Texten der Bibel, die von der Erfahrung von Menschen mit Gott zeugen. Wir können es glauben, wenn wir einander ansehen. Denn an dem Glanz in unseren Augen können wir sehen, dass wir nicht dazu bestimmt sind wie unsere Körper zu vergehen. Wir gehören zu Christus, der lebt und auch wir werden leben. Also: Seht auf und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht. Wir werden dass nach dem letzten Lied zwischen den Fürbitten singen. Und ich wünsche uns allen, dass sich dieses Lied tief in unsere Gedanken und unsere Gefühle eingräbt und wir uns in der ganzen Adventszeit immer wieder davon aufmuntern lassen. Seht auf und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht.
Und der Friede Gottes, welcher höher ist als all unsere Vernunft…