Menü

Der dankbare Samariter

von Matthias Simon (39122 Magdeburg)

Predigtdatum : 24.08.2008
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 12. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle : 1. Thessalonicher 5,14-24
Wenn Sie diese Predigt als Word-Dokument erhalten möchten, tragen Sie bitte Ihre E-Mail-Adresse ein und klicken Sie auf "Abschicken"
Ihre E-Mail

Wochenspruch:

Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat. (Psalm 103,2)

Psalm: 146 (EG 757)

Lesungen

Altes Testament:
1. Mose 28,10-19a
Epistel:
Römer 8, (12-13) 14-17
Evangelium:
Lukas 17,11-19

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 454
Auf und macht die Herzen weit
Wochenlied:
EG 365, 1+3+8
Von Gott will ich nicht lassen
Predigtlied:
EG 295
Wohl denen, die da wandeln
Schlusslied:
EG 321
Nun danket alle Gott

14 Wir ermahnen euch aber, liebe Brüder: Weist die Unordentlichen zurecht, tröstet die Kleinmütigen, tragt die Schwachen, seid geduldig gegen jedermann. 15 Seht zu, daß keiner dem andern Böses mit Bösem vergelte, sondern jagt allezeit dem Guten nach untereinander und gegen jedermann.
16 Seid allezeit fröhlich, 17 betet ohne Unterlaß, 18 seid dankbar in allen Dingen; denn das ist der Wille Gottes in Christus Jesus an euch.
19 Den Geist dämpft nicht. 20 Prophetische Rede verachtet nicht. 21 Prüft aber alles, und das Gute behaltet. 22 Meidet das Böse in jeder Gestalt.
23 Er aber, der Gott des Friedens, heilige euch durch und durch und bewahre euren Geist samt Seele und Leib unversehrt, untadelig für die Ankunft unseres Herrn Jesus Christus. 24 Treu ist er, der euch ruft; er wird's auch tun.

Liebe Gemeinde,
die Worte des Apostels Paulus an die Christen in Thessalonisch sind auch an uns gerichtet.
Sein Wunsch für die Tessalonicher gilt auch uns: „Der Gott des Friedens mache euch heil und bewahre euren Geist samt Seele und Leib unversehrt, untadelig für die Ankunft unseres Herrn Jesus Christus.“
Diesem Wunsch kann ich mich sofort anschließen, den Mahnworten davor aber nicht. Sie haben mich geärgert. Ich würde am liebsten Paulus auch einen Brief schreiben. Der würde dann wie folgt lauten:
Lieber Paulus,
heute soll ein Abschnitt aus einem Deiner Briefe im Gottesdienst verlesen werden, und ich muss gestehen, das fällt mir wieder einmal nicht leicht.
Beim Lesen Deiner Zeilen war ich sofort in unguter Weise an meine Schulzeit erinnert.
Ein Foto erzählt davon. Es ist wohl am Anfang der 2. Klasse aufgenommen. Man sieht darauf 28 Kinder. 28 Kinder in weißen Hemden oder Blusen, die meisten mit einem Pionierhalstuch. Ich bin in der ehemaligen DDR zur Schule gegangen, musst Du wissen. Der Fotograf wird es nicht verlangt haben, aber vielleicht die Lehrerin. Immer zu zweit sitzen wir an einer Bank. Alle haben die Arme verschränkt. Alle schauen ernst in die Kamera, nur (Frau N.) die Lehrerin lächelt. Das Lächeln wirkt irgendwie künstlich. Eben ein Kameralächeln.
Der Ernst in den Kindergesichtern spiegelt vielleicht wieder, was mir meine Mutter auch gesagt hat: „Jetzt beginnt wieder der Ernst des Lebens!“ Die Schule, das ist ein Ort, wo es nicht so viel zu lachen gibt. Das war, Gott und einigen Lehrern sei Dank, nicht immer so. Im Grunde aber war Schule für viele von uns weniger ein Ort, an dem es Spaß machte. Es war weniger ein Ort, an dem ich mich frei entfalten konnte. Es war weniger ein Ort, wo die Lust am Lernen und Entdecken zu Hause war.
Die Schule, das war viel zu oft ein Ort, den ich mit Ermahnungen verbinde. Es herrschte der kategorische Ton vor und weniger der ermutigende. Und es konnte schon passieren, dass ein Schüler aus dem Unterricht rausgeworfen wurde, dass es einen Tadel vor der Klasse oder gar vor der versammelten Schule zum Fahnenappell gab. Mir tut das Herz weh, wenn ich daran denke, dass so Kinder klein gemacht wurden und die Freude am Lernen bei einigen ganz verschwand.
Heute hat sich Schule gewandelt. Und doch kenne ich immer noch zu viele Kinder, die wenig glücklich wirken, wenn es um Schule geht. Ich kenne auch heute noch Kinder, die gerade in diesen Tagen des Schulbeginns wieder Angst haben. Ich kenne Kinder, die die Ermahnungen der Lehrer und der Eltern nicht mehr hören können.
Lieber Paulus,
aus dieser Erfahrung und Beobachtung heraus, die manche Deiner heutigen Leser teilen, fällt es mir nicht leicht, Deine Worte meiner Gemeinde einfach zu verlesen.
Zu schnell könnten sie wie ich an den erhobenen Zeigefinger aus ihrer Schulzeit erinnert sein. Manche könnten gar sagen: „Das mag ich mir nicht mehr anhören. Ich bin längst erwachsen und möchte nicht gemaßregelt werden wie ein Kind.“
Zu oft hören sich nicht nur Deine Briefe, sondern auch die Schilderungen der Evangelisten mahnend an. Und der drohende Unterton ist nicht zu überhören.
Natürlich habe ich nachgeforscht, was Du mit Deinem Brief erreichen wolltest. Ich weiß, dass es Dir gelungen war, in Thessalonisch in kurzer Zeit eine Gemeinde zu gründen. Ich weiß auch, dass es zu erheblichen Spannungen mit der jüdischen Gemeinde kam und zum Streit mit der Stadtverwaltung.
Und ich denke, Du wolltest die Christen in Thessalonisch ermutigen, dass sie anders mit den Problemen umgehen sollen als üblich. Dass sie Fröhlichkeit ausstrahlen sollen trotz der Schwierigkeiten, dass sie durch ihr geschwisterliches Miteinander etwas vom Christsein ausstrahlen.
Das trifft wohl auch auf unsere heutigen Gemeinden zu. Natürlich wünsche ich mir mehr Fröhlichkeit miteinander. Natürlich möchte ich, dass wir nicht kleinlich miteinander sind. Natürlich möchte ich, dass Kirche für andere offen und einladend ist.
Aber ich glaube, lieber Paulus, das ließ sich damals nicht mit Mahnworten in einem Brief erreichen. Das lässt sich heute auch nicht durch eine Mahnrede in unserem Sonntagsgottesdienst bewirken.
Vielleicht müsste man ja Dein Ansinnen, was auch meines ist, ganz anders formulieren.
Ja, im Grunde ist es Dir ja selbst aufgefallen, und ich bin froh, dass Du am Ende ein ganz persönliches und liebevolles Wort gefunden hast:
„Er aber, der Gott des Friedens, mache euch heil und euren Geist samt Seele und Leib unversehrt, untadelig für die Ankunft unseres Herrn Jesus Christus. Treu ist er, der euch ruft; er wird’s auch tun.“
Diese finde ich die schönsten Sätze in Deinem Brief. Sie sind eine Ermutigung. Sie drücken das aus, was auch mir am Wichtigsten ist: Menschen sollen etwas vom Heilwerden erfahren. Und dieses Heilwerden bezieht sich nicht auf ein Gottesreich irgendwo irgendwann, sondern es ist schon jetzt spürbar.
Heilwerden ist spürbar, so würde ich den Leuten in meiner Gemeinde gern schreiben.
Ihr könnt es erfahren, denn Gott bewirkt es. Die biblischen Texte erzählen davon, wie etwa die Geschichte von Jakob. Dieser Jakob, bei dem die Beziehung zu seinem Bruder, zu seiner Familie alles andere als heil war, hat es erlebt: Er, der aus Schuld wegrannte und glaubte, nun Gottverlassen zu sein, erfuhr: Gott ist da. Ja, nie war er allein. Die Engel Gottes waren immer bei ihm. Trotz dem, was er getan hatte, wandte sich Gott nicht ab von ihm. Durch dieses Erleben konnte in ihm und schließlich in der Beziehung zu anderen etwas heil werden.
Diese alten Texte, die Du, lieber Paulus, kennst, haben so viel Kraft und zeigen viel mehr einen zugewandten und nicht einen ermahnenden oder gar drohenden Gott.
So hat unsere Katechetin in der Christenlehre früher von Gottes Liebe erzählt. Gern erinnere ich mich daran. Da waren wir oft nur wenige Kinder aus einer Klasse, die zusammen kamen. Wir hörten eben diese Geschichten und wussten, dass wir nicht allein waren.
Und wir lernten Jesus aus Nazareth kennen. Wir erfuhren, wie die Leute auf ihn gehofft hatten und wie andere ihn eher loswerden wollten. Das ist ihnen ja auch fast gelungen. Das Wichtigste, das wir entdeckten, war, dass wir versuchen können, ähnlich wie Jesus zu leben: dankbar für jeden Tag, für das Schöne, für den Reichtum des Lebens zu sein, mit anderen Geduld haben, auf Gewalt verzichten.
Das war oft ganz schön schwer, und oft haben wir auch nicht daran gedacht. Aber immer in der Christenlehre erlebte ich, dass es unserer Katechetin ganz gut gelang.
Sie hat nie geschrieen oder jemanden vor die Tür gesetzt oder mit irgendeiner Strafe gedroht wie die Lehrer in der Schule. Und wenn wir uns gestritten hatten, und das kam nicht selten vor, hat sie darauf gedrungen, dass wir uns am Ende im Kreis die Hand gaben. Dann hat sie uns den Segen Gottes zugesprochen.
Das hat mich sehr beeindruckt. Vielleicht ist das ein Grund, warum ich heute noch in der Gemeinde bin.
Wie schön ist es, wenn Menschen, wenn unsere Kinder das in unseren Gemeinden erfahren können! Wie schön ist es, wenn sie erleben: Egal, wie ich bin, egal, was hinter mir liegt und wo ich herkomme, ich bin willkommen! Ich brauche mich hier nicht zu verbiegen. Ich kann sagen, was mich bewegt. Das, was mich beschäftigt, was mich freut, was mich traurig macht, das wird gehört.
Auch wenn ich es oft schwer mit anderen habe und wenn es andere schwer mit mir haben, dann steht dennoch einer zu mir.
In diesem Glauben lasst andere wissen: Hier bei uns gibt es Kerzen, die wir entzünden im Glauben, dass Gott unser Gebet hört. In diesem Glauben lasst uns das Mögliche versuchen, geschwisterlich miteinander zu leben.
Und noch mehr lasst uns auf Gott vertrauen, der das Entscheidende bewirkt, denn treu ist er, der euch ruft.
Amen.

Verfasser: Gemeindepädagoge Matthias Simon, Greifenhagener Str. 3, 39122 Magdeburg

Herausgegeben vom

Logo Zentrum Verkündigung

Referat Ehrenamtliche Verkündigung
Markgrafenstraße 14, 60487 Frankfurt/Main,
Telefon: 069.71379-140
Telefax: 069.71379-131
E-Mail: predigtvorschlaege@zentrum-verkuendigung.de

in Kooperation mit dem

Logo Gemeindedienst der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland
Gemeindedienst der
Evangelischen Kirche
in Mitteldeutschland

Pfarrer Dr. Matthias Rost
Zinzendorfplatz 3 (Alte Apotheke), 99192 Neudietendorf
Telefon: 036202.7717-97

Logo MÖD – Missionarisch Ökumenischer Dienst
Pfarrer Thomas Borchers
Missionarisch-Ökumenischer Dienst
Westbahnstraße 4
76829 Landau
Telefon: 06341.928912
E-Mail: info@moed-pfalz.de