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Befreiung

von Elke Burkholz (Messel)

Predigtdatum : 14.12.2008
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 3. Advent
Textstelle : Matthäus 11,2-6.(7-10)
ggf. Homepage, auf der die Predigt verzeichnet ist : http://kirchemessel.de
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Predigt von Albrecht Burkholz
Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen!
Liebe Gemeinde am heutigen 3. Advent,
wir bereiten uns auf Weihnachten vor, damit Weihnachten richtig an uns wirken kann. Wir bereiten uns innerlich mit diesem Gottesdienstbesuch vor, damit die befreiende Botschaft unter uns wirksam werden kann. Als Thema für heute habe ich im Nachrichtenblatt angegeben: Wie kann die befreiende Botschaft unter uns wirksam werden? Ich habe den Predigttext schnell gelesen und dann gedacht: das ist das Thema, was für uns als Evangelische Kirchengemeinde Messel jetzt dran ist. Das ist die Fragestellung, mit der wir uns zusammen in den Wirkungsraum des Predigttextes stellen wollen.
Ich lese aus Matthäus 11 die Verse 2-6 in der Übersetzung von Jörg Zink: Da hörte Johannes der Täufer im Gefängnis, was Christus tat, und sandte einige seiner Schüler zu ihm mit der Frage: Bist du der, den Gott uns versprochen hat, oder sollen wir weiter warten auf einen anderen? Jesus gab zur Antwort: Geht hin und berichtet Johannes, was ihr hört und was ihr seht: Blinde beginnen zu sehen, Gelähmte gehen auf eigenen Füßen, Aussatzkranke werden heil, und Taube hören, Tote werden lebendig, und die Armen hören die Botschaft, dass Gott sich ihrer annimmt. Und glücklich, ja mehr noch selig ist, wer keinen Anstoß nimmt, wenn er mich, einen einfachen Menschen, sieht, der doch die Herrschaft Gottes verwaltet.
Mit Jesus fängt eine neue Zeit an. Es ist eine Zeit der Befreiung. Menschen werden von Krankheiten befreit. Beziehungen werden wieder hergestellt, wenn Taube hören und Blinde sehen. Sogar Tote werden lebendig. Und die Armen hören die Botschaft, die sie von dem befreit, was sie vor allem quält: dass sie sich missachtet fühlen und selbst missachten.
Jesus hatte einen Vorläufer, der das alles vorbereitet hat: Johannes der Täufer. Johannes der Täufer muss wirklich so etwas wie ein Popstar gewesen sein, der Dalai Lama der damaligen Zeit. Er war in der Felswüste am Jordan, lebte dort völlig einzelgängerisch, wüstenhaft, sparsam und bescheiden, streng gegen sich selbst und streng gegen andere. Er kleidete sich in ein Kamelfell und lebte von wildem Heuschrecken und wildem Honig, also dem, was man dort in der Felswüste am Jordan leicht finden konnte. Und wer war völlig begeistert von ihm? Die Jerusalemer, die nie so gelebt hätten. Sie kamen in Scharen zu ihm gelaufen und ließen sich bedrohen und beschimpfen. Er beschuldigte sie, falsch zu leben. Er drohte mit dem zornigen Gott, der schon ganz nah ist. Und als Zeichen der Umkehr ließen sie sich taufen und versuchten, anders zu leben.
Sein Nachfolger Jesus ließ sich auch von ihm taufen. Dabei ertönte die Stimme vom Himmel: Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen. Dann war Jesus 40 Tage in der Wüste und der Teufel versuchte ihn zu verführen. Die Versuchung war: Ich der Teufel gebe dir alle Macht auf der Erde, wenn du mich anbetest. Jesu lehnt ab. Jesus blieb Gott treu. Und dann begannen die Heilungen. Er zog durch das Land und ging zu den Menschen. Er blieb nicht in der Wüste und ließ die Menschen zu sich kommen. Er ging zu ihnen hin, in ihre Probleme hinein und fragte sie: Was willst du, dass ich dir tun soll? Johannes verkündete den drohenden Gott, Jesus den freundlichen und erneuernden Gott, der sich finden lässt wie ein Schatz, der das Leben verändert. Johannes forderte von den Menschen Fasten, Jesus sagte: Mit Gott beginnt ein Fest der Befreiung. Feiert es mit mir. Esst und trinkt mit mir. So entsteht eine neue Gemeinschaft. Auch die Verlorenen und Ausgestoßenen dürfen mitfeiern.
Und jetzt ist Johannes im Gefängnis. Ständig vom Tod bedroht. Und voll Zweifel, ob sein Leben so richtig war. Ob Gott wirklich kommt und in welcher Weise, drohend oder einladend.
Jesus sagt zu den Boten des Johannes: schaut hin. Hört hin. Wie kann das Tolle und Befreiende, was da geschieht, nicht von Gott sein. Und dann die Bitte: nimm keinen Anstoß, Johannes. Du bist streng zu dir selbst und anderen und erwartest Gott als strengen Richter. Sei nicht verbittert, wenn Gott nun so freundlich zu Zöllnern und Sündern ist. Siehst du nicht, dass die Güte Gottes mehr an Umkehr und Befreiung bewirkt als die Strenge?
Es wird in der Bibel nicht berichtet, wie Johannes auf diese Antwort Jesu eingegangen ist. Wir können nur für ihn hoffen, dass er der Hoffnung Raum geben konnte und getröstet sterben konnte, als er von Herodes hingerichtet wurde.
Wir heute sind eingeladen wie Johannes, der Hoffnung Raum zu geben und der befreienden Botschaft. Auch in uns ist etwas von Johannes. Auch wir sind manchmal sehr streng zu uns selbst und zu anderen und erwarten Gott als strengen Richter. Wir sind eingeladen, der Befreiung von Gott her bei uns Raum zu geben. Eine Befreiung, die Blinde sehend macht und dann erst erwartet, dass sie mit den Augen Gottes voll Liebe sehen. Eine Befreiung, die Gelähmte zum Gehen bringt und dann erst erwartet, dass sie die helfenden Wege gehen. Eine Befreiung, die Taube hörend macht, und dann erst erwartet, dass sie die sanften Zwischentöne wahrnehmen und sich achtsam, freundlich und empfindsam verhalten.
Überlegen wir einmal gemeinsam an einem Beispiel, wie heute die befreiende Botschaft unter uns wirksam werden kann. Nehmen wir einmal einen Schüler, der Probleme mit Mathe hat. Er hat vor der letzten Arbeit richtig viel gelernt, aber die Aufgabenstellung dann nicht richtig verstanden. Das macht ihm viel aus. Er ist traurig und verzweifelt.
Der erste Schritt zur Befreiung ist hier: das Problem sehen. Das ist gar nicht einfach, denn wenn man eine schlechte Arbeit zurückbekommt möchte man sich eigentlich nicht mehr mit ihr befassen. Man will lieber sich wegträumen und die Probleme vergessen, also Fernsehen, Musik, Computerspielen, Lesen, mit Freunden rumhängen. Aber das hilft nicht. Es nützt nichts, das Problem gegenüber den anderen oder den Eltern zu verstecken.
Wenn ich das Probleme sehe und mir eingestehe, kann ich darüber reden. Und wenn ich verständnisvolle Gesprächspartner finde, dann können sie mir helfen, das Problem einzuordnen. Und das ist der zweite Schritt. Ich erkenne: Es ist nur ein Problem. Und angesichts der Weltprobleme und angesichts dessen, was es im Leben an Problemen eigentlich nicht so riesig. Und das Problem ist lösbar. Es gab ja auch Zeiten, wo es das Problem nicht gab. Daran kann ich mich erinnern. Könnte es also nicht sein, dass es wieder Zeiten gibt, wo es das Problem nicht gibt? Ich kann mir vorstellen, wie das wäre. Was für ein Aufatmen wäre das. Da will ich hin. Da will ich mit aller Kraft und Energie hin.

Und dann, wenn ich sozusagen schon ein wenig an der Zukunft geschnuppert habe, dann kann ich mir Schritte überlegen, wie ich das Problem angehen will. Das ist der dritte Schritt
Z.B. einen Lernplan machen, um auf Dauer den Mathefrust zu überwinden. Mir Hilfe besorgen, Nachhilfe oder eine nette Lerngruppe. Die Lösung ist in einzelne Schritte zerlegt, die ich nach und nach angehen kann. …
Nun gibt es natürlich Probleme, die lassen sich nicht so einfach lösen. Wenn es in der Familie ein Sucht- oder Gewaltproblem gibt, z.B.. Oder eine dauerhafte Krankheit. Arbeitslosigkeit, die das Selbstvertrauen raubt. Finanzielle Probleme. Dass einem Paar die Liebe entschwindet.
Aber ich glaube, der Dreischritt hilft auch hier: Das Problem sehen und nicht verstecken. Die Lösung schon erhoffen, erfühlen, erträumen. Und dann Schritte überlegen, vielleicht mit anderen zusammen.

Das Erstaunliche an unserer Geschichte aus der Bibel heute ist ja: Johannes bleibt im Gefängnis. Jesus befreit ihn nicht. Und er selbst wird ja später getötet. Aber beides widerspricht nicht dem befreienden Gott. Gott zeigt uns Wege in die Zukunft. Gott gibt uns Hoffnung. Aber er nimmt nicht einfach die Probleme weg. Wir in unseren Gefängnissen werden ermutigt, die Hoffnung nicht zu verlieren. Wir mit unserem Schicksal werden ermutigt, uns nicht lähmen zu lassen, sondern uns von der befreienden Kraft Gottes beweglich machen zu lassen und den Weg der Befreiung zu gehen, den Gott für uns ganz persönlich vorgesehen hat.
Die Bibel lehrt uns: das befreiende Handeln Gottes ist da. Es ist für uns da. Es bewahrt uns nicht vor allem Unglück und Leid und vor allen Problemen. Aber die befreiende Kraft von Gott her kann tief in unsere Seele wirken. Und das kann sehr erstaunliche Wirkungen haben. Bis ins Körperliche hinein. Wirkungen, die mit dem Wort Wunder eigentlich nur sehr ungenau beschrieben werden können.
Mit Jesus fängt eine neue Zeit in der Weltgeschichte an. Eine Zeit der Befreiung. Und wir Christinnen und Christen hier in Messel im Jahre 2008, ganz normale Menschen, wir stehen im Wirkungsraum dieser Botschaft der Befreiung. Wir können das ganze Jahr Zugang dazu haben. Advent als Vorbereitungszeit und Weihnacht als die Zeit der Erfüllung laden uns dazu ein, uns in besonderer Weise zu öffnen. Weihnachten verknüpft uns mit der Kindheit. Mit der Zeit, als das Wünschen noch geholfen hat. Als das Vertrauen groß war und die Welt voller Zauber.
Werdet wie die Kinder, sagt Jesus. Lernt, wieder in kindlichem Vertrauen zu leben. Damit die große Kraft der Befreiung unter euch wirksam werden kann. Damit das Wünschen hilft und die Welt ihren Zauber wiedergewinnt, weil das Licht der Befreiung mitten in unseren Dunkelheiten leuchten kann.
Und der Friede Gottes…