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Der Gottessohn

von Neithard Ebel (06901 Kemberg)

Predigtdatum : 05.01.2003
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 2. Sonntag nach dem Christfest
Textstelle : Lukas 2,41-52
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Wochenspruch:

Wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit. (Johannes 1,14b)

Psalm: 138,2-5

Lesungen

Altes Testament:
Jesaja 61,1-3 (4.9) 11.10
Epistel:
1. Johannes 5,11-13
Evangelium:
Lukas 2,41-52

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 62,1-3
Jesus soll die Losung sein
Wochenlied:
EG 51
oder EG 72
Also liebt Gott die arge Welt
O Jesu Christe, wahres Licht
Predigtlied:
EG 66,1+2+8+9
Jesus ist kommen
Schlusslied:
EG 35,1-3
Nun singet und seid froh

41 Jesu Eltern gingen alle Jahre nach Jerusalem zum Passafest. 42 Und als er zwölf Jahre alt war, gingen sie hinauf nach dem Brauch des Festes. 43 Und als adie Tage vorüber waren und sie wieder nach Hause gingen, blieb der Knabe Jesus in Jerusalem und seine Eltern wussten's nicht. 44 Sie meinten aber, er wäre unter den Gefährten, und kamen eine Tagereise weit und suchten ihn unter den Verwandten und Bekannten.
45 Und da sie ihn nicht fanden, gingen sie wieder nach Jerusalem und suchten ihn. 46 Und es begab sich nach drei Tagen, da fanden sie ihn im Tempel sitzen, mitten unter den Lehrern, wie er ihnen zuhörte und sie fragte. 47 Und alle, die ihm zuhörten, verwunderten sich über seinen Verstand und seine Antworten. 48 Und als sie ihn sahen, entsetzten sie sich. Und seine Mutter sprach zu ihm: Mein Sohn, warum hast du uns das getan? Siehe, dein Vater und ich haben dich mit Schmerzen gesucht. 49 Und er sprach zu ihnen: Warum habt ihr mich gesucht? Wisst ihr nicht, dass ich sein muss in dem, was meines Vaters ist?
50 Und sie verstanden das Wort nicht, das er zu ihnen sagte. 51 Und er ging mit ihnen hinab und kam nach Nazareth und war ihnen untertan. Und seine Mutter behielt alle diese Worte in ihrem Herzen. 52 Und Jesus nahm zu an Weisheit, Alter und Gnade bei Gott und den Menschen.

Liebe Gemeinde,
zu Hause ist es schön. Alles ist einem vertraut. Der Geruch, die Geräusche der Wohnung. Alles hat seine einem bekannte Ordnung. Hier der Lichtschalter für den Flur. Dort die Wohnstube mit dem Weihnachtsbaum. Hier der gut gefüllte Kühlschrank. Ganz wichtig auch die Menschen. Hier sind sie einem wirklich die Nächsten, einem verwandt und wohl bekannt.
Es gehört in der Regel zu den leise wehmütig stimmenden Erlebnissen, die Wohnung verlassen zu müssen und zu den angenehmen Erlebnissen, heim zu kommen.
Es ist gut zu wissen, wo man Heimat hat. Vielleicht ist es ein Zeichen der Vernunft, die Heimat zu lieben und ein Zeichen der Weisheit und der Gnade zu wissen, wo überhaupt Heimat ist. Den Ort zu kennen, wo man in Übereinstimmung mit sich selbst, mit Gott und seinem Nächsten leben darf.
Jesus, ein zwölfjähriger Jugendlicher, pilgert mit vielen, auch mit seinen Eltern und weiteren Verwandten zum Fest nach Jerusalem. Bald werden sie die Stadt des Tempels sehen. Den Tempel Gottes. Das Haus, in dem Gottes Ehre wohnt.
Vielleicht würde Jesus nie wieder so unbeschwert wie bei jenem Mal nach Jerusalem gehen. Voller Vorfreude auf das Fest. Und außerdem, er befindet sich auf dem Heimweg zum Haus seines Vaters.
Die Pilger strömen nach Jerusalem und bestaunen die Stadt und feiern Passah - das Fest des Auszuges aus Ägypten. Dieses Fest, allen bestimmt, die sich führen lassen von Gott. Denen, die sich von ihm Heimat schenken lassen möchten. Denn Gott weiß Heimat für jeden, ein Zuhause für jeden, einen Ort, wo jeder leben kann.
Jesus kommt heim. Er sieht den Tempel. Er geht hinein und weiß, hier ist meines Vaters Haus. Alles ist ihm hier vertraut. Vertraut auch die Menschen - sie sind seine Geschwister.
Und als die Tage des Festes vorübergehen, kehrt jeder wieder zurück in sein Dorf und in seine Stadt. Auch Maria und Josef und alle aus der Verwandtschaft von Jesus kehren zurück dorthin, von wo sie aufbrachen.
Jesus bleibt. Nichtsahnend sind seine Eltern. Er wird bei den Verwandten sein, so denken sie. Und Jesus? Kann man es ihm Übel nehmen, dass er in Jerusalem geblieben ist in seines Vaters Haus? Kann man es jemandem vorhalten, wenn er nicht die Vertrautheit und die Behaglichkeit seines Heimes aufgeben möchte?
Zuhause ist man sicher vor der Welt. Man ist dort sicher vor der Begegnung mit unliebsamen Menschen. Sicher vor dem Kontakt mit der kränkelnden, lauten Welt. Hier hat man seine Ruhe. Hier kann man für sich sein.
Jesus - allein zu Haus - allein im Tempel? So ganz auch nicht. Hier finden sich noch andere. Sympathische Menschen, mit denen er sich gut unterhält. Man versteht sich bei aller Diskussion recht gut. Man ist an der Meinung des anderen interessiert. Gepflegte Atmosphäre. Die religiöse Elite lässt es sich gut gehen.
Jesus selbst ruft Verwunderung hervor. Seine Fragen, seine Antworten, die Art, wie er zuhören kann, scheinen nicht seinem jungen Alter gemäß zu sein. Ein heller Kopf. Wer ist dieser so junge Mann mit diesem Verstand? Aber versteht er wirklich schon alles?
Seine Eltern scheint er jedenfalls nicht zu verstehen, sonst wäre er nicht hier ohne ihr Wissen. Etwas muss er noch lernen. Er wird es lernen. Seine Mutter wird es ihm sagen.
Sie wird ihm begreiflich machen, dass sie Schmerzen der Angst um seinetwillen ausgestanden hat. Drei Tage waren sie in großer Not, weil ihr Kind Jesus nicht zu finden war.
Wie konnte er drei Tage ihre Angst vergessen? Er, der später die Angst der Welt teilen wird. „Mein Sohn, warum hast du uns das angetan? Siehe, dein Vater und ich haben dich mit Schmerzen gesucht.“
Gut würde ihr Jesus diese Schmerzen nachfühlen können. Später, als er die Menschen suchte, die dahinirren wie verlaufene Schafe. Er wird einmal sagen: „Ich bin gekommen, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist.“
Welch tiefe Gefühle verbergen sich hinter diesem Satz. In der Angst seiner Eltern spiegelt sich Jesu künftige Angst um seine Menschenschwestern und -brüder. Seine Angst um die Starken und um die Schwachen, seine Angst um die Tüchtigen und um die Versagenden, dass sie nicht heimfinden - heim zu ihrem himmlischen Vater.
Diese Angst um einen Menschen ist selbstverständlich für jeden Liebenden, selbstverständlich für Jesus. Selbstverständlich sind die beiden Eltern wütend auf ihr Kind - wie konnte es die Sorgen der Eltern vergessen!
Nun, sie bräuchten sich nicht zu ängstigen, denn er ist schließlich zu Hause, wo denn sonst. Er gibt sich seinen Eltern zu erkennen als der Sohn Gottes - eindeutig zu erkennen.
Es sind die Gefühle der Eltern, die sie hindern zu begreifen, was Jesus sagt. Es ist ihre Blindheit, dass sie nicht erkennen können: Ihr Kind gehört ihnen nicht! Es ist ihr Unvermögen, dass sie hören und doch nicht verstehen.
Trauen auch wir unseren Augen nicht! Dieses Kind im Stall von Bethlehem geboren, ist mehr als nur ein armes Kind. Der zwölfjährige junge Mann im Tempel, sich nicht sorgend um sich und seine Eltern ist mehr als nur ein aufsässiger Knabe. Der Mann, der er zukünftig sein wird, den Staub der Landstraße schluckend, der unterwegs ist wie ein Heimatloser, so als hätte er kein Zuhause, er weiß dennoch ganz genau, wo seine Heimat ist.
„Wisst ihr nicht, dass ich sein muss in dem, was meines Vaters ist?“ Er hat Gott als seinen Vater erkannt. Der Tempel - sein Vaterhaus. Seine Eltern werden es eines Tages verstehen.
Jesus geht jedenfalls mit seinen Eltern hinab nach Nazareth und war ihnen untertan. So sind die Menschen. Sie brauchen immer jemanden, der ihnen untertan ist. Und jeder, der unten ist, sucht nach oben zu kommen. Es zählt der Mensch, der die meisten unter sich hat. Der bedeutet etwas, der viele hat, die von ihm abhängig sind, die ihm Willens sind und ihn so zu Ehren bringen.
Jesus war ihnen untertan - das klingt nicht so, als wollte da jemand besonders hoch hinaus. Hier klingt sein späteres Wort schon an: „Der Menschensohn ist nicht gekommen, dass er sich dienen lasse, sondern dass er diene.“
Wer dient, muss in der Regel sein behagliches Heim verlassen. Das tut Jesus. Wer freiwillig dient, muss dafür einen Grund haben.
Er wird wissen, ich kann mich nicht verlieren, ich gehe nicht verloren. Weder Erniedrigendes noch Glanzloses weder Unverständnis noch Hass werden mir den Boden unter den Füßen wegziehen.
Jesus also tief verwurzelt in Gott kann ganz nahe bei den Menschen sein. Sogar unter ihnen sein, so nahe sein, dass er ihren Verdruss, ihre Verletzlichkeit trägt, so nahe, dass sie plötzlich zum ersten Mal Grund unter ihren Füßen spüren. So nahe ist er ihnen, dass sie heil werden innen und außen.
Jesus war seinen Eltern untertan, und wir wissen, er war es nicht nur bei ihnen, er ist auch bei uns allen. Er ist unter uns. Er ist eine Grundlage zum Leben. Wärme gebend und Liebe und Geborgenheit.
Verwurzelt in Gott. So verwandelt er das Antlitz dieser Welt. So verwandelt er uns zu Menschen, die ahnen, wo ihre Heimat ist. Verwandelt uns zu Menschen, die ganz nahe bei den Menschen sein können, weil sie um ihre Heimat wissen.
Unser Weg führt wie Jesu Weg mitten durch diese Welt. Mögen wir diesen Weg auch als unseren Heimweg erkennen. Uns schon jetzt auf dem Weg darüber freuen können, einmal vom himmlischen Vater empfangen zu werden.
So werden wir dann nicht nur an Alter zunehmen, sondern auch an Weisheit und Gnade bei Gott und den Menschen. Amen.

Verfasser: Pfr. Neithard Ebel, Kreuzstr. 8, 06901 Kemberg

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