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Das Abendmahl

von Martin Hecker (Bad König)

Predigtdatum : 01.04.2021
Lesereihe : III
Predigttag im Kirchenjahr : Gründonnerstag
Textstelle : Matthäus 26,17-30
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Wochenspruch: Er hat ein Gedächtnis gestiftet seiner Wunder, der gnädige und barmherzige Herr. (Psalm 111,4)

Psalm: 111 (EG 744)

Lesungen

Reihe I: 1. Korinther 11,(17-22)23-26(27-29.33-34a)
Reihe II: 2. Mose 12,1-4(5)6-8(9)10-14
Reihe III: Matthäus 26,17-30
Reihe IV: 1. Korinther 10,16-17
Reihe V: Lukas 22,39-46
Reihe VI: Johannes 13,1-15.34-35

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 213 Kommt her, ihr seid geladen
Wochenlied: EG 223 Das Wort geht von dem Vater aus
Predigtlied: EG 582 Lass uns Brot brechen und Gott …
Schlusslied: EG 216 Du hast uns Leib und Seel …

Predigttext Matthäus 26,17-30

17 Aber am ersten Tag der Ungesäuerten Brote traten die Jünger zu Jesus und sprachen: Wo willst du, dass wir dir das Passalamm zum Essen bereiten?
18 Er sprach: Geht hin in die Stadt zu einem und sprecht zu ihm: Der Meister lässt dir sagen: Meine Zeit ist nahe; ich will bei dir das Passamahl halten mit meinen Jüngern.
19 Und die Jünger taten, wie ihnen Jesus befohlen hatte, und bereiteten das Passalamm.
20 Und am Abend setzte er sich zu Tisch mit den Zwölfen.
21 Und als sie aßen, sprach er: Wahrlich, ich sage euch: Einer unter euch wird mich verraten.
22 Und sie wurden sehr betrübt und fingen an, jeder einzeln zu ihm zu sagen: Herr, bin ich's?
23 Er antwortete und sprach: Der die Hand mit mir in die Schüssel taucht, der wird mich verraten.
24 Der Menschensohn geht zwar dahin, wie von ihm geschrieben steht; doch weh dem Menschen, durch den der Menschensohn verraten wird! Es wäre für diesen Menschen besser, wenn er nie geboren wäre.
25 Da antwortete Judas, der ihn verriet, und sprach: Bin ich's, Rabbi? Er sprach zu ihm: Du sagst es.
26 Als sie aber aßen, nahm Jesus das Brot, dankte und brach's und gab's den Jüngern und sprach: Nehmet, esset; das ist mein Leib.
27 Und er nahm den Kelch und dankte, gab ihnen den und sprach: Trinket alle daraus;
28 das ist mein Blut des Bundes, das vergossen wird für viele zur Vergebung der Sünden.
29 Ich sage euch: Ich werde von nun an nicht mehr von diesem Gewächs des Weinstocks trinken bis an den Tag, an dem ich aufs Neue davon trinken werde mit euch in meines Vaters Reich.
30 Und als sie den Lobgesang gesungen hatten, gingen sie hinaus an den Ölberg.

Hinführung

Beim Gottesdienst am Gründonnerstag soll meiner Meinung nach nicht ausführliche Lehre im Zentrum stehen, sondern die gemeinsame Feier des Abendmahles. Es ist sehr zu hoffen, dass das am Gründonnerstag 2021 wieder möglich sein wird (ich schreibe diese Predigt im September 2020 während der Corona-Einschränkungen). Die Predigt darf sich dabei eher kurz fassen. Sie lässt sich übrigens noch weiter kürzen, indem der recht lange Predigttext als Schriftlesung genommen wird – gerade ein Abendgottesdienst wie an Gründonnerstag bietet Raum für liturgische Freiheiten.

Der Text enthält ungeheuer viel, eine Auswahl ist nötig. Ich habe mich dafür entschieden, die persönliche Dimension der Mahlfeier in den Blick zu nehmen. Was hat das Mahl mit mir konkret zu tun? Wie ist das mit meinem Verhältnis zu Jesus, der das Mahl gestiftet hat und dessen Gegenwart wir im Mahl feiern? Deshalb die Gliederung „bin ich’s?“ – „für euch“ – „mit euch“.

Die schwierige „Judas-Frage“ habe ich bewusst außen vorgelassen. Sie müsste sehr ausführlich betrachtet werden, auch die Verse vor unserem Abschnitt mit in den Blick nehmen (spätestens ab v 14) – vor allem aber würde sie zu einer distanzierten Betrachtung über Verrat und Schuld im Allgemeinen, über die Schuld eines andern, nämlich des Judas Iskariot (wie auch immer es dazu kommt) führen. Mir war aber wichtig herauszuarbeiten: Es geht hier nicht um andere, sondern um mich, um die Glieder der Gottesdienstgemeinde, persönlich.

Predigt

Eigentlich haben die Freunde von Jesus einen Abend erwartet, wie sie ihn kannten. So wie jedes Jahr. Die gewohnte Liturgie. Einen feierlichen und zugleich fröhlichen Abend. Einen Festabend zur Erinnerung daran, wie Gott sein Volk wunderbar errettet und befreit hat.

Aber dann redet Jesus von Verrat. Einer von ihnen wird es tun. Später sagt er noch mehr merkwürdige Dinge. „Nehmt. Esst. Mein Leib. Nehmt. Trinkt. Mein Blut.“ Das ist schwer zu schlucken und das ist so nicht vorgesehen im altvertrauten Ablauf dieses Abends, den jeder Jude kennt und der sich Jahr für Jahr wiederholt.

Und auf einmal ist es nicht mehr nur die alte Tradition. Nicht mehr einfach die feste Liturgie. Sondern etwas ganz Persönliches. Den Jüngern dämmert’s: Was hier geschieht, das geht sie persönlich an. Da geht’s um Jesus. Und um sie.

Abendmahl ist immer etwas ganz Persönliches, liebe Gemeinde. Viele schlaue Leute haben sich darüber den Kopf zerbrochen. Ihre Gedanken füllen ganze Bibliotheken. Vielleicht sitzen Luther und Zwingli im Himmel in irgendeiner stillen Ecke und diskutieren immer noch über das richtige Verständnis des Abendmahls. Nicht dass das jetzt noch wichtig wäre. Aber sie können’s einfach nicht lassen. Und auf der Erde diskutieren viele mit. Ich habe so manches Mal den Eindruck, dass all diese schlauen Gedanken auch dazu helfen können, das Geheimnis des Abendmahls nicht zu dicht an sich heranzulassen. Analysieren und diskutieren hilft ja, sich zu distanzieren.

Ich meine: Viel wichtiger als sich schlaue Gedanken übers Abendmahl zu machen, ist, dass wir es einfach feiern. Dass wir’s praktizieren. Dass wir uns auf das, was da geschieht, einlassen. Und merken: Das ist ja etwas ganz Persönliches. Da geht’s nämlich um mich. Und um Jesus.

An drei Stichworten will ich das deutlich machen. Genauer: An dreimal zwei Worten. Ganz persönlichen Worten. Zuerst: „Bin ich’s?“. Dann „Für euch!“ Und schließlich „Mit euch!“

(1) Bin ich’s?

Der Tisch ist feierlich gedeckt. Der Festsaal ist schön vorbereitet. Jesus legt sich mit seinen Jüngern zu Tisch. Und dann fängt er auf einmal an und sagt: „Einer unter euch wird mich verraten!“

Ich stelle mir vor, dass lähmende Stille einkehrt. Tiefe Betroffenheit. Und dass die Jünger sich erschrocken und ratlos anschauen.

Aber dann haben sie eben nicht überlegt und schon gar nicht gesagt: „Der ist’s!“ Oder „Jener wird gemeint sein!“ Die suchen die Schuld (die noch gar nicht geschehen ist) nicht bei den andern. Sondern einer nach dem andern fragt: „Herr, bin ich’s?“

Einer meiner Konfirmanden hatte mal ein T-Shirt an, da waren lauter unterschiedlich lange und unterschiedlich dicke Pfeile in unterschiedlichen Farben drauf gedruckt. Allerdings waren sie alle parallel und zeigten in die gleiche Richtung. Und mittendrin standen die Worte: „Der war’s!“

Klar doch. Der war’s. Oder die. Schuld sind doch immer die andern. Die Geschwister haben angefangen mit dem Streit. Die Eltern sind schuld am verpfuschten Leben. Die Umstände waren halt so. Die Medien sind schuld. Der Klimawandel. Die Politik. Und und und. Das ist schon seit Adam und Eva so. „Die Frau, die du mir gegeben hast“, sagt Adam. Und Eva schüttelt den Kopf und sagt: „Die Schlange war‘s!“

Da sind die Jünger viel weiter. Viel weiter auch als wir heute. Die suchen die Schuld nämlich nicht bei den andern. Sondern erst mal bei sich selbst. „Herr, bin ich’s?“ Jeder von ihnen hält sich wohl für fähig, diesen Verrat zu begehen.

Sehen Sie, beim Abendmahl sind nicht lauter rechtschaffene, hochanständige und besonders fromme Menschen versammelt. Sondern Abendmahl, das ist die Tischgemeinschaft der Sünderinnen und Sünder. Der Leute, die von Gott getrennt sind. Die immer wieder Schuld auf sich laden. Abendmahl, das ist die Tischgemeinschaft der Menschen, die Vergebung brauchen.

Und da geht’s nicht um die Schuld der andern. Sondern um die eigene. Um meine. Das ist eine ganz persönliche Sache. „Ich, ich und meine Sünden … Ich bin’s ich sollte büßen“ heißt’s in einem unserer Passionslieder (EG 84,3+4) Wohl den Menschen, die über dieses „ich“ irgendwann mal heftig erschrecken. Das kann ein heilsames Erschrecken sein.

Und das Tolle ist: Ich bin trotz meiner Schuld, ich bin mit meiner Schuld eingeladen an den Tisch von Jesus. Ich. Sie. Du. Ganz persönlich.

(2) Für euch!

Es ist ja kein Zufall, dass Jesus die Schuldfrage gerade an diesem Abend sozusagen auf den Tisch bringt. Sondern das, was jetzt geschieht und was in den nächsten Stunden geschehen wird, hat mit unserer Schuld, mit unserer Sünde, mit unserer Gottferne direkt zu tun.

Jesus wird keine 24 Stunden mehr leben. Die Evangelien berichten uns sehr detailliert all das, was dann geschieht. Aber jetzt, hier, beim Abendmahl, jetzt erklärt Jesus das, was bald geschehen wird. Jetzt, beim gemeinsamen Mahl, deutet er seinen Tod für seine Jünger.

Jesus greift den üblichen Ablauf der Mahlfeier auf. Und verändert ihn zugleich ganz radikal. Als er das Brot reicht, sagt er: „Nehmt, esst, das ist mein Leib.“ Später dann beim Weitergeben des Weinbechers: „Trinkt alle daraus, das ist mein Blut des Bundes, das vergossen wird für viele zur Vergebung der Sünden.“

Sünde muss vergeben werden, wenn sie nicht ewig zwischen uns und Gott stehen soll. Wenn sie mich nicht in Ewigkeit von Gott trennen soll. Und Vergebung, das kann niemand für sich selbst machen. So wie sich niemand an den eigenen Haaren aus dem Sumpf ziehen kann. Rettung muss von außen kommen. Vergebung kann mir nur von außen geschenkt werden.

Jesus erklärt hier die Vergebung zu seiner Sache. Da kümmert er sich drum. Und er greift bis in die Formulierung hinein zurück auf die Bibel, also aufs Alte Testament, wo es heißt: „Mein Knecht, der Gerechte, wird den Vielen Gerechtigkeit schaffen, denn er trägt ihre Sünden.“ (Jes 53,11) Und so wie damals beim ersten Passafest das Blut des Lammes, das an die Türpfosten gestrichen wurde, Leben gerettet hat – denn an diesen Häusern ging der Todesengel vorüber (2. Mose 12) – so erklärt Jesus jetzt bei diesem Passafest, dass sein Blut Leben retten wird.

Sünde ist tödlich. Deshalb will Jesus sie uns nehmen. Wegnehmen. Abnehmen. Auf sich nehmen. Und vergeben. Dafür zahlt er einen hohen Preis. Nämlich sein Leben. Seinen Leib, der zerbrochen, sein Blut, das vergossen wird. Unter dem geht es nicht. Es ist ein hoher Preis, der gezahlt wird. Aber das sind wir ihm wert.

Für Euch! Naja – hier im Matthäusevangelium steht das „für euch“ gar nicht. Da steht „für viele“. Aber genau das stellt uns doch vor die Frage: Für mich auch? Gehöre ich zu den Vielen? Bin ich jemand, der die frohe Botschaft von der Vergebung der Schuld durch Jesus für sich gelten lässt? Für sich annimmt? Ganz persönlich?

Dazu sind Sie, dazu seid Ihr alle eingeladen. Zu sagen: „Ja, Jesus, ich will das für mich persönlich hören. Ich will das glauben und mich daranhalten, dass du für mich gestorben bist. So dass keine Sünde mehr zwischen mir und dem heiligen Gott steht. Dass ich kommen darf in die weit geöffneten Arme des Vaters. Ich will dieses Geschenk annehmen und ich will mich von Herzen drüber freuen.“

Damit werden Sie eine oder einer von den Vielen. Und dann gilt eben, was Jesus nach andern Berichten ja auch gesagt hat: „für euch!“

Sie alle sind eingeladen, das nachher für sich zu hören und es sich persönlich zusagen zu lassen und es dann auch zu feiern: Für Euch! Mein Leib – für dich. Mein Blut – für dich. Ganz persönlich.

(3) Mit euch

Aus dem „für euch“ soll ein „mit euch“ werden. Vergebung hat ein Ziel. Wo Vergebung geschieht, ist nämlich wieder Gemeinschaft möglich.

Und diese Gemeinschaft nimmt Jesus noch in den Blick. Er weiß, dass er in wenigen Stunden sterben wird. Und er erklärt, warum das so geschehen muss. Aber er blickt auch schon über sein Sterben hinaus. Der Tod wird ihn nicht halten können.

„Ich werde von nun an nicht mehr von diesem Gewächs des Weinstocks trinken bis an den Tag, an dem ich von neuem davon trinken werde mit euch in meines Vaters Reich.“

Das ist das Ziel. Darauf läuft das alles hinaus. Jesus freut sich jetzt schon darauf, dass er im Himmel, in der Ewigkeit, in Gottes neuer Welt mit seinen Leuten anstoßen und ein fröhliches Festmahl feiern kann.

„Mit euch“, sagt er. Da sollt ihr mit dabei sein. Deshalb ist die Sache mit der Vergebung ja so wichtig. Damit wir dabei sein können in der Ewigkeit. Da eröffnet das Abendmahl einen ganz weiten Horizont.

Bei jeder Abendmahlsfeier – und wenn sie noch so schlicht und einfach und ernst und vielleicht sogar langweilig daherkommen mag – gibt uns Jesus einen Vorgeschmack auf dieses himmlische Freudenfest. Das Abendmahl weist uns darauf hin, dass der Auferstandene uns in seinem Reich erwartet. Sie und dich und mich. Persönlich. Und im Abendmahl ist der auferstandene Jesus heute gegenwärtig, sagt sich selbst zu in Brot und Wein, schenkt allen, die es annehmen, Vergebung und neues Leben.

Jesus hat mit seinen Freunden damals noch den Lobgesang gesungen. Das waren im Verlauf der Feier die Psalmen 113 bis 118. Am Ende also der 118. Psalm. Da heißt es unter anderem: „Ich werde nicht sterben, sondern leben und des Herrn Werke verkündigen.“ (v 17).

Das Abendmahl ist die Tischgemeinschaft der Sünderinnen und Sünder. Das Mahl der Vergebung. Die Feier des Lebens. Das Fest der Vorfreude auf das Reich Gottes.

Wohl bekomm’s! Gesegnete Mahlzeit!

Verfasser: Pfarrer Martin Hecker, Martin-Luther-Straße 9a, 64732 Bad König


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