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Der gerechte König - Gegenbild zu den Warlords

von Sabine Müller-Langsdorf

Predigtdatum : 28.11.2010
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 1. Advent
Textstelle : Jeremia 23,5-8
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Wochenspruch: Sach. 9. 9
Psalm: Psalm 24

Lesungen
Altes Testament:
Jer 23, 5 - 8 (= Predigttext)
Epistel: Röm 13, 8 - 12
Evangelium: Mt 21,1 - 9

Liedvorschläge
Eingangslied: EG 1 Macht hoch die Tür
Wochenlied: EG 4 Nun komm, der Heiden Heiland
Predigtlied: EG 9 Nun jauchzet, all ihr Frommen
Schlusslied: EG 435 Dona nobis pacam

Hinführung:

Hirten lassen ihre Herde umkommen und das Volk ist zerstreut in alle Länder– das ist der Anlass für Jeremias Rede an die Herrschenden, und auf diesem Hintergrund entwirft er seine Vision eines „gerechten Königs“. Die Predigt geht von aktuellen Beispielen „korrupter Hirten“ aus und beschreibt am Beispiel von Kindersoldaten die Folgen für eine „zerstreute Herde“.
Danach fokussiert sie den biblischen Text und legt den Schwerpunkt auf die frohe Botschaft des „gerechten Königs“, der kommen wird. Möglichkeiten des Handelns werden angedeutet und erfragt.

Predigt:
Gnade sei mit euch und Friede von dem, der da ist und der da war und der da kommt. Amen

Warlords:
„Warlords“ Kriegs-Herren nennt man im modernen militärischen Sprachgebrauch einen militärischen und politischen Anführer, der in einem begrenzten Gebiet eine absolute politische Macht ausübt. „ Warlords“ sind selten gewählte Politiker. Oft sind es Generäle, manchmal selbst ernannte Anführer einer Guerillagruppe oder einer Terrorvereinigung. „Warlords“ planen den Krieg und führen ihn durch. Sie rekrutieren Soldaten, stellen Kampftruppen zusammen, verdienen am Krieg und leben von ihm. Warlords sind meist Männer, selten auch Frauen. Warlords gibt es in Afghanistan und Ruanda, in Kolumbien und im Irak. Ihre Namen bleiben im Schatten, ihr Tun nicht. Wo sie wirken, ist Tod, Gewalt und Terror.

Gleichzeitig scheint das Wort „Warlords“ schillernd. Es gibt ein erfolgreiches Computerspiel für Jugendliche mit dem Titel „Warlords“. Sie können auch die Warlord sein, die in ihrer Umgebung eigentlich in Frieden und Freiheit leben. Im Unterschied zum „echten Leben“ klebt an den Händen der Computerspiel-Warlords kein richtiges Blut. In ihren Köpfen ist es vielleicht dennoch...und wem die Bilder mit echten Menschen und Landschaften fehlen, der kann ins Kino gehen. Da gibt es einen Film: „Warlords“.

Kindersoldaten:
Dabei würde es ausreichen, die Nachrichten aufmerksam zu verfolgen, um das Tun der Warlords zu beschreiben. Zum Beispiel die Informationen der Kinderhilfsorganisation „terre des hommes“ über Kindersoldaten. Da werden 10-jährige Kinder- Knaben wie Mädchen- von den Warlords angeheuert für den Krieg. In aller Welt sind es schätzungsweise mindestens 250.000 Kinder. Sie wachsen in Kriegsgebieten auf und kennen oft nichts anderes als den Krieg. Sie werden zwangsrekrutiert oder mit Versprechungen gelockt. Auf ihre kindlichen Bedürfnisse wird keine Rücksicht genommen. Die Kinder werden oft geschlagen, misshandelt und gezwungen, Grausamkeiten zu begehen. All das mit einem Ziel: Einschüchterung, Erzwingung absoluten Gehorsams und Abstumpfung gegen Grausamkeit. Die Kinder werden ihrer Familie und ihrer Heimat entrissen. Sie bekommen keine Schulausbildung und im Kampf gelten sie als billige Ware und werden in die ersten Reihen gestellt. So gehen Familien kaputt, so kommen Menschen um und –wo sie überleben oder fliehen können- sind ihre Seelen zerstört bis ins Innerste.

Der Predigttext:
Warum ein solches Thema, heute, am ersten Advent. Wo wir ein Licht entzünden und uns einstimmen wollen in den Frieden des Weihnachtsfestes. Es ist der Predigttext für den heutigen Sonntag, der mich zu den Warlords und Kindersoldaten führte. Der Text steht im Buch des Propheten Jeremia, berichtet von Zuständen vor 2500 Jahren und ist Atem beraubend aktuell:

1 Weh euch Hirten, die ihr die Herde meiner Weide umkommen lasst und zerstreut!, spricht der HERR.
2 Darum spricht der HERR, der Gott Israels, von den Hirten, die mein Volk weiden: Ihr habt meine Herde zerstreut und verstoßen und nicht nach ihr gesehen. Siehe, ich will euch heimsuchen um eures bösen Tuns willen, spricht der HERR.
3 Und ich will die Übriggebliebenen meiner Herde sammeln aus allen Ländern, wohin ich sie verstoßen habe, und will sie wiederbringen zu ihren Weideplätzen, dass sie sollen wachsen und viel werden. 4 Und ich will Hirten über sie setzen, die sie weiden sollen, dass sie sich nicht mehr fürchten noch erschrecken noch heimgesucht werden, spricht der HERR.

„Weh euch Hirten..“ Da sind sie, die Warlords zur Zeit des Jeremia. Vor 2500 Jahren im kleinen Land Juda, das nach innen zerstritten und von außen bedroht war. Ein Mischung, die den Warlords aller Zeiten das Liebste ist. Bürgerkrieg oder Bedrohung von außen- so können Warlords verdienen. Denn die zerstrittenen Fürsten heuern Soldaten an, und es braucht viele Soldaten, denn um die Herrschaft will gekämpft sein. Den Warlords ist es egal, wer und wie viele dabei umkommen.

Jeremias Rede gilt den Herrschenden im Land Juda. Den Fürsten, dem König, den Warlords. Der Prophet Jeremia beginnt mit einer Beschreibung der Realität: Ihr lasst die Herde umkommen, nehmt Zerstörung und Zerstreuung in Kauf. Nüchtern schätzt er die Lage ein und weiß: die Warlords aller Zeiten ändern sich nicht. Sie kehren nicht um. Ihr Tun ist böse. Jeremia sagt das. Öffentlich und mit wenigen Worten im Namen Gottes: „Siehe, ich will euch heimsuchen um eures bösen Tuns willen, spricht der Herr.“

Eine solche Rede ist mutig. Solche Worte hören Warlords und Fürsten nie gerne. Jeremia ist weitsichtig und unbeirrt. Er ist Prophet. Er kann über das hinaus sehen, was ist. Jeremia wäre kein Prophet, würde ihm das Grauen und die Gewalt den Blick auf die Zukunft verstellen. Historisch sagt Jeremia das Ende der Warlords voraus. Der korrupten Herrschaft in Juda wird durch den großen babylonischen Kriegsherrn Nebukadnezar im Jahr 587 v.Chr. ein Ende gesetzt werden. Wer dann noch lebt, wandert in die Verbannung und Sklaverei. Vielleicht bleiben die Armen und die Kinder im Land. Eine zerstreute Herde, die neu zu sammeln sein wird. Jeremia ist Prophet, kann weiter schauen.

Die Vision:
Jeremia wäre kein Prophet, hätte er nicht eine Vision. Seine Vision ist schmerzhaft schön. Inmitten der Warlords, inmitten des untergehenden Landes Juda malt Jeremia ein mächtiges Gegenbild zu den Warlords. Das Bild des gerechten Königs:
5 Siehe, es kommt die Zeit, spricht der HERR, dass ich dem David einen gerechten Spross erwecken will. Der soll ein König sein, der wohl regieren und Recht und Gerechtigkeit im Lande üben wird.
6 Zu seiner Zeit soll Juda geholfen werden und Israel sicher wohnen. Und dies wird sein Name sein, mit dem man ihn nennen wird: »Der HERR unsere Gerechtigkeit«.
7 Darum siehe, es wird die Zeit kommen, spricht der HERR, dass man nicht mehr sagen wird: »So wahr der HERR lebt, der die Israeliten aus Ägyptenland geführt hat!«,
8 sondern: »So wahr der HERR lebt, der die Nachkommen des Hauses Israel herausgeführt und hergebracht hat aus dem Lande des Nordens und aus allen Landen, wohin er sie verstoßen hatte.« Und sie sollen in ihrem Lande wohnen.

Schmerzhaft schön ist diese Vision, weil wir das Unrecht spüren, wenn vom gerechten König die Rede ist. Das Leiden an den schlechten Zuständen wird klarer, wenn das andere möglich genannt wird: die gute Regierung, das Recht und die Gerechtigkeit, das sichere Wohnen. Worte, die unmöglich scheinen. Worte, die irritieren. Wunderschöne Worte. Verdächtige Worte, die nicht zum Vokabular der Warlords gehören. Worte, wie Recht, Gerechtigkeit, das sind Worte, die im Mund gut schmecken. Wie ein Multivitamin Bonbon. Kraft tragen diese Worte in sich. Energie setzen sie frei. Diese Worte wollen raus aus dem Mund, aus den Gedanken. Sie wollen Wirklichkeit werden. Erkennbar sein. Darum nennt der Prophet einen Namen für den gerechten König, der kommen wird: „Der Herr unsere Gerechtigkeit“. Das ist ein Name! Ein Name, ein Programm.

Sichtbare Zeichen:
Der Name ist Programm „Der Herr unsere Gerechtigkeit“. Und dieses Programm hat sichtbare Zeichen. Sichtbare Zeichen für die geschundenen Menschen, für die Zerstreuten, die Heimatlosen, die in der Seele Kaputten. „Sie sollen in ihrem Lande wohnen!“ Das heißt: sie werden Heimat haben. Einen sicheren Ort und Menschen um sich, denen sie trauen können. Familie und Freundschaft wird wieder möglich sein. Die Herrschaft der Warlords wird ein Ende haben. Sie hat nicht das letzte Wort. Das ist die tiefe Überzeugung des Propheten. Das ist die Botschaft des Jeremia über die Jahrhunderte und Jahrtausende hinweg. Friede kommt. Friede geschieht. Gott ist die Gerechtigkeit. Als Christinnen und Christen sind wir davon überzeugt, dass das Kind in der Krippe, der Mann am Kreuz uns diese Gerechtigkeit gezeigt hat. Der da kam, war mächtig. Kein Warlord, ein Friede-Fürst.

In seiner Nachfolge ist es klar, wohin unser Blick als Gemeinde geht: zu denen, die keine Heimat haben. Zu den Kindern, die schutzlos sind. Schutzlos wie die Kindersoldaten, schutzlos wie nicht zuletzt das Kind in der Krippe, das heimatlos vor 2000 Jahren zur Welt kam. Beides gehört zusammen. Das Kind in der Krippe findet keinen Frieden ohne den Frieden der Kinder, die zum Krieg führen gezwungen werden. Beide brauchen Schutz. Brauchen Zuwendung. Liebe. Unsere Liebe. Unsere Zuwendung*. Und: Inmitten der Warlord-Zeiten gilt die Verheißung des Jeremia:

„ Siehe, es kommt die Zeit, spricht der HERR, dass ich dem David einen gerechten Spross erwecken will. Der soll ein König sein, der wohl regieren und Recht und Gerechtigkeit im Lande üben wird.“


* An dieser Stelle könnten die praktischen Möglichkeiten des Helfens für Kindersoldaten ausgeführt werden, z. B. durch die Betrachtung eines Posters oder ein Faltblatt von terre des hommes. Vgl. http://www.tdh.de/content/themen/weitere/kindersoldaten/index.htm

Verfasserin:
Sabine Müller-Langsdorf, Schulpfarrerin am Haus des Lebenslangen Lernens in Dreieich-Sprendlingen.

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