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Die betende Kirche

von Dieter Borchert (39624 Kakerbeck)

Predigtdatum : 25.05.2003
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Kantate
Textstelle : Johannes 16,23b-28.(29-32).33
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Wochenspruch:

Gelobt sei Gott, der mein Gebet nicht verwirft noch seine Güte von mir wendet. (Psalm 66,20)

Psalm: 95,1-7b

Lesungen

Altes Testament:
2. Mose 32,7-14
Epistel:
1. Timotheus 2,1-6a
Evangelium:
Johannes 16,23b-28.(29-32).33

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 103
Gelobt sei Gott im höchsten Thron
Wochenlied:
EG 133
oder EG 344
Zieh ein zu deinen Toren
Vater unser im Himmelreich
Predigtlied:
EG 328
Dir, dir, o Höchster
Schlusslied:
EG 99
Christ ist erstanden

23b Jesus sprach zu seinen Jüngern: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr den Vater um etwas bitten werdet in meinem Namen, wird er's euch geben. 24 Bisher habt ihr um nichts gebeten in meinem Namen. Bittet, so werdet ihr nehmen, dass eure Freude vollkommen sei.
25 Das habe ich euch in Bildern gesagt. Es kommt die Zeit, dass ich nicht mehr in Bildern mit euch reden werde, sondern euch frei heraus verkündigen von meinem Vater. 26 An jenem Tage werdet ihr bitten in meinem Namen. Und ich sage euch nicht, dass ich den Vater für euch bitten will; 27 denn er selbst, der Vater, hat euch lieb, weil ihr mich liebt und glaubt, dass ich von Gott ausgegangen bin. 28 Ich bin vom Vater ausgegangen und in die Welt gekommen; ich verlasse die Welt wieder und gehe zum Vater.
[29 Sprechen zu ihm seine Jünger: Siehe, nun redest du frei heraus und nicht mehr in Bildern. 30 Nun wissen wir, dass du alle Dinge weißt und bedarfst dessen nicht, dass dich jemand fragt. Darum glauben wir, dass du von Gott ausgegangen bist. 31 Jesus antwortete ihnen: Jetzt glaubt ihr? 32 Siehe, es kommt die Stunde und ist schon gekommen, dass ihr zerstreut werdet, ein jeder in das Seine, und mich allein lasst. Aber ich bin nicht allein, denn der Vater ist bei mir.]
33 Das habe ich mit euch geredet, damit ihr in mir Frieden habt. In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.

Zum Predigttext:
Unser Textabschnitt ist ein Teil der Abschiedsreden Jesu, in denen er sich in teils verhüllten Reden, in teils offenen Reden der gegenwärtigen Lage der Jünger zuwendet.
Dabei erkennt Jesus die Ratlosigkeit der Jünger, gibt aber nur indirekte Antworten auf ihre Fragen. Jesus versucht hier erneut, seine Aufgabe in der Beziehung zwischen Mensch und Gott zu definieren.
Dazu bedient er sich der praktischen Glaubenserfahrung unserer menschlichen Bitten an Gott. Dabei wird die Verheißung der Gebetserhörung erneut aufgenommen.
In diesem Textabschnitt finden wir eine kurze, aber nahezu vollständige Schilderung des Selbstzeugnisses Jesu.

Liebe Gemeinde!
Jesus nimmt Abschied. Die eben gehörten Worte sind ein Teil der Reden, mit denen sich Jesus kurz vor seinem Tod von seinen Jüngern verabschiedet.
Sie, die Weggefährten allerdings können oder wollen nicht so recht verstehen, was er da zu ihnen sagt. Sie begreifen nur sehr schwer, dass Jesus von einer baldigen Zukunft ohne seine Gegenwart spricht. Jesus spürt, wie unvorstellbar dieser Gedanke für seine Jünger ist.
In der Tat, wie sollen sie den Abschied in ihr Bewusstsein lassen?
Fast drei Jahre waren die Jünger nahezu täglich mit ihrem Meister zusammen, sind mit ihm lange, staubige Wege gegangen, haben Wunder miterlebt, haben seinen Worten gelauscht. Und das alles, diese intensiven, einzigartigen Jahre sollen nun plötzlich zu Ende sein?
Für die Jünger brechen ohne ihren Meister Welten zusammen, ja der ganze bisherige Lebensinhalt würde verloren gehen. Jesus zog durch Galiläa und Judäa, die Jünger folgten ihm. Jesus sprach zu den Menschen, die Jünger lauschten seinen Worten.
Jesus heilte Kranke, sah auf die Unbeachteten, die Jünger wurden Zeugen seiner Taten.
Und nun der angekündigte Abschied, der für die Zurückbleibenden einen radikalen Abbruch des Lebens mit ihrem Meister bedeutet.
Jesus führt seine Gefährten aber mit viel Verständnis und Einfühlung an die neue Situation heran. Es ist erstaunlich, wie hier Jesus selbst den Blick seiner Jünger von sich weg auf das, was hinter ihm steht, lenkt.
Immer wieder spricht Jesus von Gott, seinem Vater, von dem er kam und zu dem er wieder geht.
Nicht Jesus Christus ist das letzte Ziel, der Grund alles Seins.
Durch ihn blicken wir auf Gott, er hilft uns Gott zu verstehen, er ist der Vermittler unserer Bitten an Gott.
Jesus nimmt sich selbst nicht so wichtig. Er erklärt seinen Jüngern, dass auch ganz ohne seine Gegenwart der direkte Zugang zu Gott gefunden werden kann.
Er möchte sie vor Abhängigkeiten an seine Person bewahren.
Wendet euch doch mit euren Bitten direkt an Gott, sagt er. Versucht es einfach, bittet Gott und ihr werdet es bekommen. Mich braucht ihr dazu gar nicht, um in Beziehung mit Gott zu kommen.
Wenn ihr glaubt, dass ich, Jesus, Gottes Sohn bin, dann ist euer Glaube an Gott stark. Wenn ihr aufhört zu zweifeln, dann ist euch alles möglich.
Wann immer Menschen die Hände zum Gebet falten, ist ihnen der Zugang zu Gott offen.
Auch uns heutigen Jüngern Jesu Christi ist dies so gesagt.
Wir brauchen Jesus nicht als Stellvertreter, als Vermittler für unsere Bitten an Gott. Mit allem, was uns belastet, alles, was mit Glück und Dankbarkeit erfüllt, ob Kummer, Frust oder Erfolg und Freude – alles können wir jederzeit und direkt bei Gott loswerden. „Der Vater liebt euch“ sagt Jesus.
Also hört er uns, ist offen für uns und empfangsbereit.
Jesus tritt freiwillig ab, er geht dahin, woher er gekommen ist.
Also Jesus doch nur eine Episode der Geschichte, die sich längst entbehrlich gemacht hat?
Aber hätten wir denn ohne Jesus je diesen freien Zugang zu Gott gefunden?
Ist es nicht sein Leben und Sterben für uns, seine Auferstehung, die unsere Beziehung zu Gott überhaupt wiederhergestellt hat?
Weil Jesus Christus uns den Weg zu Gott gezeigt hat, weil er mit seinen Taten unser Verstehen von Gott angestoßen hat, weil wir uns in unserem Bitten und Hoffen zu Gott auf Jesus berufen können, sind wir ja überhaupt erst Christen.
Da, wo wir glauben, dass Jesus von Gott gekommen ist, werden wir zu Menschen christlichen Glaubens.
Wir können im Namen Jesu Christi Gott bitten.
Warum tun wir uns mit dem Bitten aber oft so schwer?
Da ist unser Stolz, der das Aussprechen von Bitten unmöglich macht.
Schließlich, so meinen viele Menschen unserer Tage, haben wir durch unsere Tüchtigkeit viel erreicht, jedes Bitten kommt uns da wie eine Erniedrigung vor. Mit Mühe haben wir in den zurückliegenden Jahren gelernt, welche Rechte uns zustehen, die wir einfordern können. Zu Ende sind die Zeiten, wo wir als Bittsteller in ein Amt gingen.
Und wie sieht unser ganz persönliches Bitten an Gott aus? Haben wir noch etwas, um das wir Gott im Gebet bitten? Trauen wir ihm etwas zu, oder nehmen wir lieber gleich selber alles in die Hand?
Manchmal ist es hingegen so, dass wir Gott mit unseren Bitten, die eher persönliche Wünsche sind, überfrachten, ihn als Wunschbox sehen, die alles in Erfüllung gehen lässt.
Das richtige Verhältnis zu finden, das ist die große Aufgabe, die sich uns täglich neu stellt.
Entsprechend einer alten Weisheit, könnte unsere vorrangigste Bitte an Gott daher vielleicht so lauten:
Herr, gib uns den Mut und die Einsicht, alles, was wir selbst in unserem Leben anpacken und erledigen können, auch entschlossen anzugehen.
Herr, gib uns die Einsicht, Dinge, die unsere eigenen Kräfte und Möglichkeiten überschreiten, getrost in deine Hände zu legen und dir, Gott, zu übergeben.
Und Herr, unser Gott, gib uns vor allem die Erkenntnis, beides immer genau von einander unterscheiden zu können.
Herr, schenke uns die Einsicht, das Richtige von dir zu erbitten.
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen.

Verfasser: Pfr. Dieter Borchert, Dorfstr. 88, 39624 Kakerbeck

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