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Der Heiden Heiland

von Dieter Muntanjohl (65549 Limburg/Lahn)

Predigtdatum : 23.01.2000
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 3. Sonntag nach Epiphanias
Textstelle : 2. Könige 5,(1-8).9-15.(16-18).19a
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Wochenspruch:

Es werden kommen von Osten und von Westen, von Norden und von Süden, die zu Tisch sitzen werden im Reich Gottes. (Lukas 13,29)

Psalm: 86,1-11.17

Lesungen

Altes Testament:
2. Könige 5, (1-8) 9-15 (16-18)
Epistel:
Römer 1, (14-15) 16-17
Evangelium:
Matthäus 8,5-13

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 288
Nun jauchzt dem Herren, alle Welt
Wochenlied:
EG 293
Lobt Gott, den Herrn, ihr Heiden all
Predigtlied:
EG 72
oder EG 637
O Jesu Christe, wahres Licht
Alle Knospen springen auf
Schlußlied:
EG 171
Bewahre uns, Gott

[1 Naaman, der Feldhauptmann des Königs von Aram, war ein trefflicher Mann vor seinem Herrn und wertgehalten; denn durch ihn gab der HERR den Aramäern Sieg. Und er war ein gewaltiger Mann, jedoch aussätzig. 2 Aber die Kriegsleute der Aramäer waren ausgezogen und hatten ein junges Mädchen weggeführt aus dem Lande Israel; die war im Dienst der Frau Naamans. 3 Die sprach zu ihrer Herrin: Ach, daß mein Herr wäre bei dem Propheten in Samaria! Der könnte ihn von seinem Aussatz befreien. 4 Da ging Naaman hinein zu seinem Herrn und sagte es ihm an und sprach: So und so hat das Mädchen aus dem Lande Israel geredet. 5 Der König von Aram sprach: So zieh hin, ich will dem König von Israel einen Brief schreiben. Und er zog hin und nahm mit sich zehn Zentner Silber und sechstausend Goldgulden und zehn Feierkleider 6 und brachte den Brief dem König von Israel; der lautete: Wenn dieser Brief zu dir kommt, siehe, so wisse, ich habe meinen Knecht Naaman zu dir gesandt, damit du ihn von seinem Aussatz befreist. 7 Und als der König von Israel den Brief las, zerriß er seine Kleider und sprach: Bin ich denn Gott, daß ich töten und lebendig machen könnte, daß er zu mir schickt, ich solle den Mann von seinem Aussatz befreien? Merkt und seht, wie er Streit mit mir sucht! 8 Als Elisa, der Mann Gottes, hörte, daß der König von Israel seine Kleider zerrissen hatte, sandte er zu ihm und ließ ihm sagen: Warum hast du deine Kleider zerrissen? Laß ihn zu mir kommen, damit er innewerde, daß ein Prophet in Israel ist.]
9 Naaman kam mit Rossen und Wagen und hielt vor der Tür am Hause Elisas. 10 Da sandte Elisa einen Boten zu ihm und ließ ihm sagen: Geh hin und wasche dich siebenmal im Jordan, so wird dir dein Fleisch wieder heil und du wirst rein werden. 11 Da wurde Naaman zornig und zog weg und sprach: Ich meinte, er selbst sollte zu mir herauskommen und hertreten und den Namen des HERRN, seines Gottes, anrufen und seine Hand hin zum Heiligtum erheben und mich so von dem Aussatz befreien. 12 Sind nicht die Flüsse von Damaskus, Abana und Parpar, besser als alle Wasser in Israel, so daß ich mich in ihnen waschen und rein werden könnte? Und er wandte sich und zog weg im Zorn. 13 Da machten sich seine Diener an ihn heran, redeten mit ihm und sprachen: Lieber Vater, wenn dir der Prophet etwas Großes geboten hätte, hättest du es nicht getan? Wieviel mehr, wenn er zu dir sagt: Wasche dich, so wirst du rein!
14 Da stieg er ab und tauchte unter im Jordan siebenmal, wie der Mann Gottes geboten hatte. Und sein Fleisch wurde wieder heil wie das Fleisch eines jungen Knaben, und er wurde rein. 15 Und er kehrte zurück zu dem Mann Gottes mit allen seinen Leuten. Und als er hinkam, trat er vor ihn und sprach: Siehe, nun weiß ich, daß kein Gott ist in allen Landen, außer in Israel; so nimm nun eine Segensgabe von deinem Knecht.
[16 Elisa aber sprach: So wahr der HERR lebt, vor dem ich stehe: ich nehme es nicht. Und er nötigte ihn, daß er es nehme; aber er wollte nicht. 17 Da sprach Naaman: Wenn nicht, so könnte doch deinem Knecht gegeben werden von dieser Erde eine Last, soviel zwei Maultiere tragen! Denn dein Knecht will nicht mehr andern Göttern opfern und Brandopfer darbringen, sondern allein dem HERRN. 18 Nur darin wolle der HERR deinem Knecht gnädig sein: wenn mein König in den Tempel Rimmons geht, um dort anzubeten, und er sich auf meinen Arm lehnt und ich auch anbete im Tempel Rimmons, dann möge der HERR deinem Knecht vergeben.]
19 Er sprach zu ihm: Zieh hin mit Frieden!

Liebe Gemeinde!
“Jetzt weiß ich, daß es keinen Gott gibt auf der ganzen Welt als in Israel.” (2.Kö 5,15), so erkennt Naeman am Ende seiner Reise.
I
Es ist bei diesem Text von der rechten Erkenntnis Gottes die Rede.
Und die Gotteserkenntnis ist nicht eine Sache des Fürwahrhaltens, sondern die Gotteserkenntnis ist eine Sache der Erfahrung.
Heute quälen sich viele Menschen in der Bemühung, zu einer Erkenntnis Gottes zu gelangen, haben aber den Eindruck, als würde alles Wissen und Denken dieser Zeit dem entgegen stehen. Muß ich das alles glauben? fragen sie, wenn sie sonntags das Glaubensbekenntnis sprechen. Muß ich das für wahr halten, auch wenn ich es nicht begreife?
Nein, Gotteserkenntnis entsteht nicht aus dem Fürwahrhalten von Glaubenssätzen, die uns überliefert sind. Sondern Glaubenssätze entstanden und entstehen aus Erfahrungen, die Menschen in ihrem Leben machen. Gotteserkenntnis ist etwas Konkretes, eine Praxis, eine Erfahrung.
So sind Glaubenssätze Zeugnisse von Erfahrungen, die Menschen mit Gott in ihrem Leben gemacht haben; Erfahrungen, die sie überraschten, die sie befreiten, die sie verändert haben. Glaubenssätze laden ein, diesen Erfahrungen nachzuspüren und eigene Gotteserfahrungen zu machen.
Gotteserkenntnis ist etwas Schönes und Großes, das erfreuen kann, froh und frei machen soll. Das aber auch das Leben eines Menschen umkrempeln kann und sein ganzes Leben in einem neuen Licht erscheinen läßt und sein Verhalten ändert.
II
Gott sieht das Herz an. Und da wären wir auch schon am rechten Ort, wenn wir von der Gotteserkenntnis reden: Gotteserkenntnis ist eine Praxis, eine Erfahrung, weil Gott das Herz, unser Herz, ansieht.
“Das ist ja schön gesagt”, kann man darauf antworten, “daß Gott mein Herz ansieht. Aber wenn ich das weiß, dann habe ich doch noch lange nichts von Gott erfahren.”
Da antworte ich darauf: Ja, so direkt kann man Gott auch gar nicht sehen und erfahren, wie ich Sie sehe und Sie mich. Niemand hat Gott je gesehen; aber Spuren Gottes, die gibt es und die kann man sehen. Und wenn man sie nicht sieht, so kann man doch noch lernen, sie zu sehen.
Es gibt Hinweise in einem jeden Leben von uns, die auf Gott weisen, auf die man achten muß, durch die Gott zu uns redet.
Nun ist aber Gottes Stimme sehr leise, die Hinweise sind sehr zart und leicht zu verwischen. Darum fragen Sie sich vielleicht im Stillen: Wie kann ich sie erkennen?
Spuren Gottes können sich finden in Träumen. In der Bibel ist oft davon die Rede, daß Gott im Traum seinen Zeugen den Weg weist. Und hier befinden wir uns schon im Raum Gottes, im Raum des Geheimnisses und Wunders nämlich. Dieser Raum ist weit. Er reicht von den Träumen (über Orakel, Gesichte) und Visionen bis hin zu leiblichen Wundern.
Ein leibliches Wunder ist es schon, wenn Gott dem traurigen und angstvollen Gesicht ein frohes und deswegen auch schönes Gesicht schenkt, indem es vertrauen lernt.
Und das alles sind Spuren Gottes. Denn dieser Raum Gottes ist weit.
Und wenn man nun sagt: Das (alles) ist mir zu hoch. Das kenne ich nicht in meinem Leben. Habe ich also von Gott noch nichts erfahren?
Dann ist darauf zu antworten: Auf alle diese Dinge kommt es ja doch nicht an. Alle diese Dinge sind nicht wichtig in sich selbst.
Wichtig allein ist, - und darauf wiesen diese Dinge höchstens nur hin -, wichtig allein ist, daß Gott das Herz ansieht, und daß jemand sagen kann: “Gott, du siehst mein Herz an.”
Ja, wer kann das nicht sagen! Spuren Gottes in meinem Leben, in Ihrem Leben, das ist jene sonderbare feine Linie, die wie ein roter Faden durch mein Leben läuft; jene feine Linie, die deutlich macht und sagt: bei aller Mühe, bei allem Unglück und Leid, bei aller Traurigkeit und Verzweiflung: dennoch hat Gott mich bis hierher gebracht. Gott hat mich in meinem Leben bewahrt. Was letztlich zählt in meinem Leben ist nicht all das Negative, sondern all das Positive, das mir sagt: Gott hat mich bewahrt; nicht, weil mir Mühe und Leid erspart geblieben wären, hat Gott mich bewahrt, sondern gerade in aller Mühe und durch alles Leid hindurch hat Gott mich bewahrt.
Darum, wer sagen kann: “Gott sieht mein Herz an”, der sagt damit zugleich: “Gott hat mich bewahrt”. Beides ist dasselbe. Und darum ist Gotteserfahrung immer auch Lebenserfahrung, und rechte Lebenserfahrung, das ist immer auch Gotteserfahrung.
Gott sieht das Herz an und: Gott hat mich bewahrt. Wer das sagen kann, der hat wie Naeman erfahren: “Jetzt weiß ich, daß es keinen Gott gibt auf der ganzen Welt als in Israel”, denn er ist wie Naeman geheilt worden, ein heiler Mensch, der sagen kann: Gott hat mich bewahrt.
Das ist als erstes von der Gotteserkenntnis zu sagen, die eine Gotteserfahrung ist.
III
Als zweites ist von der Gotteserkenntnis zu sagen: Sie ist nicht nur eine Erfahrung, sondern sie ist auch eine Praxis.
Diese Praxis ist im Alten Israel gekleidet in das sogenannte “Gottesrecht”, welches von den Menschen fordert, die Witwen und Waisen, die sonst niemand unterstützt, zu beschützen, den Armen und Behinderten zu helfen und die Ausländer im eigenen Lande aufzunehmen.
Wir müssen also jetzt auch dieses bedenken, wenn wir sagen, Gott hat uns bewahrt.
Da sind wir also mit diesen Unteren hinabgestiegen auf die dunkle und tiefe Seite des Lebens, so wie jener Naeman hinabsteigen mußte, um heil zu werden. Das fällt uns schon schwer, wie es auch dem guten Naeman schwer gefallen ist, das fällt uns schon schwer, weil wir doch lieber da oben auf der Lichtseite des Lebens stehen- und wohnen bleiben möchten.
Das fällt uns schon schwer, weil wir gewohnt sein möchten, von oben herab auf die da unten zu blicken, im Stillen und Heimlichen mit dem Gedanken: “Gott, ich danke dir, daß ich nicht bin wie diese oder wie dieser”.
Aber recht tun wir damit nicht, nachdem Gott uns bewahrt hat, daß wir dann sozusagen von oben herab auf die blicken, die Gott scheinbar nicht bewahrt hat. Aber die Bibel ist voll von Zeugnissen davon, daß Gott auch diese Menschen bewahren will.
Und wir sollen ihnen dafür ein Licht und eine Hilfe sein. Sicher werden wir immer ein schwaches Lichtlein Gottes bleiben unser Leben lang. Aber immerhin sollen wir eines sein. Ohne dieses gibt es nämlich keine rechte Gotteserkenntnis., und ohne dieses ist das Glaubensbekenntnis sprechen auch nichts nütze. Aber das soll uns nicht betrüben und erschlagen, daß das so ist, sondern das soll uns froh und getrost machen, daß Gott nicht nur uns bewahrt hat, sondern auch die anderen bewahren will, auch wenn wir sie nicht mögen; auch wenn ihr Äußeres uns nicht gefällt, auch wenn sie es in ihrem Leben zu nichts gebracht haben.
Gott will auch sie, diese Menschen, bewahren, und wir dürfen und sollen eine Hilfe dafür sein, indem wir sie annehmen so, wie sie sind, und bei uns aufnehmen.
Das also ist die rechte Gotteserkenntnis, sie ist eine Gotteserfahrung, wie wir zuerst gehört haben, und dann auch eine Praxis.
Und das eine gehört mit dem anderen zusammen, sonst steht es mit der Gotteserkenntnis nicht recht.
Wir müssen und dürfen also, wenn wir zuerst nach oben geblickt haben, auf Gott nämlich, auf die Spuren von ihm in unserem Leben, dann auch nach unten blicken, wo der andere, der Nächste steht, der auch von Gott bewahrt werden will.
Oder anders gesagt: Nachdem wir nach innen geblickt haben auf unser Leben, auf jenen feinen roten Faden, der sich da durchzieht, dürfen wir auch nach außen blicken auf die anderen Menschen, das Leben in der Welt, das Gott bewahren will.
Oder wieder anders: Nachdem wir zurückgeblickt haben auf das vergangene Jahr, das vergangene Leben, und gesehen haben, wie wir durchgekommen sind, dürfen wir auch ebenso gespannt und ruhig nach vorne blicken in die Zukunft und das kommende Jahr, denn dort wird der rote Faden nicht abreißen. Darum dürfen wir Vertrauen haben. Amen.

Verfasser: Pfr. Dieter Muntanjohl, Theodor-Bogner-Straße 20, 65549 Limburg/Lahn

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