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Des Herrn tröstendes Wort für sein Volk

von Søren Schwesig (Stuttgart)

Predigtdatum : 11.12.2022
Lesereihe : V
Predigttag im Kirchenjahr : 3. Advent
Textstelle : Jesaja 40,1-11
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Wochenspruch: „Bereitet dem Herrn den Weg; denn siehe, der Herr kommt gewaltig.“ (Jesaja 40,3.10)

Psalm: 85,2-8

Predigtreihen

Reihe I: Römer 15,4-13
Reihe II: Lukas 3,(1-2)3-14(15-17)18(19-20)
Reihe III: Lukas 1,67-79
Reihe IV: 1. Korinther 4,1-5
Reihe V: Jesaja 40,1-11
Reihe VI: Matthäus 11,2-10

Liedvorschläge

Eingangslied: EG 7,1-7 O Heiland, reiß die Himmel auf
Wochenlied: EG 10,1-4 Mit Ernst, o Menschenkinder
Predigtlied: EG 16,1-5 Die Nacht ist vorgedrungen
Schlusslied: EG 20,1-4 Das Volk, das noch im Finstern

Predigttext: Jesaja 40,1-11

1 Tröstet, tröstet mein Volk!, spricht euer Gott. 2 Redet mit Jerusalem freundlich und predigt ihr, dass ihre Knechtschaft ein Ende hat, dass ihre Schuld vergeben ist; denn sie hat die volle Strafe empfangen von der Hand des HERRN für alle ihre Sünden. 3 Es ruft eine Stimme: In der Wüste bereitet dem HERRN den Weg, macht in der Steppe eine ebene Bahn unserm Gott! 4 Alle Täler sollen erhöht werden, und alle Berge und Hügel sollen erniedrigt werden, und was uneben ist, soll gerade, und was hügelig ist, soll eben werden; 5 denn die Herrlichkeit des HERRN soll offenbart werden, und alles Fleisch miteinander wird es sehen; denn des HERRN Mund hat's geredet. 6 Es spricht eine Stimme: Predige!, und ich sprach: Was soll ich predigen? Alles Fleisch ist Gras, und alle seine Güte ist wie eine Blume auf dem Felde. 7 Das Gras verdorrt, die Blume verwelkt; denn des HERRN Odem bläst darein. Ja, Gras ist das Volk! 8 Das Gras verdorrt, die Blume verwelkt, aber das Wort unseres Gottes bleibt ewiglich. 9 Zion, du Freudenbotin, steig auf einen hohen Berg; Jerusalem, du Freudenbotin, erhebe deine Stimme mit Macht; erhebe sie und fürchte dich nicht! Sage den Städten Judas: Siehe, da ist euer Gott; 10 siehe, da ist Gott der HERR! Er kommt gewaltig, und sein Arm wird herrschen. Siehe, was er gewann, ist bei ihm, und was er sich erwarb, geht vor ihm her. 11 Er wird seine Herde weiden wie ein Hirte. Er wird die Lämmer in seinen Arm sammeln und im Bausch seines Gewandes tragen und die Mutterschafe führen.

Predigt

I. Hinführung zum Predigtwort

Liebe Gemeinde,

große und berühmte Worte hören wir zum dritten Advent. Worte mit einer ganz eigenen Kraft. Unser heutiges Predigtwort hat Einzug in viele Gesangbuchlieder gefunden. Viele Werke der Chormusik nehmen Bilder unseres Predigtwortes auf. Vor allem diese Anfangsworte „Tröstet, tröstet mein Volk, spricht euer Gott“ haben eine große Kraft entwickelt.

Von Georg Friedrich Händel wird Folgendes erzählt: Als Händel sich einmal in einer wirtschaftlich und gesundheitlich trostlosen Lage befand, erreichte ihn die Textvorlage für ein großes Oratorium. Sie begann mit diesen Worten: „Tröstet, tröstet mein Volk.“ Händel, so der Bericht, wurde von diesem Zuspruch so gepackt, dass er das Lähmende seiner momentanen Lebenssituation abwarf und mit neuen Kräften, wie in einem Rausch, fast in einem Zug, das Oratorium niederschrieb. Dieses Oratorium mit dem Titel „Der Messias“ verhalf ihm zu neuer Aufmerksamkeit und bescherte ihm einen Welterfolg.

Ich lese unser Predigtwort. Verse des 40. Kapitels aus dem Buch des Propheten Jesaja:

(Predigttext)

II. Zur geschichtlichen Situation des Predigtwortes

„Tröstet, tröstet mein Volk! spricht euer Gott. Redet mit Jerusalem freundlich.“ Mich berühren diese Worte und meine Gedanken gehen zum heutigen Jerusalem. Die Situation in dieser heiligen unheiligen Stadt ist verfahren, der Terror kehrt immer wieder. Manchmal denkt man, es gehe nur noch darum, Grenzen zu ziehen und möglichst hohe Mauern zu bauen. Die Stagnation aller Friedensbemühungen wirkt sich lähmend aus auf die Hoffnung auf ein friedliches Nebeneinander der Völker. Wie mag es da erst den Bewohnern Jerusalems gehen? Wie viel Trost brauchen sie wohl, um ihr alltägliches Leben bewältigen zu können?

Der Prophet Jesaja tritt ungefähr im Jahr 640 vor Christus auf. Nach einem verlorenen Krieg gegen die Babylonier wird Israel von den Siegern verwüstet und der Jerusalemer Tempel zerstört. Um die Identität und den Widerstandswillen Israels zu brechen, wird ein Großteil der Bevölkerung ins Exil nach Babylon geführt. Dort in der Gefangenschaft, fern der Heimat und, wie sie glauben, auch fern von ihrem Gott – dort trauern sie, bis die Hoffnung auf Rückkehr in das gelobte Land ihrer Väter und Mütter geschwunden ist. Generationen vergehen.

Da macht das Gerücht die Runde, dass ein neuer Perserkönig das babylonische Reich besiegen wird. So kommt es tatsächlich. Machtwechsel im Mittleren Orient. Der neue persische Herrscher lässt die Nachfahren der Exilierten frei. Sie dürfen heimkehren.

Diese Heimkehr ist es, die Jesaja ankündigt:
„Tröstet, tröstet mein Volk! spricht euer Gott. Redet mit Jerusalem freundlich und prediget ihr, dass ihre Knechtschaft ein Ende hat, dass ihre Schuld vergeben ist.“

Und ich, der ich Hoffnungslosigkeit empfinde angesichts der heutigen Lage Jerusalems, ich höre diese alten Worte und begreife plötzlich, wie kurz die Spanne der Geschichte Jerusalems ist, die ich miterlebt habe. Und ich merke, wie klein mein Hoffnungsvermögen ist, wenn ich schon jetzt nicht mehr daran glauben mag, dass in Jerusalem eines Tages Frieden herrschen wird.

So öffnen diese Trostworte aus einer anderen Zeit meinen eigenen engen Hoffnungsraum.

III. Trost als etwas, was jeder Mensch zum Leben braucht.

„Tröstet, tröstet mein Volk! spricht euer Gott. Redet mit Jerusalem freundlich.“ Mich berühren diese Worte. Sie rühren etwas in mir an, weil Jerusalem mehr ist als eine Stadt. Denn nach dem biblischen Aussagen soll an Jerusalem Gottes Heil sichtbar werden. Es soll erlebbar werden, wie Gott es mit den Menschen meint. Jerusalem steht damit symbolisch für unser eigenes Leben. Denn an uns will Gott heilsam handeln. In unserem Leben soll erlebbar werden, wie Gott es mit uns meint. Darum berühren diese Worte des Propheten.

Jesaja redet davon, dass Gott sein Volk trösten will. Auch uns will er trösten. Und wir haben Trost bitter nötig. Denn mögen wir auch nicht vom Krieg heimgesucht sein, so erleben wir doch eigene Nöte. Die Schauplätze unserer Nöte befinden sich zu Hause, am Arbeitsplatz, hinter vorgehaltener Hand oder verschlossenen Türen.

Jeder Mensch braucht es, dass ihm in bestimmten Notzeiten von außen Trost zugesprochen wird, so dass er mit neuem Mut weiterleben kann. Dass wir Trost brauchen, ist uns Menschen gemeinsam. Dieses Trostbedürfnis verbindet uns mit den Menschen Israels heute und denen zur Zeit Jesajas.

IV. Trost muss von außen zugesprochen werden. Gottes Trost liegt in der Zusage seiner Nähe.

Das Geheimnis von Trost liegt wohl darin, dass wir ihn uns nicht selbst geben können. Trost muss uns von außen zugesprochen werden. Worin nun aber liegt der Trost, von dem Jesaja redet?

Sein Trost liegt darin, dass Gott sich auf den Weg zu uns Menschen macht. Und Jesaja beschreibt dieses Kommen Gottes in Bildern, die er von den Aufmärschen der babylonischen Herrscher auf herrlichen Prachtstraßen kennt. Wie sie, so kommt auch Gott mit unwiderstehlicher Kraft. Vor ihm weichen Berge und Hügel, Abgründe werden zugeschüttet. Gott kommt auf ebener Bahn. Ein Symbol für den Weg, den Gott mit uns gehen will – auf ebener Bahn.

Dass Gott sich auf den Weg zu uns gemacht hat, feiern wir an Weihnachten. Und versuchen jedes Jahr aufs Neue zu verstehen, was sein Kommen für unser Leben bedeutet. Denn als Gott in der Heiligen Nacht Mensch wird, ist keine Rede mehr von großen Prachtstraßen und einer Ankunft in unwiderstehlicher Kraft. Nein, ein Kind wird geboren. In ärmlichen Umständen. Dieses Kind wird bald schon vor seinen Verfolgern fliehen müssen. Ein Kind, das die einen später anrühren, die anderen verärgern wird. Ein Kind, den sein Weg ans Kreuz führen wird.

So kommt Gott zur Welt. Die einen sehen darin ein Scheitern. Der Glaube aber erkennt darin Gottes Entscheidung, genau so und nichts anders zu den Menschen kommen und unter ihnen leben zu wollen. Mit ihnen das Leben teilen zu wollen mit seinen Sonnenseiten, aber auch mit den Lebensphasen, die manchmal schwer zu ertragen sind. So kommt Gott zur Welt.

Und genau darin liegt unser Trost. Denn jetzt können wir leben im Vertrauen, dass Gott bei uns ist. Dass wir in den Wirrnissen unserer Welt und unseres Lebens nicht allein sind. Gott ist an unserer Seite. Zu jeder Stunde unseres Lebens.

V. Wer getröstet ist, kann Trost weitergeben.

Zum Schluss. Was ist also zu tun für uns, die Gott uns tröstet?
Zunächst einmal müssen wir bereit sein, uns auch trösten zu lassen. Das bedeutet bereit zu sein, aufzugeben, was den Trost hindern kann. Die Witwe muss ihre Trauer loslassen, die ihr zu einer inneren Heimat geworden ist. Der Mann, für dessen Krankheit es keine Hoffnung mehr gibt, muss sich seiner Krankheit fügen. Die Jugendliche, die tief gekränkt wurde, muss bereit sein, Geschehenes hinter sich zu lassen.

Und wer getröstet wurde und aus dem Wissen um Gottes Nähe neues Vertrauen ins Leben gewonnen hat, der kann Trost weitergeben. Der kann eine Freudenbote für andere werden. Ein Freudenbote, der Gottes Trost erfahren hat, und darum weiß, dass es einen Trost gibt, der hält und trägt. Von diesem Trost dürfen wir erzählen und dürfen diese Botschaft weitersagen:

„Tröstet, tröstet mein Volk! spricht euer Gott. Redet mit Jerusalem freundlich und prediget ihr, dass ihre Knechtschaft ein Ende hat, dass ihre Schuld vergeben ist.“

Amen.

Verfasser: Stadtdekan Søren Schwesig, Büchsenstraße 33, 70174 Stuttgart


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