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Der Vorläufer des Herrn – Einladung zum Wach- und Lebendigsein

von Rudolf Gümbel (Flecken Zechlin)

Predigtdatum : 15.12.2013
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : 3. Advent
Textstelle : Offenbarung 3,1-6
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Wochenspruch:

Bereitet dem Herrn den Weg; denn siehe, der Herr kommt gewaltig. (Jesaja 40, 3.10)

Psalm: Psalm 85, 2 - 8

Lesungen

Altes Testament: Jesaja 40, 1 - 8. (9 - 11)

Epistel: 1. Korinther 4, 1 - 5

Evangelium: Matthäus 11, 2 - 6. (7 - 10)

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 5, 1.2.5.6

EG 11, 1.7.8.11 Gottes Sohn ist kommen oder

Wie soll ich dich empfangen

Wochenlied: EG 10 Mit Ernst, o Menschenkinder

vor der Predigt EG 7, 1 - 3 Wir sagen euch an

Predigtlied: EG 147, 1 - 3 Wachte auf, ruft uns die Stimme

Schlusslied: EG 251, 1.2.4.7 Herz und Herz vereint zusammen

Hinführung

Die Offenbarung des Johannes ist für die Gemeinde ein wenig bekanntes Buch. In der Reihe der Predigttexte in diesem Kirchenjahr ist sie allerdings am 2. und 3. Advent vorgeschlagen – am 2. Advent das 6. Sendschreiben (an die Gemeinde in Philadelphia) und heute das 5. Sendschreinen (an die Gemeinde in Sardes). Darum wird es gut sein, einige Einführungsfragen zur Offenbarung zu erklären. Selbst wenn die Predigthörer an den beiden Sonntagen nicht völlig dieselben sind, ist in Gemeinden mit wöchentlichem Gottesdienst eine Abstimmung mit dem Prediger/der Predigerin des letzten Sonntags geraten.

Zwei Verstehensmuster bei diesem Text will ich vermeiden: Einmal die Gleichsetzung der Situation einer im römischen Imperium mit seinem Kaiserkult verfolgten Gemeinde mit unserer Situation. Zum andern die Härte von Vers 1c zu einer übertriebenen Kirchenkritik auszunutzen.

Vielmehr sollte das adventliche „Tröstet, tröstet mein Volk!“ (Jesaja 40,1) Predigtziel sein. Die treuen Gemeindeglieder, die am 3. Advent zusammenkommen, sollen nicht bekümmert werden mit dem Zustand der Kirche, sondern neugierig gemacht werden und in freudige Spannung versetzt werden auf den kommenden Herrn.

Predigt

Die Verlesung des Predigttextes geschieht während der Predigt.

Liebe Gemeinde,

„Wir sagen euch an den lieben Advent, sehet die dritte Kerze brennt! So ragt eurer Güte hellen Schein weit in die dunkle Welt hinein. Freut euch, ihr Christen, freuet euch sehr! Schon ist nahe der Herr.“

Ich will Ihnen heute ganz viel Schönes und Tröstliches sagen mit Bildern aus der Offenbarung des Johannes, dem letzten Buch der Bibel. Leuchten soll der Güte heller Schein in die dunkle Welt. Aber nicht so sehr der Schein unserer Güte, sondern der der Güte Gottes, die uns nahe gekommen ist, die Gestalt angenommen hat in Jesus Christus. Das Buch der Offenbarung schließt mit den Worten: „Komm, Herr Jesus!“ Jesus spricht: „Ja, ich komme bald. - Amen, ja, komm, Herr Jesus!“ „Freut euch, ihr Christen, freuet euch sehr, schon ist nahe der Herr!“

Unser Predigttext ist der Beginn des 3. Kapitels der Offenbarung des Johannes. Wir wissen sehr wenig über diesen Johannes. Er muss eine Autorität gewesen sein in den christlichen Gemeinden Kleinasiens am Ende des ersten Jahrhunderts. Er schreibt sein Buch der Offenbarung auf. Das tut er auf der Insel Patmos. Patmos gehört zu einer Inselkette, die der heutigen Türkei im Südwesten vorgelagert ist. Damals war sie ein berüchtigter Verbannungsort. Johannes war während der Christenverfolgungen unter Kaiser Domitian etwa um das Jahr 90 dorthin verbannt worden. Hier ist er mit seinen Gedanken und Gebeten bei den Gemeinden. Und er hat Visionen.

Die erste Vision, die er beschreibt, ist ein leuchtendes Bild: Er sieht sieben goldene Leuchter und in ihrer Mitte die Gestalt eines Menschen. Von dem geht ein Strahlen aus wie von der Sonne, und seine Augen glühen wie Flammen. In seiner Hand hält er sieben Sterne. Eine schöne Vorstellung: Wie Leuchter umgeben die Gemeinden ihren Herrn. Jesus ist die Mitte. Und jede Gemeinde hat gewissermaßen einen Botschafter, ihre Seele, ihren Engel bei Jesus, wie Sterne in seiner Hand. Und Johannes spürt, wie sich die Hand mit den Sternen auf seinen Kopf legt. Und er hört die Worte: „Fürchte dich nicht. Ich bin der Erste und der Letzte und der Lebendige.“ Und Johannes weiß: Es ist Jesus. Die Leuchter stehen für die Gemeinden. Sieben als Ausdruck ihrer Gesamtheit, und Jesus mitten unter ihnen.

Und ihre Engel sind bei Jesus, leuchten wie Sterne, und Jesus hält sie in seinen starken, guten Händen. Was für ein tröstliches Bild für Menschen, die um ihres Glaubens will verfolgt, geächtet, enteignet und verbannt wurden: Jesus ist bei ihnen, Jesus hält sie fest, in seiner Hand sind sie geborgen. Ein niederländisches Lied singt es so:

1. Das Volk, das noch im Finstern wandelt -

bald sieht es Licht, ein großes Licht.

Heb in den Himmel dein Gesicht

und steh und lausche, weil Gott handelt.

2. Die ihr noch wohnt im Tal der Tränen,

wo Tod den schwarzen Schatten wirft:

Schon hört ihr Gottes Schritt, ihr dürft

euch jetzt nicht mehr verlassen wähnen. (EG 20, 1+2)

„Fürchtet euch nicht!“

Und nun hat Johannes den Gemeinden ganz konkrete Dinge zu sagen. Es sind sieben Botschaften und er richtet sie an sieben Gemeinden. Der Erste und der Letzte, der Lebendige, der Herr Jesus Christus will seinen Gemeinde Hilfe zum Leben geben, sieben Sendschreiben, sieben Briefe, sieben Beispiele, die aber letzten Endes alle Gemeinde angehen.

Unser Predigttext ist das fünfte Schreiben und nimmt als Beispiel die Gemeinde in Sardes. Wir lesen im 3. Kapitel der Johannesoffenbarung:

Verlesung des Predigttextes

Das ist zunächst ein hartes und unerbittliches Urteil: „Du hast den Namen, dass du lebst, aber du bist tot.“ Wir wissen nicht mehr über die Gemeinde in Sardes. Nur dies: Alle halten sie für lebendig, aber sie ist tot. Es geht ja auch gar nicht nur um Sardes. Es geht um alle Gemeinde, es geht auch um uns. Es geht darum, dass wir uns fragen, ob wir das kennen:

• Dass alles „in Ordnung“ zu sein „scheint“, das Gemeindeleben ist Routine geworden. Aber es ist keine lebendige Gemeinschaft, kein Füreinanderdasein, kein Un-tereinander lieben, kein Miteinander freuen und leiden.

• Dass wir schöne Kirchen haben, dass alles saniert ist und alle möglichen Fördergelder eingeholt sind. Heizung und Kissen, warm und weich. Aber die Kirche ist leer und hat nichts mehr zu sagen.

• Dass wir gute Musik machen, die Bibel im revidierten Luthertext lesen und die Gebete in hochkirchlicher Sprache sprechen. Aber es singt kaum einer von Herzen mit und in den Gebeten ist viel Gott und wenig Mensch und wir bleiben leer.

• Dass wir Religionsunterricht in den Schulen haben, dass Himmelfahrt ein Feiertag ist, dass wir als Kirche einen Beauftragten bei der Bundesregierung, ja sogar bei der EU haben. Aber eigentlich will kaum einer unsere Botschaft hören.

Alle halten dich für lebendig, aber du bist tot.

„Wach auf und stärke das, was noch übrig ist, das sterben will.“ Ein Weckruf! Das heißt doch: Da ist noch Hoffnung, Zutrauen in die schlummernden Kräfte, Vertrauen in die Möglichkeiten, ein neuer Anfang.

Die Botschaft der Bibel ist durchzogen von Hoffnung auf Neuanfang, vom Zutrauen Gottes in die Möglichkeiten der Menschen, vom Vertrauen Gottes auf das Wachwerden seiner Menschen. „Tut Buße“, heißt das mit anderen Worten.

Die vier Sonntage im Advent haben jeweils ein eigenes Thema oder einen bestimmten Schwerpunkt. Der dritte Advent erinnert an den Vorläufer Jesu, an Johannes den Täufer. „Es ruft eine Stimme in der Wüste: Bereitet dem Herrn den Weg; denn siehe, der Herr kommt gewaltig.“ Das ist der Wochenspruch. Im Evangelium haben wir vom Täufer Johannes gehört. Er hat zur Buße gerufen: „Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen“ „Wach auf, stärke das, was noch übrig ist!“ Aufstehen in der Nacht in den Tag, aus dem Schlaf ins bewusste Leben. Und auch für das letzte Aufwachen haben wir das Wort gewählt: Auferweckung.

Der Gemeinde werden zwei Hilfen zum Aufwachen genannt: Erinnern und aufmerksam sein. „So gedenke nun, wie du empfangen und gehört hast, und halte es und tue Buße. Wenn du aber nicht wachen wirst, werde ich kommen wie ein Dieb, und du wirst nicht wissen, zu welcher Stunde ich über dich kommen werde.“ Einer anderen Gemeinde (Ephesus) wird vorgeworfen, dass sie "die erste Liebe verlassen hat“ (Offb. 2, 4). An anderer Stelle in der Offenbarung wer-den Christus und die Gemeinde als Braut und Bräutigam beschrieben (21, 2).

Weißt du noch - deine erste Liebe? Das Glück, sich dem anderen hinzugeben und angenommen zu sein? Das für den anderen brennende Herz? Christus erinnert seine Gemeinde an jene Liebe des Anfangs und will das stumpf gewordene Herz zu neuer Begeisterung wecken. Auch in der Liebe zwischen Menschen kann Gewohnheit tödlich sein. Hell wach bleiben in der Erinnerung an den Anfang. Das können kleine Gesten, Farbtupfer im grauen Alltag, Worte voller Zärtlichkeit sein. Eine rote Rose - einfach nur so. Was wären solche Gesten, Farbtupfer, Zärtlichkeiten, was wäre eine rote Rose im Leben unserer Gemeinde?

Erhöhte Wachsamkeit! Aufmerksamkeit auf die kleinen Dinge. Jesus kommt in unser Leben wie ein Dieb in der Nacht. Jeder Gedanke, jedes Wort, jede noch so kleine Tat kann zu dem Ort werden, wo Jesus in dein Leben kommt, wo seine Liebe geschieht - oder nicht geschieht. Sich an die erste Liebe zu erinnern und aufzupassen auf die heimlichen Gelegenheiten, Jesus zu leben - das hilft zum Aufwachen, zum Immer-Wieder-Neu- Anfangen, zu neuen Wegen, zum Lebendig sein.

Und das traut uns Jesus zu - wie tröstlich, wie gut!

Zwei Mut machende Bilder schenkt uns Johannes noch zum Schluss: Menschen mit weißen Kleidern. Mitten in der Gemeinde Sardes - für die er so harte Worte gebraucht hat: „scheinbar lebendig und doch tot. - haben weiße, strahlende Kleider an. Die haben sich nicht besudelt und beschmutzt. Wieder wissen wir nicht, worauf Johannes mit diesen Worten anspielt. Manche Ausleger denken an moralische, gar sexuelle Verfehlungen.

Schade, dass man gleich so engstirnig moralisiert. Ist Lieblosigkeit nicht ein viel schlimmerer Schmutz am Kleid der Christen? Sind Gleichgü1tigkeit und Überheblichkeit, Mutlosigkeit und Angst nicht viel dunklere Flecken auf dem Christenkleid als irgendwelche moralische Verfehlungen? Es muss offen bleiben. Aber wichtig ist: Es gibt dies: Überwindung. Im Licht Jesu bleiben. „Weiße Kleider" anhaben.

Nicht durch unsere Gerechtigkeit, nicht durch unsere Tüchtigkeit, sondern durch Gottes große Barmherzigkeit, durch die Liebe Jesu, „gewaschen im Blut des Lammes“, heißt es in der Offenbarung.(7, 14): „lch hatte nichts als Zorn verdienet und soll bei Gott in Gnaden sein; Gott hat mich mit sich selbst versühnet und macht durchs Blut des Sohns mich rein. Wo kam dies her, warum geschieht’s? Erbarmung ist's und weiter nichts" (EG 355, 2).

„Mit weißen Kleidern angetan“- das ist das eine Bild; und „ins Buch des Lebens eingeschrieben“ das andere. Jesus hat einmal seinen Jüngern gesagt: „Freut euch nicht über das, was ihr schafft und was euch gelingt, freut euch aber‚ dass eure Namen im Himmel geschrieben sind!“

Und in unserem Text malt Johannes das Bild einer Gerichtsverhandlung im himmlischen Saal. Das Buch des Lebens wird aufgeschlagen, und die Namen der Gerechten werden aufgerufen. Und der himmlische Richter fragt nach Zeugen. Dann wird Christus da sein und um seiner Liebe willen sich zu denen bekennen, die mit ihm geliebt haben. Und dann den eigenen Namen hören, ausgerufen, bezeugt, bestätigt. „lch habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein!“

Welche Freude! Ich möchte heute, am 3. Advent, mit Ihnen beten:

Herr Jesus Christus ! Komm in unsere Herzen und in unsere Häuser. Komm in unsere Gemeinde!

Zünde wieder die erste Liebe in uns an und weck uns auf zu neuem Leben. In deiner Liebe werden unsere Kleider weiß und um deiner Barmherzigkeit willen werden unsere Namen bewahrt sein im Buch des Lebens. Du hast versprochen:

Ja, ich komme bald.

Ja, komm, Herr Jesus!

Amen

Verfasser: Pfarrer i. R. Rudolf Gümbel

Weinbergsring 9, 16837 Flecken Zechlin


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