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Bei Gott sind alle Dinge möglich

von Elke Burkholz (Messel)

Predigtdatum : 31.12.2008
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Silvester (Altjahrsabend)
Textstelle : Lukas 12,35-40
ggf. Homepage, auf der die Predigt verzeichnet ist : http://kirchemessel.de
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E: Die Liebe Gottes, die Gnade Jesu Christi und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit uns,
liebe Gemeinde,
an Silvester denken wir zurück an das, was gewesen ist. Und wir stellen uns vor, was die Zukunft bringen wird. Traditionell predigen mein Mann und ich dabei über die Jahreslosung des folgenden Jahres.
Für 2009 lautet sie: Was bei den Menschen unmöglich ist, das ist bei Gott möglich.
Lukas 18,27
Als ich meinen Vater gefragt habe, was er von diesem Satz hält, hat er gemeint. Das ist doch selbstverständlich. Wieso sollten wir Gott verehren und anbeten, wenn Gott nicht viel mehr Möglichkeiten hätte als wir, wenn Gott nicht Dinge tun könnte, die wir nicht tun können. Dann würden wir ja nicht Gott vertrauen sondern könnten uns darauf beschränken uns selbst zu vertrauen.
A: Wir sind hier mitten in einer wichtigen Frage. Können wir Gott wirklich vertrauen? Ist Gott mächtig? Werden durch Gott in unserem Leben Dinge möglich, die uns alleine unmöglich sind? Glaubst du an Wunder?
E: Rahel hat dazu gesagt: Das kommt darauf an, was für ein Bild wir von Gott haben. Weil jemand nicht an Wunder glaubt, muss er ja nicht gleich aufhören an Gott zu glauben.
A: Sicher Rahel hat Recht. Aber ich frage jetzt dich: Glaubst du an Wunder?
E: Ja, sicher glaube ich an Wunder.
A: Warum?
E: Weil Wunder das Normale sind. Weil ich jeden Tag ungeheuer viel Erstaunliches und Wunderbares erlebe.
A: Das ist Unsinn. Wunder sind doch das Besondere. Sie sind selten, und es ist nicht klar ob es sie überhaupt gibt. Das ist die Definition von Wunder.
E: Nein, nein, Wunder sind das, worüber man sich wundert. Und ich wundere mich jeden Tag über viele Dinge. Und es passieren mir dauernd gute Dinge, mit denen ich nie gerechnet hätte, und die ich nicht für möglich gehalten hätte.
A: Aha, du erlebst also jeden Tag, dass Leute geheilt werden, die die Ärzte schon aufgegeben hatten. Äpfel fallen nicht vom Baum herab sondern schweben nach oben in den Himmel.
E: Du meinst Wunder sind Situationen in denen die Naturgesetze durchbrochen werden.
A: Ja, genau.
E: Nein, das meine ich nicht mit Wundern. Übrigens ist es nach der Quantenphysik nicht unmöglich, dass ein Apfel nicht vom Baum fällt sondern nach oben schwebt. Physikalisch ist das möglich, wenn auch sehr sehr unwahrscheinlich, so dass es vermutlich noch nie passiert ist. Aber sicher kann man sich da nicht sein. Und was die Frage nach den Heilungen angeht. Es gibt definitiv Spontanheilungen. Auch die sind sehr selten, aber Ärzte kennen das. Jemand ist sehr krank und sie sagen, dass er sich wahrscheinlich nicht mehr erholen wird. Aber er erholt sich doch. Ich kenne mehrere Menschen, die in Messel leben, denen das passiert ist. Es geschieht nicht oft. Aber es geschieht. Und ich finde da kann man von Wundern reden.
A: Nein, wenn unwahrscheinliche Dinge passieren, dann sind das noch nicht gleich Wunder. Es sind einfach nur unwahrscheinliche Ereignisse.
E: Ich glaube wir kommen der Sache näher. Ich sage: Das war ein Wunder. Und jemand anders sagt dazu: Das war Zufall.
A: Genau, ich sage, da war die Kraft Gottes am Wirken.
E: Und jemand anders sagt, das hat ein Mensch bewirkt, oder es war eine natürliche Kraft.
A: Aber Gott als Schöpfer steht doch hinter allen natürlichen Kräften.
E: Ja, es ist im Grunde Unsinn zwischen natürlichen und übernatürlichen Kräften zu unterscheiden. Gott wirkt in der Natur und in uns Menschen. Und wie spektakulär oder unspektakulär Gottes Wirken ist, ist um Grunde egal.
A: Aber genau das ist die Frage des Glaubens: Sehe ich in einem bestimmten Ereignis etwas, was Gott tut? Oder sehe ich etwas anderes?
E: Du meinst, ob ich Gottes Wirken wahrnehme ist eine Frage des Blickwinkels?
A: Ich meine vielmehr es ist eine Frage des Vertrauens. Wenn ich gesund geworden bin, dann kann ich Gott dafür danken, oder mich einfach nur freuen, dass ich noch mal Glück gehabt habe.
E: Und wenn ich nicht gesund geworden bin und vielleicht nie mehr gesund werde?
A: Dann kann ich Gott bitten, mir den Sinn dieser Krankheit zu zeigen oder mich tapfer in mein Schicksal fügen und mich damit abfinden, dass das Leben ungerecht und endlich ist.
E: Ich kann wütend und einsam dunklen Gedanken nachhängen, oder ich kann die Hoffnung nähren, dass Gott im Leiden bei mir ist und dieses Leiden nur ein kleiner Schritt auf dem Weg in eine gute Zukunft ist.
A: Der Unterschied liegt im Vertrauen darauf, dass Gott es gut mit mir meint und alles was mir begegnet einen Sinn hat, den ich eines Tages verstehen werde. Vertraue ich darauf, dass Gott die Macht und den Willen hat, alles zum Guten zu wenden.
E: Genau darum geht es in der Jahreslosung: Was bei den Menschen unmöglich ist, das ist bei Gott möglich. Das ist ein Satz des Vertrauens. Er heißt: Es gibt auch dann noch einen Weg, wenn ich keinen mehr sehe. Gott ist mächtig und wird mich nicht fallen lassen. Ich glaube, viele Menschen sehnen sich nach diesem Vertrauen, aber wer kann das schon von sich aus aufbringen?
A: Es geht jedenfalls nicht so, dass ich mir sage: Jetzt will ich mal Gott vertrauen und dann tut man das einfach.
E: Genau, Vertrauen ist es etwas, das langsam wächst.
A: Vertrauen wächst langsam und zwar aus guten Erfahrungen. Ich vertraue dir, dann mache ich die Erfahrung, dass Du zuverlässig bist. Mein Vertrauen wird nicht enttäuscht. Und so wird es immer größer.
E: Das ist mit dem Gottvertrauen genauso. Es wächst aus guten Erfahrungen. Erfahrungen sind ja immer eine Mischung aus Dingen, die geschehen und meiner Deutung dieser Dinge. Und die Deutung ist der entscheidende Teil.
A: Genau: Ich bin weitgehend gesund, verheiratet und habe zwei erwachsene Töchter und einen Beruf, der einigermaßen krisensicher ist und von dem ich mich ernähren kann. Ich kann mein Leben unterschiedlich deuten. Zum Beispiel kann ich es so deuten: „Es ist doch normal und selbstverständlich. Darauf habe ich einen Anspruch. Ich habe mich schließlich auch dafür angestrengt. Und das Leben schuldet mir noch was: Schließlich habe ich keine Söhne. Ich hatte nie Gelegenheit mir ein eigenes Haus zu bauen und muss in einem zugigen Altbau leben. In meinen Beruf arbeite ich mehr als andere, habe immer Stress. Und meine Allergie quält mich das ganze Jahr über. Und meine Frau nörgelt immer an mir rum.“ Oder ich kann mein Leben so deuten: „Gott ich danke dir für das große Glück in meinem Leben. Ich habe zwei wunderbare Töchter, meine Frau liebt mich. Ich habe eine Arbeit, die ich ungeheuer sinnvoll finde und die ich gerne mache. Gott ich danke dir, für die Kraft und die Energie in meinem Leben. Ich danke dir für die Musik und die Wärme und all das, was in den letzten Jahren gelungen ist.“
E: Ich verstehe, was du meinst. Es kommt darauf an all das Gute, das Gott uns geschenkt hat, auch wahrzunehmen. Und wenn wir beginnen, es wahrzunehmen, dann wächst das Vertrauen, dass Gott es gut mit uns meint. Und dann beginnen wir zu begreifen, dass bei Gott Dinge möglich sind, die bei Menschen unmöglich sind, und dass wir uns auf Gott unbedingt verlassen können.
A: Es ist einfach ein völlig anderes Lebensgefühl, ob ich denke, ich bin einem blinden Schicksal ausgeliefert, das mich auf diesem durchs Weltall torkelnden Planeten jederzeit ins Unglück stürzen kann ohne dafür überhaupt einen Grund zu haben.
E: Oder ich lebe unter dem Schutz eines gnädigen Gottes, der mich liebt und annimmt wie ich bin. Und der mir auf keinen Fall mehr zumuten wird als ich tragen kann. Dieser Gott wird mir die Kraft geben dieses Leben zu leben. Und ich kann mich an all dem Guten freuen, das er mir schenkt.
A: Wenn man diese beiden Einstellungen zum Leben so nebeneinander stellt, ist es schon klar mit welcher man besser leben kann.
E: Und warum entscheiden sich Leute, zu glauben, dass ihr Leben sinnlos ist, dass es Gott nicht gibt und dass die Welt Zufall ist?
A: Das habe ich noch nie begriffen.
E: Doch ja, ich glaube ich weiß warum. Manchmal in dunklen Nächten frage ich mich auch, ob mein Glaube nicht eine Illusion ist. Und dann fühle ich mich voller Unruhe und schrecklich einsam. Und diese Vorstellung ist immer damit verbunden, dass ich selbst nichts wert bin und mein Leben wertlos ist und es ganz unmöglich ist, dass irgendjemand mich lieben könnte. Vielleicht haben einfach zu viele Menschen irgendwann in ihrem Leben das Gefühl vermittelt bekommen, dass sie es nicht wert sind geliebt zu werden, und dass ihr Leben nichts wert ist. Und mit diesem Grundgefühl ist es ungeheuer schwer überhaupt jemandem zu vertrauen. Mit diesem Grundgefühl ist es fast unmöglich Gott zu vertrauen.
A: Du sagst, du kennst dieses Gefühl. Aber es ist nur in dunklen Nächten da, nicht an hellen Tagen. Dieses Gefühl der Sinnlosigkeit und die Verzweiflung über das Leben ist bei dir viel seltener geworden, in letzter Zeit scheint es mir fast vollständig verschwunden zu sein. Wie ist es zu dieser Veränderung gekommen?
E: Oh, das war ein weiter Weg. Er hat viele Jahre gedauert. Und manchmal erwischen mich immer noch die Zweifel.
A: Wenn jemand so einen Weg finden möchte, was kannst du ihm empfehlen.
E: Ich glaube, meine wichtigste Empfehlung ist, der eigenen Sehnsucht zu trauen und ihr zu folgen. Und das zweite, was ich empfehlen würde ist, den Blick zu schärfen für das was gut ist im eigenen Leben und dafür dankbar zu sein.
A: Aller guten Dinge sind drei. Gibt es noch eine dritte Empfehlung.
E: Ja, eine noch: Wenn ich über irgendetwas ganz verzweifelt bin, dann hilft es mir, mich zu erinnern, dass im Leben nie etwas gleich bleibt. Alle Dinge ändern sich – immer – also können sie sich auch zum Guten ändern.
A: Noch etwas: Du hast das Problem, dass du manchmal das Vertrauen zu Gott verlierst und wieder zum Vertrauen zurück finden musst. Mir geht es anders und ich glaube vielen hier in der Kirche geht es anders. Viele haben wie ich ein festes Vertrauen zu Gott, weil sie in diesem Vertrauen leben und das sich auch in ihrem Leben zeigt zum Beispiel, indem sie regelmäßig beten oder ab und zu in die Kirche gehen.
E: Ja, darüber freue ich mich auch. Und ich kann aus eigener Erfahrung sagen wie ungeheuer gut es mir tut, wenn ich mal nicht so vertrauensvoll bin, dass das jemand da ist, der für mich mit vertraut und für mich betet. Ich glaube Sie alle tun Ihren Eltern und Kindern und Enkeln und Nachbarn etwas Gutes, wenn sie stellvertretend für sie an dem Vertrauen festhalten: Was bei den Menschen unmöglich ist, das ist bei Gott möglich.
Und der Friede ….