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Der Lobgesang der Hanna

von Martin Henninger (Frankenthal)

Predigtdatum : 31.03.2024
Lesereihe : VI
Predigttag im Kirchenjahr : Ostersonntag
Textstelle : 1. Samuel 2,1-8a
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Wochenspruch: "Christus spricht: Ich war tot, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel des Todes und der Hölle." (Offenbarung 1,18)

Psalm: 118,14-24 (EG 747)

Predigtreihen

Reihe I: Johannes 20,11-18
Reihe II: 1. Korinther 15,(12-18)19-28
Reihe III: 2. Mose 14,8-14.19-23.28-30a;15,20-21
Reihe IV: Markus 16,1-8
Reihe V: 1. Korinther 15,1-11
Reihe VI: 1. Samuel 2,1-8a

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 103 Gelobt sei Gott im höchsten Thron
Wochenlied: EG 99 Christ ist erstanden
Predigtlied: EG 100 Wir wollen alle fröhlich sein
Schlusslied: EG+ 19 Wir stehen im Morgen

Predigttext: 1. Samuel 2,1-8a

1 Und Hanna betete und sprach: Mein Herz ist fröhlich in dem HERRN, mein Horn ist erhöht in dem HERRN. Mein Mund hat sich weit aufgetan wider meine Feinde, denn ich freue mich deines Heils. 2 Es ist niemand heilig wie der HERR, außer dir ist keiner, und ist kein Fels, wie unser Gott ist. 3 Lasst euer großes Rühmen und Trotzen, freches Reden gehe nicht aus eurem Munde; denn der HERR ist ein Gott, der es merkt, und von ihm werden Taten gewogen. 4 Der Bogen der Starken ist zerbrochen, und die Schwachen sind umgürtet mit Stärke. 5 Die da satt waren, müssen um Brot dienen, und die Hunger litten, hungert nicht mehr. Die Unfruchtbare hat sieben geboren, und die viele Kinder hatte, welkt dahin. 6 Der HERR tötet und macht lebendig, führt ins Totenreich und wieder herauf. 7 Der HERR macht arm und macht reich; er erniedrigt und erhöht. 8 Er hebt auf den Dürftigen aus dem Staub und erhöht den Armen aus der Asche, dass er ihn setze unter die Fürsten und den Thron der Ehre erben lasse. Denn der Welt Grundfesten sind des HERRN, und er hat die Erde darauf gesetzt.

Predigt

Kennen Sie den?

Eine Frau hört schlecht, sie geht zum Ohrenarzt. Der probiert alles Mögliche, nichts hilft. Am Ende meint er: Eine Chance gibt es noch, die mit dem Wurm. Er nimmt einen Wurm und steckt ihn der Frau bei einem Ohr hinein. Es dauert nicht lange, dann kommt der Wurm beim anderen Ohr heraus und die Frau hört super. Der Wurm hat alles ausgeputzt. Die Frau ist begeistert, und bittet, dass auch ihr schwerhöriger Mann kommen darf. Der Arzt nimmt den Wurm und lässt ihn bei einem Ohr hineinkriechen. Aber der Wurm kommt nicht beim anderen Ohr heraus. Alle warten und warten, er kommt nicht. Was kann mit dem Wurm passiert sein? Alle blicken auf den verzweifelten Arzt. Dieser schaut und fragt dann ganz verlegen die Frau: Ist es möglich, dass ihr Mann einen Vogel hat?

Oder den?

Denkt der Pfarrer so für sich: Ich wünsche mir, dass in meinem Gottesdienst mal ein Wunder geschieht. Dann würden endlich alle glauben. Und dann passiert es ausgerechnet an Ostern. Eine Dame ruft gegen Schluss: ‹Herr Pfarrer, ich kann wieder laufen!› Der Pfarrer fällt auf die Knie, lobt Gott und fragt: ‹Wie ist das geschehen?› Und die Dame antwortet: ‹Sie haben so lange gepredigt, jetzt ist der Bus weg.’

Osterwitze haben eine lange Tradition. Aber warum werden gerade an Ostern Witze erzählt? Warum dürfen und sollen Christen gerade an Ostern von Herzen lachen? Ist der Glaube nicht eine ernste Sache? Und ganz besonders Karfreitag und Ostern?

Wer zuletzt lacht, lacht am besten, lautet ein Sprichwort. Vorgestern war Karfreitag. Da lachte der Tod über Gott. Denn an Karfreitag herrschte der Tod und seine funktionierenden Handlanger, die Menschen, denen Gottes Liebe viel zu weit ging. Jesus, Gottes Sohn war tot. Und dass er Gottes Sohn war, war sogar die Begründung dafür, dass ihn die Handlanger des Todes zum Tode verurteilten. Gekreuzigt. Gestorben. Begraben. Der Gott des Lebens schien besiegt. Selbst sein Sohn musste den Weg alles Vergänglichen gehen. Tot ist tot. Und wo der Tod lacht, vergeht den Menschen das Lachen.

Doch an Ostersonntag lacht Gott über den Tod. „Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten?“ fragt der Engel die Frauen am Grab. „Er ist nicht hier. Er ist auferstanden!“ Zuerst sind die Frauen verwirrt. Dass ein Toter leben soll, ist lächerlich und passt nicht in ihr Weltbild. Es dauert, bis sie begreifen, dass an Ostern Gott über den Tod lacht, weil der Tod – anderes als erwartet – nicht das letzte Wort hat und auch nicht haben kann gegen den Gott des Lebens. Dass der Tod keine Chance hat gegen den Gott, der von Anfang an für das Leben war, der es geschaffen hat und der, wenn es zu Ende gegangen ist, wieder neu schafft. An Ostern dürfen wir zu recht mit Gott über den Tod lachen, weil uns an Ostern gezeigt wird, wer wirklich das letzte Wort behält: Gott.

Leider richtet sich unser Gefühlsleben nicht nach dem Kalender. Den Frauen damals am Grab war das Lachen gleich doppelt vergangen: Erst, weil sie es ja miterlebt hatten, wie der Tod über Gott gelacht hat. Sie waren dabei, als Jesus die Dornenkrone aufgesetzt wurde. Sie standen unter dem Kreuz. Sie sahen Jesus einen entsetzlich qualvollen Tod sterben und haben ihn am Ende ins Grab gelegt. Und mit ihm haben sie all ihre Hoffnungen auf den Gott des Lebens begraben. Tot ist tot. Da ist nichts mehr zu ändern. Und noch mehr ist ihnen das Lachen vergangen, als sie am Ostersonntag-Morgen zum Grab Jesu gingen und es leer fanden. Nicht einmal ein Ort für ihre Trauer ist ihnen geblieben. Nein, dass Ostern der Tag ist, an dem sich wieder einmal zeigt: Wer zuletzt lacht, lacht am Besten, und dass Gott an diesem Tag über den Tod lacht, und dass sie einmal voller Freude in dieses Lachen einstimmen würden, das war ihnen am Ostersonntagmorgen noch nicht klar.

Auch heute mag es einige unter uns geben, denen überhaupt nicht nach Lachen zumute ist, und die bei dem fröhlichen Osterlachen das Gefühl haben, im falschen Film zu sein und nicht dazu zu gehören. Auch die Osterfreude braucht ihre Zeit.

Ich vermute, dies war einer der Gründe, weshalb unsere Kirche für diesen Ostersonntag einen Bibeltext aus dem Alten Testament ausgesucht hat. Es ist die Geschichte von Hanna, einer Frau, die etwa 1200 Jahre vor dem ersten Osterfest gelebt hat. Die Geschichte erzählt, wie Hanna das Lachen erst wieder lernen musste, und wird so, lange vor der Auferstehung Jesu, auch eine Auferstehungsgeschichte.

Da war ein Mann namens Elkana. Er hatte zwei Frauen, eine Peninna und die besagte Hanna. Ganz lapidar berichtet die Bibel, dass Peninna Kinder bekommen hatte, Hanna jedoch nicht. Und keine Kinder zu haben bedeutete in jener Zeit den sozialen Tod, denn nur durch Kinder lebte man weiter. Die Bibel erzählt, wie die ganze Familie Elkana mit vielen anderen zu einem großen jüdischen Fest reiste und wie Hanna gerade auf diesem fröhlichen Fest begriff, dass etwas in ihr gestorben war und sie nicht dazu gehörte. Elkana war ein verständnisvoller Mann, der seine beiden Frauen liebte und Hanna einfühlsam zu trösten versuchte, aber es half nicht. Weinend suchte Hanna Zuflucht in Gottes Haus und schüttete Gott ihr Herz aus. Weil sie nur die Lippen bewegte, vermutete Priester Eli, der sie beobachtete, dass Hanna betrunken ist. Aber Hanna konnte sich erklären, sie erzählte Eli von ihrer Not und ihrem Kummer. Dieses seelsorgerliche Gespräch zwischen der verzweifelten Frau und dem Gottesmann endete damit, dass Eli ihr zusprechen konnte: Gott hat dein Gebet gehört.

Und so kommt es auch: Dankbar und mit großer Freude reist Hanna einige Jahre später, als ihr Kind aus dem Gröbsten raus ist, wie man heute sagt, noch einmal zum Heiligtum und stellt sich dem Priester Eli vor als die Frau, deren Gebet Gott erhört hat. Dann betet sie den Psalm, der unser heutiger Predigttext ist:

Ich lese 1. Samuel 2,1-8a

Es ist ein fröhliches Lied, das Hanna hier singt. Ein Lied voller Dankbarkeit gegenüber dem Gott des Lebens, der dafür sorgt, dass die Rollen nicht dauerhaft so verteilt bleiben, wie es am Anfang der Geschichte schien: Hier die Fröhlichen, dort die Trauernden, hier die Starken, denen alles glückt, dort die vom Schicksal geschlagenen, hier die Hungrigen, dort die Satten, hier die, die sich an ihren Kindern freuen dürfen, dort die, die verzichten müssen. Gott ist ein Gott des Lachens und des Lebens, und er möchte, dass die, die an ihn glauben, ebenfalls leben und lachen können, auch wenn es manchmal so aussieht, als wäre der Tod der stärkere und behielte das letzte Wort.

Das Schöne an Hannas uralter Geschichte, die so lange vor Ostern passiert ist, liegt für mich darin, dass sie das neue Leben, das Gott schenkt, von der Besonderheit des Osterfestes und der Einzigartigkeit Jesu Christi, der ja immerhin Gottes Sohn ist, herunter holt auf unsere menschliche Ebene. Auferstehung ist eben nicht einmalig und auf Ostern beschränkt. Sie geschieht jeden Tag, wo Menschen wie Hanna darum bitten, dass Gott ihre Trauer in Freude verwandelt, ihre Verzweiflung in Zuversicht und ihre Leere in erfülltes Leben, und dem lebendigen Gott begegnen.

Das ist kein oberflächliches Geschwätz nach dem Motto „Wird schon wieder werden!“. Hanna sagt sehr realistisch: „Der Herr tötet und macht lebendig.“ „Nun lach doch mal wieder“ wäre kein Satz, den sie sagen würde. Denn Hanna weiß um unerfüllte Wünsche, enttäuschte Hoffnungen, tiefe Verletzungen. Sie kann erzählen von Friedlosigkeit, Ungerechtigkeit und Verzweiflung, die einem das Lachen nehmen. Das alles darf nicht klein- und weggeredet werden. „Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal,“ heißt es im Psalm vom guten Hirten (Psalm 23). Doch auf diesem Weg durch das finstere Tal gilt auch: „Denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich.“

Wie Hanna vor ihm und viele andere nach ihm musste auch Jesus diesen Weg durchs finstere Tal gehen: Den Weg durch die Todesangst im Garten Gethsemane, wo er betete: „Vater nimm diesen Kelch von mir“, den Weg des Verrates und des Verlassenseins von Gott und den Menschen, den Weg der Verhöhnung bis hin zum qualvollen Tod am Kreuz. Jesus musste diesen Weg gehen, um als Gottes Sohn all das selbst zu erleben, was menschliches Leben schwer macht.

Aber das war und ist nicht das Ende, weil unser Gott ein Gott des Lebens ist, der alles, sogar den Tod, in neues Leben verwandeln kann. „Wer zuletzt lacht, lacht am besten.“ Wo Menschen denken, es ist der Tod, da dürfen wir an Ostern mit Hanna und Jesus und der ganzen Christenheit die Auferstehung von den Toten feiern: Es ist vielleicht ein langer schwerer Weg, aber am Ende lacht Gott über den Tod und wir dürfen mit ihm lachen. Ostern ist das Fest, wo uns das Lachen wieder geschenkt wird. Denn der Herr ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden. Halleluja. Amen.

Verfasser: Pfarrer em. Martin Henninger, Frankenthal


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