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Der Heiland

von Henning Lang (76872 Minfeld)

Predigtdatum : 22.08.2021
Lesereihe : III
Predigttag im Kirchenjahr : 12. Sonntag nach Trinitatis
Textstelle : Markus 7,31-37
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Wochenspruch: Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen, und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen. (Jesaja 42,3)

Psalm: 147,3-6.11

Lesungen

Reihe I: Apostelgeschichte 3,1-10
Reihe II: 1. Korinther 3,9-17
Reihe III: Markus 7,31-37
Reihe IV: Apostelgeschichte 9,1-20
Reihe V: Jesaja 29,17-24
Reihe VI: Lukas 13,10-17

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 168, 1-3 Du hast uns Herr gerufen, EG+ 32 Eingeladen zum Fest des Glaubens
Wochenlied: EG+ 112 Wir haben Gottes Spuren festge-stellt.
Predigtlied: EG 638 Ich lobe meinen Gott, der aus der Tiefe mich holt.
Schlusslied: EG 168, 4-6 Du hast uns Herr gerufen, EG+ 87 Lobe den Herrn, meine Seele

Predigttext: Markus 7,31-37

31 Und als er wieder fortging aus dem Gebiet von Tyrus, kam er durch Sidon an das Galiläische Meer, mitten in das Gebiet der Zehn Städte.
32 Und sie brachten zu ihm einen, der taub war und stammelte, und baten ihn, dass er ihm die Hand auflege.
33 Und er nahm ihn aus der Menge beiseite und legte ihm die Finger in die Ohren und spuckte aus und berührte seine Zunge
34 und sah auf zum Himmel und seufzte und sprach zu ihm: Hefata!, das heißt: Tu dich auf!
35 Und sogleich taten sich seine Ohren auf, und die Fessel seiner Zunge wurde gelöst, und er redete richtig.
36 Und er gebot ihnen, sie sollten's niemandem sagen. Je mehr er's ihnen aber verbot, desto mehr breiteten sie es aus.
37 Und sie wunderten sich über die Maßen und sprachen: Er hat alles wohl gemacht; die Tauben macht er hören und die Sprachlosen reden.

Predigt

Wunderbar zuHÖREN - vom Wunder gelingender Kommunikation

Liebe Gemeinde,

Verstehen sie mich? (laut) Rede ich laut genug? Ja? (ruhiger) Prima! Wenn man nichts versteht ist das frustrierend. Oder, wenn man ständig fragen muss, „was hast du gesagt?“ Mir ist das unangenehm. Oder ich schalte irgendwann ab, weil ich doch nichts mitbekomme.

Peinlich nur, wenn das Gegenüber ausgerechnet dann eine Antwort erwartet. Aber da hilft ein Trick: Zweimal nicken, einmal lachen! Schauen Sie ihr gegenüber an, beim ersten und zweiten Satz nicken sie, beim dritten Lachen sie vorsichtig und so weiter. Klappt, fast immer.

Sie nicken auch? Und lachen! Ich will sie nicht zutexten. Gute Gedanken will ich mit ihnen teilen, damit sie teilhaben, an dem, was ich denke, fühle, glaube, das wäre mir wichtig.

Und Sie hören zu und machen mir ein riesen Geschenk! Sogar das Kostbarste, das es gibt in unserer Medienwelt. Aufmerksamkeit. Werbung ist wichtig die für Produkte, die wir kaufen sollen. In vier Wochen ist Bundestagswahl, da buhlen Politikerinnen und Politiker um Aufmerksamkeit. Damit wir ihnen unsere Stimme geben, dürfen wir ihre Stimme nicht überhören. Da meinen manche, je schärfer, frecher oder lauter, umso besser, nicht nur bei Talkshows oder beim RedeDuell. Hört da eigentlich auch mal jemand zu? Also den anderen?

Sie hören zu, oder? Darum geht es auch in der Kirche: um „Kommunikation des Evangeliums“, dass alle die frohe Botschaft hören. Das wollte Jesus, auch wenn der oft genug auf taube Ohren gestoßen ist. Alle Menschen sollen „auf“hören, auf Gottes wunderbare Liebe, die uns bedingungslos freimacht und mutig leben lässt.
Wie es ist, wenn das auf offene Ohren trifft, - vom Wunder gelungener Kommunikation, erzählt heute die Bibel. Hören wir mal hin: Als Jesus wieder fortging aus dem Gebiet von Tyrus, kam er durch Sidon an das Galiläische Meer, mitten in das Gebiet der Zehn Städte. Und sie brachten zu ihm einen, der taub war und stammelte, und baten ihn, dass er ihm die Hand auflege.

Klingt nach einer Zufallsbegegnung. Jesus ist unterwegs, als sie einen Taubstummen zu ihm bringen. Warum dem Hören und Reden vergangen ist, wissen wir nicht. Ist er von Geburt an stumm, oder hat ihn das Leben taub und stumm gemacht? Auf jeden Fall fällt ihm schwer zu hören und so zu sprechen, dass andere ihn verstehen. Lesen, Schreiben oder Gebärdesprache, wie heute, war für ihn damals nicht drin. Es muss sehr still gewesen sein und einsam. Wenn man sich nicht mitteilen kann, wie soll man dann sein Leben mit andern teilen?

Den Taubstummen bringen die Leute deshalb ungefragt zu Jesus. Da steht er und alle drumrum starren auf die beiden. Unangenehm, oder? Einsam steht er da und alle um ihn herum reden, über ihn. Sie diskutieren die Lage, ratschlagen, was man tun müsste. Bestimmt erzählen einige, was ihnen mal geholfen hat, ob „dem“ das hilft?

Klingt mir vertraut. Beim Krankenbesuch stehen alle um das Bett und beratschlagen über „den“ Patienten, als wäre „der“ gar nicht da. Kinder erleben das täglich: Unterwegs mit Mama oder Papa reden die Großen über Kindergarten, Schule, Probleme der Kleinen... nur keiner fragt, wie es dem Kind geht? Was es denkt, fühlt, will?

Und Jesus nahm ihn aus der Menge beiseite und legte ihm die Finger in die Ohren und spuckte aus und berührte seine Zunge... - Jesus hält sich aus Spekulationen raus. Ihm geht es um den Taubstummen! Deshalb nimmt Jesus den beiseite, raus aus der Situation und er tritt hinein in seine Welt,- die Stille. Jesus schenkt ihm seine Aufmerksamkeit, ganz und gar.

Der erste Trick: Kommunikation braucht echte Aufmerksamkeit! - Echt, ehrlich und ungeteilt macht Jesus das vor: von Angesicht zu Angesicht, Face to face, statt facebook. Egal was die andern, reden, denken, meinen, hier und jetzt geht es um sein Gegenüber: Was ist dein Leben? Was brauchst Du, was tut dir gut? Das stellt Jesus heraus - ohne Worte: Er fasst an die Ohren, die nicht hören, berührt die Zunge, die nicht richtig sprechen will.

Wer nicht hören kann, muss eben fühlen. Und Jesus fühlt sich ein in die Welt des Taubstummen, er fühlt mit und nimmt die Kommunikation im wahrsten Sinn in die Hand, als er den Taubstummen berührt. Und der? lässt sich berühren und versteht, ohne Worte.

Der zweite Trick wäre dann: Kommunikation heißt, sich berühren lassen, um andere berühren. - Ja, es gibt Momente, da kommen Worte nicht an. Wo das Leben Menschen stumm und taub macht. Beim Tod eines vertrauten Menschen, Krankheit oder Leid. Es gibt viele Gründe, warum Menschen sich raus ziehen aus der Welt, so tief in sich hinein, dass kein Wort sie mehr erreicht. Dann tut vielleicht einfach eine Berührung gut. Die zeigt: Du bist nicht allein, ich bin da, halte bei dir aus, auch wenn ich genauso sprachlos bin wie du.

Ernstgemeinte Gesten kommen an, überwinden die Einsamkeit, öffnen eine neue Perspektive! Genau davon erzählt die Bibel: Jesus seufzte und sprach zu ihm: Hefata!, das heißt: Tu dich auf! Und sogleich taten sich seine Ohren auf, und die Fessel seiner Zunge wurde gelöst, und er redete richtig.

Klingt wunderbar, oder? Jesus berührt den Mann einfach, blickt auf und sagt: „Öffne dich.“ Und es kommt an, der Mann hört! Wo Stille war, dringen jetzt Geräusche durch. Und es geht wunderbar weiter. Der Taubstumme öffnet sich, Worte sprudeln ihm heraus, er redet frei heraus.

Alle Angst, Einsamkeit, alles was ihn bis dahin gefangen hielt, löst sich.

Wo Jesus sich für Menschen öffnet, werden auch die offen für das Leben und für einander. Wie gelingt Jesus das? Vielleicht, weil er sein gegenüber wertschätzt und achtet, als Mensch. Oder besser, als Gottes geliebtes Kind? Jeder Mensch ist von Gottes geachtet, vor Gott würdig und recht. Davon ist Jesus überzeugt, und so begegnet er dem Taubstummen: Nicht „einem Kranken“, „dem Opfer“, „dem Einsamen“ - sondern als Mensch in aller Menschlichkeit, die ein Leben eben ausmacht.

Der Taubstumme versteht das auch ohne Worte: Ich bin Gottes geliebtes Kind. Und wo das ankommt, werden Menschen frei, grenzenlos frei.

Vielleicht ist das der dritte Trick: Kommunikation gelingt, wo Menschen sich ohne Angst begegnen, frei, von Mensch zu Mensch. - Genau das nimmt Jesus ernst. Und er nimmt den Geheilten ernst und in die Verantwortung. „Rede nicht groß über unsere Begegnung“. Aber ganz ehrlich, ist das nicht die Garantie, dass sich die wunderbare Geschichte nur schneller verbreitet?  Was dem Geheilten passiert ist, ist so wunderbar für sein Leben. Da geht ihm einfach das Herz auf und der Mund über. Die Freude will raus: Wer die wunderbare Freiheit erlebt, will das teilen. Er ist so frei! Klingt doch nur verständlich, oder?

Apropos: Sie, liebe Gemeinde, sie hören mir noch zu? Danke! Jetzt bleibt für mich noch die Frage: Was kommt davon heute bei uns an, für unser Leben?

Ich will von Jesus lernen, wie wunderbar zuHören ist. Kommunikation tut gut, wenn ich Menschen offen begegne. Mit ehrlicher, ungeteilter Aufmerksamkeit - auch wenn das Handy noch so fiept. Sie tut gut, wo ich bereit bin, mich von andern und ihrem Leben berühren zu lassen, von dem was andere bewegt. Welche Fragen und Sorgen jemand hat, was sie oder ihn freut, das will ich erstmal ankommen lassen und verstehen lernen, bevor ich es deute, werte oder schon wieder besserweiß, was andere brauchen. Vielleicht gelingt es dann andern angemessen zu begegnen. Mit Worten, die ankommen oder ganz ohne Worte. Auf Augenhöhe, von Mensch zu Mensch, ja, von geliebtem Mensch zu geliebtem Mensch. Und ich vertraue fest: Das tut gut! Wunderbar gut sogar!

Und, wo wir uns gerade so gut unterhalten: Ich wünsche mir und uns noch etwas: Den frechen Mut dieses Geheilten. Den Mut, frei raus weiter zu sagen, was, uns Kraft und Hoffnung gibt für unser Leben. Und so anderen auch Mut zu machen für ihr Leben, für Menschlichkeit und Gemeinschaft, das hat doch alle Aufmerksamkeit auch echt verdient. Für mich klingt das: Wunderbar, oder?

AMEN

Verfasser: Pfarrer Henning Lang, Kirchgasse 4, 76872 Minfeld


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