Menü

Der Freudenmeister

von Martin Bender (55128 Mainz-Bretzenheim)

Predigtdatum : 16.01.2000
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 2. Sonntag nach Epiphanias
Textstelle : 1. Korinther 2,1-10
Wenn Sie diese Predigt als Word-Dokument erhalten möchten, tragen Sie bitte Ihre E-Mail-Adresse ein und klicken Sie auf "Abschicken"
Ihre E-Mail

Wochenspruch:

Das Gesetz ist durch Mose gegeben; die Gnade und Wahrheit ist durch Jesus Christus geworden. (Joh 1,17)

Psalm: 105,1-8

Lesungen

Altes Testament:
2. Mose 33,17b-23
Epistel:
Römer 12, (4-8) 9-16
Evangelium:
Johannes 2,1-11

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 67
Herr Christ, der einig Gotts Sohn
Wochenlied:
EG 5
oder EG 398
Gottes Sohn ist kommen
In dir ist Freude
Predigtlied:
EG 72
O Jesu Christe, wahres Licht
Schlußlied:
EG 562
Segne und behüte

1 Auch ich, liebe Brüder, als ich zu euch kam, kam ich nicht mit hohen Worten und hoher Weisheit, euch das Geheimnis Gottes zu verkündigen. 2 Denn ich hielt es für richtig, unter euch nichts zu wissen als allein Jesus Christus, den Gekreuzigten. 3 Und ich war bei euch in Schwachheit und in Furcht und mit großem Zittern; 4 und mein Wort und meine Predigt geschahen nicht mit überredenden Worten menschlicher Weisheit, sondern in Erweisung des Geistes und der Kraft, 5 damit euer Glaube nicht stehe auf Menschenweisheit, sondern auf Gottes Kraft.
6 Wovon wir aber reden, das ist dennoch Weisheit bei den Vollkommenen; nicht eine Weisheit dieser Welt, auch nicht der Herrscher dieser Welt, die vergehen. 7 Sondern wir reden von der Weisheit Gottes, die im Geheimnis verborgen ist, die Gott vorherbestimmt hat vor aller Zeit zu unserer Herrlichkeit, 8 die keiner von den Herrschern dieser Welt erkannt hat; denn wenn sie die erkannt hätten, so hätten sie den Herrn der Herrlichkeit nicht gekreuzigt. 9 Sondern es ist gekommen, wie geschrieben steht (Jesaja 64,3): »Was kein Auge gesehen hat und kein Ohr gehört hat und in keines Menschen Herz gekommen ist, was Gott bereitet hat denen, die ihn lieben.« 10 Uns aber hat es Gott offenbart durch seinen Geist; denn der Geist erforscht alle Dinge, auch die Tiefen der Gottheit.

Liebe Gemeinde!
Unser Text, über den wir heute gemeinsam nachdenken, handelt von der Predigt. Was soll ein Prediger über die Predigt predigen? Es klingt schon etwas paradox.
Je nach Situation der Gemeinde: Wir wissen alle, daß Gemeinden ohne Pfarrer, ohne Prediger, die das Wort Gottes auslegen, sehr arm dran sein können.
Oder der Pfarrer ist so überlastet, daß er einfach auch gelegentlich Unterstützung durch Vertretung braucht.
Vielleicht kennen Sie es noch aus eigener, gar nicht so alter Erfahrung, wie es ist, wenn man einen neuen Pfarrer sucht. Dazu gibt es eine alte Geschichte, die zu unserem Thema paßt. Ich weiß nicht, ob einige sie schon kennen. Trotz dieser Möglichkeit will ich sie vorlesen:
Eine Gemeinde suchte einen neuen Pfarrer. Der Kirchenvorstand war sehr kritisch und anspruchsvoll und hatte so seine Vorstellungen, wie der neue Pfarrer sein sollte. So hatte er schon eine Reihe von Bewerbern abgelehnt:
Der eine predigte nicht gut genug, der andere besaß nicht die erforderliche Würde im Auftreten, der dritte hatte eine zu eigenwillige Theologie ...
Der Vorsitzende war verzweifelt. Und als wieder einmal ein Bewerber keine Gnade vor den strengen Augen des Gremiums gefunden hatte, meinte er: da habe ich hier nur noch eine Bewerbung, aber die klingt mir auch nicht sehr vertrauenerweckend.
Der Mann schreibt:
Leider sei er nicht gesund, seine Krankheit habe ihm in der Gemeindearbeit schon manches Mal ernstlich zu schaffen gemacht. Und auch sonst sei er nicht gerade das Ideal eines Gemeindepfarrers. Trotz seiner reichen Erfahrung habe er es nie lange in einer Gemeinde ausgehalten; einmal seien es immerhin drei Jahre gewesen. Er habe auch immer wieder Streit mit Amtskollegen und innerkirchlichen Gruppen bekommen. Organisation sei auch nicht seine Stärke, auch nicht sein Gedächtnis, er habe schon mehrfach vergessen, wen er getauft habe.
Trotzdem habe er Anlaß zu glauben, er sei ein guter Theologe und Prediger, und er glaube auch den Heiligen Geist zu haben. Und wenn diese Gemeinde es mit ihm versuchen wolle, dann wolle er ihr dienen, so gut er könne.
Der Kirchenvorstand war in seltener Einmütigkeit hell empört. Wie kann ein so kränklicher, offenkundig streitsüchtiger und gedächtnisschwacher Mann es wagen, sich hier zu bewerben! - Man war sich einig, ihn gar nicht erst zur Vorstellung und zur Probe-Predigt einzuladen.
Der Vorsitzende schloß mit einem tiefen Seufzer die Akten. “Ich habe mir das schon so gedacht” meinte er. “Aber sie sollen doch wenigstens den Namen dieses beklagenswerten Menschen erfahren. Es ist nämlich der Apostel Paulus.”
So weit diese Geschichte.
Hier in unserem heutigen Text stellt er sich mit seinen eigenen Worten vor. Hier sagt er uns, worauf es nach seiner Erfahrung ankommt.
Es sind nicht die hohen Worte, die perfekte Theologie, sondern bei der Verkündigung geht es um mehr: Es ist die Glaubwürdigkeit dessen, der das Wort verkündigt und auslegt. Natürlich muß die Theologie stimmen, aber sie darf nicht alles be-stimmen.
Hier stellt sich für uns als Prediger die Frage, ob wir selbst Gnade finden vor den Augen und Ohren der Gemeinden. Und gerade dies ist nicht das Wesentliche. Wesentlich ist, ob wir Gnade finden vor Gottes Angesicht und vor seinen Ohren, wenn wir sein Wort verkündigen und auslegen. Es gibt Prediger, von denen man sagt, daß sie aus Vollmacht predigen. Und was ist mit den Anderen? Kommt es darauf an, daß wir als Hörer die Vollmacht erkennen und anerkennen? Oder kommt es nicht wesentlich darauf an, daß Gott uns die Vollmacht gibt?
Vielleicht haben wir mitunter auch etwas zu sagen, was den meisten in der Gemeinde gar nicht paßt. Andererseits könnte ja das, was wir zu sagen haben, möglicherweise gar nicht im Sinne Gottes sein, auch wenn es in den Ohren der Menschen ganz danach klingt.
Aus Vollmacht predigen, das bemißt sich nicht nach menschlichen Maßstäben; es unterliegt allein dem Urteil Gottes.
Vollmacht, das ist im Reich Gottes etwas ganz anderes als in unserem sonstigen Leben. Vollmacht in der Verkündigung ist etwas anderes als Vollmacht in unserem alltäglichen Sinn. Wer Geschäfts-Vollmacht hat, der ist zu weltlichen Geschäften befugt. Hier geht es um andere Dinge.
Wem Gott die Vollmacht gibt, sein Wort weiterzusagen, der muß andere Qualitäten haben. Es sind solche, die vor Gott zählen. Dazu gehört vor allem, daß wir unser Leben ganz unter seine Herrschaft stellen, uns ganz in seine Hand geben. Das erfordert ein bedingungsloses Ja zu allem, was er mit uns vorhat.
Das heißt auch Annahme von Leid, Ertragen von Unrecht, Verzicht auf manches, was uns lieb oder erstrebenswert erscheint.
Paulus war solch ein Mensch. Zunächst hatte er sich daran gemacht, die christliche Gemeinde zu verfolgen; er wollte sie ausrotten. Er tat dies in ehrlicher Überzeugung, daß es im Sinne Gottes sei. Er hat sich dann bekehren lassen. Er hat die Wende seines Lebens akzeptiert.
Paulus hat zeitlebens unter seiner Krankheit und Behinderung gelitten. Und er hat schwer daran getragen, daß er nicht so einsatzfähig war, wie er es gerne gewesen wäre, und wie es sein Auftrag wohl erfordert hätte.
Daneben machte ihm seine Unsicherheit zu schaffen: Wie sage ich das Wort so, daß es ankommt?
Wie bezeuge ich nun das, was ich selbst erlebt habe, die Kraft des gekreuzigten und auferstandenen Christus, so glaubwürdig, daß meine Hörer davon ergriffen werden?
Nicht mit überredenden Worten menschlicher Klugheit hat er gepredigt, sondern in Erweisung des Geistes und der Kraft. - So jedenfalls sieht er es selbst.
Es geht ihm um die Weisheit Gottes, die im Geheimnis verborgen ist.
Was hat dies alles nun zu tun mit dem alltäglichen Leben der Gemeindeglieder, die hier im Gottesdienst Kraft suchen für den Alltag?
Es ist ja so einfach und dabei doch so schwierig: Nicht nur an die Pfarrer und die berufenen Prediger ist unser Text gerichtet. Dann wäre er uns nicht als Predigttext vorgegeben, sondern er stünde nur auf dem Lehrprogramm für Pfarrer und Pfarrerinnen und Prädikanten und Prädikantinnen. Dieses Wort ist an die ganze Gemeinde gerichtet, an alle, die sich zu seinem Namen bekennen. Wenn wir in unserem Alltag in irgendeiner Weise gefordert sind, Zeugnis abzulegen von unserem Glauben, dann braucht es dazu keine großartige Theologie oder Redegewandtheit, sondern nur die klare Überzeugung von dem, wovon wir reden. Dazu gehört auch, daß wir uns in unserem ganzen Leben leiten lassen von Gottes Geist, daß wir unsere Scheu überwinden und offen aussprechen, was wir glauben. Das ist schwer genug.
Paulus hat es erfahren. Er hat darüber nachgedacht und seine Erfahrungen geordnet. Dabei ist er zum ersten Theologen der Christenheit geworden.
Seine Theologie besteht nicht in großen Gedanken-Konstruktionen, sondern darin, daß er uns Gottes Wirken vor Augen führt und uns dabei die Zusammenhänge zwischen Gottes Macht und unserem Leben aufweist. Solches im eigenen Leben zu erfahren, das macht reich. Und diese Erfahrung wünsche ich uns allen jeden Tag aufs neue. Amen.

Verfasser: Prädikant Martin Bender, Südring 98, 55128 Mainz

Herausgegeben vom

Logo Zentrum Verkündigung

Referat Ehrenamtliche Verkündigung
Markgrafenstraße 14, 60487 Frankfurt/Main,
Telefon: 069.71379-140
Telefax: 069.71379-131
E-Mail: predigtvorschlaege@zentrum-verkuendigung.de

in Kooperation mit dem

Logo Gemeindedienst der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland
Gemeindedienst der
Evangelischen Kirche
in Mitteldeutschland

Pfarrer Dr. Matthias Rost
Zinzendorfplatz 3 (Alte Apotheke), 99192 Neudietendorf
Telefon: 036202.7717-97

Logo MÖD – Missionarisch Ökumenischer Dienst
Pfarrer Thomas Borchers
Missionarisch-Ökumenischer Dienst
Westbahnstraße 4
76829 Landau
Telefon: 06341.928912
E-Mail: info@moed-pfalz.de