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Der Heiland Zeichen, dem widersprochen wird; für viele ist er Licht und Heil

von Peter Schaal-Ahlers (Esslingen)

Predigtdatum : 29.12.2013
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 1. Sonntag nach dem Christfest
Textstelle : Jesaja 49,13-16
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Wochenspruch:
Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen sein Herrlichkeit. (Johannes 1, 14)

Psalm: 71, 14 - 18

Lesungen
Altes Testament: Jesaja 49, 13 - 16

Epistel: 1. Johannes 1, 1 - 4

Evangelium: Lukas 2, (22 - 24) 25 - 38 (39 - 40)

Liedvorschläge
Eingangslied: EG 37, 1 - 4 Ich steh an deiner Krippen hier
Wochenlied: EG 25, 1 - 6 Vom Himmel kam der Engel Schar
Predigtlied: EG 34, 1 - 3 Freuet euch, ihr Christen alle
Schlusslied: EG 42, 7.8 Dies ist der Tag, den Gott gemacht

Hinführung
Der Predigttext gehört in die Deuterojesaja zugeschriebenen Kapitel 40 - 55 des Prophetenbuches Jesaja. Dieser Prophet schreibt an das Volk Israel zur Zeit des Exils in Babylon und sagt Trost und baldige Befreiung aus der Gefangenschaft zu. Im Kapitel 40 wird versprochen, dass Gott selbst mit den Gefangenen in die Heimat zurückkehren wird, um dort das zerstörte Jerusalem wieder aufzubauen.

Die Predigt folgt dem Aufbau des Bibeltextes.

Der Predigttext beginnt in Vers 13 mit einem „lyrischen Hymnus“. Dieser wird in V 14 mit einer schroffen fiktiven Gegenrede der Trostlosen im Volk Israels kontrastiert.

Mit zwei starken Bildern wird Gottes Heilswillen verdeutlicht.
Zunächst das Bild der Mutter, die ihre Kinder nicht vergisst.
(Von Problematisierungen durch Geschichten, in denen Müt-ter ihre Kinder doch verlassen haben, wie es in manchen Predigten geschieht, ist abzuraten. So wird der Text gegen den Strich gebürstet.)

Sodann das Bild des in die Hände Ritzens. In seine Hände hat Gott die Mauern Jerusalems, den Bauplan seiner Gnade tätowiert.

Der innere Zusammenhang des Textes wird durch das Wort „erbarmen“ hergestellt. Dies rechtfertigt auch die Platzie-rung des Textes im Kirchenjahr in den Weihnachtsfestkreis.
Die Predigt nimmt den strahlenden vollen Klang des Ein-gangschores des Weihnachtsoratoriums auf. Wem dies zu bildungsbürgerlich ist, kann den Anfang auch durch EG 34 ersetzen.

Gliederung
1. Ein bisschen verrückt darf die Weihnachtsfreude schon sein
2. Die dunkle Kehrseite
3. Jesajas Bilder: Mutter und „in die Hand geritzt“.
4. Weihnachten: Gott hat sich mit uns „befreundet“.

Predigt

Liebe Gemeinde,

1.
„Jauchzet, frohlocket, auf, preiset die Tage,
rühmet, was heute der Höchste getan!
Lasset das Zagen, verbannet die Klage,
stimmet voll Jauchzen und Fröhlichkeit an!“

Mit diesem überschwänglichen Aufruf zum Jubeln beginnt das Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach.
Mit Pauken, Trompeten, Saiten und vollem Chorgesang star-tet die erste Weihnachtskantate Bachs.
In rasantem Tempo wird der Jubel über die Geburt des klei-nes Prinzen Jesus Christus eröffnet.
Keiner soll außen vor bleiben.
Das Wunder der Weihnacht soll alle mitreißen.
Alle sollen von ihrem eigenen Kummer absehen,
auf das Kind in der Krippe schauen, sich mitfreuen, jubeln und froh werden.

Bachs Eröffnungschor ist - ein wenig - unserem Predigttext abgelauscht.
Die Himmlischen sollen jauchzen und die Irdischen sollen sich freuen, heißt es da. Sogar die Berge sollen damit anfangen, Gott zu loben. Das ist ja eigentlich schwer vorstellbar, wie Berge ein Loblied anstimmen.

Aber ist es ein Wunder, dass die Sprache an Grenzen kommt, wenn Gott sein Volk besucht, aus dem Himmel her-absteigt, um sich seiner Elenden zu erbarmen?
Ein bisschen verrückt darf die Weihnachtsfreude schon sein.

Mit ein paar Tagen Abstand zu unserer Feier des Weih-nachtsfestes werden wir daran erinnert, dass wir die Bedeu-tung der Geburt Jesu gar nicht groß genug denken können.
Weihnachten betrifft nicht nur meine Lieben: meine Familie, meine Freunde und mich.
Weihnachten ist ein Weltereignis, ja sogar ein kosmisches Ereignis. Himmel und Erde werden verzaubert, Täler und Berge verwandelt.

Das ist ja das Schöne an diesen Tagen zwischen den Jahren, dass wir das Weihnachtsfest noch ein wenig verdauen und nachklingen lassen können.

Wer seine Wohnung weihnachtlich geschmückt hat, erlebt diese Verwandlung auf Schritt und Tritt. Vielleicht leuchtet ein Herrnhuter Stern im Treppenhaus? Das Sofa und die Sessel sind verrückt worden und stehen nun an ungewohntem Ort. Ein paar Geschenke liegen verstreut auf dem Couchtisch. Der schon ziemlich angekämpfte Adventskranz steht auf dem Ecktisch. Bei manch einem hängen die Weih-nachtsgrußkarten an einer Wäscheleine quer durch das Ess-zimmer. Sterne aus Transparentpapier zieren die Fenster.
Und der geschmückte Christbaum steht in der Ecke und macht durch seinen Duft auf sich aufmerksam. Vielleicht stand er vor wenigen Tagen noch auf einem Berg und jubelt jetzt im Wohnzimmer?


2. Aber Weihnachten hat auch eine dunkle Kehrseite.

Die Weihnachtsfreude macht auch bewusst, was fehlt und zerbrochen ist. Vielen wird an Weihnachten auch deutlich, wie heillos und brüchig ihr Leben und die Welt um uns ist. Vielleicht ist ein Familienmitglied schwer krank? Vielleicht wurde ein Angehöriger, der im letzten Jahr noch mitgefeiert hat, dieses Jahr schmerzlich vermisst. Beim Verzehr der Weihnachtsgans unter dem Christbaum kann auch scho-nungslos offenbar werden, dass Menschen einander fremd geworden sind. Gespräche können an Weihnachten auch zäh und mühsam werden.

Zudem wird unsere Festfreude auch von außen getrübt. Die Fernsehnachrichten und Zeitungen servieren uns jedes Jahr schreckliche Bilder. Flüchtlingsdramen, hungernde Menschen, scheußliche Szenen aus Krieg und Bürgerkriegen. Menschen ohne Dach über dem Kopf, Not und Verzweiflung.

Auch diese dunklen Schatten spiegeln sich in unserem Pre-digttext wider. Der zweite Jesaja schreibt an Menschen zur Zeit des Exils. Jerusalem liegt in Trümmern. Die wenigen Bewohner, die dort noch leben, sind ohne Hoffnung. Sie haben keine Idee, wie es weitergehen könnte. Man sitzt in traurigen Runden beisammen und lässt die Köpfe hängen. Es wird gejammert und lamentiert:
„Der HERR hat mich verlassen, der HERR hat meiner ver-gessen.“


3. Mit zwei starken Bildern entgegnet der zweite Jesaja den niedergeschlagenen Menschen.

Zunächst entfaltet er das Bild der Mutter: „Kann auch eine Frau ihr Kindlein vergessen, dass sie sich nicht erbarme über den Sohn ihres Leibes?“

Ein zartes Bild stellt der zweite Jesaja seinen Hörern vor Au-gen: Das Bild der liebenden Mutter, die sich um ihre Kinder sorgt. Unter normalen Umständen vergisst keine Mutter ihr Kind. Die bergende Erfahrung der tröstenden Mutter kennen fast alle von uns aus Kindertagen. Wie schön ist es, wenn man als Kind schluchzend zu der Mutter kommen kann. Wie schön zu wissen, die Mutter wird mich in die Arme nehmen. Hier kann ich mich ausweinen. Hier finde ich Trost. Die Mut-ter trocknet die Tränen, streichelt dem Kind über den Kopf und spricht gute Worte zu.

Manchmal ist aber eine Mutter aber auch nicht greifbar. Manchmal ist sie mit anderen Dingen beschäftigt.

Aber das passiert Gott nicht, sagt der zweite Jesaja. Mag sein, dass eine Mutter andere Dinge im Sinn hat, Gott aber vergisst die Seinen nicht.

Und da kommt das zweite Bild ins Spiel, ein überraschendes Bild: Weil Gott sein Volk nicht vergessen will, hat er sich sein Volk in die Hand geritzt.

Andere machen sich einen Knoten ins Taschentuch; Gott hat sich sogar tätowieren lassen, aus Liebe. So will er sich dau-erhaft an sein eigenes Erbarmen erinnern. Die Menschen, die er liebt, will er ständig vor Augen haben.

Auch wird uns gesagt, welches Motiv er beim Tätowieren gewählt hat: Die hellen Mauern der wunderschönen Silhou-ette Jerusalems, die sind das Motiv seiner Wahl.

Wenn man auf der Burg Teck steht und bei gutem Wetter in Richtung Stuttgart blickt, dann kann man die Mauern der Esslinger Burg gelb strahlen sehen. Wer dieses leuchtende Gelb einmal gesehen hat, der vergisst nicht mehr, wo Ess-lingen liegt.

Die hellen Mauern Jerusalems sind in Gottes Händen einge-ritzt. Die Umrisse der heiligen Stadt sind eingekerbt in Gottes Hand, unverlierbar. Was aus Jerusalem werden soll, das ist in Gottes Händen eingeritzt. Jetzt liegt Jerusalem in Trümmern, bald soll es aus den Ruinen wieder auferstehen. Gottes Liebe ist keine Momentaufnahme, sondern ein Ver-sprechen für immer. Die Trümmer, die jetzt noch verstreut am Boden liegen, fügen sich schon jetzt in Gottes Plan zu neuer Schönheit zusammen.

4.

Liebe Gemeinde,
Christen glauben, dass Gott nicht im Himmel geblieben ist, um dort seine Hand zu studieren und sich an sein Erbarmen erinnern zu lassen.

Er hat sich aufgemacht und ist herabgestiegen vom Himmel und ist Mensch geworden. In einem Stall ist er als kleiner Prinz gelegen. Christen sehen in diesem kleinen Prinzen nicht weniger ist als den Retter der Welt, den Heiland. Der, der alles heil macht, ist gekommen. In dem kleinen Prinzen hat sich Gott aufgemacht, um sein Volk zu trösten und sich der Elenden zu erbarmen. Wer das glauben kann, der wird nicht stumm und traurig bleiben, sondern in den Jubel einstimmen, so wie wir es gleich tun werden:

„Freuet euch, ihr Christen alle, freue sich, wer immer kann; Gott hat viel an uns getan.
Freuet euch mit großem Schalle, dass er uns so hoch geacht’, sich mit uns befreund’t gemacht.“ (EG 34.1)

Weihnachten bedeutet, dass sich Gott „mit uns befreundet hat“.
Diese Freundschaft ist ein großer Schatz, den es zu bewah-ren gilt.

Martin Luther hat sehr schön gesagt, wie dieser Schatz unser Herz weit macht:

„Das also will das Kind (Christus) von uns, dass es von uns getragen werde.
Er will von uns getragen sein,
damit wir schließlich sagen können: dies Kind ist mein.
Davon wird das Herz weit und stark.
Es ist wahrlich wunderbar, wie solch ein Schatz sich in den engen Räumlein des Herzens einschließen lässt.
Und das müsste täglich unsere Übung sein, dass wir in Christus verwandelt werden
und uns von dieser Nahrung nährten.
So würde das Herz mit aller Freude und Wollust durchgos-sen und würde mutig wider alle Anfechtung:
Wer wollte auch dem etwas tun, der mit Christus im Glau-ben ein Ding geworden ist. (1)


Mit diesem Schatz im Herzen gehen wir als weihnachtliche Menschen auf den Jahreswechsel zu. Mit Gott befreundet gehen wir unsere Wege mutig, stark und fröhlich. Im Ohr haben wir auf unseren Wegen den Jubel des Weihnachts-chores:

„Jauchzet, frohlocket, auf, preiset die Tage,
rühmet, was heute der Höchste getan!
Lasset das Zagen, verbannet die Klage,
stimmet voll Jauchzen und Fröhlichkeit an!“ Amen

Fürbittengebet
Herr, ewiger und heiliger Gott.
Wie eine Mutter tröstest du uns.
Zu dir können wir kommen, so wie wir sind.
Dafür danken wir dir.
Herr, sieh gnädig auf alle,
die unglücklich sind:
auf Kranke und Schwerkranke,
auf Arbeitslose und Arme,
auf Einsame und Zweifelnde,
auf Hungernde und Sterbende,
auf geschlagene Kinder,
auf zerstrittene Familien,
auf verfolgte Minderheiten,
auf die bedrohte Natur.
Schaff den Leidenden Heil
und den Machtlosen Recht
und ermutige alle, die zu helfen versuchen.
Herr, erbarme dich
Herr, sieh auch gnädig
auf alle, die Verantwortung tragen:
in den Regierungen und Parlamenten,
in Oppositionsgruppen und Befreiungsbewegungen,
in Schulen und Universitäten,
in Kliniken und Gerichten,
in der Wissenschaft, in der Wirtschaft
und in der Verwaltung,
dass Macht nicht missbraucht wird,
dass deine Schöpfung erhalten
und das Wohl aller Menschen gefördert wird.
Wehre, Herr, all denen,
die Gefährliches planen,
Böses vorhaben, Schädliches tun.
Herr, erbarme dich
Sieh, Herr, auch gnädig auf alle,
die dir vertrauen und die dein Wort weitersagen.
Lass sie nicht verzagen.
Lass sie nicht verzweifeln angesichts des Elends, das um sie herrscht.
Lass sie ohne Angst
deine Wahrheit suchen und deine Freiheit verkündigen,
klar und eindeutig und vernünftig,
durch die Kraft deines Geistes.
Herr, erbarme dich
Du, Herr, hast die Welt erschaffen.
Mit Erbarmen siehst du die Welt.
Dir sei Lob und Ehre, Dank und Anbetung
jetzt und immerdar und in alle Ewigkeit. Amen.
P. Sch.-A.

Verfasser: Pfarrer Peter Schaal-Ahlers
Franziskanergasse 4, 73728 Esslingen

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