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Das Geheimnis der Herkunft

von Christoph Mohr (64367 Mühltal)

Predigtdatum : 24.12.2011
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Heiligabend (Christvesper)
Textstelle : Jesaja 9,1-6
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Wochenspruch:

„Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit.“ (Johannes 1, 14 a)

Psalm: 2

Lesungen

Altes Testament: Jesaja 9, 1 – 6

Epistel: Titus 2, 11 – 14

Evangelium: Lukas 2, 1 – 14 (15 – 20)

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 64, 1 - 3 Der du die Zeit in Händen hast

Wochenlied: EG 23, 1 – 4 + 7 Gelobet seist du, Jesu Christ

Predigtlied: EG 36, 1.2 + 7 - 9 Fröhlich soll mein Herze springen

Schlusslied: EG 44, 1 - 3 O du fröhliche, o du selige

Einführung:

Zwischen Krippenspielen und der eher meditativ ausgerichteten Christmette findet die Christvesper statt, deren Zielgruppe in erster Linie Erwachsene sind.

Der Predigttext trägt die gesamte Spannung der Weihnachtsta-ge in sich: Sowohl die wunderbaren Verheißungen des Propheten Jesaja als auch die Dunkelheit, die an vielen Stellen der Erde zu greifen ist und ebenso bei manchem der Zuhörenden. Auch in Europa ist seit den Sommertagen das Wort „Krise“ aus keiner Nachrichtensendung herauszuhalten. Und man ahnt schon, dass am kommenden Werktag der wunderbare Rat in der Schuldenkrise fehlen wird und kein göttlicher Held eingreift, um die Hungersnot in Afrika zu lin-dern. Und doch werden Träume auch wahr und Menschen jubeln begeistert. Das konnten wir im zurückliegenden Jahr in Ägypten, Tunesien und zuletzt auch in Libyen sehen.

Gott kommt anders. Nicht als starker Held. Kein Super Bond. In einem Kind. Mit der Geburt des Kindes von Bethlehem beginnt Gottes neuer Weg mit uns Menschen mitten in der Nacht, ungeschützt in einem Stall, nicht nur von Hirten und Weisen besucht, sondern von Anfang an politisch verfolgt. Und obwohl der Weg des Jesus von Nazareth durch Tiefen menschlichen Lebens und Leidens geht, strömt von ihm bis heute ein Überschuss an Hoffnung, Liebe, Gelassenheit, Versöhnung und Mut aus. Das ist der tiefste Grund des Weihnachtsjubels. Dazu möchte ich die Predigthörenden einladen. Die Würdenamen, die Jesaja dem Neugeborenen gibt, stammen wahrscheinlich aus orientalischen Königsvorstellungen. Wenn auch die Verfasserschaft nicht wirklich geklärt ist, kann man davon aus-gehen, dass es im Text ursprünglich um die Charakterisierung eines konkreten, zukünftigen Königs geht. Die Perspektive der christlichen Gemeinde verändert das und lässt uns träumen, was sich mit dem Kommen Jesu ins Leben dieser Welt noch alles verändern kann. Jede und jeder ist aufgefordert, dem Neugeborenen selbst einen Namen des Vertrauens zu geben, vor allem aber sich dem Kind von Bethlehem so zu öffnen, dass Zuversicht und Begeisterung, Gerechtigkeit und Friede wachsen können.

Da der Text so angefüllt ist mit Bildern, dass man beim Zuhören kaum folgen kann, begrenze ich meine Predigtrede auf die Verse eins, zwei, fünf und sechs.

Predigt

Worte des Propheten Jesaja, Kapitel 9:

„1 Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht, und über denen, die da wohnen im finstern Lande, scheint es hell.

2 Du weckst lauten Jubel, du machst groß die Freude. Vor dir wird man sich freuen, wie man sich freut in der Ernte, wie man fröhlich ist, wenn man Beute austeilt.

5 Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter; und er heißt Wunder-Rat, Gott-Held, Ewig-Vater, Friede-Fürst;

6 auf dass seine Herrschaft groß werde und des Friedens kein Ende auf dem Thron Davids und in seinem Königreich, dass er's stärke und stütze durch Recht und Gerechtigkeit von nun an bis in Ewigkeit. Solches wird tun der Eifer des HERRN Zebaoth.“

Liebe Schwestern und Brüder,

große, verheißungsvolle Worte unserer Bibel stehen in unserem Weihnachtstext. Er ist erfüllt von Jubel und Freude. Da ist nicht nur ein leises Glückgefühl, da ist richtig Begeisterung. Wenn wir „O du fröhliche, o du selige, gnadenbringende Weihnachtszeit“ im vollen Chor dieser Gemeinde anstimmen, dann empfinde ich so eine jubelnde Freude. Ein Gefühl: der Schöpfer des Himmels und der Erde lässt dich nicht alleine. Auch die Menschen, die links und rechts neben dir singen, nicht. Ich spüre Hoffnung zwischen den hohen Tönen und die tiefe Einsicht: wir gehören zusammen, Gegenwart und Zukunft können nur durch Liebe gut gestaltet werden.

Sind Sie denn auch heute Abend so voll zuversichtlicher Erwartung in unsere Kirche gekommen? Mit echter Freude, wie Kinder, wenn sie Geschenke auspacken dürfen? Wie Eltern, die ein neugeborenes Kind in ihren Armen halten? Oder Familien, die sich an den Weihnachtstagen zu einem leckeren Festessen treffen?

Vielleicht kommen Sie eher nachdenklich, womöglich mit Sorgen. Ich weiß es nicht. Ausgangspunkt für den Propheten Jesaja ist ein Volk, das im Finsteren wandelt. Er spricht von einem Land, in dem Dunkelheit herrscht. Und schon tauchen all die Bilder des zurückliegenden Jahres in unseren Erinnerungen auf: Tsunami und Atomkatastrophe in Japan, hungernde Menschen im Osten Afrikas und Europa ringt um Stabilität, sucht geradezu verzweifelt nach Wegen aus der Schuldenkrise. Da ist von unseren ganz persönlichen Sorgen noch gar nicht die Rede. Aber Zeitungen, Internet und Fernsehen haben uns ohne Unterlass neue, bedrückende Nachrichten auf die Tagesordnung gesetzt. Wer konnte sich schon all diesen Bildern und Worten dauerhaft entziehen?

Ein Volk im Finsteren, eine Welt im Dunkeln. Aber unser Weih-nachtstext bleibt gerade nicht dabei stehen. Wir hören – trotz aller Krisennachrichten der Welt und der persönlichen Sorgen – von einem Überschuss an Freude, Hoffnung und Zuversicht: „Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht, und über denen, die da wohnen im finstern Lande, scheint es hell. Du weckst lauten Jubel, du machst groß die Freude. Vor dir wird man sich freuen, wie man sich freut in der Ernte, wie man fröhlich ist, wenn man Beute austeilt.“

Beute wollen wir nicht austeilen. Dann schon lieber Geschenke unter dem Weihnachtsbaum. Vor allem wäre es gut, wir hätten Tage voller Freude und Leichtigkeit, einer Zuversicht, die sich in Gott geborgen weiß. So ist unser Weihnachtswort beides: sehr realistisch gefüllt mit unserem Leben, aber vor allem beglückend erfüllt durch Gottes Handeln. Denn durch ihn kommt hoffnungsvolles Licht. Wir müssen nicht alles alleine schultern. Gott hält sich nicht aus der Welt heraus. Er wird Mensch. Steht an unserer Seite und will bei uns sein. Das ist die frohe Botschaft des Weihnachtsabends. So weckt Gott lauten Jubel. Er schenkt uns Freude und Leichtigkeit, die aufatmen lässt.

Während uns die Worte des Propheten mit Hoffnung erfüllen, ahne ich schon die kritischen Stimmen: „Schöne Gedanken am Heiligen Abend. Worte der Verheißung leuchten auf und verglühen wie mancher Rettungsschirm für den Euro.“

Deshalb lassen Sie uns noch einmal ganz genau hinhören: Woher kommt das Licht in der Finsternis? Neue Zuversicht? Mut?

Jesaja begründet seinen Jubel wahrhaft weihnachtlich: „Uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter; und er heißt Wunder-Rat, Gott-Held, Ewig-Vater, Friede-Fürst; auf dass seine Herrschaft groß werde und des Friedens kein Ende auf dem Thron Davids und in seinem Königreich, dass er's stärke und stütze durch Recht und Gerechtigkeit von nun an bis in Ewigkeit. Solches wird tun der Eifer des HERRN Zebaoth.“

Viele Begriffe, vielleicht geheimnisvoll und fremd oder weihnachtlich vertraut. Gleich schauen wir darauf. Doch vor allen Titeln steht als Erstes eine leicht verständliche Botschaft: uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben.

Natürlich, jede und jeder, der ein Kind geschenkt bekommen hat, weiß, was das für ein großer Moment im Leben ist. Da gehören neben den Schreien des Babys auch Glücksgefühle der Eltern und Großeltern hinzu. Nicht nur in den ersten Tagen. Wer heute Abend oder morgen mit Kindern Weihnachten feiern kann, wird sich auf die erwartungsvollen Augen freuen.

Aber die Christen, die die Worte des Propheten Jesaja lasen, dachten nicht an ihre eigenen Kinder. Sie dachten nur an das eine Kind, das Kind von Bethlehem, dessen Geburtsgeschichte wir im Evangelium gehört haben und dessen Geburtstag wir an Weihnachten feiern. Mitten in der Nacht, in der Dunkelheit des Stalls von Bethlehem, beginnt Gott noch einmal einen neuen Weg mit uns Menschen. Der Ewige wird sichtbar in einem Kind und bekommt eine Namen: Jesus, d. h. Gott rettet. Mitten unter uns lebt er, ist ansprechbar. Er machte Menschen glücklich und wies andere zurecht. Rief zur Umkehr und verpflichtete dazu, niemanden bei seiner Vergangenheit zu behaften.

So viel Liebe strömte von ihm aus, dass Menschen sich in seiner Nähe verändern konnten. Licht Gottes mitten im finsteren Lande. So finster, dass er in die Tiefen menschlichen Lebens und Leidens gezwungen wurde. Und doch, selbst von seinem Tod am Kreuz kommen noch Hoffnung und Zuversicht zu uns zurück.

„Uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben“, nicht nur Jesaja war begeistert und schrieb dem Neugeborenen einen Königstitel nach dem anderen zu: wunderbarer Ratgeber, mächtiger Held, ewiger Vater, Friedensfürst, deine Herrschaft wird durch Recht und Gerechtigkeit immer mehr wachsen. Auch uns Christen laden diese Namen zum Träumen ein. Was aus unserer Welt nicht alles werden könnte, wenn wir diesen Vater, Ratgeber und Friedensfürsten ernsthaft in unser Leben hinein lassen?

Friede in Israel, Friede in Palästina. Recht und Gerechtigkeit in Syrien und all den Ländern, die von einem Diktator unterdrückt werden. Lebensmöglichkeiten für die Menschen in Afrika und alle, die Hunger leiden. Wunderbarer Rat zur Lösung der Schuldenkrise in Europa. Hoffnung auf Ewigkeit für alle, die von der Vergänglichkeit, Krankheit und Tod bedrängt sind. Paare, die neu zueinander finden. Menschen, die ihren Streit begraben. Kinder und Eltern reden wieder miteinander. Junge Menschen gehen mutig in ihre Prüfungen. Und alte Menschen merken, dass sie nicht alleine sind. Die ganze Welt würde anfangen zu jubeln. So wie die Menschen in Ägypten, Tunesien und Libyen ausgelassen auf den Straßen und Plätzen gefeiert ha-ben, als ihr jahrzehntelanger Traum nach Freiheit in Erfüllung ging.

„Uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben“, und alle Hoffnungen, die mit diesem Kind verbunden sind, wollen am Heiligen Abend neu in unser Leben einziehen.

Wie sprechen Sie Jesus an?

Welchen Namen geben Sie ihm?

Wunderbarer Ratgeber, Friedensfürst, ewiger Vater?

Oder lieber: Christkind, Heiland, Erlöser, wahrer Mensch, Gottes Sohn?

Was auch immer wir für Namen finden, entscheidend ist, dass wir ihn ansprechen und einladen. Mit unseren Liedern heute Abend, unseren Gebeten hier in der Kirche und Zuhause. Er will in unser Leben hinein treten, in unserem Leben geboren werden und seine Kraft entfalten. Dir und mir will er sagen: „Hab keine Angst. Ich komme mit meinem Frieden in dein Herz und lasse dich nicht allein. Vertraue mir. Auch durch dich soll mein Frieden in dieser Welt wachsen.“

Wenn wir Weihnachten so feiern, dann werden wir nicht nur einige Stunden aus dem Alltag aussteigen, sondern auch in den kritischen Situationen unseres Lebens und den Krisen dieser Welt immer neu Gottes Licht entdecken. Wir werden neue Hoffnung finden und Mut für die Gestaltung von Gegenwart und Zukunft.

Und wenn dieser Friedensfürst in vielen Herzen geboren wird?

Dann kann es richtig hell werden in der Welt von morgen.

Ich wünsche Ihnen heute Abend einen Vorgeschmack solcher Freude. Amen


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