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Die betende Kirche

von Hans-Ulrich Deußen (55270 Schwabenheim)

Predigtdatum : 28.05.2000
Lesereihe : ohne Zuordnung
Predigttag im Kirchenjahr : Kantate
Textstelle : Kolosser 4,2-4.(5-6)
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Wochenspruch:

Gelobt sei Gott, der mein Gebet nicht verwirft noch seine Güte von mir wendet. (Psalm 66,20)

Psalm: 95,1-7b

Lesungen

Altes Testament:
2. Mose 32,7-14
Epistel:
1. Timotheus 2,1-6a
Evangelium:
Johannes 16,23b-28.(29-32).33

Liedvorschläge

Eingangslied:
EG 197
Herr, öffne mir die Herzenstür
Wochenlied:
EG 133
oder EG 344
Zieh ein zu deinen Toren
Vater unser im Himmelreich
Predigtlied:
EG 419
Hilf, Herr meines Lebens
Schlusslied:
EG 170
Komm, Herr, segne uns

2 Seid beharrlich im Gebet und wacht in ihm mit Danksagung! 3 Betet zugleich auch für uns, dass Gott uns eine Tür für das Wort auftue und wir das Geheimnis Christi sagen können, um dessentwillen ich auch in Fesseln bin, 4 damit ich es offenbar mache, wie ich es sagen muss.
[5 Verhaltet euch weise gegenüber denen, die draußen sind, und kauft die Zeit aus. 6 Eure Rede sei allezeit freundlich und mit Salz gewürzt, dass ihr wisst, wie ihr einem jeden antworten sollt.]

Liebe Gemeinde,
“Herr, gib mir 24 willige, geschickte Arbeiter...” Das war am 25. Juni 1865. Hudson Taylor, der Begründer der China-Inland-Mission, der heutigen Überseeischen Missionsgemeinschaft, war lange am Strand von Brighton auf- und abgegangen. Er hatte über die Millionen Menschen in China und seine eigenen begrenzten Möglichkeiten nachgedacht. Das Ergebnis war das eben erwähnte Gebet. Er hat die erbetenen Menschen erhalten und baute darauf seine Mission auf.
In Kolossä ging es nicht um Mission in fernen Ländern. Die Kolosser hatten die Probleme vor der eigenen Tür. Es ging ganz schlicht um missionarischen Gemeindeaufbau. Es steht ganz außer Frage, dass das auch uns in unserer Gemeinde angeht. Paulus gibt den Kolossern und uns zu diesem Auftrag drei Tipps.
1. Tipp: Seid beharrlich im Gebet
Ich habe vor kurzem einen Krimi im Fernsehen gesehen: Eine Firma hatte einen privaten Ermittler zur Aufklärung einer Erpressung engagiert. Die Polizei hatte Wind von der Sache bekommen und wollte sich einschalten. Aber die Firma und auch der Privatdetektiv wollten partout nicht mit der Polizei zusammenarbeiten. Vom Detektivbüro wurde ein sehr großer Aufwand getrieben, der allerdings mit den Möglichkeiten der Polizei nicht mithalten konnte. Und so kam es, wie es kommen musste: Die Sache ging gründlich schief. Der Detektiv hatte sich und seine Möglichkeiten überschätzt.
Da ist eine Gemeinde. Sie wird kleiner und kleiner. Die Alten, die sich treu zur Gemeinde hielten, sterben aus. Junge Leute sind nicht zu begeistern. Die neu Zugezogenen finden keinen Anschluss. Der Kirchenvorstand berät in einer Sitzung, was zu tun ist. Einer ist dabei, der hat irgendwo den Begriff “missionarischer Gemeindeaufbau” aufgeschnappt. Der Kirchenvorstand ist begeistert und beschließt den “missionarischen Gemeindeaufbau”.
Und nun wird eine hektische Betriebsamkeit entwickelt. Die Gottesdienstliturgie wird umgekrempelt. Die Orgel ist abgeschrieben, eine Band muss her. Jugendgottesdienste und Gottesdienste für Außenstehende werden geplant. Termine werden angesetzt für Jugendkreis, Frauenkreis, Männerkreis, Kreis der Älteren. Nach einigen Monaten ist alles vorbei. Alle gutgemeinten Aktivitäten sind im Sande verlaufen. Die Gemeinde ist noch kleiner geworden, weil niemand sich darin wiedergefunden hat.
“So geht das nicht”, meint Paulus, “Ihr habt das Pferd von hinten aufgezäumt. Gemeindeaufbau beginnt ganz leise. Besprecht euch zunächst einmal mit dem Herrn der Kirche. Nicht einmal oder zweimal. Ihr müsst an der Sache dranbleiben. Eines Tages wird euch eine Tür aufgemacht. Euer Aktivismus war der Versuch, die Türen selbst zu öffnen. Und dann: Haltet euch an den Rat einer eurer Liederdichter: Vergesst nicht zu danken dem ewigen Herrn, er hat euch viel Gutes getan!”
2. Tipp: Vergesst die Fürbitte nicht
Die Gemeinde, von der ich eben erzählt habe, habe ich natürlich erfunden. Eine solche Gemeinde kann es ja gar nicht geben. Oder vielleicht doch?
In seinem ersten Brief an Timotheus schreibt Paulus, was zu einem Gebet gehört: die Bitte, die Danksagung und die Fürbitte.
Wenn die Tür aufgemacht ist, wenn wir Aufträge für unsere Gemeinde bekommen haben, dann wird es für die Gemeinde eine Reihe von Beauftragungen geben. Jetzt müssten wir eigentlich über die Gaben in der Gemeinde reden, aber dazu würde die Zeit nicht ausreichen. Es würde uns nämlich aufgehen, dass sich aus den Gaben wieder ein neues Thema ergibt und so würde es weitergehen. Bleiben wir also beim heutigen Thema: Und da kommt jetzt die Fürbitte in unser Blickfeld.
Wie gesagt, es werden Gemeindeglieder beauftragt werden, mit ihren Gaben der Gemeinde zu dienen.
Diesen Leuten werden wir natürlich gute Ratschläge geben, dass ihnen die Ohren sausen.
Halt, halt, halt! Wir sind ja schon wieder bei der erfundenen Gemeinde. Damit, dass wir wieder anfangen etwas zu tun, würden wir die Türe, die Gott uns geöffnet hat, ihm vor der Nase wieder zuschlagen.
Es hilft nichts! Wir müssen wieder ins Gebet gehen. Diesmal in die Fürbitte. Das ist es wohl auch, was Paulus gemeint hat mit der Beharrlichkeit. Wir müssen das Tun aller derer, die einen Auftrag haben, immer und immer wieder vor Gott bringen.
Da war in einer Gemeinde eine alte Dame – diesmal ist es keine erfundene Gemeinde -, die klagte ihrem Pfarrer: “Ich kann nichts mehr tun, nicht einmal mehr zum Gottesdienst kommen. Meine Beine machen nicht mehr mit. Ich kann nur noch beten.” Der Pfarrer – er hatte bestimmt auch den Kolosserbrief gelesen – lächelte fein. Von der Zeit an war er häufig bei der alten Dame. Er erzählte ihr dann beiläufig und später, als sie ihm auf die Schliche gekommen war, ganz gezielt Probleme aus der Gemeinde: Sie konnte ja beten. Das “nur noch” war gestrichen worden. Die alte Dame hatte eine wichtige Aufgabe in der Gemeinde übernommen: die Fürbitte.
In die Fürbitte müssen alle hinein genommen werden, aber ganz besonders muss sie denen gelten, die in irgendeiner Form in der Verkündigung stehen. Sie haben eine besonders schwere Aufgabe: Sie müssen nämlich ein Geheimnis offenbaren. Ein Geheimnis ist in diesem Fall nicht etwas, was ein anderer nicht wissen darf. Unter Geheimnis versteht Paulus, dass es eine Sache ist, die er kaum selbst versteht, die ihm Gott selbst immer wieder klar machen muss, nämlich sein eigener Glaube.
3. Tipp: Verhaltet euch weise
Liebe Gemeinde, ich habe den Eindruck, alle Gemeindeaufbauprogramme sind in diesen wenigen Versen enthalten. Es kann ja auch nicht anders sein, denn Paulus hat wirklich überall da, wo er hin kam, Gemeinde gebaut. Ihm kann selbst ein heutiger Fachmann kein X für ein U vormachen.
Verhaltet euch weise, damit ihr wisst, wie ihr das Geheimnis offenbar machen sollt. Fallt nicht mit der Tür ins Haus. Seid beharrlich im Gebet, dass ihr euren exakten Einsatzbefehl bekommt. Aber denkt daran, dass ihr nicht alle Zeit der Welt habt. Nutzt die Zeit.
Seid immer freundlich, auch dann, wenn’s schwer fällt. Denkt daran, dass es vielleicht Gott auch schwer fällt, immer freundlich zu euch zu sein. Ihr habt immer die Möglichkeit, die Sache vor Gott zu bringen.
Eure Rede sei mit Salz gewürzt. Dosiert gut, was ihr zu verkünden habt. Wenn man ein ganzes Paket Salz in einen Topf Suppe schüttet, wird die Suppe ungenießbar. Überfordert euer Gegenüber nicht.
Liebe Gemeinde, es ist eine ganze Menge, was Paulus uns hier zumutet. Man wird schier von der Größe der Aufgabe erschlagen. Paulus hat das gewusst, darum hat er uns zu Beginn gesagt: Seid beharrlich im Gebet. Amen.

Verfasser: Prädikant Hans-Ulrich Deußen, Raiffeisenstr. 5, 55270 Schwabenheim

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