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Aus der Befreiung durch Christus leben

von Volker Jung (36341 Lauterbach)

Predigtdatum : 04.11.2007
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 21. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle : Micha 6,6-8
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Wochenspruch:

Bei dir ist die Vergebung, dass man dich fürchte.
(Psalm 130,4)
Psalm: 143,1-10

Lesungen

Altes Testament:
Micha 6,6-8
Epistel:
Philipper 1,3-11
Evangelium:
Matthäus 18,21-35

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 452,1-5
Er weckt mich alle Morgen
Wochenlied:
EG 412,1-4
So jemand spricht, ich liebe Gott
Predigtlied:
EG 295,1-4
Wohl denen, die da wandeln
Schlusslied:
EG 362,1-4
Ein feste Burg ist unser Gott

Hinführung:
Der 22. Sonntag nach Trinitatis ist im Jahr 2007 der Sonntag nach dem Reformationstag. Die Predigt verbindet deshalb bewusst die Auslegung des Micha-Textes mit der Erinnerung an Grundfragen der Reformation.

6 „Womit soll ich mich dem HERRN nahen, mich beugen vor dem hohen Gott? Soll ich mich ihm mit Brandopfern nahen und mit einjährigen Kälbern? 7 Wird wohl der HERR Gefallen haben an viel tausend Widdern, an unzähligen Strömen von Öl? Soll ich meinen Erstgeborenen für meine Übertretung geben, meines Leibes Frucht für meine Sünde?“ 8 Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der HERR von dir fordert, nämlich Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott.

Liebe Gemeinde!
Wie bekomme ich einen gnädigen Gott? – Das war eine der Grundfragen Martin Luthers. Als junger Mönch quälte ihn die Frage: Wie kann ich so leben, dass es Gott gefällt? Sein Leben als Mönch war für ihn der Versuch, ein solches Leben zu führen. Und dazu gehörten auch mancherlei „Opfer“. Immer wieder Buß- und Fastenübungen, viele Gebete und Gottesdienste, überhaupt ein enthaltsames Leben.
Vielen von uns ist die Gedankenwelt Martin Luthers sicher fremd. Luther hatte als junger Mensch Gott als harten Richter vor Augen. Wer von diesem Richter verurteilt wird, muss Höllenqualen erleiden. Deshalb fragte Luther so sehr danach: Wie bekomme ich einen gnädigen Gott?
So wie Luther fragen heute die wenigsten Menschen nach Gott. Aber die Grundfrage steckt auch in anderen Fragen, die sehr wohl gestellt werden: Wie kann ich erfahren, dass es Gott gibt? Wie kann ich mich Gott nähern? Oder vielleicht auch so: Was muss ich tun, um ein Leben nach dem Willen Gottes zu führen? Wie kann ich meinen Glauben glaubwürdig leben?
Im Buch des Propheten Micha wird gesagt, dass Menschen sich Gedanken machen, wie sie sich Gott nähern können. Sie überlegen: Welche Opfer sollen wir Gott bringen? Woran hat Gott Gefallen? Damit ist auch die Frage gestellt: Was ist richtiger und guter Gottesdienst?
Und die Antwort, die gegeben wird, ist ganz einfach und einprägsam:
Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der HERR von dir fordert, nämlich Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott.
Was ist uns also gesagt? Was ist gut? Was will Gott von uns?
Zunächst: Gottes Wort halten!
Für die Menschen zur Zeit des Propheten Micha war klar, was damit gemeint ist. Gottes Wort halten, das heißt: Tut das, was Gott euch geboten hat! Haltet euch an die Gebote Gottes! Und die Propheten haben dies immer so erklärt: Tut eurem Nächsten kein Unrecht! Denn es ist der Sinn der Gebote, dass Menschen einander kein Unrecht tun. „Übt Recht!“ – So heißt die wörtliche Übersetzung.
Das ist also das erste, was Micha sagt: Gott geht es nicht darum, welche Opfer ihm dargebracht werden. Es geht ihm also offenbar auch nicht darum, dass Gottesdienste, die gefeiert werden, besonders prunkvoll sind. Man wird vielmehr umgekehrt sagen müssen: Es ist ein Skandal, wenn die Gottesdienste besonders festlich sind und die Menschen einander immer mehr Unrecht antun. Das geht nicht.
Haltet Gottes Wort! Tut Recht! Übt Recht! – An anderen Stellen im Alten Testament wird sehr genau gesagt, was das bedeutet: Schützt Witwen und Waisen! Tut dem Fremdling keine Gewalt an! Nehmt euch der Schwachen an!
Martin Luther hat zu seiner Zeit sehr deutlich gespürt. Hier stimmt etwas nicht, wenn das Augenmerk zuallererst auf das Seelenheil des Menschen gerichtet wird. Es ist nicht in Ordnung, wenn der Kult und die frommen Übungen gepflegt werden und niemand danach fragt, wo wirklich Unrecht geschieht. Als ganz schlimmen Irrweg hat er dabei den Ablasshandel zu seiner Zeit angeprangert. Er war den Ansicht: Hier werden mit den Höllenängsten der Menschen Geschäfte gemacht. Das hat nichts mit dem zu tun, was Gott von uns will.
In den Erläuterungen zu seinen berühmten Thesen gegen den Ablasshandel zitiert Luther übrigens unsere Stelle aus dem Micha-Buch. Und er sagt dazu: „Nein, denn Gott verlangt nichts dergleichen für die Sünde, sondern Rechttun, Barmherzigkeit und Furcht, wie gesagt ist, das heißt ein neues Leben.“
Mit dem Propheten Micha und mit den Gedanken Martin Luthers könnten wir also sagen: Der gute Weg vor Gott ist zuerst nicht der Weg nach innen. Es ist nicht die eigene Erbauung. Es sind nicht prunkvolle Gottesdienste. Es ist das Mühen darum, dass unter uns kein Unrecht geschieht. Das ist gut, Mensch, so ist es dir gesagt!
Damit sind uns vor allem die Menschen ans Herz gelegt, die nicht allein für ihr Recht eintreten können: die Kinder, die Kranken, die pflegebedürftigen Menschen, die Fremden in unserem Land und manche anderen, zu denen uns jetzt vielleicht sogar Gesichter und Namen einfallen. Achtet darauf, dass kein Unrecht geschieht.
So führen die Worte des Propheten Micha mitten hinein ins Leben. Die Frage, wie können wir uns Gott nähern, wird beantwortet, indem der Blick umgelenkt wird; Schaut auf das, was unter euch geschieht!
Und das Zweite: Auch das führt uns mitten hinein ins Leben. Es ist dir gesagt, was gut ist: Liebe üben!
Indem der Prophet Micha sagt: Ihr sollt Gottes Wort halten!, weist er zurück, dass Menschen im Gegenüber zu Gott nur ihre innere Erbauung suchen. Indem er sagt: Es ist auch geboten, Liebe zu üben, weist er zurück, dass Menschen sagen: Ich bin mir selbst genug!
Wir reden heute davon, dass es eine große Gefahr unserer Gesellschaft ist, dass jeder nur sich selbst im Blick hat. Und genau darum geht es hier auch. Der Weg vor Gott ist ein Weg der menschlichen Gemeinschaft. Gottes Wille ist darauf gerichtet, dass Zusammenleben gelingt. Deshalb geht es darum, Zerstrittenes zu verbinden, Gemeinschaft zu heilen. Das meint: Liebe üben!
Natürlich werden wir daran auch immer wieder scheitern. Und wer hat das noch nicht erlebt, dass man sich über andere so ärgert, dass man sagt: Sollen die doch ihren Kram allein machen! Ich zieh mich jetzt zurück.
Natürlich gibt es auch immer Konflikte. Und es ist nötig auch Konflikte auszutragen. Das Ziel dabei sollte aber immer sein: zu klären, zu bereinigen, neu zu sortieren, damit es neues Zusammenleben geben kann.
Gott hat uns für das Leben miteinander eine Richtung vorgegeben. Das ist der Weg der Liebe und der Versöhnung. Und das ist nicht nur eine Forderung, die Gott an uns stellt. Liebe üben - das ist die Grundrichtung, weil Gott selbst immer wieder diesen Weg gegangen ist und geht!
Und diesen Gedanken müssen wir mitnehmen, wenn wir über das Dritte nachdenken, von dem Micha sagt, dass es gut sei.
Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der HERR von dir fordert, nämlich Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott.
Demütig sein vor deinem Gott! So hat Luther übersetzt. Und das hört sich für uns so an, als müsse man sich vor Gott ständig klein machen. Das ist ein Missverständnis.
Manchmal wird klarer, was gemeint ist, wenn man sich das Gegenteil überlegt. Das Gegenteil von Demut ist Hochmut. Und dann klingt es so: Seid nicht hochmütig vor Gott. Das heißt: Denkt nicht, ihr könntet euer Leben allein und aus eigenen Kräften bewältigen. Seid nicht vermessen.

Demütig sein – das kann man dann auch so übertragen: Achtet darauf, wie Gott euch begleitet. Denkt daran, wie Gott euren Weg begleitet hat. Israel wird von den Propheten erinnert: Gott hat euch aus Ägypten geführt. Deshalb: Vertraut euch ihm an!
In solchen Gedanken über Gott hat Luther dann auch die Antwort auf seine Frage gefunden. Einen gnädigen Gott bekomme ich nicht, indem ich all mein Tun – meine religiöse Erbauung oder meine guten Werke – darauf ausrichte, Gott zu gefallen. Zuerst darf ich annehmen, was Gott für mich getan hat und täglich tut. Er ist mein Schöpfer, der mir das Leben schenkt, er ist mein Erlöser, der mir um Christi willen Schuld vergibt, er ist mein Tröster, der mich immer wieder neu aufrichtet. Das erkenne ich im Glauben an, das lasse ich für mich geschehen sein und immer wieder neu an mir geschehen.
Und dann fällt vom Ende her noch einmal ein ganz neues Licht auf das, was als uns als Forderungen gegenübersteht.
Frage nicht: Wie kann ich mich Gott nähern? Lass Gott für Dich da sein. Und lass Dich von ihm mitnehmen auf den Weg, den er geht – den Weg der Gerechtigkeit und der Liebe.
Dazu bewahre der Frieden Gottes, der höher ist als alle Vernunft, unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

Verfasser: Dekan Dr. Volker Jung, An der Kirche 4, 36341 Lauterbach

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