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Der barmherzige Samariter

von Wolfgang Krauß (04509 Delitzsch)

Predigtdatum : 14.09.2003
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 11. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle : Lukas 10,25-37
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Wochenspruch:

Christus spricht: Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan. (Matthäus 25,40)

Psalm: 112,5-9

Lesungen

Altes Testament:
1. Mose 4,1-16a
Epistel:
1. Johannes 4,7-12
Evangelium:
Lukas 10,25-37

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 240
Du hast uns, Herr in dir verbunden
Wochenlied:
EG 343
Ich ruf zu dir, Herr Jesu Christ
Predigtlied:
EG 413
Ein wahrer Glaube Gotts Zorn stillt
Schlusslied:
EG 419
Hilf, Herr meines Lebens

25 Siehe, da stand ein Schriftgelehrter auf, versuchte ihn und sprach: Meister, was muss ich tun, dass ich das ewige Leben ererbe? 26 Er aber sprach zu ihm: Was steht im Gesetz geschrieben? Was liest du? 27 Er antwortete und sprach: »Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von allen Kräften und von ganzem Gemüt, und deinen Nächsten wie dich selbst.«
28 Er aber sprach zu ihm: Du hast recht geantwortet; tu das, so wirst du leben.
29 Er aber wollte sich selbst rechtfertigen und sprach zu Jesus: Wer ist denn mein Nächster?
30 Da antwortete Jesus und sprach: Es war ein Mensch, der ging von Jerusalem hinab nach Jericho und fiel unter die Räuber; die zogen ihn aus und schlugen ihn und machten sich davon und ließen ihn halb tot liegen. 31 Es traf sich aber, dass ein Priester dieselbe Straße hinabzog; und als er ihn sah, ging er vorüber. 32 Desgleichen auch ein Levit: Als er zu der Stelle kam und ihn sah, ging er vorüber. 33 Ein Samariter aber, der auf der Reise war, kam dahin; und als er ihn sah, jammerte er ihn;
34 und er ging zu ihm, goss Öl und Wein auf seine Wunden und verband sie ihm, hob ihn auf sein Tier und brachte ihn in eine Herberge und pflegte ihn. 35 Am nächsten Tag zog er zwei Silbergroschen heraus, gab sie dem Wirt und sprach: Pflege ihn; und wenn du mehr ausgibst, will ich dir's bezahlen, wenn ich wiederkomme. 36 Wer von diesen dreien, meinst du, ist der Nächste gewesen dem, der unter die Räuber gefallen war? 37 Er sprach: Der die Barmherzigkeit an ihm tat. Da sprach Jesus zu ihm: So geh hin und tu desgleichen!

Gedanken zur Predigtvorbereitung
Die Diskussionsszene in Lukas 10,25ff entwickelt sich von der theoretischen Feststellung, was wohl das Zentrum des Glaubens sei hin zum konkreten Fall und damit zur Praxis eines vom Glauben erfüllten Lebens. Die Darstellung der Auseinandersetzung bzw. des Streitgesprächs zwischen Jesus und dem Schriftgelehrten ist durch Lukas bearbeitet und geformt: Es geht ihm nicht allein um die Diskussion, ob ehrlich oder intrigant; es geht nicht um die bloße Schriftkenntnis, sondern um die Erfüllung des Wortes Gottes. Lukas 10,25ff ist durch das Einfügen der Erzählung vom barmherzigen Samariter eine „praktische“ Auslegung des Doppelgebotes der Liebe. Der Text ist geradezu bemüht, die Worte aus 5. Mose 6,5 und 3. Mose 19,18 mit Leben zu füllen und die Hörerinnen und Hörer zum Nachtun zu ermutigen.
Was wird uns also heute gesagt? Den ganzen Text in seiner Vielschichtigkeit zu predigen halte ich für unmöglich. Zum einen könnte man über das doppelschichtige wie verlogene Frage-Antwort-Spiel zwischen Jesus und dem Schriftgelehrten nachdenken, man könnte über Sinn und Unsinn von auswendig gelernter Glaubenslehre diskutieren oder aber die Brisanz der Hilfe gerade durch einen Samaritaner auf dem Hintergrund der damaligen Zeit herausarbeiten. Jeder Prediger wird eigene Schwerpunkte setzen. Und jeder kann auch in diese Lesepredigt seine eigenen Erfahrungen einbringen, wenn es darum geht, ganze praktische Möglichkeiten von Nächstenliebe aufzuzeigen.
Meine Überschrift für den Sonntag und die Predigt heißt: Aus Liebe wächst Leben.
Um eine etwaige „Überstrapazierung“ des Textes zu umgehen, schlage ich vor, die Übersetzung „HOFFNUNG FÜR ALLE“ zu benutzen.

Liebe Gemeinde,
die meisten von uns haben wohl im Laufe ihres Lebens einmal ein Poesiealbum besessen, das sie dann herumgereicht haben an Freunde, Lehrer und Eltern. Sie alle sollten etwas zur Erinnerung hineinschreiben.
Die schönsten Sprüche waren da zu lesen, die uns auf ihre Art etwas von der Weisheit des Leben kundtun sollten. Liebe, Treue oder Fleiß waren die Renner. Und wer weiß, was man einst selber alles in die Poesiealben der anderen geschrieben hat.
Poesiealben gibt es immer noch. Auch heute werden noch Lebensweisheiten und Worte der Zuneigung auf diese Art weitergegeben.
Stellen Sie sich vor, wir würden heute Jesus unser Poesiealbum hinreichen. Was bekämen wir zu lesen? Vielleicht das Thema des heutigen Sonntages: Denkt daran: Nur aus Liebe wächst Leben! Gott lässt uns heute eine wichtige Lebensweisheit lesen und hören, die im wortwörtlichen Sinn zum Leben verhilft:
Textlesung Lukas 10, 25 – 37 (HOFFNUNG FÜR ALLE)
25 Da stand ein Schriftgelehrter auf, um Jesus eine Falle zu stellen. «Meister», fragte er scheinheilig, «was muss ich tun, um das ewige Leben zu bekommen?» 26 Jesus erwiderte: «Was steht denn darüber im Gesetz Gottes? Was liest du dort?» 27 Der Schriftgelehrte antwortete: «Du sollst Gott, deinen Herrn, lieben mit deinem ganzen Herzen, von ganzer Seele, mit aller Kraft und deinem ganzen Verstand. Und auch deinen Mitmenschen sollst du so lieben wie dich selbst.» 28 «Richtig!» erwiderte Jesus. «Tue das, und du wirst ewig leben.» 29 Aber der Mann wollte sich damit nicht zufrieden geben und fragte weiter: «Wer gehört denn zu meinen Mitmenschen? Wie ist das gemeint?» 30 Jesus antwortete ihm mit einer Geschichte: «Ein Mann wanderte von Jerusalem nach Jericho hinunter. Unterwegs wurde er von Räubern überfallen. Sie schlugen ihn zusammen, plünderten ihn aus und ließen ihn halbtot liegen. Dann machten sie sich davon. 31 Zufällig kam bald darauf ein Priester vorbei. Er sah den Mann liegen und ging schnell weiter. 32 Genauso verhielt sich ein Tempeldiener. Er sah zwar den verletzten Mann, aber er blieb nicht stehen, sondern machte einen großen Bogen um ihn. 33Dann kam einer der verachteten Samariter vorbei. Als er den Verletzten sah, hatte er Mitleid mit ihm. 34 Er beugte sich zu ihm hinunter und behandelte seine Wunden. Dann hob er ihn auf sein Reittier und brachte ihn in den nächsten Gasthof, wo er den Kranken besser pflegen und versorgen konnte. 35 Als er am nächsten Tag weiterreisen musste, gab er dem Wirt Geld und bat ihn: ‘Pflege den Mann gesund! Sollte das Geld nicht reichen, werde ich dir den Rest auf meiner Rückreise bezahlen!’» 36 «Welcher von den dreien», fragte Jesus jetzt den Schriftgelehrten, «hat nach deiner Meinung Gottes Gebot erfüllt und an dem Überfallenen als Mitmensch gehandelt?» 37 Der Schriftgelehrte erwiderte: «Natürlich der Mann, der ihm geholfen hat.» «Dann geh und folge seinem Beispiel!» forderte Jesus ihn auf.
Der Herr segne an uns sein Wort. Amen.
Liebe Gemeinde, in den meisten Poesiealben kommen einige bekannte und beliebte Sprüche mehrfach vor. Manche von ihnen können wir auswendig. So ähnlich ist es mit der Geschichte vom barmherzigen Samariter. Wie oft haben wir vielleicht diese Geschichte vor Jahren in der Christenlehre gehört und dann gespielt oder ein Bild dazu gemalt? Wie oft haben wir uns die einsame, staubige Wüstenstraße vorgestellt, hinter deren Felsbegrenzungen die Räuber auf ihre Opfer lauern? Wie oft hatten wir als Kinder Mitleid mit dem armen Reisenden, als er nach dem Überfall auf der Straße lag, halbtot? Wie oft haben wir uns entrüstet über Levit und Priester, die einfach so vorübergehen? Und wie gut fanden wir dann, dass es wenigsten einen Menschen gab, der Mitleid hat und hilft? Und das Größte war, gerade der gehörte zu einem Volk, das ganz und gar kein Ansehen hatten!
Und als Erwachsene? Wie hören wir heute diese Geschichte vom barmherzigen Samariter? Vielleicht mit einem tröstlichem Durchatmen: Gott sei Dank, es gibt noch gute Menschen!
Möglichweise auch mit dem Blick auf die Gefahr, in die sich der Helfer begab, als er mutterseelenallein im Hoheitsgebiet der Räuber erste Hilfe leistet. Wäre unser Mut so groß, oder hätten wir lieber auf den Rat der Polizei gehört, sich nicht fahrlässig in Gefahr zu begeben und Hilfe zu holen?
Mag sein, wir sagen: So würde ich es auch machen. Menschen müssen sich helfen, wenn sie in Not sind. Barmherzigkeit und Nächstenliebe sind Werte, die wir dringend benötigen in unserer Welt, die viel zu viel von Stärke, Macht und Rücksichtslosigkeit beherrscht wird.
Unser Predigttext zeigt uns heute wieder einmal, dass solidarisches, mitmenschliches Handeln von Gott gefordert wird. Durch unser Tun erfüllt sich sein Wort. Allein aus einem Glauben, der von anderen Menschen auch als Zuwendung erlebt wird, erwächst Leben.
Jesus ist mit dem Pharisäer darüber im Gespräch und lässt den Schriftgelehrten auf seine eigene Frage „Wie erlange ich ewiges Leben?“ selbst antworten: Dazu gehören Gottes- und Nächstenliebe. Nun wissen wir, das Jesus viel und gerne über Gott und die Welt diskutiert hat, aber nicht um der Diskussion willen. Die Übereinstimmung mit den Gegnern ist ernst gemeint. Das Doppelgebot der Gottes- und Nächstenliebe sind die Antwort des jüdischen Glaubens auf die Frage nach dem Weg zum Leben. Und eine andere Antwort hat auch Jesus nicht. Aber Jesus macht aus der Theorie Praxis: „Handle danach, und du wirst leben!“
Das ist Anstoß und zugleich Warnung, die auch uns heute ins Poesiealbum geschrieben wird. Aus Liebe wächst Leben. Zu Jesus gehört man nicht schon dadurch, dass man die Regeln kennt. Zu Jesus gehört man durch die Liebe zum Nächsten.
Man kann Glauben so leben, dass man die Worte des Evangeliums als einen unerschöpflichen Vorrat an Lebensweisheiten benutzt, um darüber zu diskutieren und zu philosophieren. Jesus möchte aber die Menschen in ihrem Herzen ändern, ihre Sehnsucht nach Leben erfüllen. Darum sagt er: Tu das, und du wirst leben. Wissen allein genügt nicht. Reden auch nicht.
Und wer es theoretisch nicht begreifen will, wie der Schriftgelehrte, der bekommt auch die zweite Antwort ganz „praktisch“ gesagt. Auf die folgende Frage: „Wer ist mir denn nahe, mein Nächster?“ antwortet Jesus mit der Erzählung vom barmherzigen Samariter.
Wie gesagt, diese Geschichte gehört zum Fundus der vertrauten Erzählungen, die womöglich auch manchmal mit einem gewissen Überdruss gehört wird. Immer dasselbe. Wissen wir schon alles.
Aber denken wir doch schlicht, die ganze Sache ist gestern passiert, auf der alten Straße nach Jericho, im Grenzgebiet von Palästinensern und Israelis. In dieser ziemlich heißen Gegend ist ein Mensch überfallen worden, ein Pilger vielleicht oder ein Tourist oder ein Einheimischer, der nur einmal auf den Markt wollte. Er ist mal kurz aus seinem Auto ausgestiegen ist, um die schöne Aussicht auf das Georgs-Kloster zu genießen. Und da ist es passiert. Total ausgeraubt, schwer verletzt und mitten in der knalligen Sonne der Wüste liegengelassen. Ohne Wasser und ohne jede Möglichkeit, sich bemerkbar zu machen.
Das gab Schlagzeilen in der „Jerusalem Post“: „Überfall auf Unbekannten. Auf der Straße von Jerusalem nach Jericho wurde gestern von verschiedenen Zeugen ein Verletzter am Straßenrand aufgefunden. Ein Priester, auf dem Weg zum Flugplatz, ließ laut Protokoll anhalten, besichtigte den Tatort und entschied mit einem schnellen Blick auf die Uhr, seinen Termin wahrzunehmen. Denn nach eigenen Aussagen war er in der Pflicht, vor einem großen Tagungspublikum einen Vortrag über das Thema „Glauben heute“ zu halten.
Der wenig später eintreffende Levit war auf der Rückkehr von einer Konferenz. Er legte den Verletzten etwas günstiger. Und da er in den letzten Tagen viel gelernt hatte, überlegte er noch, ob der Fall in die Projektliste der Mission oder der Diakonie gehöre, machte ein Foto für die nächste Sammelaktion, hinterließ am Tatort eine Tagesration Verpflegung und eilte zur nächsten Sitzung.
Zum Glück für den Verletzten traf in letzter Minute ein Fremder am Tatort ein, der dem Mann das Leben rettete. Gegen die zwei Personen zuvor wurde Strafanzeige wegen unterlassener Hilfeleistung erhoben.“
Zugegeben, die Geschichte ist stark überspitzt, aber gar nicht weit weg von der Realität. Jeder hat sein Argument, wenn es um Hilfe oder Nicht-Hilfe geht. Finanzierungsprobleme überfallen sofort unser Denken. Rechnet sich das Ganze? Hat der Mann seine Chipkarte der Versicherung dabei? Man muss doch schließlich wissen, was man tut. Zuletzt bekommt man noch Vorwürfe, weil die wichtigsten Fragen nicht geklärt wurden.
Wissen Sie, was an dem Samariter so beeindruckend ist: Er ist so naiv, dass er über alle eventuellen Folgen überhaupt nicht nachdenkt. Stellen wir uns doch vor, was alles hätte noch passieren können! Vielleicht liegen die Räuber noch im Hintergrund und haben da nur eine Attrappe abgelegt, um später die Helfer auszurauben? Wir werden fast täglich vor solchen Methoden der Diebe gewarnt.
Eine Frau erzählte neulich von einer derartigen Erfahrung: Sie hatte sich eine schöne große Grünpflanze für ihre Wohnung gekauft. Und da die ihr sichtlich zu schwer war, ist ein netter junger Mann gekommen, um seine Hilfe anzubieten und die Pflanze ins Auto zu tragen. Darüber war die Frau sehr froh, denn sie hätte es allein wirklich nicht geschafft. Sie war auch froh, dass es noch solche netten jungen Leute gibt. Nur ein Fehler war dabei: Die Geldbörse mit sämtlichen Papieren, die sie auf den Vordersitz gelegt hatte, fehlte hinterher. Ihr Resümee: Man kann sich ja nicht mal mehr helfen lassen, geschweige denn helfen.
Warum übersieht der Samariter die Gefahren und gibt noch sein Öl, seinen Wein, sein Geld, nur um dem Verwundeten zu helfen? Warum lässt er sich nicht von seinen und anderer Erfahrungen leiten und ist erst einmal misstrauisch und vorsichtig? Warum sagt er nicht: „Was geht mich dieser Typ an? Ich habe keine Zeit. Ich habe Termine. Es wird sich schon jemand finden, der etwas tut.“
Der Samariter lässt das Unglück eines anderen Menschen in sich hinein. Was er sieht, geht ihm zu Herzen. Er leidet mit dem Verwundeten. Die Frage: Wer verdient meine Hilfe und wer nicht, wird gar nicht gestellt. Er fragt sich auch nicht: „Was habe ich davon, verdiene ich mir etwas damit?“
Der Samariter kommt dem Menschen, der Hilfe braucht, nahe und wird ihm dadurch zum Nächsten. Ein kleines Sätzchen in der Geschichte gibt die entscheidende Antwort: „Als er den Verletzten sah, hatte er Mitleid mit ihm.“ Er tat ihm leid. Das ist der ganze Grund, aus dem diese Geschichte lebt. Ein Mensch hat Mitleid mit einem anderen. Er will sich nicht hervortun als besonders gut. Er hat keinen Dienstauftrag. Und von diesem Fremden hätte man sowieso nichts erwartet. Dieser Samariter ist nur ein Mensch. Und ihm tut ein anderer Mensch in Not leid.
Das Mitleid ist entscheidend. Oder wie Martin Luther es in einer Predigt formuliert hat: „Die Nächsten sind die, die vor Gott zusammengehören, einer, dem es mangelt, und einer, der hilft; da bleibt es nicht bei Worten, sondern kommt in die Tat“.
Aus der Liebe wächst Leben. Aber zum Leben kommt man nach Jesus nur, wenn man die Frage nach der Praxis der Liebe stellt. Nur im Blick auf eigenes Handeln ist das Leben zu gewinnen.
Uns kann ein alter Mensch egal sein, oder er kann Anlass sein, dass wir uns ihm zuwenden. Man kann über einen Obdachlosen steigen, man kann ihn aber auch als einen Menschen sehen, der Hilfe braucht. Alles, was wir tun, ist von dem einen kleinen Wort „Mitleid“ her zu betrachten. Nur die wirkliche Hinwendung zum Menschen wird zum Leben verhelfen. Leben für uns - und Leben für die Hilfsbedürftigen, Kleinen und Schwachen. Aus Liebe wächst Leben.
Freilich: Wir leben in anderen Zeiten heute. Die Not der Welt schaut uns aus allzu vielen Gesichtern an und bleibt doch unvorstellbar groß und abstrakt. Und wann kommen uns schon in unserem Alltag einmal Menschen so nahe, dass wir ihre Not erkennen, dass uns Mitleid rühren könnte? Öffentliche Einrichtungen kümmern sich um die Hilfebedürftigen. Wir erleben heute weniger Leid und Tod zu Hause als es früher war. Unglück und Menschenleid begegnen uns eher distanziert als Annoncen, Zeitungsberichte oder Nachrichten in Radio und Fernsehen.
Aber, liebe Gemeinde, das Beispiel vom barmherzigen Samariter zielt nicht auf große Taten. Es überfordert uns nicht. Es geht eigentlich nur darum, dem Nächsten als Mensch zu begegnen und sich ihm zu öffnen. Vielleicht, wenn da einer völlig ausgepumpt am Wegrand unseres Lebens liegt und nur auf eine Minute Zuwendung hofft.
Und wie gut tut es uns selbst, sich immer wieder einmal zu öffnen oder öffnen zu lassen von Menschen neben uns. Mitleid ist keine Schande, sondern ein Zeichen von Menschlichkeit. Und das nicht nur zwischen Jerusalem und Jericho, sondern überall auf der Welt. Denn aus Liebe wächst Leben.
Am Ende ist das gar keine Geschichte mit moralischem Zeigefinger, was wir alles als Christen tun sollen und was sich gehört, sondern eine Erzählung, die einfach Mut macht zum Leben, zur Offenheit, zur Menschlichkeit. Denn wer das Leben finden will, muss nach Liebe suchen und Liebe geben.
Der kranke und alte Mensch, der dringend Hilfe braucht, das Kind, das sich nach Zuwendung und Geborgenheit sehnt, gewinnt durch unsere Nächstenliebe, durch unser Handeln und Tun Leben.
Und alle, die sich dem Leid zuwenden, gewinnen auch an Leben.
Wir alle finden Antwort auf die Frage des Schriftgelehrten: Was soll ich tun, um Leben zu gewinnen. Jesus gibt uns die Antwort: Habt Mitleid. Lasst euch ergreifen von der Liebe Gottes. Schaut euch den Samariter an. Und geht hin und macht es genau so. Aus Liebe wächst Leben. Amen.

Verfasser: Pfr. Wolfgang Krauß, Schlossstrasse 6, 04509 Delitzsch

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