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Das Friedensreich des Messias

von René Leudesdorff (Flensburg)

Predigtdatum : 26.12.2007
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Christfest 2. Feiertag
Textstelle : 2. Korinther 8,9
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Wochenspruch:

Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit.
(Johannes 1, 14)

Psalm: 96 (EG 738)

Lesungen

Altes Testament:
Jesaja 11, 1 – 9
Epistel:
Hebräer 1, 1 – 3( 4 – 6 )
Evangelium:
Johannes 1, 1 – 5 ( 6 – 8 ) 9 – 14

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 27
Lobt Gott, ihr Christen alle gleich
Wochenlied:
EG 23
Gelobet seist du, Jesus Christ
Predigtlied:
EG 36, 1.9-12
Fröhlich soll mein Herze springen
Schlusslied:
EG 42 (in Auswahl
Dies ist der Tag, den Gott gemacht

9 Ihr kennt die Gnade unseres Herrn Jesus Christus: obwohl er reich ist, wurde er doch arm um euretwillen, damit ihr durch seine Armut reich würdet.

Predigtvorschlag 1:

Liebe Gemeinde,
das sind wohl mit die schönsten Tage des Jahres: Der vorweihnachtliche Stress ist vergessen, der Heiligabend als Höhepunkt ist gefeiert, die Familienbesuche am 1. Feiertag sind vorüber – und nun endlich etwas Muße: Geschenke betrachten, Weihnachtspost lesen, in ein neues Buch sehen. Jedenfalls auch etwas Zeit für sich haben. Und am Tannenbaum neue Kerzen aufstecken! Noch brennen sie nicht, aber wenn es dämmert, kommt die Stunde, wo sie wieder angezündet werden. Denn bei Helligkeit bringt ihr Leuchten ja fast nichts.
„Einem ein Licht aufstecken“, damit meinte man früher: einem zur Einsicht verhelfen. Er sieht jetzt etwas ein, was ihm vorher nicht einleuchtete. Aber wie beim Tannenbaum gehört zweierlei dazu: Zuerst kommt die Kerze dran, also der Verstand. Und dann wird sie angezündet, also die Erleuchtung des Verstands. Genau so soll es jetzt mit dem Wort des Apostels Paulus gehen, das uns Weihnachten besonderer Seite her beleuchtet, 2. Korinther 8, 9:

9 Ihr kennt die Gnade unseres Herrn Jesus Christus: obwohl er reich ist, wurde er doch arm um euretwillen, damit ihr durch seine Armut reich würdet.

Fangen wir also mit der ersten Kerze an. Sie heißt: Wir sind schenkende Beschenkte. –
Ist das nicht so: Wochenlang rackern wir uns ab, überlegen, planen, denken: Was würde dem einen oder der anderen eine Freude bereiten? Was sagte ihm etwas über meine Wertschätzung für ihn? Was möchte, was kann ich dafür aufwenden?
So kreisen unsere Gedanken um diejenigen, die wir beschenken wollen. Jetzt etwa zu denken, was andere uns schenken werden – es wäre abwegig, und außerdem: Wer hätte Zeit dazu?
Ja, und dann kommt Weihnachten, und die Überraschung ist groß, beiderseits. Denn nun kommt es oft ganz anders als erwartet. Jetzt begreife ich, dass der andere ja schon längst von sich aus über mich nachgedacht hat. Und es taucht die Ahnung auf, wie wichtig ich ihm bin, wie lieb er mich hat. Und das führt vielleicht zu der Erleuchtung: Wir sind ja beschenkte Schenkende.
Da geht also unserem Verstand ein Licht auf, das uns viel weiter schauen lässt: Dass nämlich Weihnachten uns eines gelehrt hat: Bevor ich schenken kann, bin ich durch das Nachdenken des anderen schon beschenkt worden. Könnte das mir nicht mehr sagen über ihn, als ich ahnte? Und sogar mehr über den Sinn der Weihnacht überhaupt? Der unvergleichliche Paul Gerhardt hat es in seinem Lied „Ich steh an deiner Krippen hier“ so ausgedrückt:
„Da ich noch nicht geboren war, da bist du mir geboren und hast dich mir zu eigen gar, eh ich dich kannt’, erkoren.
Eh ich durch deine Hand gemacht,
da hast du schon bei dir bedacht,
wie du mein wolltest werden.“
Wir sind Geliebte, schon ehe wir zu lieben beginnen. Wir sind mit dem Leben Beschenkte, ehe wir zu denken beginnen. Wir sind sogar mit dem Glauben beschenkte, ehe wir zu glauben beginnen. Das ist die „Gnade Jesu Christi“, von der Paulus hier spricht. Und für uns ist es die erste Kerze, das erste Licht, das uns hier von ihm aufgesteckt und vom Geist Jesu angezündet wird.
Die zweite Kerze können wir so beschreiben: Es gibt einen arm machenden Reichtum. Ja, wer wüsste das nicht? Wir sehen es in den Medien, wir hören davon im Bekanntenkreis: Da kommen Leute zu Reichtum, die innen hohl sind, Stück für Stück ausgehöhlt von der Gier nach Geld und Glanz. Das Streben nach oben zur Macht, raubt ihnen ihre Menschlichkeit. Im Kleinen wie im Großen erleben wir das.
Doch unser Gewissen sagt: Auch uns macht unser relativer Reichtum blind. Wir verschließen die Augen gerne davor, dass wir mit unserem Wohlstand die Grundlagen des Lebens auf diesem Planeten stückchenweise zerstören: das Wasser, die Energiequellen, die Luft, die Tier- und Pflanzenwelt. Und dass unser Reichtum mit der Armut von Millionen Menschen eng zusammen hängt. Unsere Blindheit, unsere Lähmung zum konsequenten Handeln basiert auf unserem Wohlstand – und ebenfalls die Armut in der Dritten Welt. Gibt es eine Lösung?
Ja, es gibt sie! Denn es gibt einen ganz anderen „arm machenden Reichtum“: die Art von Reichtum, die Christus bewusst arm werden ließ. Das war und ist sein unerschöpfliches Reich-Sein: die Fülle der Liebe Gottes, den er seinen und unseren Vater nannte. Dieser Reichtum ist geradezu dafür da, geteilt und verschenkt zu werden! Nicht leichtfertig sondern aus tief mitempfindender Solidarität. Dieser wunderbar unendlich Reiche, der für sich selbst anspruchslos unter die Menschen ging, wurde und ist mit ihnen arm. Warum? Weil er für sie arm sein will. Und weil er sie in der Art reich machen will, wie er Reichtum versteht und lebt! Er setzt sich ihnen, ihren Krankheiten, ihren Verirrungen, ihren Gefährdungen und ihrer Isolierung aus, weil er sich für sie einsetzt – vor den Menschen und vor Gott.

Es gibt ihn also, diesen anderen, arm machenden Reichtum! Jesus hat ihn gelebt, hat ihn durchlebt, und er ist – das war am Ende der Preis – deshalb gestorben. Aber wenn es dabei geblieben wäre: es wäre ein sinnloser, fruchtloser Einsatz gewesen. Darum kommt nun die dritte Kerze, die erst aufgesteckt und dann angesteckt wird. Sie heißt: Es gibt eine reich machende Armut. In den Worten von Paulus: „...dass ihr durch seine Armut reich würdet.“
Viele Menschen im Christentum – Bettelmönche, Einsiedler, schweigend Meditierende – haben das missverstanden. Sie ahmten die Armut Jesu künstlich nach, um dadurch wie Jesus seelisch reich zu werden: Aber diesen Sonderweg, der nur wenigen möglich ist, hat Jesus nicht gewollt und Paulus nicht gemeint. Denn hier wird die Armut nur als Mittel zum Zweck gebraucht, um für sich selbst die Seligkeit zu erwerben. Im Prinzip ist das auch das Motiv von islamistischen Selbstmord-Attentätern, denen das sofortige Himmelreich versprochen ist.
Nein, die Gnade, die Christus gebracht hat und von der Paulus spricht, ist nicht von uns erworben sondern von Gott geschenkt. Und die reich machende Armut seines Sohnes ist niemals Selbstzweck sondern gilt immer dem Dienst an den Notleidenden. Wir werden durch Geben und Schenken niemals ärmer. Hat Weihnachten uns das nicht wieder gelehrt?
So also sagt die dritte, nun angezündete Kerze: Ja, es gibt eine reich machende Armut, auch in unserem normalen Leben. Zum Beispiel wenn wir erfahren, wie befreiend es sein kann, sich von liebgewordenem Besitz, von Bequemlichkeiten zu trennen – um anderer Menschen oder Lebewesen willen. Was um dieser Menschen willen, um Gottes und um Christi willen für Notleidende geschieht, darauf ruht ein Segen, eine Verheißung. Und manchmal erhältst du für das, was du eingesetzt hast, an anderer, unerwarteter Stelle in reichem Maße Segen zurück. Es hat Sinn und lohnt sich für einen selbst, Ballast abzuwerfen, um die Hände und die Seele frei zu haben für andere in leiblicher oder seelischer Not Dazu schenke Gott uns den Mut! Amen.

Predigtvorschlag 2:

Eine ganz andere Variante als „kleine Predigt für kleine Leute“ zum 2. Weihnachtstag:

Wer von uns kennt ihn nicht: den armen, kleinen, blonden Jungen aus New York, der wie durch ein Wunder zum reichen „kleinen Lord“ Fauntleroy in England wird. Und den reichen, steifen Großvater, der im Grund ein furchtbar armer Graf ist – weil ihm eins fehlt: die Liebe.
Und eben das schafft der kleine Kerl mit seiner wunderbar erfrischenden Art: Er weckt in dem alten Knochen die in ihm wohl vorhandene, aber zu Eis erstarrte Menschenliebe. Er taut sie auf und bringt sie zum Blühen. So wird am Ende dieses beliebten Weihnachts-Fernsehfilms auch der seelen-tote alte Mann ebenfalls reich. Reich an Liebe. Reich durch Liebe!
Aber das ist nicht alles an dieser märchenhaft weisen Geschichte. Sie gibt uns nämlich Antwort auf zwei wichtige Fragen – genau wie auch die Weihnachtsgeschichte der Bibel:
Frage eins: Woher hat der kleine Lord denn diese super-tolle Herzens-Liebe? Antwort: Sie kommt von seiner wunderbaren Mutter. Sie liebt ihren Sohn mit allen Fasern ihrer Seele, mit ganzer Hingabe. Das ist ihre Gottes-Gabe, von Gott ihr ins Herz gegeben – zum Weitergeben, nicht nur an den eigenen Sohn sondern auch an die armen Menschen im Dorf. Denen wendet sie sich zu. Denen schenkt sie ihre Zeit und Kraft. Das ist Hingabe!
Wir sollten die Geburts- und Lebensgeschichte des Jesus aus Nazareth, der Gottes große Liebe zu uns brachte, auch so lesen lernen: Diese Gottes- und Menschenliebe ist nicht einfach vom Himmel gefallen: Er hat sie auf dem Weg über seine Mutter, seine Eltern empfangen.
(Klammer auf: Und das rasende Elend unserer Tage, die Seelenwüste junger Menschen, kommt daher, dass Game-boy und Glotze und Computer eben nicht die Hingabe ersetzen, die sie von liebenden, mit ihnen herzens-verbundenen Eltern brauchen wie das tägliche Brot. – Klammer zu.)
Geliebt zu werden, nur um seiner selbst willen: das ist die seelische Grundnahrung,. Sie allein macht lebenstüchtig.
Und nun Frage zwei: Wohin führt die wunderbare Verwandlung des alten Grafen durch den kleinen Lord? Antwort: Sie führt zu seiner Menschlichkeit. Sie weckt sein soziales Gewissen.
Der alte Graf begegnet dem Elend der von ihm Abhängigen. Und er begreift seine Verantwortung ganz neu. Das nennt man: Umkehr durch Liebe. Sie führt – noch einmal das Merkmal der Weihnachtsgeschichte vom Heiligabend – zur Hingabe.
Jetzt sage einer: Das kommt aber in der Weihnachtsgeschichte nicht vor. Wie bitte? Sogar zweifach: Es sind ja die Hirten, die zu den ersten Gottesboten werden. Sie haben gerade die Friedensbotschaft von den Engeln empfangen. Und was machen sie? Sie machen sich auf zur Krippe, um sich zu überzeugen. Und was machen sie dann? Sie gehen in ihre Dörfer und erzählen davon. Ihre Hingabe besteht im Weitergeben, im Weitersagen.
Und noch einmal: Hingabe. Die Weisen aus dem Morgenland. Was machen sie? Sie legen ihre Ehrengaben vor dem Kind der Gottesliebe ab. Hingabe zur Ehre Gottes und Hingabe als Dienst an den Menschen – in Wort und Tat.
Die Geschichte vom kleinen Lord ist eine Art Weihnachts-Erzählung von heute. Nehmt sie, nehmt ihr Stichwort für Euch persönlich mit nach Hause: Hingabe. Hingabe bringt Leben! Amen.

Verfasser: Pfarrer i.R. René Leudesdorff, Marienhölzungsweg 60 B, 24939 Flensburg

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