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Das Werk des Heiligen Geistes

von Gerhard Schäberle-Koenigs (Bad Wildbad-Aichelberg)

Predigtdatum : 12.05.2024
Lesereihe : VI
Predigttag im Kirchenjahr : Exaudi
Textstelle : Johannes 16,5-15
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Wochenspruch: "Christus spricht: Wenn ich erhöht werde von der Erde, so will ich alle zu mir ziehen." (Johannes 12,32)

Psalm: 27,1.7-14 (EG 714)

Predigtreihen

Reihe I: Epheser 3,14-21
Reihe II: Jeremia 31,31-34
Reihe III: Johannes 7,37-39
Reihe IV: Römer 8,26-30
Reihe V: 1. Samuel 3,1-10
Reihe VI: Johannes 16,5-15

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 501 Wie lieblich ist der Maien
Wochenlied: EG 128 Heiliger Geist, du Tröster mein
Predigtlied: EG 136 O komm du Geist der Wahrheit
Schlusslied: EG 164 Jesu, stärke deine Kinder

Predigttext: Johannes 16,5-15

5 Jetzt aber gehe ich hin zu dem, der mich gesandt hat; und niemand von euch fragt mich: Wo gehst du hin? 6 Doch weil ich dies zu euch geredet habe, ist euer Herz voll Trauer. 7 Aber ich sage euch die Wahrheit: Es ist gut für euch, dass ich weggehe. Denn wenn ich nicht weggehe, kommt der Tröster nicht zu euch. Wenn ich aber gehe, werde ich ihn zu euch senden. 8 Und wenn er kommt, wird er der Welt die Augen auftun über die Sünde und über die Gerechtigkeit und über das Gericht; 9 über die Sünde: dass sie nicht an mich glauben; 10 über die Gerechtigkeit: dass ich zum Vater gehe und ihr mich hinfort nicht seht; 11 über das Gericht: dass der Fürst dieser Welt gerichtet ist. 12 Ich habe euch noch viel zu sagen; aber ihr könnt es jetzt nicht ertragen. 13 Wenn aber jener kommt, der Geist der Wahrheit, wird er euch in aller Wahrheit leiten. Denn er wird nicht aus sich selber reden; sondern was er hören wird, das wird er reden, und was zukünftig ist, wird er euch verkündigen. 14 Er wird mich verherrlichen; denn von dem Meinen wird er’s nehmen und euch verkündigen. 15 Alles, was der Vater hat, das ist mein. Darum habe ich gesagt: Er nimmt es von dem Meinen und wird es euch verkündigen.

Predigt

I. Was für ein Trost?

Liebe Gemeinde,

Gott wurde Mensch. In der Gestalt seines Sohnes Jesu weilte er wie ein Menschenkind unter Menschen. Er nahm alles auf sich, was Menschen erleben und durchmachen. Als er geboren wurde, gab es keinen Raum in der Herberge. Und doch wurde er liebevoll umsorgt. Seine Eltern mussten mit ihm fliehen vor der Gewalt des Tyrannen. Er war wissbegierig. Schon als Kind wusste und verstand er viel. Als er erwachsen wurde, zeigte sich, dass er Großes vorhatte. Er wollte seinen Mitmenschen zeigen, wie Gottes Güte am Werk ist.

Er fand Freunde. Und bald auch Feinde. Sie stellten ihm nach. Und sie gewannen die Oberhand. Sie verbündeten sich mit den Machthabern, um ihn zu beseitigen.
Jetzt ist es bald so weit. Sie werden ihn umbringen.
Und er? Er sieht es kommen.
Er ist mit seinen Freunden zusammen. Es wird das letzte Mal sein. Auch sie ahnen schon Böses. Und sie wissen sich und ihm nicht zu helfen.
Und er? Er sieht ihre Angst. Schrecken ist in der Luft. Trauer erfüllt den Raum.
Er aber deutet das Schlimme, das kommt, ganz anders. „Es ist gut für euch, dass ich weggehe“, sagt er ihnen.
Soll das ein Trost sein?

Wir können es uns kaum vorstellen. Es ist uns geradezu undenkbar, einer Witwe, die um ihren Lebensgefährten trauert, als Trost zu sagen: „Es ist gut, dass er gegangen ist“. Niemand wird fassungslosen Eltern, die ihr Kind verloren haben, sagen „Es ist gut für euch“. Wir wissen ja auch, dass in solch einer Situation jeder Versuch zu trösten, schon hohl klingt, bevor er ganz ausgesprochen ist.
Aber Jesus sagt es seinen Freunden: „Es ist gut für euch, dass ich weggehe“.
Was soll daran gut sein?

Sie wissen nichts zu sagen. Sie können nicht einmal nachfragen. Verstummt hören sie ihm zu, gefangen in der Einsicht: „Vorbei!“ So fühlen sie sich. Was ihr Leben lebenswert gemacht hatte und sie voll Hoffnung erfüllt hat, zerrinnt ihnen zwischen den Fingern. Aber keiner wagt es auszusprechen oder Einspruch zu erheben. Nicht mal ein energisches Kopfschütteln ist zu sehen: „Was soll daran gut sein?“

II. Jesus und der Heilige Geist

So also redet Jesus weiter in die Stille hinein. Er spricht von einer großen Kraft. Diese Kraft hat viele Namen. Meistens nennen wir sie „Heiliger Geist“. Jesus gibt ihr zwei andere Namen. Er nennt sie „Beistand“ und „Tröster“. Er bringt den Heiligen Geist ins Spiel. Er nennt ihn Beistand, oder auch „den Tröster“.

Er kennt diese Kraft. Sie war in seinem Leben wirksam, schon immer. Sie war mitbeteiligt an dem großen Wunder, dass Gott Mensch wurde. Maria, Jesu Mutter, empfing ihren Sohn durch den Heiligen Geist. Und als Jesus sich von Johannes taufen ließ, kam der Heilige Geist wie eine Taube vom Himmel herab. Und danach führte er ihn in die Wüste, dorthin, wo der Teufel leichtes Spiel mit den Menschen hat. Auch Jesus war Mensch. Doch der Heilige Geist gab ihm Widerstandskraft. Er konnte den scheinheiligen und verführerischen Angeboten des Bösen widerstehen. Er ließ sich nicht vereinnahmen. Er reichte ihm nicht mal den kleinen Finger.

Diese Kraft, die Jesus erlebt hatte, diesen Beistand, sichert Jesus seinen Freunden zu. Ich werde ihn zu euch senden, wenn ich nicht mehr bei euch bin. Darum ist es gut, dass ich weggehe.

Was er ihnen damit verspricht, das ist kein armseliger Ersatz für sein leibhaftiges Dasein. Das ist viel Größeres.
Dieser Beistand, der Heilige Geist, ist unsterblich. Er ist nicht an einen Ort gebunden. Er ist nicht eingezwängt in die kurze Zeitspanne, die zwischen der Geburt und dem Sterben eines Menschen liegt. Seine Zeit ist die Ewigkeit. Sein Wirken spannt sich über den ganzen Erdkreis, bis an die Enden der Welt. Überall dort, wo Menschen in Jesu Namen zusammen sind, ist er da. Er steht ihnen bei. Er tröstet sie. Und er öffnet ihnen die Augen, so dass sie erkennen und begreifen: Der Fürst dieser Welt ist schon gerichtet, das Böse ist besiegt, seine Macht ist gebrochen.

III. Ihr werdet mündig sein

Wenn Jesus gegangen ist, dann werden seine Freunde selbst Wege finden müssen, die sie gehen können. Natürlich können sie sich an dem orientieren, was sie bei Jesus gesehen haben. Immer wieder, wenn sie vor einer Schwierigkeit stehen und nicht wissen, wie sie sich entscheiden sollen, werden sie sich fragen: „Was würde Jesus dazu sagen?“ Jesus stellt ihnen in Aussicht: Ihr werdet mündig werden. Freut euch darauf, auch wenn ihr jetzt traurig seid. Denn ihr könntet nicht mündig werden, wenn ich nicht von euch weggehen würde. Ihr würdet mit jeder Frage, die ihr nicht gleich beantworten könnt oder mit jeder Schwierigkeit, die sich vor euch auftürmt, zu mir kommen. Ihr würdet euch selbst nur wenig zutrauen.

Ich erzähle Ihnen die Geschichte einer Frau, die ganz unerwartet aus großer Trauer heraus mündig wurde.

Diese Frau hat ihren Mann verloren. Da war sie Anfang 60. Sie hatte gewusst, dass er sterben würde. Sie hat ihn lange Zeit während seiner todbringenden Krankheit gepflegt. Und dann war er nicht mehr bei ihr. Wie sollte sie jetzt ihr Leben meistern? So viel hatte er ganz selbstverständlich für sie beide erledigt. Er hat in Haus und Garten nach dem Rechten gesehen. Er hat die Steuer gemacht. Er hat das Auto rechtzeitig zum TÜV gebracht. Die Bankgeschäfte hat er erledigt.

40 Jahre lang hatte sie sich um all das nicht kümmern müssen. Und sie hatte auch keine Ahnung, wie das alles geht. Es war für sie ein riesiger, ein unüberwindlicher Berg, wenn sie daran dachte, dass sie sich jetzt um all das kümmern müsse. Mit den Aufgaben, die sie mit den Kindern gehabt hatte, war sie wunderbar klargekommen. Aber die Kinder waren erwachsen.

Wie sollte es jetzt überhaupt weitergehen?

Nach einer Zeit des Trauerns und des zögerlichen Abschiednehmens von den entbehrlichen Hinterlassenschaften ihres Mannes, gab sie sich aber einen Ruck. Sie wollte nicht aufgeben. Sie wollte alles, was jetzt an ihr allein hing, lernen. Und mehr noch. Sie besann sich, was sie alles mal konnte. Sie war eine hervorragende Klavierspielerin und sie sang gern. Sie war kontaktfreudig. Es fiel ihr immer noch leicht, ein Gespräch zu beginnen, auch mit völlig fremden Leuten. Sie stand gerne früh auf.

Auf all das und noch viel mehr besann sie sich und probierte aus, was davon noch in ihr schlummerte. Das war viel. Und davon wurde ihr Leben reicher, vor allem reicher an Lebensfreude. Und sie entdeckte und machte Sachen, die sie sich nie zugetraut hätte.

Und natürlich erledigte sie jetzt auch die Bankgeschäfte und kümmerte sich um die Steuer.

Was für ein Wunder nach der langen Zeit der Trauer, schon vor dem Tod ihres Mannes und erst recht danach. Sie kann inzwischen mit Leichtigkeit zeigen, was alles in ihr steckt. Sie hat einen großen Freundeskreis. Sie geht in mehrere Altersheime und beschert den Bewohnern fröhliche Stunden mit ihrem Klavierspiel und singt mit ihnen und sie singen mit. Auch diejenigen, die sonst kaum ein Wort hervorbringen können. Und wenn sie gefragt wird, ob sie bei einem Gottesdienst den Gesang begleiten könnte, sagt sie freudig ja und kein Weg ist ihr zu weit. Und manchmal kommt es sogar vor, dass sie gefragt wird, ob sie nicht auch gleich die Andacht übernehmen könne. Auch das traut sie sich jetzt zu.

Was für ein Wunder! Letztes Jahr feierte sie ihren 80. Geburtstag.

IV. Zuletzt: Freude, nicht Trauer

Ihr werdet mich bald nicht mehr sehen, sagte Jesus zu seinen Freunden. „Ihr werdet traurig sein“. Und er sagte ihnen auch dies: „Euer Herz soll sich freuen, und eure Freude soll niemand von euch nehmen“.

Der Evangelist Johannes hat diese Abschiedsworte Jesu aufbewahrt und aufgeschrieben. Er hatte dabei die vielen christlichen Gemeinden vor Augen, die in Resignation zu fallen drohten. Er wusste, wie es in den jungen christlichen Gemeinden aussah. Es war trostlos. Sie sagten: Wir sind alleingelassen. Wir wissen nicht mehr weiter. Wir verkümmern. Und wir werden verhöhnt. Mehr noch: Unser Glaube bringt uns in Gefahr. Viele wenden sich ab. Wir können nicht mehr. Wenn nur Jesus bei uns wäre wie in seinen Erdentagen.

Wir wissen: Jesus kann nicht so bei uns sein wie er bei seinen Freunden war. Es war eine glückliche Zeit, als sie durch Galiläa wanderten. Immer wieder erlebten sie, wie Jesus hoffnungslose Menschen aufrichtete.

Er ist nicht leibhaftig unter uns. Aber wir können uns an seinem Versprechen festhalten. Er wird denen, die in seinem Namen beieinander sind, seinen Heiligen Geist senden. Wenn wir ihm die Tür öffnen zu unseren Herzen, zu unseren Seelen und zu unserer Gemeinschaft, dann wird er seine Kraft entfalten und uns in alle Wahrheit einführen. Dann wird es geschehen, dass wir vor allem anderen unseren Reichtum sehen. Es sind die vielen wunderbaren Menschen in der Gemeinde, die einen großen Erfahrungsschatz vom Leben bei sich haben. Die tatkräftigen Menschen, die ganz in der Stille die Kirche in Ordnung halten. Oder die, die spüren, wenn ein Mensch Trost braucht. Und natürlich die Kinder, die sich begeistern für alles, was sie von Jesus erzählt bekommen. Und zur Wahrheit gehört auch, dass die Not in dieser Welt viele Menschen aus fernen Ländern zu uns getrieben zu uns getrieben hat. Sie bringen wertvolle Schätze des Glaubens aus ihrer Heimat mit. Auch das ist Teil unseres Reichtums als christliche Gemeinde. Der Heilige Geist wird uns die Augen und Herzen dafür öffnen.

Und es wird geschehen, dass wir einander zuhören, wenn wir nicht mehr weiterwissen. Wir werden auch die Geringsten unter uns ernstnehmen. Gerade sie liegen Jesus am Herzen. Und es wird geschehen, dass Freude aus unseren Augen leuchtet.

Darum bitten wir: O komm, du Geist der Wahrheit.

Amen.

Verfasser: Pfarrer i. R. Dr. Gerhard Schäberle-Koenigs, Bad Teinach-Zavelstein


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