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Der erhöhte Christus - aktualisierte Fassung unter Berücksichtigung der Corona-Pandemie

von Friedhelm Jakob (Ludwigshafen)

Predigtdatum : 21.05.2020
Lesereihe : II
Predigttag im Kirchenjahr : Christi Himmelfahrt
Textstelle : Johannes 17,20-26
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Wochenspruch: Christus spricht: Wenn ich erhöht werde von der Erde, so will ich alle zu mir ziehen. (Johannes 12,32)

Psalm: 47,2-10 (EG 726)

Predigtreihen

Reihe I: 1. Könige 8,22-24.26-28
Reihe II: Johannes 17,20-26
Reihe III: Epheser 1,(15-20a)20b-23
Reihe IV: Daniel 7,1-3(4-8)9-14
Reihe V: Lukas 24,(44-49)50-53
Reihe VI: Apostelgeschichte 1,3-11

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 123 Jesus Christus herrscht als König
Wochenlied: EG 121 Wir danken dir, Herr Jesu Christ
Predigtlied: EG 420 Brich mit den Hungrigen dein Brot
Schlusslied: EG 153 Der Himmel, der ist

Predigttext Johannes 17,20–26

Jesus betet für seine Jünger

20 Ich bete nicht nur für sie, sondern auch für alle, die durch ihr Wort von mir hören und zum Glauben an mich kommen werden.
21 Ich bete darum, dass sie alle eins seien, so wie du in mir bist, Vater, und ich in dir. So wie wir sollen auch sie in uns eins sein, damit die Welt glaubt, dass du mich gesandt hast.

22 Ich habe ihnen die gleiche Herrlichkeit gegeben, die du mir gegeben hast, damit sie eins sind, so wie du und ich.
23 Ich lebe in ihnen und du lebst in mir; so sollen auch sie vollkommen eins sein, damit die Welt erkennt, dass du mich gesandt hast und dass du sie, die zu mir gehören, ebenso liebst wie mich.
24 Vater, du hast sie mir gegeben, und ich will, dass sie mit mir dort sind, wo ich bin. Sie sollen meine Herrlichkeit sehen, die du mir gegeben hast, weil du mich schon liebtest, bevor die Welt geschaffen wurde.
25 Vater, du bist gerecht. Die Welt hat dich nicht erkannt; aber ich kenne dich, und diese hier haben erkannt, dass du mich gesandt hast.
26 Ich habe ihnen gezeigt, wer du bist, und werde es weiter tun. So wird die Liebe, die du zu mir hast, auch sie erfüllen und ich werde in ihnen leben.

Liebe Gemeinde,

mit Weihnachten kommt Gott mitten unter uns: als Kind, als die offenbarte Liebe des Vaters, der seinen Sohn in die Welt gibt. (Joh. 3,16) Heute feiern wir nun die Himmelfahrt des Sohnes. Er verlässt unsere Erde. Und was bleibt? Allein die Himmelfahrt: Hin und weg? Das heutige Evangelium gibt uns dazu wichtige Fingerzeige.

„Und er hob seine Augen auf zum Himmel …“
So beginnt das 17. Kapitel des Johannesevangeliums. So beginnt Jesu Fürbitt-Gebet, das Johannes bewusst vor den Anfang der Passionsgeschichte Jesu stellt.

„Und er hob seine Augen auf zum Himmel …“
Beim Lesen dieser Zeile fiel mir sofort eine wunderbare Sommernacht im letzten Jahr ein. 5 Freunde waren es, alle 60 plus. Gestandene Kerle könnte man sagen, die den Tag mit dem Errichten eines Zaunes verbracht hatten. Nun saßen sie zusammen bei einem Bier und erzählten dies und das. Plötzlich meinte einer: „Was für ein Himmel!“ Und alle hoben ihre Augen auf zum Himmel und staunten: Welch schöner Anblick! Und alle fünf waren der Meinung: einen solch wunderbaren Sternenhimmel zumindest in der Pfalz noch nie gesehen zu haben. Lange schauten die fünf schweigend nach oben: der Katholik, der Protestant, der Atheist … Zusammen und jeder für sich und lange verweilend bei den je eigenen Gedanken. Welch wunderbarer Anblick!

Wie eindrücklich war dieser Blick! Wie klein fühlte sich jeder einzelne unter diesem Sternenhimmel: ein Sandkörnlein und irgendwie doch wichtig: hinein genommen in das weite Weltengeschehen.

„Und er hob seine Augen auf zum Himmel…“
Jesu Blick nach oben, mit dem das 17. Kapitel beginnt, wendet sich aber sogleich wieder mitten hinein in diese Welt. Er bittet nämlich für die, die jetzt noch mit ihm in Gemeinschaft zusammen sind. Er bittet für die, die er bald verlassen wird. Er bittet für seine Jünger. Und! Er bittet für uns: „Ich bitte aber nicht allein für sie (seine unmittelbaren Gefährten), sondern auch für die, die durch ihr Wort an mich glauben werden.“ (Vers 20) Und das ist niemand anderes als wir, die wir das Wort der Gefährten durch alle Zeiten hindurch hören, bewahren und tun … oder besser: hören sollen, bewahren sollen und tun sollen. Ein eindrückliches und hoch sensibles Fürbittgebet für die Menschen damals und für uns heute.

„Und er hob seine Augen auf zum Himmel …“ und schaut um sich und bittet den Vater im Himmel, dass sie, dass wir „eins seien“. Viermal spricht er dies aus!
„Ut unum sint…“ (auf dass sie eins seien …) steht in der Eingangshalle des fast 1000 Jahre alten Domes zu Speyer. Ich bleibe bei diesem Gedanken des Textes hängen, frage mich, was ist gemeint? Sind wir abtrünnig, weil gespalten in so viele Konfessionen, Gemeinschaften, christlichen Vereinigungen. Heißt eigentlich „eins sein“, miteinander in allem identisch sein? Im Text bleibt Vater Vater und Sohn Sohn. Das bedeutet doch hier schon Verschiedenheit in der Einheit. Der verstorbene Kardinal Karl Lehmann nannte das einmal „Solidarität des Verschiedenen“. Und unser Kirchen-präsident Christian Schad spricht gerne und immer wieder von der „versöhnten Vielfalt“. Und in all dem gilt, was unser Eingangslied (EG 268) am Ende mit Nachdruck betont: „Wir sind eins durch ihn.

Tatsache ist, dass Christen seit frühen Zeiten unterschiedliche Auffassungen über das Christsein hatten. Da gerieten schon Petrus und Paulus in Auseinandersetzung. Petrus war der Meinung, nur jüdisch glaubende Menschen können auch Christen werden, während Paulus vehement für die Heiden stritt, die ebenfalls Zugang zu Christus haben sollten. Und diese unterschiedlichen Auffassungen werden sich über Jahrhunderte fortsetzen. Verschiedene Kulturen machen verschiedene Wesensarten des einen Christseins aus. Wir Europäer feiern anders Gottesdienst als unsere Geschwister in Afrika. In dieser Unterschiedlichkeit liegt keine Last, son-dern ein ganz großer Schatz an Glaubensweisheit und Glau-bensstil.

Entscheidend ist sehr wohl, wie die Unterschiedlichkeit gelebt wird: Mit Feuer und Schwert wie in vielen unzähligen Kriegen oder in sorgsamem Umgang miteinander: im Hören, Wahrnehmen und Verstehen des anders Glaubenden. Wollen wir das Eigene mit Macht durchsetzen oder im gemein-samen Gebet füreinander und miteinander nach besten We-gen suchen?

Mir hat ein Pfarrer kürzlich ein kleines Erlebnis erzählt, das banal erscheint und doch bedeutsam ist. Mit dem früheren katholischen Pfarrer in seiner Gemeinde sei in Sachen Ökumene nichts anzufangen gewesen. Kam ein Brautpaar, lehnte er eine ökumenische Trauung barsch ab, fragte der Rektor der Grundschule nach einem ökumenisch gestalteten Schulanfangsgottesdienst, war er zu nichts zu bewegen. Dass hinter dem Wunsch des Paares und des Rektors die Wertschätzung des christlichen Glaubens an sich steht, habe dieser Mann nie verstanden.

Dagegen habe dieser Pfarrer kürzlich ein ganz anderes Erlebnis gehabt. Wieder habe ihn ein Paar nach einer öku-menischen Trauung gefragt. Der katholische Kollege war ihm unbekannt. Man habe miteinander telefoniert. Es sei ein sehr gutes, konstruktives Gespräch gewesen – inhaltlich und wertschätzend in der Art. Man kam problemlos zur Verteilung der Aufgaben, ehe der katholische Kollege zum Abschluss gesagt habe: „Ich freue mich auf die Gemeinschaft mit ihnen“.

Ökumene, wie sie eben ganz verschieden gelebt werden kann: distanziert ablehnend oder aufeinander zugehend. Was sich der fürbittende Jesus in unserem heutigen Text wohl gewünscht hätte? „Und wir sind eins durch ihn“. (EG 268)

„Und er hob seine Augen auf zum Himmel …“, so begann der heutige Predigttext und er endet mit den eindrücklichen Worten: „Und ich habe ihnen deinen Namen kundgetan und werde ihn kundtun. Damit die Liebe, mit der du mich liebst, in ihnen sei und ich in ihnen.“

Was sich gerade eben zum Leben mit unterschiedlichen Auffassungen über das Christsein noch recht theoretisch angehört hat, wird am Ende ganz praktisch. Das messbare Kriterium wahren Christseins ist auch hier die Liebe als das „Band der Vollkommenheit“ (Kolosser 3,14), wie es Paulus einmal nennt. Oder wie wir im 1. Johannesbrief nachlesen können: „Gott ist die Liebe und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm.“ (1. Joh 4,16b).

„Und er hob seine Augen auf zum Himmel…“, so der Textanfang. Und ich sage dazu als Himmelfahrtsslogan: Himmelfahrt oder auch Himmelsblick – auf die Erdung kommt es an! Der Maßstab ist uns gegeben: die Liebe.
(Hier könnte das eine oder andere aktuelle Beispiel vor Ort eingefügt werden. Wenn möglich aus dem Erfahrungsschatz der Corona-Zeit.)

In aller Verschiedenheit wird es darauf ankommen, wie wir miteinander umgehen: rechthaberisch, allein selbstbezogen, herrisch oder kommunikativ, einfühlsam, miteinander nachdenkend. Am Ende wird stehen, ob wir unser christliches Tun in kleinen wie in großen Dingen von der Liebe bestimmen lassen. Dann trägt unser Tun hier auf Erden den göttlichen Funken des himmlischen Vaters in sich (Vers 25). Und nur dann machen wir unser „eins sein durch ihn“ sichtbar und spürbar.

Das Gesagte gilt übrigens auch für die fünf Freunde, die den Himmel im Pfälzer Wald so nachdrücklich bewunderten. Auch ihr Blick in den Himmel muss geerdet werden, wenn es nicht allein ein schönes Moment der Erinnerung bleiben soll. Werden sie sich vom wunderbar funkelnden Himmels-zelt bewegen lassen zu liebevollem Umgang in ihren Familien, in ihren Freundeskreisen, in ihren gesellschaftlichen Vereinigungen?

In diesem Geiste lassen sie uns miteinander singen: „Brich mit dem Hungrigen dein Brot …“ (EG 420)
AMEN

(Das Folgende kann sozusagen als Anhang verwendet werden.)
Bei diesem Schlussgedanken zu unserem heutigen großen Fürbittgebet Jesu fällt mir noch etwas ganz Besonderes ein. Das christliche Fest „Christi Himmelfahrt“ muss immer mehr Platz machen dem sogenannten „Vatertag“. Viele Männer ziehen heute hinaus, machen feucht-fröhlich einen drauf und kehren nicht selten am Abend leicht verdreht zurück. Sollen sie, nichts dagegen, wenn es dem Wohle aller dient.

In unserem Text heute geht es auch um eine Männerbeziehung, eine Beziehung zwischen Vater und Sohn. Wie wäre es eigentlich, wenn Christi-Himmelfahrt zu einem Vater-Sohn-Tag wird? Ich will kein schlechter Prophet sein, aber harkt es nicht in so mancher Väter-Sohn-Beziehung! Wäre da dieser Feiertag nicht ein guter Anlass, sich einfach gegenseitig Zeit zu nehmen? Dinge zu sagen, die vielleicht im Verborgenen schwelen? Wäre es nicht gut Vergangenes anzusprechen und Zukünftiges gemeinsam zu planen? Ein oder auch zwei Bier dürfen da schon als Schmiermittel dabei sein. Die bewegende Kraft für solches Gespräch könnte aber der letzte Satz unseres Textes sein: „Und ich habe ihnen deinen Namen kundgetan und werde ihn kundtun. Damit die Liebe, mit der du mich liebst, in ihnen sei und ich in ihnen.“

Gute Aussichten an Himmelfahrt, bei der es eben auf die Erdung ankommt.
AMEN

Verfasser: Pfarrer Friedhelm Jakob, Ludwigshafen


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