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Beten im Namen Jesu

von Manuela Rimbach-Sator (55276 Oppenheim)

Predigtdatum : 25.05.2014
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Kantate
Textstelle : 2. Mose 32,7-14
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Wochenspruch:
"Gelobt sei der Herr, der mein Gebet nicht verwirft, noch seine Güte von mir wendet." (Psalm 66, 20)

Psalm: 95, 1 - 7

Lesungen
Altes Testament: 2. Mose 32, 7 - 14

Epistel: 1. Timotheus 2, 1 - 6 a

Evangelium: Johannes 16, 23 b - 28 (29 - 32) 33

Liedvorschläge
Eingangslied: EG 133, 1 + 4 + 5 Zieh ein zu deinen Toren
Wochenlied: EG 344 Vater unser im Himmelreich
Predigtlied: EG 587 Gott ruft dich, priesterliche Schar
Schlusslied: EG 277 Herr, deine Güte reicht soweit der Himmel ist

Predigttext: 2. Mose 32, 7 – 14

7 Der HERR sprach aber zu Mose: Geh, steig hinab; denn dein Volk, das du aus Ägyptenland geführt hast, hat schändlich gehandelt.
8 Sie sind schnell von dem Wege gewichen, den ich ihnen geboten habe. Sie haben sich ein gegossenes Kalb gemacht und haben's angebetet und ihm geopfert und gesagt: Das ist dein Gott, Israel, der dich aus Ägyptenland geführt hat.
9 Und der HERR sprach zu Mose: Ich sehe, dass es ein halsstarriges Volk ist.
10 Und nun lass mich, dass mein Zorn über sie entbrenne und sie vertilge; dafür will ich dich zum großen Volk machen.
11 Mose aber flehte vor dem HERRN, seinem Gott, und sprach: Ach HERR, warum will dein Zorn entbrennen über dein Volk, das du mit großer Kraft und starker Hand aus Ägyptenland geführt hast?
12 Warum sollen die Ägypter sagen: Er hat sie zu ihrem Unglück herausgeführt, dass er sie umbrächte im Gebirge und vertilgte sie von dem Erdboden? Kehre dich ab von deinem grimmigen Zorn und lass dich des Unheils gereuen, das du über dein Volk bringen willst.
13 Gedenke an deine Knechte Abraham, Isaak und Israel, denen du bei dir selbst geschworen und verheißen hast: Ich will eure Nachkommen mehren wie die Sterne am Himmel, und dies ganze Land, das ich verheißen habe, will ich euren Nachkommen geben, und sie sollen es besitzen für ewig.
14 Da gereute den HERRN das Unheil, das er seinem Volk zugedacht hatte.


Liebe Gemeinde,

manche biblische Geschichte spielt auf einem Berg. Das ist niemals Zufall. Viele von uns wissen das aus eigener Erfahrung: Oben auf dem Berg sieht manches anders aus. Unten im Tal mitten im Geschehen, da kann man schon mal den Überblick verlieren. Je höher hinauf ich steige, umso mehr lasse ich das hinter mir, was im Tal gegolten hat. Ich kriege eine andere Sicht auf die Dinge.

Und ganz oben, am Gipfel, mache ich womöglich Erfahrungen, die sind tatsächlich „der Gipfel“. Wer sich die Dinge von oben ansehen kann, der gewinnt eine neue Perspektive. Jedenfalls war das offenbar bei Mose so. Und vielleicht kann uns das auch gelingen: die Dinge einmal wie Mose zu betrachten.

40 Tage und 40 Nächte hat Mose auf dem Berg Sinai verbracht. Auf dem Gipfel seines Lebens begegnet er Gott wie schon zu anderen Zeiten, die immer sein Leben radikal verändert hatten. Er hatte schon viel erlebt mit seinem Gott. Gott hat ihm viel zugemutet.

Sein ganzes Leben lang schon steht Mose zwischen den Instanzen. Als Hebräerkind ist er in Lebensgefahr. Nach einer spektakulären Rettung wächst er am Hof des Pharao auf. Als erwachsener Mann wird er Zeuge, wie ein Aufseher einen Hebräer schlägt: Mose geht dazwischen. Der Aufseher kommt ums Leben.

Dann streiten sich zwei Hebräer. Und wieder will Mose dazwischen gehen. „Willst du mich auch umbringen wie den Ägypter?“ sagt einer der Streithälse. Mose muss flüchten. Ein Vermittler, der Schuld auf sich geladen hat, wird nicht mehr ernstgenommen.

Aber Gott verlangt erneut, dass er zum Vermittler wird. Schickt ihn zum Pharao. Mose soll das Volk aus der Sklaverei herausführen. Ein schweres Amt, das schließlich gelingt.

Aber die Vermittleraufgaben sind noch nicht zu Ende. Jetzt muss Mose vermitteln zwischen dem Volk und den Erfahrungen der Wüste. Auch das gelingt. Wachteln, Manna, Wasser – das Volk ist versorgt. Mit Gottes Hilfe schafft Mose es immer wieder, einen Ausweg zu finden, eine Lösung.
Nun will Gott einen Bund schließen mit dem Volk, und Mose soll der Überbringer der Gebotstafeln sein, die diesen Bund besiegeln.

Auf dem Gipfel seines Lebens mag Mose sich vorstellen wie es aussehen könnte:
Gelingendes Leben. Nach all den Schwierigkeiten. Ein Leben im Bund mit Gott. Wo nicht andere Dinge wichtiger werden.
Dieser eine einzige Gott hat uns gerettet, hat uns freigemacht – Dieser Erfahrung trägt ein ganzes Leben; trägt Generationen, die einander ehren. Das Leben wird geachtet: Treue und Wahrheit und Güte und Respekt triumphieren über Gewalt, Verrat, Lüge, Geiz und Neid.

Ich stelle mir vor, dass Mose zum ersten Mal in seinem Leben gerne der Vermittler war, als er der Überbringer der zehn Gebote werden sollte. Aber die da unten im Tal – die haben anderes im Sinn. Die rechnen nicht mit dem Gott der Freiheit, sondern hängen fest in alten Bildern.

Die Geschichte vom Goldenen Kalb wird gerne verstanden als eine Geschichte des Abfalls vom Glauben. Als sei dem Volk in Moses Abwesenheit die Religion abhanden gekommen. Und als stellten sie sich deshalb einen Ersatzgott auf.

In Frankfurt stehen zwei goldfarbene Statuen vor dem Gebäude der Frankfurter Börse. Ein Bulle und ein Bär. Steigen und Fallen der Aktienkurse symbolisieren sie. Sie erinnern mich sehr an diese Geschichte vom Goldenen Kalb im 2. Buch Mose.

Sind sie Sinnbilder unserer modernen Götter, die die Welt heutzutage regieren? Die Antwort ist vermutlich nicht so einfach. Und ich denke: Die Stierstatue im alten Israel ist etwas anderes. Sie ist kein weltliches Symbol von Reichtum und Finanzkraft, sondern sie ist Ausdruck einer tiefen Sehnsucht nach Gott. Nach seiner Präsenz. Seiner Erfahrbarkeit. Auch seiner Verfügbarkeit. Ein Gott zum Anfassen.
Dass sie sich und ihre Freiheit Gott verdanken, das wissen die Israeliten sehr wohl. Das Lied, das sie dem Stierkalb-Gott singen, lautet: „Das ist dein Gott, Israel, der dich aus Ägyptenland geführt hat.“

Aber sie singen es eben einem toten Ding, einer Statue. So wie es die Nachbarvölker auch tun, die Fruchtbarkeitskulte feiern. Es scheint so viel einfacher zu sein, so viel naheliegender und handfester – eben so viel greifbarer und begreifbarer als wenn man den Gott der Freiheit auch in Freiheit von jeder festgelegten Form zu verstehen versucht.

Könnte Mose einen Blick in die Zukunft tun, hätte er vor Augen wie das weitergeht mit dem Bedürfnis nach Verfügbarkeit. Wie eines Tages nur noch das etwas wert ist, das man hat und was man steuern kann. Und wie nur das etwas zählt, das etwas einbringt und sich vergrößern lässt. Wie die Menschen Kriege führen um Land, Wasser und Öl und Kontrolle und Daten. Wie die Machbarkeit keine Grenzen mehr kennt und keine Skrupel und keinen Respekt und vor nichts mehr Halt macht.

Nicht Mose ist es, der die Geschichte weiter denkt, sondern Gott. Und nun reicht es ihm. Er will Schluss machen mit diesem Volk so wie er es schon einmal getan hat. Damals zur Zeit des Noah. Noch mal von vorne anfangen mit einem einzigen, der es kapiert hat.

Und der HERR sprach zu Mose: Ich sehe, dass es ein halsstarriges Volk ist. Und nun lass mich, dass mein Zorn über sie entbrenne und sie vertilge; dafür will ich dich zum großen Volk machen.

Was für ein Angebot!
Mose und Gott würden ihr eigenes Ding machen. Und ließen die, die da um das Goldene Kalb herumtanzen, untergehen.
Noch einmal alles zurück auf Anfang so wie damals bei Noah.
Ein neues Volk - mit Mose als Mann der ersten Stunde – so wie bei Abraham.

Ich kümmere mich zuerst um mich. Sollen doch die anderen sehen, wo sie bleiben.

Manch eine/r von uns kennt diesen Gedanken in Enttäuschungen, in Erschöpfung oder wenn unsere Seele verletzt wurde: Sich rausziehen aus der Verantwortung. Das kann manchmal eine verlockende Idee sein.

Ob es wirklich Gott ist, der Mose die Idee einflüstert, können wir hier offenlassen. Entscheidend ist, dass Mose ihr nicht nachgibt. Wieder einmal wird er zum Vermittler.

Er vermittelt nicht nur zwischen Gott und dem Volk, sondern auch zwischen zwei Seiten Gottes: zwischen dem zornigen Gott und dem liebenden Gott. Zwischen Gott, der sein Volk befreit hat und dem Gott, der sich ärgert darüber, dass das Volk eben doch nicht alles Kleingeistige hinter sich gelassen hat.

In der Dramatik der Erzählung ist es eine mutige Haltung, die Mose hier einnimmt. Er bringt das fertig, weil er auf sich selbst offenbar keine Rücksicht nimmt. Das großartige Angebot, das Gott für ihn hat, ist sofort kein Thema mehr. Mose hat nur das Volk und Gott im Blick.

Er erinnert Gott an sein Versprechen für Abraham. Und er spielt sich nicht als Retter auf. Gott ist und bleibt der rettende Gott. Ihn fleht Mose an. Ihm unterwirft er sich mit seiner Fürbitte für das Volk, das womöglich längst denkt, ein für alle Mal gerettet zu sein und nichts ahnt von dem Kampf, den Mose für es kämpft.

Und so ganz nebenbei erfahren wir, dass Gott nicht einfach nur ein lieber Gott ist, der alles ab nickt, was die Menschen tun. Der gnädige Gott, von dem wir Christen so vertraut reden – das ist eine Errungenschaft. Errungen im Widerspruch gegen sich selbst, errungen zwischen Zorn und Reue und vermittelt durch einen, der keinen Vorteil für sich rausschlägt.

Ein Gipfelerlebnis – ganz wörtlich – hat Mose hier zu berichten.

Wir hören diese Geschichte am Sonntag Rogate. „Betet“ heißt dieser Sonntag heute und trägt uns als Grundton aller biblischen Texte dieses Sonntags diese Haltung an, vor Gott zu stehen wie Mose. Beterinnen und Beter sollen wir sein. Vermittelnde zwischen Gott und dem Leben; Vermittelnde bei denen, die ihn aus dem Blick verlieren würden. Die mit Gott nicht rechnen würden. Die die Freiheit, die er gewährt, missverstehen würden als Beliebigkeit oder Schwäche. Ver-mittlerinnen auch zwischen Gott und seiner Verheißung.

Wenn wir für andere beten, nehmen wir die Haltung des Mose ein, erinnern Gott an seine Retterkraft, treten ein für seine Menschen.

In jedem Gottesdienst tun wir’s ja am Ende, stehen wir vor Gott wie Mose. Jedes Fürbittengebet ein Gipfelerlebnis mit Gott.
Amen

Verfasserin: Pfarrerin Manuela Rimbach-Sator
Merianstraße 6, 55276 Oppenheim

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