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Aufwachen und Umkehren

von Christiane Braungart (Zentrum Verkündigung der EKHN)

Predigtdatum : 16.11.2022
Lesereihe : IV
Predigttag im Kirchenjahr : Buß- und Bettag
Textstelle : Offenbarung 3,1-6
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Wochenspruch: Gerechtigkeit erhöht ein Volk, aber die Sünde ist der Leute Verderben. (Sprüche 14,34)

Psalm: 130 (EG 751)

Lesungen

Reihe I: Römer 2,1-11
Reihe II: Jesaja 1,10-18
Reihe III: Matthäus 7,12-20
Reihe IV: Offenbarung 3,1-6
Reihe V: Hesekiel 22,23-31
Reihe VI: Lukas 13,(1-5)6-9

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 299 Aus tiefer Not schrei ich zu Dir
Wochenlied: EG 428 Komm in unsre stolze Welt
Predigtlied: EG 154 Herr, mach uns stark
Schlusslied: EG 289,4.5 Nun lob, mein Seel, den Herren

Predigttext: Offenbarung 3,1-6

1 Und dem Engel der Gemeinde in Sardes schreibe: Das sagt, der die sieben Geister Gottes hat und die sieben Sterne: Ich kenne deine Werke: Du hast den Namen, dass du lebst, und bist tot. 2 Werde wach und stärke das andre, das schon sterben wollte, denn ich habe deine Werke nicht als vollkommen befunden vor meinem Gott. 3 So denke nun daran, wie du empfangen und gehört hast, und halte es fest und tue Buße! Wenn du nicht wachen wirst, werde ich kommen wie ein Dieb, und du wirst nicht wissen, zu welcher Stunde ich über dich kommen werde. 4 Aber du hast einige in Sardes, die ihre Kleider nicht besudelt haben; die werden mit mir einhergehen in weißen Kleidern, denn sie sind's wert. 5 Wer überwindet, soll mit weißen Kleidern angetan werden, und ich werde seinen Namen nicht austilgen aus dem Buch des Lebens, und ich will seinen Namen bekennen vor meinem Vater und vor seinen Engeln. 6 Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt!

Predigt

Liebe Gemeinde,

auch in Zeiten von Mails, Whats-app, Instagram und anderen digitalen Medien, gibt es dennoch den altbewährten Brief.

Wenn ich an unseren Briefkasten gehe, dann hoffe ich eigentlich immer auf Post. Hat mir vielleicht jemand geschrieben, frage ich neugierig?

Und tatsächlich manchmal finde ich einen Brief oder eine Karte vor. Da hat mir das Finanzamt geschrieben mit einer freudigen Ankündigung. Oder es gibt eine Karte einer Freundin mit einem hübschen Bild aus ihrem Urlaub.

Natürlich gibt es da auch andere Briefe, wie z.B. die Rechnung eines Handwerkers oder eines Arztes.

Manche Briefe werden, nachdem man sie gelesen hat, weggeworfen, andere wiederum müssen als Dokument abgeheftet werden. Manche Briefe behält man gerne, weil sie mit liebevollen Erinnerungen verbunden sind.

Und es gibt auch Briefe, die richtig unangenehm sind. Briefe, die man am liebsten vernichten möchte. Blaue Briefe gehören dazu.

Blaue Briefe – diese Bezeichnung gibt es seit dem 18. Jahrhundert und bezeichnet die Praxis, dass wichtige Nachrichten, wie z.B. königliche Anordnungen, geschützt vor neugierigen Blicken versandt werden mussten. Das Papier wurde aus Lumpen hergestellt, die blau waren. Daher die Bezeichnung „blaue Briefe“.  Schon von Äußeren her wusste man, da steht eine wichtige Mitteilung von der Obrigkeit drin.

Uns ist die Bezeichnung „blauer Brief“ noch aus dem Bereich des Schulwesens vertraut. Die Schule schreibt den Eltern, dass bei Sohn oder Tochter die Versetzung in einem Fach gefährdet ist. Ab einem bestimmten Alter bekommt man den blauen Brief selbst zugestellt. Da weiß man, jetzt wird es ernst. Jetzt muss man alle Anstrengungen darauf verwenden, um noch versetzt zu werden. Noch ist es möglich, dass Ruder sozusagen rumzureißen, aber es muss auch jetzt geschehen, ansonsten zieht es Konsequenzen nach sich, eben die Wiederholung einer Klasse.

Der Seher Johannes schreibt im Buch der Offenbarung an sieben Gemeinden in Asien wichtige Briefe. Es sind die Sendschreiben an die Gemeinden in Ephesus, Smyrna, Pergamon, Thyatria, Sardes, Philadelphia und Laodizea.

Alle Briefe sind in Ihrer Anlage ähnlich. Die Briefe gehen an die Engel dieser Gemeinden, an die jeweiligen Vorsteher. Nach der Anrede folgt fast immer der Satz: Ich kenne deine Werke…

Oft folgt darauf eine Würdigung der Situation in der Gemeinde. Manchmal werden die Werke geschildert. Und daraus folgt das Lob oder auch der Tadel.

Zusammengefasst kann man sagen: Die Gemeinde in Sardes erhält einen blauen Brief, einen äußerst ernsten blauen Brief. Versetzung in höchstem Maße gefährdet!! Wörtlich heißt es: Deine Werke sind nicht vollkommen.

Was wissen wir über die Gemeinde in Sardes und was wird ihr vorgeworfen?

Die Gemeinde in Sardes war unfassbar reich. Wir alle kennen wohl die Redewendung: reich wie Krösus. Nun, Krösus war der letzte König in Sardes und in Sardes wurden schon früh Münzen, Goldmünzen geprägt. In Sardes gab es aber auch eine florierende Wollindustrie. Über die Gründung der Gemeinde in Sardes ist so gut wie nichts bekannt. Ihren Namen hört man hier im Rahmen der Sendschreiben das erste Mal.

Was wird der Gemeinde konkret vorgeworfen?

Der Hauptvorwurf lautet: Du hast den Namen, dass du lebst, und du bist tot.

Die Selbsteinschätzung der Gemeinde in Sardes, es sei doch alles in Ordnung, ja noch mehr, sie sei eine lebendige Gemeinde, widerspricht hier der Seher. Wo die Gemeinde in Sardes Leben sieht, sieht er nur den Tod. Ein vernichtendes Urteil.

Was ist dagegen zu tun?

Die eindringliche Aufforderung an die Gemeinde lautet: Werde wach!

Die Gemeinde befindet sich also in einer Art tiefem Schlaf. Sie kommt sich zwar lebendig vor, doch darin täuscht sie sich. Sie ist tot, fast tot. Aber noch kann sie sich aus der todesähnlichen Erstarrung lösen. Darum: werde wach und stärke das schon sterben wollte…

Wie kann die Rückkehr vom Tod zum Leben gelingen? Was ist dazu notwendig?

Bedenke, wie du empfangen und gehört hast und halte es fest.

Die Gemeinde in Sardes wird auf ihren Ursprung zurückverwiesen. Es ist die Botschaft vom Evangelium durch Jesus Christus. Diese haben sie empfangen und gehört. Diese gilt es festzuhalten und nicht leichtfertig aus der Hand zu geben.

Halte den Ursprung fest und tue Buße, d.h. erkenne, dass du dich davon entfernt hast. Erkenne, dass dein Lebenswandel nicht dem Ursprung entspricht. Deine Werke sind nicht vollkommen.

Ein Weckruf nach der anderen wird laut: Werde wach, bedenke, was du empfangen und gehört hast, halte es fest. In Summe: Tu Buße, kehr um.

Die Möglichkeit zur Umkehr ist gegeben.

Es ist ja der Charakter eines jeden blauen Briefes. Er legt zwar den Finger in die Wunde: Hier gibt es Defizite, große Defizite. Aber er weist auch die Chancen auf. Jetzt gilt es. Jetzt kommt es darauf an, wach zu werden.

So auch hier: Noch ist es möglich, umzukehren und dem persönlichen Leben und dem Leben der Gemeinde eine neue Richtung zu geben. Eine Richtung vom Tod hin zum Leben.

Aber es wird auch nicht verschwiegen, dass das Nicht-Befolgen der Warnungen Folgen haben wird. Wer nicht umkehrt, wer die Warnungen in den Wind schlägt, wer nicht wach wird, über den wird das Gericht kommen wie ein Dieb in der Nacht. Klammheimlich und leise. Ehe man es bemerkt, ist er schon im Hause.

Mit dem Dieb in der Nacht ist Christus selbst gemeint. Er wird kommen zu einer Stunde, die niemand weiß. Und da wird es sich zeigen, wer wach ist und wer schläft.

Die Konsequenzen werden hart benannt, aber gleichzeitig werden auch Hoffnungsbilder vor Augen gemalt, die die Menschen in Sardes locken sollen, Buße zu tun.

Wer Buße tut, wer zurückkehrt zum Weg des Lebens, der wird mit weißen Kleidern umgeben sein.

Weiße Kleider – sie stehen für Reinheit, sie stehen für ein neues Leben mit Christus. In der katholischen Kirche werden den Kindern nach der Taufe weiße Kleider übergestreift zum Zeichen, dass sie nun zu Christus gehören.

Wer Buße tut, wer zurückkehrt zum Weg des Lebens, der wird eingeschrieben sein im Buch des Lebens (vgl. 1. Sam 25,29).

Wer Buße tut, wer zurückkehrt zum Weg des Lebens, dessen Name wird ausgerufen werden (Offenbarung 20, 11-15).

Auf verschiedenste Art und Weise wird deutlich, diese Menschen gehören zu Gott.

Nicht alle Menschen in Sardes sind vom rechten Weg abgewichen. Das gehört auch zur Wahrheit. Diese haben ihre Kleider nicht besudelt. Ihr Lebenswandel war nicht so, dass dadurch Schmutz auf ihre weißen Kleider gekommen wäre. Ihre Reinheit als Getaufte haben sie erhalten können. Das wird man sehen auch in Zukunft, in der Ewigkeit bei Gott. Da werden sie mit Christus einhergehen in weißen Kleidern. Auf sie wird verwiesen. So könnt auch ihr wieder sein.

Zum Schluss noch die eindringliche und zusammenfassende Bitte: wer Ohren hat, der höre.

Der verschließe sich nicht der Botschaft, auch wenn sie erst einmal hart daherkommt. Die Botschaft will die Umkehr, die Buße der Gemeinde in Sardes. Der Seher hat kein Interesse daran, dass die Gemeinde nicht umkehrt. Im Gegenteil. Mit ernsten und mit werbenden Worten wirbt er für die Umkehr.

Auch wir am heutigen Buß - und Bettag werden zur Umkehr gerufen.

Auch wir sollen uns fragen, wo wir die Verheißung eines neuen Lebens mit Christus ins Gegenteil verkehrt haben, wo wir nicht dem Leben gefolgt sind.

Wo haben wir den Ursprung unseres Glaubens verlassen und nicht das festgehalten, was wir empfangen und gehört haben?

Wo ist die Erstarrung aus der wir uns kaum noch lösen können?

Wo haben wir es uns auch gemütlich eingerichtet und sind faul und träge geworden?

Wo sind wir schläfrig und brauchen einen Weckruf?

Wo brauchen wir eine Reinigung unseres Äußeren und unseren Inneren?

Buße, Umkehr ist möglich, ja erwünscht. Der blaue Brief will uns aufrütteln und dazu führen, dass wir unser Leben so führen, wie es unserem Glauben entspricht. AMEN.

Verfasserin: Pfarrerin Dr. Christiane Braungart, Referentin für Ehrenamtliche Verkündigung, Zentrum Verkündigung der EKHN


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